Thema: Die sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell (nach Albert Bandura)
Inhalt
1. Einführung
Verhaltensauffälligkeiten
2. Lernen am Modell
Fallbeispiel: Diana 11 Jahre alt
2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
2.2.3 Gedächtnisprozesse
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
2.4 Denkanstöße / Praxisbeispiele
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (ATP)
2.5.3.1 Indikationen
2.5.2.3.2. Struktur des ATP
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
3. Zusammenfassung
4. Quellenverzeichnis 5.Literatur zum Lernen
1. Einführung
Im folgenden geht es darum anhand verschiedener psychologischer Theorien ein Verständnis zu entwickeln wie Menschen sich Verhaltensweisen aneignen. Dabei geht es um gewollte aber auch von der Gesellschaft sanktionierte Verhaltensweisen. Wer kennt nicht den Spruch einer schimpfenden Mutter: „Von wem hast du das nur?“.
Gemeint ist mit dieser Frage, woher hat wohl das eigene Kind diese Verhaltensweise übernommen.

Albert Bandura: :Sein Leben Albert Bandura wurde am 04.12.1925 in Alberta geboren. Dort verbrachte er auch seine Jugendjahre. Sein Studium begann er auf der Universität von British Columbia. Danach entschied er sich für die Universität von Iowa, um dort Klinische Psychologie zu studieren. Er entschloß sich für diese Universität, da sie einen guten Ruf in bezug auf ihre Erforschung von Lernprozessen hat. Von dieser Zeit an interessierte er sich für die Anwendung der Lerntheorien auf klinische Phänomene. 1950 ging er nach Stanford und arbeitete dort auf dem Gebiet der Interaktionsprozesse in der Psychotherepie und dem Familienmuster, das Aggressivität bei Kindern erzeugt. Während der Arbeit auf diesem Gebiet, stieß er auf die zentrale Rolle des Modell-Lernens bei der Persönlichkeitsentwicklung. Da er Forschungen auch auf dem Gebiet der Aggression, des Modell- und Beobachtungslernens und dem Prozess der Verhaltensänderung macht, erlangt er ein viel verzweigtes Forschungsprogramm. Dieses hat zum Ziel eine umfassende Theorie vom menschlichen Verhalten zu erhalten, um die menschlichen Fähigkeiten besser einordnen zu können. 1980 erhielt Albert Bandura die wissenschaftliche Auszeichnung der Vereinigung der "American Psychological Association" für "vorbildliche Leistungen als Forscher, Lehrender und Theoretiker".



1.1 Verhaltensauffälligkeiten
Die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten wird unter anderem mit den Lerntheorien erklärt. Verhaltensauffälligkeiten sind Besonderheiten des Verhaltens insbesondere von Kindern und Jugendlichen, die von den Normen der jeweiligen Gesellschaft abweichen. Der Begriff Verhaltensauffälligkeit beinhaltet aber auch die Subjektivität von Pädagogen, Ärzten, Therapeuten usw. und berücksichtigt die Situationsspezifität auffälligen Verhaltens, das von Traditionen abhängt. Manche pädagogische Autoren benutzen den Begriff Verhaltensauffälligkeit, weil er ihrer Meinung nach zum Ausdruck bringe, dass ein Verhalten in einem sozialen Austauschprozess nicht den Erwartungen des Interaktionspartners entspreche und deshalb als abweichend oder auffällig wahrgenommen werde. Genaue Zahlen zur Häufigkeit von Verhaltensauffälligkeiten liegen zur Zeit nur für den angelsächsischen Bereich vor.
Den ausländischen Ergebnissen und einer neueren deutschen Studie zur Folge ist von 10 bis 20 % verhaltensauffälligen und behandlungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen auszugehen. Bei Jungen werden dabei im Vergleich zu Mädchen etwa drei- bis viermal häufiger Verhaltensauffälligkeiten festgestellt, in erster Linie wegen des höheren Anteils aggressiven Verhaltens bei Jungen. Folgende bedeutsame Ansätze lassen sich bei der Diagnostik und Therapie von Verhaltensauffälligkeiten unterscheiden:
1. Psychoanalytischer Auffassung zur Folge sind Verhaltensauffälligkeiten das Ergebnis mangelnder psychischer Verarbeitung belastender und konflikthafter frühkindlicher Erlebnisse und/oder Konstellationen und nur durch eine Bewusstmachung dieser frühkindlichen Erlebnisse und Problematiken abbaubar.
2. Die lerntheoretisch orientierte Verhaltenstherapie geht von der Annahme aus, dass bestimmte Lernprozesse Verhaltensauffälligkeiten bewirken oder fördern und letztere nur über den Erwerb positiver Verhaltensweisen verlernt werden können, wobei positives wie negatives Verhalten nach denselben Lernprozessen bzw. Gesetzmäßigkeiten entsteht.
3. Der Labeling-approach sieht die Ursache für Verhaltensauffälligkeiten nicht in individuellen Zuschreibungen, sondern in gestörten oder zumindest auffälligen sozialen Interaktionen, die im Hinblick auf die erfolgreiche und dauerhafte Beseitigung der Verhaltensauffälligkeit entsprechend zu verändern seien; das verhaltensauffällige Individuum wird darüber hinaus nicht als gestört etikettiert, sondern sein Verhalten vom Zusammenhang abhängig begriffen. Beispiele für Verhaltensauffälligkeiten sind: Ess- und Schlafstörungen, Einnässen, Einkoten, motorische Unruhe, Sprach-, Lern- und Konzentrationsstörungen, verschiedene Ängste (z.B. Ängstlichkeit in bestimmten Situationen, Schulangst), aggressives wie Rückzugsverhalten sowie dissoziale bzw. delinquente Verhaltensweisen (z.B. Schulschwänzen, Herumhängen, sexuelle Verwahrlosung, Betrügereien, Eigentumsdelikte, Drogenabhängigkeit).

(...) Als therapiebedürftig werden nach heutiger Auffassung nur solche Verhaltensauffälligkeiten angesehen, die länger als sechs Monate andauern. Davon zu trennen sind bleibende Verhaltensauffälligkeiten, die sich bei körper- oder sinnesbehinderten Kindern als sekundäre Folgen ihrer jeweiligen Behinderung, bei den sogenannten Lernbehinderten als Folge ihrer mangelnden sozialen Kompetenz und der Fähigkeit gewisse Dinge vorauszusehen und vorausschauend zu handeln und zu agieren genannt.

2. Lernen am Modell
Der bereits oben genannte Ausruf einer schimpfenden Mutter weist auf das Alltagswissen hin, dass viele Verhaltensweisen von anderen abgeschaut wurden. Dabei ist es möglich, dass gesellschaftlich sanktionierte Verhaltensweisen sogenannte Verhaltensauffälligkeiten oder Verhaltensstörungen von Kindern und Jugendlichen übernommen wurden. Teilweise gibt es aber auch die Aufforderungen, gute Verhaltensweisen von anderen Kindern zu übernehmen: „Von dem Marcel solltest du dir mal eine Scheibe abschneiden, der hat immer so tolle Noten in der Schule!“ Unabhängig davon, ob eine solche Aufforderung einem positiven Erziehungsstil zuzuordnen ist oder nicht, ist hier das Alltagswissen erkennbar, dass positive Verhaltensweisen von anderen abgeschaut werden können.

Die sozial-kognitive Lerntheorie beschreibt das Lernen am Modell , auch Imitationslernen bzw. Beobachtungslernen ist ein wichtiger Beitrag der Theorie von Albert Bandura.

Definition: „Beobachtungslernen ist der Prozess, bei dem eine Person das Verhalten einer anderen beobachtet und ihr eigenes Verhalten allein auf diese Beobachtung hin verändert. Durch Beobachtungslernen erwerben Kinder und Erwachsene eine enorme Menge an Informationen über ihre soziale Umgebung – was angemessen ist und belohnt wird und was bestraft oder ignoriert wird.“


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Fallbeispiel:Diana und die Schultasche
Diana ist 11 Jahre alt und im 6. Schuljahr. Bislang hatte sie zu Hause bei ihren Eltern eine normale positive Umgangssprache kennen gelernt und auch selbst sich dieser Umgangssprache befleißigt. Seit einiger Zeit jedoch kommt sie nach Hause und benutzt häufig Worte wie „saucool, echt geil“ und andere sexistische Ausdrücke. Darüber hinaus fordert sie den Kauf von Markenkleidung und anderen Markenartikeln: „Mama ich will aber nicht irgendwelche blöden Turnschuhe tragen, ich will die neuen Schuhe von Adidas haben, die sind nämlich voll mega-in. Aber nur die mit den dicken Schnürsenkeln, die anderen sind out.“ Die Mutter, die durchaus ein begrenztes Einkommen hat, denkt daran und sagt: „Du hast doch erst vor drei Monaten von Tante Irene die teuren Buffalos geschenkt bekommen, reichen die nicht?“ Diana sagt darauf: „Nö, Mama die sind voll out. Wer trägt heute noch Buffalos. Ich war jetzt in der Stadt spazieren, keiner trägt Buffalos, nee das müssen die neuen Adidas sein und außerdem will ich endlich meinen Eastpak haben!“ Die Mutter fragt völlig verwirrt: „Was ist das denn?“ „Ja, das sind die neuen Schultaschen, die wir als Rucksäcke tragen, ich komm jetzt schließlich ins 7. Schuljahr bald, dann möchte ich Eastpak haben und nicht diese billigen Klamotten.“ Die Mutter will sich dem nicht anpassen und kauft eine andere Schultasche.
Eine Tasche, die sehr viel Ähnlichkeit mit der beliebten Marke Eastpak hat, nur um einiges preiswerter ist. An der Stelle, wo eigentlich Eastpak stehen sollte laut Diana, steht nun die Markenbezeichnung Aldi-Sports. Als die Mutter freudestrahlend nach Hause kommt und ihrer Tochter diese Tasche präsentiert, gibt es einen lauten, rebellischen Aufschrei: „Nö, Mama so`n Scheiß nehm ich nicht.“ Mutter sagt: „Nein, die von dir verlangte Marke ist doppelt so teuer, es bleibt dabei.“ Diana nimmt nun diese Aldi-Sports-Schultasche mit und wird tatsächlich in der Schule von ihren Freundinnen ausgelacht. Sie kommt nach Hause und sagt: „Mama, bei uns in der Klasse haben alle Eastpak. Nur ich nicht.“ Nach näherem Nachfragen ergibt sich, dass nicht alle MitSchülerinnen bzw. der Schüler nen die Eastpak-Tasche tragen, sondern die drei beliebtesten. Diana wollte dieses Verhalten imitieren...“
Aufgabenstellung: Beschreiben Sie mit kurzen eigenen Formulierungen die Problematik, die im Erziehungsgeschehen zwischen Mutter und Tochter in diesem Fallbeispiel dargestellt wird.

Banduras Experiment mit der Gummipuppe „In einem typischen Experiment führte Albert Bandura 1965 Kindern einen Film mit einem Erwachsenen, einem sogenannten Modell vor, der besonders markante aggressive Verhaltensweisen gegenüber einer Gummipuppe zeigte. Eine erste Gruppe von Versuchspersonen sah, wie das Modell für seine Verhaltensweisen mit Süßigkeiten belohnt wurde, während eine zweite Gruppe beobachtete, dass die Aggressionen des Erwachsenen ernste Ermahnungen nach sich zogen.
Nach dieser Vorführung registrierte Bandura genau, ob die Kinder Nachahmungsverhalten zeigten. Die Angehörigen der Gruppe, denen Aggressionen mit negativen Konsequenzen vorgeführt worden waren, zeigten erheblich weniger Nachahmungen, als die Teilnehmer der ersten Gruppe. Muss man davon ausgehen, dass Angehörige der zweiten Gruppe kein aggressives Verhalten gelernt hatten?
Bandura ist dieser Frage nachgegangen, indem er diesen Kindern Geschenke in Aussicht stellte, wenn sie ihm das Verhalten des Modells nachahmen würden. Unter diesen Anreizbedingungen bereitete es ihnen keine Schwierigkeiten, Bandura die Aggressionen vorzuführen, die sie offenbar sehr gut gelernt hatten.
Die Ergebnisse solcher Experimente werfen die Frage auf, ob nicht auch die Betrachtung aggressiver Fernsehsendungen dazu beiträgt, die Aggressivität der Zuschauer zu erhöhen...

Die Möglichkeit komplexere Verhaltensweisen durch Beobachtung eines Modells zu erlernen hat für den einzelnen Menschen sicherlich erhebliche Vorteile.
Schwierige Verhaltensweisen oder Handlungskompetenzen können so auch im beruflichen Verhalten im beruflichen Rahmen abgeschaut werden. Besonders motorische Handlungsfolgen lassen sich leichter abschauen an einem Modell als durch komplizierte schriftliche Beschreibungen erlernen.“

Arbeitsaufgabe: Formulieren Sie kurz die Ergebnisse des Experimentes von Bandura im Zusammenhang mit dem Imitationslernen von Aggressionen.
Welche erzieherischen Konsequenzen schlagen Sie aufgrund der Ergebnisse des Bandura-Experimentes vor?


2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
Albert Bandura unterteilt das Modell-Lernen in zwei Phasen und vier Prozesse. Die erste Phase ist die Aneignungsphase, zu der die Aufmerksamkeitsprozesse und die Gedächtnisprozesse zugeordnet werden.

ANEIGNUNGSPHASE AUSFÜHRUNGSPHASE
Aufmerksamkeit Gedächtnis Motorische Reproduktion Motivation
Modellierungsreize
Auslösen von Betroffenheit
Komplexität
Merkmal des Beobachters
Wahrnehmungsfähigkeit/haltung
Aktivierungsgrad
Motivation
frühere Verstärkung symbolische Kodierung
innere Repräsentation
symbolische Wiederholung
motorische Wiederholung körperliche Fähigkeiten
Verfügbarkeit der Teilreaktionen
Feedback der Genauigkeit äußere, direkte Verstärkung
stellvertretende Verstärkung
Selbstverstärkung

Die Ausführungsphase beinhaltet die motorischen Reproduktionsprozesse und die Motivations- und Verstärkungsprozesse.

2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
Aus der Vielzahl von Informationen, die das Verhalten eines Vorbildes enthält, wählt der Lernende die für ihn wichtigen Bestandteile aus und beobachtet sie exakt. Ob ein Modell viel oder wenig Aufmerksamkeit bekommt, hängt unter anderem ab von den Persönlichkeitsmerkmalen des Modells, von den Persönlichkeitsmerkmalen des Beobachters, von der Art der Beziehung zwischen Modell und Beobachter und von den Situationsbedingungen. Beispiel:
Wenn ein 14jähriger Junge innerhalb seiner Peer-Group, z.B. seiner Clique, einen etwas älteren Jungen kennen lernt, mit dem er sich gut identifizieren kann, den er sympathisch, also attraktiv findet und dessen Verhaltensweisen er erstrebenswert empfindet, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der 14jährige Junge das Verhalten von dem Älteren übernimmt und imitiert. Dabei ist es wichtig, dass das Modell, der ältere Junge also, sich mit Dingen beschäftigt, die dem Lernenden als sinnvoll und interessant erscheinen. Würde das Modell sich mit Dingen beschäftigen, die für den Lernenden uninteressant sind, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel geringer, dass das Verhalten übernommen wird.
Ein typisches Beispiel für die Attraktivität eines Modells erleben wir im Bereich der Popmusik. Teenager schauen auf Musikstars wie Britney Spears, No Angels usw. Viele Teenager schauen (hier also als Lernende) auf diese Modelle und beobachten, wie deren Verhalten positiv sanktioniert wird.
Diese Musikstars können aufgrund ihres Tanzens und Singens viel Beifall, Anerkennung und auch materiellen Reichtum erhalten. Diese positiven Konsequenzen machen diese Musikstars für die Teenager als Modelle interessant und attraktiv. Deshalb wollen viele, wenn sie auf ihren Beruf befragt werden, Popstar werden. Als Modelle werden folgende Menschentypen schnell ausgewählt:
- Menschen, die soziale Macht besitzen, also belohnen und bestrafen können,
- Menschen mit hohem Ansehen,
- Menschen, die sympathisch und attraktiv sind. Die Attraktivität kann z. B. im Geschlecht, im Alter oder in der Herkunft begründet liegen,
- Menschen, die die Bedürfnisse des Lernenden zufrieden stellen können.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass Eltern und Erzieher im besonderen Maße sich ihrer Modellfunktion bewusst werden sollen. Eltern und Erzieher sind automatisch Modelle, auch wenn sie dies vielleicht für sich selbst noch nie reflektiert haben. Eltern und Erzieher sind in hohem Maße in der Lage, die materiellen und emotionalen Bedürfnisse der Kinder zufrieden stellen zu können. Daher werden ihre Verhaltensweisen oft unbewusst von Kindern übernommen.
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
Kinder, die selbst wenig Selbstvertrauen und Selbstachtung haben, die sehr stark suchen und große Unsicherheit in ihrem Bewertungen und Handlungsweisen haben, sind sehr offen, sich Modelle in ihren Cliquen zu suchen und deren Verhaltensweisen zu übernehmen. Das Lernen von Kindern und Jugendlichen beinhaltet das Streben von der Unsicherheit, also dem großen Fragezeichen hin, zu Stabilität der Verhältnisse, hin zur Sicherheit, also hin zum klaren Ausrufezeichen. Je fragender und unsicherer ein Kind ist, desto eher ist es bereit, Modelle zu übernehmen. Dies gilt besonders, wenn jemand neu in einer Gruppe ist. So versucht dieser Mensch von der großen Unsicherheit des Neulings hin zur Sicherheit des gruppenintegrierten Mitgliedes zu gelangen. Dies geschieht, indem die Verhaltensweisen der Modelle, hier der Gruppenleiter, beobachtet und übernommen werden. Modellverhalten wird auch dann stark übernommen, wenn eine Beziehung zwischen Modell und Beobachter besteht. Je intensiver die Beziehung zwischen Modell und Beobachter, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Verhaltensweisen imitiert werden. Auch die emotionale und materielle Abhängigkeit des Beobachters vom Modell erhöht die Nachahmungsbereitschaft.
Anhand von Untersuchungen wurde festgestellt, dass Kinder aus intakten Familien, die jahrelang eine gute Ehe beobachten konnten, selber wiederum in der Lage waren, eine erfolgreiche Ehe zu führen. Die oft unbewussten, erlernten Verhaltensmodelle der Eltern machte es den nun erwachsenen Kindern möglich, selbst eine harmonische Ehe zu führen.
2.2.3 Gedächtnisprozesse
Ein Beobachter speichert das Gesehene mit Hilfe seines Gedächtnisses so lange, bis er sich einen Nutzen vom Zeigen der erlernten Verhaltensweise verspricht. Das Beobachtete wird in Form von bildlichen oder sprachlichen Symbolen im Gehirn gespeichert und ist somit als Vorstellung dort vorhanden (= repräsentiert).
Beispiel: Ein 15jähriger beobachtet in einem Film, wie sein Held von einem Wasserstrudel in einem See herunter zum Boden des Sees gezogen wird. Als gekonnter Schwimmer lässt dieser Held sich herunter ziehen und erst unten am Boden, wo die Kraft des Strudels nachlässt, durchbricht er diesen Strudel und schwimmt aus ihm heraus. Er versucht nicht an der Oberfläche dem kräftigen Strudel zu entkommen. Dieses Verhalten beeindruckt den 15jährigen sehr stark und wird als bildliches Symbol im Gehirn gespeichert. Jahre später kommt der Junge, inzwischen 25 Jahre alt, in eine ähnliche Situation und genau in diesem Moment erinnert er sich an das bildliche Symbol des Helden. Er versucht dieses Verhalten nachzuahmen und kann mit Erfolg diesem Wasserstrudel entrinnen.
Ähnliche Gedächtnisprozesse werden sehr stark von der Werbeindustrie ausgenutzt. Durch wiederholtes Vorführen von attraktiven Modellen, die eine ganz bestimmte Marke benutzen, wird dafür gesorgt, dass Kindern aber auch Erwachsenen das Logo einer Marke als bildliches Symbol im Gehirn abgespeichert wird. So kann Monate später, wenn der Mensch in der Unsicherheit vor einem Ladenregal steht, sich für den Kauf eines Produktes zu entscheiden, nun die bildliche Abspeicherung des Symbols dafür sorgen, dass nicht das preiswertere No-Name-Produkt genommen wird, sondern das teure Markenprodukt.
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
Motorische Reproduktionsprozesse
Damit ein beobachtetes Verhalten gezeigt werden kann, bedarf es eines Umsetzens des Gespeicherten in angemessene Handlungen und Verhaltensweisen. Hierbei werden aus einer Vielzahl im Gedächtnis gespeicherten Codierungen solche ausgewählt und organisiert, die für das beabsichtige Verhalten relevant sind. Jedoch lassen sich diese kognitiven Vorstellungen nur selten gleich beim ersten mal richtig umsetzen. Häufig muss der Betrachter seine motorischen Fähigkeiten erst üben, korrigieren und wiederholen, bis sich ein Erfolg einstellt. Beim Üben und Korrigieren vergleicht der Lernende immer wieder die Ergebnisse seiner Handlungen und Verhaltensweisen mit den gespeicherten Codierungen.
Bespiel: Erlernt ein Kind das Fahrrad fahren, so genügt es nicht Andere beim Radfahren zu beobachten. Es muss eine Vielzahl von wichtigen Informationen aus seinem Gedächtnis abrufen, so z.B. wie die Pedale zu betätigen sind, wie man die Lenkstange hält, wie das Auf- und Absteigen erfolgt, usw. Trotz dieses Wissens wird das Kind die einzelnen Bewegungsabläufe erst eine Weile üben müssen, bis es das Fahrrad fahren beherrscht. Zwischendurch immer wieder der sicherheitsbringende Blick auf ein Fahrrad fahrendes Modell hilft hier, den Lernprozess voran zu treiben. Die motorische Reproduktionsphase wird besonders in handwerklichen Berufen genutzt, wenn es darum geht, ganz bestimmte Fertigkeiten, wie das Feilen eines U-Stahls durchzuführen. Mehrfach wird der Lernende den Meister beobachten wie er feilt und sich dessen Erklärungen anhören, um dann anschließend genau dieses Feilen zu imitieren. Ähnliches sollte auch bei Erziehern und Heilerziehungspflegern im Praktikum geschehen. Der pädagogische Umgang mit Kindern mit einem verhaltensauffälligen Jungen sollte von den Mentoren und den Erziehern vorgemacht werden, so dass die Praktikanten dieses Verhalten situationsgerecht imitieren können.

2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
Ob ein Mensch ein bestimmtes Verhalten überhaupt beachtet, um es zu lernen, hängt von seiner vorhandenen Motivation ab. Die Motivation einer Person beeinflusst beim Modell-Lernen sowohl die Aneignungs- als auch die Ausführungsphase. Nur wer sich vom Beachten und Durchführen einer Verhaltensweise einen Erfolg bzw. einen Vorteil verspricht oder einen Misserfolg bzw. Nachteil abzuwenden glaubt, wird entsprechende Aktivitäten entfalten. Motivation ist daher eng mit der Aussicht auf Bekräftigung verbunden. So wird Daniela die im oben genannten Beispiel schon dargestellt wurde, das sportliche Verhalten einer Freundin nur dann übernehmen wollen, wenn sie für sportliche Aktivität grundsätzlich in einer entsprechenden Situation, wo sie das Modell beobachten kann, motiviert ist. Einfach ausgedrückt, Kinder und Jugendliche übernehmen ein Modellverhalten nur dann, wenn sie für diesen grundsätzlichen Bereich des Modellverhaltens Interesse entwickeln können.
Aufgabe der Erzieher ist es, Verhaltensweisen bei den zu Erziehenden zu beobachten und zu analysieren, welches Modell-Lernen abhängig von welchem Modell in ihrem Verhalten zu erkennen ist. Besonders wenn es darum geht, als Erzieher oder Erzieherin eine Gruppe zu leiten, sind derartige Phänomene unbedingt zu analysieren. Es gilt positive Verhaltensweisen zu verstärken, positive Modelle zu unterstützen und negative Modell-Lernen, also das Modell-Lernen von negativen Verhaltensweisen zu unterbrechen. Darüber hinaus müssen Erzieher ihr eigenes Verhalten analysieren und sich folgende Fragen stellen:

Arbeitsaufgabe: Reflektieren Sie schriftlich gemäß den unten genannten Fragen Ihr eigenes Verhalten und formulieren Sie entsprechende Konsequenzen.
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
1. 1. Welches Verhalten von mir, das ich unbewusst an den Tag lege, wird von den Kindern und Jugendlichen übernommen?

2. Wo lebe ich den Kindern und Jugendlichen versehentlich Verhaltensweisen vor, die ich eigentlich gar nicht weitergeben möchte?

3. Wo sollte ich mir selbst bewusst Modellverhalten angewöhnen, damit ich auf diese Art und Weise Kinder und Jugendliche positiv beeinflusse?

4. Wo habe ich in meiner Erziehung von meinen Erziehern, Eltern usw. Verhaltensweisen unbewusst übernommen, die ich eigentlich gerne abgestellt haben möchte?

5. Welche Verhaltensweisen meiner Erzieher waren positiv und möchte ich auch bewusst weiterhin übernehmen?























2.4 Beispiele für Modellernen im praktischen Leben
Ein Bäckermeister arbeitet fleißig in der Backstube. Seine Auszubildenden eifern ihm nach, da er gute Arbeit bei ihnen anerkennt. Er wirkt als Modell, weil er beliebt ist, als Bäckermeister eine gewisse Macht hat und das Übernehmen des Verhaltens "fleißig arbeiten" verstärkt.
Wenn der Bäckermeister jedoch von der Geschäftsleitung ständig kritisiert würde, würden sich die Jugendlichen ihn nicht ohne weiteres zum Modell nehmen, da er selbst dann für sein Verhalten nicht verstärkt werden würde.Die Geschäftsleitung würde somit die Autorität des Bäckermeisters „untergraben“
Die Hausfrau füllt die Gläser mit Orangensaft aus einer Karaffe. Ihr kleiner Sohn schaut ihr dabei zu und versucht am nächsten Tag selbst die Gläser zu füllen...
S. erlebt es fast täglich mit, wie sein älterer Bruder J. Mitschüler durch Brutalität andere Schüler einschüchtert . Offensichtlich respektieren die Mitschüler J. dafür (sei es nur aus Angst). Da auch S. respektiert werden möchte und in der Schulcafeteria nicht lange anstehen möchte, versucht er das Verhalten seines Bruders nachzuahmen.

Der Vater zeigt seiner Tochter, wir sie ein Raumschiff malen kann. Sie versucht das Beobachtete sofort zu Papier zu bringen.

Dem Kind I. wird erklärt und gezeigt, wie es mit Messer und Gabel umgehen kann: "... und dann nimmst Du die Gabel so in die Hand und führst sie zum Mund. Sieh mal, wie ich das mache!"
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
• Modell-Lernen kann man nun im Zusammenhang mit Verhaltensmodifikation aus drei verschiedenen Gesichtspunkten betrachten:
• a.) dient sie als Hilfe beim Aufbau neuen Verhaltens
• b.) kann sie zu hemmenden, abschwächenden oder enthemmenden, erleichternden Effekten sprechen
• c.) besitzt das Modell-Lernen die Funktion diskriminativer Hinweisreize
• Jeder dieser drei Gesichtspunkte wurde für die Therapie nutzbar gemacht.

2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
a) Die einfachste Form des Modell-Lernens als therapeutisches Verfahren besteht darin, dass das Modell, irgendein Verhalten zeigt das wiederum von einer anderen Person beobachtet wird. Dabei ist es wichtig, dass der Beobachter das Modellverhalten sehr genau beobachtet, damit er es sich aneignen kann. In einem zweiten Schritt geht es dann darum, dass der Beobachter das Angeeignete auch ausführen kann. Besonders in der praktischen Anwendung ist wichtig, wie in der Theorie zwischen Aneignung und Ausführung zu differenzieren. Zur Ausführung gehören natürlich die genügenden physischen und psychischen Voraussetzungen des Beobachters, und weiters dass er sich in einer günstigen Umgebung befindet und auch motiviert ist.

-Stellvertretende Konditionierung emotionaler Reaktionen:
• Eine Reihe von Untersuchungen zeigt, dass emotionale Reaktionen stellvertretend über die Darbietung emotionaler Reaktionen von Modellpersonen gelernt werden können. Nicht die eigenen emotionalen Reaktionen auf Menschen, Tiere und Objekte, sondern die von Modellpersonen sind die Grundlage für bestimmte eigene emotionale Reaktionen. Wie wir beim Bsp. Des bissigen Hundes gesehen haben, wird dieser Umstand wird zur Erklärung von bestimmten Abneigungen, Ängste, Vorlieben gegenüber Situationen gebraucht, mit denen man bisher noch keinerlei Kontakt hatte (z.B. Flugangst, Schlangenangst usw.).
Stellvertretende Löschung:
• Verhaltensmuster emotionaler Reaktionen können auch auf stellvertretender Basis gelöscht werden. Die stellvertretende Löschung von emotionalen Reaktionen kann dadurch erreicht werden, dass man Personen beobachtet, die als Modelle Annäherungsverhalten an furchtauslösende Objekte demonstrieren.
• Beispiel: Eine Untersuchung von Bandura, Blanchard & Ritter (1969) stellt eine erfolgreiche Anwendung von Techniken des Modell-Lernens bei der Behandlung von Schlangenphobien dar. Beobachtet jemand mit einer Schlangenphobie, wie eine Modellperson sicher mit einer Schlange umgeht, wird die Angst des Beobachters gelöscht, weil die Reaktionen des Modells keine aversiven Konsequenzen haben. Entscheidend ist dass das Vermeidungsverhalten des Phobikers, das ihn davon abhält, neue Konsequenzen zu erleben, soweit gelöscht wird, dass er nun selbst versucht, das beobachtete Verhalten auszuführen. Wichtig für den therapeutischen Prozess ist dabei die geeignete Auswahl, Beobachtung und Darbietung des Modells, dazu das Schaffen von Anreizen, die vom Modell erlernten Verhaltensweisen auch auszuführen und der Einsatz von stellvertretender und direkter Verstärkung.

Andere therapeutische Anwendungen
• Verschiedene andere etablierte Behandlungsmethoden verwenden Prinzipien des Modell-Lernens. Dazu gehört zum Beispiel die ,,fixed-role therapy" von G.A. Kelly (1955). Hier wird einem Klienten das erwünschte Verhalten in einem Rollenskript vorgegeben; er hat die Möglichkeit, es in der therapeutischen Situation zu üben, und versucht anschließend, es in den Alltag zu übertragen.
• -b) Gewisse Formen des Modell-Lernens verzichten auf die Aneignungsphase, weil das in Frage stehende Verhalten dem Beobachter bereits zur Verfügung steht. Dann ist die Ausführungsphase alleine wichtig. Die Ausführung wird von bestimmten einschränkenden Faktoren wie Angst bestimmt. In diesem Fall wird dem Beobachter am Modell gezeigt, dass das fragliche Verhalten ohne negative Konsequenzen durchführbar ist.
• Dabei spielt die Beobachtung der Konsequenzen, die das Modell als Folge seines Verhaltens erfährt, eine bedeutende Rolle. Positiv verstärkte Verhaltensweisen des Modells bewirken ein häufigeres Auftreten dieser Verhaltensmuster beim Beobachter. Umgekehrt zeigt sich, dass eine Einschränkung von unerwünschten Verhaltensweisen durch die Darbietung bestrafter Modelle möglich ist.
• Bandura und seine Mitarbeiter konnten diese Annahme für aggressives Verhalten von Kindern belegen: Kinder, die in einem Film oder in der Realität ein belohntes aggressives Modell gesehen hatten, zeigten mehr physisches und verbal-aggressives Verhalten als Kinder, deren Modell für aggressives Verhalten bestraft worden war.
• In einer zweiten Untersuchung (Bandura u.a., 1967) zeigte Bandura, dass die Darbietung eines angstfreien Modells gegenüber einem Hund zu einer deutlichen Enthemmung (des bisher seltenen) Annäherungsverhaltens führte, als dies in verschiedenen Kontrollgruppen der Fall war. Kinder, die ein angstfreies Modell im Umgang mit dem Hund gesehen hatten, waren nunmehr selbst in der Lage, sich dem Tier zu nähern (Streicheln, Füttern)
• Einige Untersuchungen zur Verwendung von Hemmungseffekten des Modell-Lernens liegen auch für Klienten mit problematischen sozialen Verhaltensweisen vor (z.B. Alkoholiker, Delinquente). Die Hemmung, solche Verhaltensweisen auszuführen, kann unter anderem dadurch erreicht werden, dass die Klienten ein Modell beobachten, das bei der Ausführung der entsprechenden Reaktionen negative Konsequenzen erlebt. Es ist zusätzlich hilfreich, Informationen und Modelle für zielführende Alternativen zu vermitteln.

• -c)Wenn eine Person ein Verhalten prinzipiell beherrscht, jedoch nur selten zeigt, d.h. zur Ausführung bringt, dann kann das Modell den Anstoss geben, das Verhalten in Zukunft häufiger zu zeigen. Hierbei handelt es sich um einen Aspekt des Modell-Lernens der in Alltagssituationen am häufigsten spontan auftritt, wenn wir mit geeigneten Modelpersonen zusammen sind.
• Der Effekt beruht darauf, dass eine Information gegeben wird, unter welchen (situativen) Bedingungen ein Verhalten beim Beobachter gezeigt werden sollte. Das Modellverhalten kann dabei als diskriminativer Reiz zur Auslösung des entsprechenden Verhaltens beim Beobachter verstanden werden.
• Die Erfolge von Gruppentherapien mit extrem gehemmten und leicht aggressiven Kindern (vgl. Petermann & Petermann», 1978; U. Petermann, 1983) lassen sieh zumindest teilweise durch reaktionserleichternde Effekte erklären. In einer gemischten Gruppe wird das leicht aggressive Verhalten des einen Kindes zum diskriminativen Hinweisreiz für das Verhalten eines gehemmteren Kindes. Es lernt so, sich in bestimmten Situationen auch anders als durch sozialen Rückzug und Hemmung interaktiver Verhaltensweisen zu bewegen.
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (=ATP)
• Dieses komplexe Trainingsprogramm enthält das Lernen am Modell als eine wichtige Komponente nebst anderen Therapieformen.
• Das ATP wurde zu Beginn der 70er Jahre von Ullrich & Ullrich de Muynck entwickelt. Ziel dieses komplexen Trainings ist die Verhaltens- und Einstellungsänderung zur Neuerfahrung bisher vermiedener sozialer Situationen ohne negative Konsequenzen. Dabei wird verantwortungsbewusstes, selbstsicheres Verhalten angestrebt, das eingesetzt werden kann, um für eigene Bedürfnisse und Rechte einzustehen, ohne die Rechte anderer Personen zu verletzen, unter Berücksichtigung der jeweiligen situativen Gegebenheiten.
• Alberti & Emmons (1978) haben darauf hingewiesen, dass selbstsicheres Verhalten keinesfalls mit rücksichtsloser Durchsetzung oder aggressivem Verhalten gleichzusetzen ist. Nonassertiv bedeutet passives, unsicheres Verhaltem, assertives selbstsicheres, der Situation angemessenes Verhalten.
2.5.3.1 Indikationen
• ATP lässt sich dann einsetzen, wenn es Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen, soziale Ängste und Defizite im Sozialverhaltem gibt.
• Dazu gehören auch die sozialen Ängste und das Vermeideverhalten wie bei sozialen Phobien und
• Persönlichkeitsstörungen oder Zwängen und sexuellen Störungen. Dabei wird Sozialangst gleichgesetzt mit Fehlschlagangst.
• Weitere Unterformen dieser sozialen Ängste sind die oft intensiven Ängste vor Bewältigungs- und Kontrollverlust, wie sie
• Bei Leuten mit Ängsten vor Erröten, vor Essen in der Öffentlichkeit, Angst vor Stimmversagen, Zittern, Schwitzen, Erbrechen oder öffentlicher Blamage bestehen.
• Aber auch Defizite im Rahmen depressiver Probleme oder psychotische Erkrankungen oder Kompensationen durch Süchte, Esstörungen und psychosomatische Erkrankungen können im Rahmen der ATP therapiert werden.


2.5.2.3.2. Struktur des ATP
Wie ist dieses Trainingsprogramm strukturiert?
Zu Beginn der Therapie werden mit jedem einzelnen Klienten durch gezielte Selbstbeobachtung des eigenen Verhaltens die Probleme beschrieben und in ihrem funktionalen Zusammenhang analysiert. Aufgrund dieser funktionalen Analyse läßt sich eine Zielbestimmung (,,Erlern-/Verlernliste") festlegen.
Diese Liste ist im Laufe der Therapie veränderbar, eventuell zu erweitern; durch die explizite Liste können auch individuelle Lernfortschritte festgehalten und Veränderungen konkret beurteilt werden.
Das wiederholte Einüben von Verhaltensweisen gehört zu den wichtigsten Elementen des Trainings sozialer Kompetenz. Bei den Modellvorgaben durch den Therapeuten geht es um eine möglichst effektive Vermittlung von Verhaltensweisen. Während der Verhaltensprobe des Klientenkönnen die Therapeuten durch unmittelbare Verhaltensanweisungen oder Gesten und Gebärden, das im Rollenspiel gezeigte Verhalten verstärken und beeinflussen. Zur Festigung und Ueberprüfung neuer Verhaltensweisen sind Übungen in der Realität, in Form von Hausaufgaben typisch.
Einen Kernbereich des ATP bilden 127 soziale Situationen, die wie beschrieben im Rollenspiel eingeübt und anschließend in den In-vivo-Übungen trainiert und umgesetzt werden sollen. Die Übungen umfassen vier Hauptkategorien sozialer Kompetenz:
• 1. Stellen von Forderungen;
• 2. Nein sagen und kritisieren;
• 3. Herstellen von Kontakten;
• 4. sich öffentlicher Beachtung aussetzen und sich Fehler erlauben

Diese Hauptkategorien sozialer Kompetenz sollen im Verlaufe des Erlernens von Selbstsicherheit in verschiedenen Situationen geübt bzw. trainiert werden: Straße, Verkehrsmittel, Geschäfte, Lokale, öffentliche Veranstaltungen und Behörden. Einbezogen werden dabei Nachbarn, Freunde und Bekannte, der Arbeitsbereich sowie die eigene Familie.
Die verbalen und nonverbalen Fertigkeiten, die in einer vorgegebenen Situation trainiert werden sollen, werden in der Anleitung genau benannt, und die im Theorieteil allgemein formulierten Therapieziele werden für jede Übung bzw jeden Übungsteil entsprechend konkretisiert. Komplexe soziale Situationen, wie sie beim Aufbau sozialen Verhaltens vorkommen, werden in einen größeren Bezugsrahmen gestellt (z.B. Arbeitsbereich, Bereich Familie), damit der Teilnehmer des Programms seine persönlichen Probleme auch in den Zusammenhang zu gesellschaftlichen Bedingungen stellen kann.
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
Ullrich de Muynck & Ullrich (1977) sehen psychische Störungen als soziale Probleme; die Therapieziele des ATP legen eine Konzipierung des ATP als Gruppentherapie nahe, weil eine Gruppensituation am ehesten die Bedingungen herstellt, denen sich ein Klient in seinem täglichen Leben gegenübersieht .
Das gruppentherapeutische Vorgehen bildet eine Reihe von Vorteilen beim Erlernen sozial kompetenten Verhaltens
Wenn ein Teilnehmer anderen Personen in der Gruppe Zuwendung vermittelt (in Form von Beachtung, Diskussionsbemerkungen, Feedback . , ), so stellt dies bereits eine Stufe beim Aufbau gewünschten Verhaltens dar (aktive Beteiligung in einer sozialen Situation).
In einer Gruppensituation orientieren sich die Teilnehmer nicht nur am Therapeuten, sondern auch an den anderen Mitgliedern der Gruppe. Dies bildet eine prinzipielle Unabhängigkeit von den Ziel- und Wertvorstellungen des Therapeuten; dies sollte allerdings nur dann als besonderer Vorteil angesehen werden, wenn nicht die Gruppe ihrerseits Standards oder Normen vermittelt, die der Erreichung eines Therapieziels bei einer einzelnen Person im Wege stehen.
Die in einer Gruppe erlernten Interaktionsfähigkeiten lassen sich leichter auf reale Interaktionen übertragen als solche, die in einer Einzeltherapie gelernt wurden (Gruppe als Modell sozialer Interaktionen). Auch wenn die Gruppe eine Art künstlicher (geschützter) Situation darstellt, lassen sich hier doch eher reale Interaktionsmuster modellieren und üben.

3. Zusammenfassung
Zum Lernen am Modell gehört:
„a. Aufmerksamkeitszuwendung
b. Behaltensphase
c. Reproduktionsphase
d. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst realisieren möchte.
b) Emotionale Beziehung zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der Nachahmung größer.
d) Stellvertretende Verstärkung: Sieht der Beobachter die Konsequenzen am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer Status des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden eher nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder niedrigerem Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte Macht oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder bestrafen kann. Hierin äußert sich die Machtposition.“
4. Quellenverzeichnis:
Hobmair, Herman „Pädagogik“,: Köln 1996, S. 159-162
Zimbardo, Philip G. „Psychologie“ , 5.Auflage, Berlin, 1992,S. 422
Schülerduden: „Die Pädagogik“ aa.O, S. 388
Mietzel, Gerd „Wege in die Psychologie“ 7.,: Auflage, Stuttgart 1994, S. 198
________________________________________
5.Literatur zum Lernen
*Gage, N. L. & Berliner, D. C. (1996). Pädagogische Psychologie (5. Auflage). Weinheim: Psychologie Verlags Union - Beltz. (Kapitel 6)
Mietzel, G. (1993). Psychologie in Unterricht und Erziehung. Einführung in die Pädagogische Psychologie für Pädagogen und Psychologen (4. Auflage). Göttingen: Hogrefe. (Kapitel 4)
Redlich, A., & Schley, W. (1981). Kooperative Verhaltensmodifikation im Unterricht. München: Urban & Schwarzenberg.


Arbeitsaufgaben
1. Definieren Sie den Begriff Modell-Lernen!
2. Nennen Sie weitere Bezeichnungen für das Modell-Lernen.
3. Aus welchen Phasen und Prozessen besteht das Modell-Lernen laut Albert Bandura?
4. Nennen Sie Bedingungen, die das Modell-Lernen laut Albert Bandura wahrscheinlicher macht.
5. Welche Bedingungen muss ein Modell erfüllen, damit es vom Lernenden beachtet wird?
6. Von welchen Faktoren hängt es ab, ob wir ein bestimmtes Modell auswählen und welche Verhaltensweisen wir übernehmen?
7. Interpretieren Sie folgendes Fallbeispiel anhand der Theorie des Modell-Lernens nach Albert Bandura:
Zwei Kinder im Alter von 9 und 10 Jahren sehen zu Hause bei ihren Eltern einen Horror-Videofilm, in dem es darum geht, Menschen zu erstechen und anschließend zu zerstückeln. Diese Kinder beobachten ihre Eltern, wie sie diesen Film begeistert anschauen und anschließend freudig über diesen Film reden. Diese Beobachtung der Kinder wiederholt sich im Laufe von Monaten, es ist Standard, dass sie gemeinsam mit ihren Eltern heftige Horrorfilme anschauen. Darüber hinaus kommt eine weitere gewaltsame Atmosphäre in diese Familie. Eines Tages kommen diese beiden Kinder auf die Idee, das Gesehene nachzumachen. Sie schnappen sich einen 3jährigen Jungen, verschleppen ihn auf einen Müllplatz und imitieren genau die Verhaltensweisen, die sie im Horrorfilm gesehen haben. Sie töten ihn, zerschneiden ihn und versuchen weitestgehend das Erlebte des Horrorfilms nachzumachen.
a)Welche erzieherischen Konsequenzen formulieren Sie bezüglich dieses Fallbeispiels?
b)Beschreiben Sie die Bedeutung der Modell-Lerntheorie von Bandura für die Erziehung.

7. Fallbeschreibung Christian:
Christian, 18 Jahre alt, wurde von der Polizei gefasst, als er zusammen mit anderen Jugendlichen einen Diskothekenbesucher ohne erkennbaren Grund brutal verprügelte. Ein Sozialpädagoge beschäftigte sich – im Auftrag des Gerichts – mit Christians Vergangenheit. Er stellt fest, dass Christian schon sehr früh mit Gewalt in Berührung kam. Sein Vater beherrschte die ganze Familie durch seine unkontrollierten Wutausbrüche. Häufig verprügelte er – besonders wenn er vorher Ärger auf der Arbeit oder getrunken hatte – Frau und Kinder, so dass die ganze Familie in ständiger Angst vor dem Vater lebte. Christian selbst berichtet, dass er als Kind völlig verschüchtert gewesen sei und sich nie getraut habe, sich gegen den Vater zur Wehr zu setzen. ... da dies den Vater noch mehr provoziert hätte. Auch sei er ein sehr schwächliches Kind gewesen, das in der Schule immer Außenseiter gewesen sei.
Von seinen Klassenkameraden sei er oft verprügelt worden. Bis zu seinem 16. Lebensjahr habe er nie einen richtigen Freund gehabt. Damals sei ein neuer Schüler in seine Klasse gekommen, mit dem er sich auf Anhieb gut verstanden habe. Dieser habe nach kürzester Zeit den Ruf eines brutalen Schlägers gehabt, der sich nichts gefallen lasse. Seit er (Christian) in dessen Schutz stehe, gelte er auch etwas in der Klasse. Sein neuer Klassenkamerad sei Mitglied einer radikalen Gruppe, die es sich zum Ziel gesetzt habe, gegen Ausländer und Homosexuelle vorzugehen.
Durch seinen Freund sei er ebenfalls in die Clique gekommen. Anfangs habe er vor den gewalttätigen Auseinandersetzungen Angst gehabt, er habe jedoch seinen Freund nicht enttäuschen wollen und deshalb mitgemacht. Mit der Zeit sei er sicherer geworden und könne jetzt das Gefühl der Macht und die Angst, die andere vor ihm hätten, richtig genießen. Auch seien diese Auseinandersetzungen nicht gefährlich, da immer auf eine zahlenmäßige Überlegenheit der Clique geachtet werde.
Aufgabe:
Versuchen Sie, das Verhalten von Christian aus der Sicht der Modell-Lerntheorie von Albert Bandura zu erklären:
a) Beschreiben Sie mit eigenen kurzen Worten das problematische Verhalten von Christian
b) Stellen Sie die Ursachen dar, die zu diesem Verhalten geführt haben könnten
c) Erklären Sie das Verhalten des Jungen mit Hilfe der Theorie von Albert Bandura. Stellen Sie dabei die relevanten Aussagen dieser Theorie zusammen.
d) Zeigen Sie auf der Grundlage dieser Theorie Möglichkeiten auf, um das problematische Verhalten von Christian ändern zu können.
8. Aufgabenstellung:
Ein Kind in einer Wohngruppe fällt wiederholt durch überdurchschnittlich aggressives Verhalten auf.
a) Erarbeiten Sie Möglichkeiten einer Verhaltensänderung auf der Grundlage der Modelltheorie.
b) Beschreiben Sie mögliche Probleme, die bei Ihrem Vorhaben auftauchen können.
c) Erarbeiten Sie Strategien um diesen möglichen Problemen präventiv zu begegnen.

9). Das Modell-Lernen und die Zigarettenraucherinnen
Sie arbeiten als Erzieher in einem Hort und draußen vor der Tür, rechts neben einem Holunderbusch treffen sich zwei ältere Mädchen, die eigentlich in dem Hort sein sollten und ihre Hausaufgaben machen sollten. Sie sind 15 Jahre alt und rauchen. Ein Kind im Alter von 11 Jahren kommt hinzu, beobachtet diese beiden und sagt: „Boar, das ist ja cool.“ Und besorgt sich von anderen Kindern ebenfalls Zigaretten und stellt sich zu diesen zwei älteren Mädchen.
Aufgabenstellung:
a) Analysieren Sie diese pädagogische Situation anhand der Theorie von Albert Bandura. Beschreiben Sie das problematische Verhalten.
b) Welches alternative Modellverhalten würden Sie dem kleineren Kind als Erzieherin vorleben?
c) Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Beispiel für sich persönlich?
d) Formulieren Sie ein alternatives Handlungskonzept und Erziehungsmaßnahmen für die beiden älteren Kinder auf Basis der Theorie von Albert Bandura.
Bearbeiten Sie folgenden Lückentext, indem Sie die fehlenden Worte richtig einsetzen:
Vom Erlebten bis zur Ausführung eines Verhaltens durchläuft der Beobachter die im Folgenden beschriebenen vier Verarbeitungsphasen, die Bandura und seine Forschungsgruppe herausgearbeitet haben:
1. Aufmerksamkeitszuwendung
2. Behaltensphase
3. Re____________sphase
4. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst ___________möchte.
b) Emotionale ____________zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die __________________der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der _____________größer.
d) Stell__________Verstärkung: Sieht der Beobachter die _____________am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer __________des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden ______nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder _____________Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte ________oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder __________kann. Hierin äußert sich die Macht________.

Fügen Sie die folgenden Worte an der richtigen Stelle ein:
Macht, Nachahmung, bestrafen, produktion, realisieren, niedrigerem, Konsequenzen, position, eher, Beziehung, vertretende, Macht, Status





Thema: Die sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell (nach Albert Bandura)
Inhalt
1. Einführung
Verhaltensauffälligkeiten
2. Lernen am Modell
Fallbeispiel: Diana 11 Jahre alt
2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
2.2.3 Gedächtnisprozesse
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
2.4 Denkanstöße / Praxisbeispiele
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (ATP)
2.5.3.1 Indikationen
2.5.2.3.2. Struktur des ATP
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
3. Zusammenfassung
4. Quellenverzeichnis 5.Literatur zum Lernen
1. Einführung
Im folgenden geht es darum anhand verschiedener psychologischer Theorien ein Verständnis zu entwickeln wie Menschen sich Verhaltensweisen aneignen. Dabei geht es um gewollte aber auch von der Gesellschaft sanktionierte Verhaltensweisen. Wer kennt nicht den Spruch einer schimpfenden Mutter: „Von wem hast du das nur?“.
Gemeint ist mit dieser Frage, woher hat wohl das eigene Kind diese Verhaltensweise übernommen.

Albert Bandura: :Sein Leben Albert Bandura wurde am 04.12.1925 in Alberta geboren. Dort verbrachte er auch seine Jugendjahre. Sein Studium begann er auf der Universität von British Columbia. Danach entschied er sich für die Universität von Iowa, um dort Klinische Psychologie zu studieren. Er entschloß sich für diese Universität, da sie einen guten Ruf in bezug auf ihre Erforschung von Lernprozessen hat. Von dieser Zeit an interessierte er sich für die Anwendung der Lerntheorien auf klinische Phänomene. 1950 ging er nach Stanford und arbeitete dort auf dem Gebiet der Interaktionsprozesse in der Psychotherepie und dem Familienmuster, das Aggressivität bei Kindern erzeugt. Während der Arbeit auf diesem Gebiet, stieß er auf die zentrale Rolle des Modell-Lernens bei der Persönlichkeitsentwicklung. Da er Forschungen auch auf dem Gebiet der Aggression, des Modell- und Beobachtungslernens und dem Prozess der Verhaltensänderung macht, erlangt er ein viel verzweigtes Forschungsprogramm. Dieses hat zum Ziel eine umfassende Theorie vom menschlichen Verhalten zu erhalten, um die menschlichen Fähigkeiten besser einordnen zu können. 1980 erhielt Albert Bandura die wissenschaftliche Auszeichnung der Vereinigung der "American Psychological Association" für "vorbildliche Leistungen als Forscher, Lehrender und Theoretiker".



1.1 Verhaltensauffälligkeiten
Die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten wird unter anderem mit den Lerntheorien erklärt. Verhaltensauffälligkeiten sind Besonderheiten des Verhaltens insbesondere von Kindern und Jugendlichen, die von den Normen der jeweiligen Gesellschaft abweichen. Der Begriff Verhaltensauffälligkeit beinhaltet aber auch die Subjektivität von Pädagogen, Ärzten, Therapeuten usw. und berücksichtigt die Situationsspezifität auffälligen Verhaltens, das von Traditionen abhängt. Manche pädagogische Autoren benutzen den Begriff Verhaltensauffälligkeit, weil er ihrer Meinung nach zum Ausdruck bringe, dass ein Verhalten in einem sozialen Austauschprozess nicht den Erwartungen des Interaktionspartners entspreche und deshalb als abweichend oder auffällig wahrgenommen werde. Genaue Zahlen zur Häufigkeit von Verhaltensauffälligkeiten liegen zur Zeit nur für den angelsächsischen Bereich vor.
Den ausländischen Ergebnissen und einer neueren deutschen Studie zur Folge ist von 10 bis 20 % verhaltensauffälligen und behandlungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen auszugehen. Bei Jungen werden dabei im Vergleich zu Mädchen etwa drei- bis viermal häufiger Verhaltensauffälligkeiten festgestellt, in erster Linie wegen des höheren Anteils aggressiven Verhaltens bei Jungen. Folgende bedeutsame Ansätze lassen sich bei der Diagnostik und Therapie von Verhaltensauffälligkeiten unterscheiden:
1. Psychoanalytischer Auffassung zur Folge sind Verhaltensauffälligkeiten das Ergebnis mangelnder psychischer Verarbeitung belastender und konflikthafter frühkindlicher Erlebnisse und/oder Konstellationen und nur durch eine Bewusstmachung dieser frühkindlichen Erlebnisse und Problematiken abbaubar.
2. Die lerntheoretisch orientierte Verhaltenstherapie geht von der Annahme aus, dass bestimmte Lernprozesse Verhaltensauffälligkeiten bewirken oder fördern und letztere nur über den Erwerb positiver Verhaltensweisen verlernt werden können, wobei positives wie negatives Verhalten nach denselben Lernprozessen bzw. Gesetzmäßigkeiten entsteht.
3. Der Labeling-approach sieht die Ursache für Verhaltensauffälligkeiten nicht in individuellen Zuschreibungen, sondern in gestörten oder zumindest auffälligen sozialen Interaktionen, die im Hinblick auf die erfolgreiche und dauerhafte Beseitigung der Verhaltensauffälligkeit entsprechend zu verändern seien; das verhaltensauffällige Individuum wird darüber hinaus nicht als gestört etikettiert, sondern sein Verhalten vom Zusammenhang abhängig begriffen. Beispiele für Verhaltensauffälligkeiten sind: Ess- und Schlafstörungen, Einnässen, Einkoten, motorische Unruhe, Sprach-, Lern- und Konzentrationsstörungen, verschiedene Ängste (z.B. Ängstlichkeit in bestimmten Situationen, Schulangst), aggressives wie Rückzugsverhalten sowie dissoziale bzw. delinquente Verhaltensweisen (z.B. Schulschwänzen, Herumhängen, sexuelle Verwahrlosung, Betrügereien, Eigentumsdelikte, Drogenabhängigkeit).

(...) Als therapiebedürftig werden nach heutiger Auffassung nur solche Verhaltensauffälligkeiten angesehen, die länger als sechs Monate andauern. Davon zu trennen sind bleibende Verhaltensauffälligkeiten, die sich bei körper- oder sinnesbehinderten Kindern als sekundäre Folgen ihrer jeweiligen Behinderung, bei den sogenannten Lernbehinderten als Folge ihrer mangelnden sozialen Kompetenz und der Fähigkeit gewisse Dinge vorauszusehen und vorausschauend zu handeln und zu agieren genannt.

2. Lernen am Modell
Der bereits oben genannte Ausruf einer schimpfenden Mutter weist auf das Alltagswissen hin, dass viele Verhaltensweisen von anderen abgeschaut wurden. Dabei ist es möglich, dass gesellschaftlich sanktionierte Verhaltensweisen sogenannte Verhaltensauffälligkeiten oder Verhaltensstörungen von Kindern und Jugendlichen übernommen wurden. Teilweise gibt es aber auch die Aufforderungen, gute Verhaltensweisen von anderen Kindern zu übernehmen: „Von dem Marcel solltest du dir mal eine Scheibe abschneiden, der hat immer so tolle Noten in der Schule!“ Unabhängig davon, ob eine solche Aufforderung einem positiven Erziehungsstil zuzuordnen ist oder nicht, ist hier das Alltagswissen erkennbar, dass positive Verhaltensweisen von anderen abgeschaut werden können.

Die sozial-kognitive Lerntheorie beschreibt das Lernen am Modell , auch Imitationslernen bzw. Beobachtungslernen ist ein wichtiger Beitrag der Theorie von Albert Bandura.

Definition: „Beobachtungslernen ist der Prozess, bei dem eine Person das Verhalten einer anderen beobachtet und ihr eigenes Verhalten allein auf diese Beobachtung hin verändert. Durch Beobachtungslernen erwerben Kinder und Erwachsene eine enorme Menge an Informationen über ihre soziale Umgebung – was angemessen ist und belohnt wird und was bestraft oder ignoriert wird.“


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Fallbeispiel:Diana und die Schultasche
Diana ist 11 Jahre alt und im 6. Schuljahr. Bislang hatte sie zu Hause bei ihren Eltern eine normale positive Umgangssprache kennen gelernt und auch selbst sich dieser Umgangssprache befleißigt. Seit einiger Zeit jedoch kommt sie nach Hause und benutzt häufig Worte wie „saucool, echt geil“ und andere sexistische Ausdrücke. Darüber hinaus fordert sie den Kauf von Markenkleidung und anderen Markenartikeln: „Mama ich will aber nicht irgendwelche blöden Turnschuhe tragen, ich will die neuen Schuhe von Adidas haben, die sind nämlich voll mega-in. Aber nur die mit den dicken Schnürsenkeln, die anderen sind out.“ Die Mutter, die durchaus ein begrenztes Einkommen hat, denkt daran und sagt: „Du hast doch erst vor drei Monaten von Tante Irene die teuren Buffalos geschenkt bekommen, reichen die nicht?“ Diana sagt darauf: „Nö, Mama die sind voll out. Wer trägt heute noch Buffalos. Ich war jetzt in der Stadt spazieren, keiner trägt Buffalos, nee das müssen die neuen Adidas sein und außerdem will ich endlich meinen Eastpak haben!“ Die Mutter fragt völlig verwirrt: „Was ist das denn?“ „Ja, das sind die neuen Schultaschen, die wir als Rucksäcke tragen, ich komm jetzt schließlich ins 7. Schuljahr bald, dann möchte ich Eastpak haben und nicht diese billigen Klamotten.“ Die Mutter will sich dem nicht anpassen und kauft eine andere Schultasche.
Eine Tasche, die sehr viel Ähnlichkeit mit der beliebten Marke Eastpak hat, nur um einiges preiswerter ist. An der Stelle, wo eigentlich Eastpak stehen sollte laut Diana, steht nun die Markenbezeichnung Aldi-Sports. Als die Mutter freudestrahlend nach Hause kommt und ihrer Tochter diese Tasche präsentiert, gibt es einen lauten, rebellischen Aufschrei: „Nö, Mama so`n Scheiß nehm ich nicht.“ Mutter sagt: „Nein, die von dir verlangte Marke ist doppelt so teuer, es bleibt dabei.“ Diana nimmt nun diese Aldi-Sports-Schultasche mit und wird tatsächlich in der Schule von ihren Freundinnen ausgelacht. Sie kommt nach Hause und sagt: „Mama, bei uns in der Klasse haben alle Eastpak. Nur ich nicht.“ Nach näherem Nachfragen ergibt sich, dass nicht alle MitSchülerinnen bzw. der Schüler nen die Eastpak-Tasche tragen, sondern die drei beliebtesten. Diana wollte dieses Verhalten imitieren...“
Aufgabenstellung: Beschreiben Sie mit kurzen eigenen Formulierungen die Problematik, die im Erziehungsgeschehen zwischen Mutter und Tochter in diesem Fallbeispiel dargestellt wird.

Banduras Experiment mit der Gummipuppe „In einem typischen Experiment führte Albert Bandura 1965 Kindern einen Film mit einem Erwachsenen, einem sogenannten Modell vor, der besonders markante aggressive Verhaltensweisen gegenüber einer Gummipuppe zeigte. Eine erste Gruppe von Versuchspersonen sah, wie das Modell für seine Verhaltensweisen mit Süßigkeiten belohnt wurde, während eine zweite Gruppe beobachtete, dass die Aggressionen des Erwachsenen ernste Ermahnungen nach sich zogen.
Nach dieser Vorführung registrierte Bandura genau, ob die Kinder Nachahmungsverhalten zeigten. Die Angehörigen der Gruppe, denen Aggressionen mit negativen Konsequenzen vorgeführt worden waren, zeigten erheblich weniger Nachahmungen, als die Teilnehmer der ersten Gruppe. Muss man davon ausgehen, dass Angehörige der zweiten Gruppe kein aggressives Verhalten gelernt hatten?
Bandura ist dieser Frage nachgegangen, indem er diesen Kindern Geschenke in Aussicht stellte, wenn sie ihm das Verhalten des Modells nachahmen würden. Unter diesen Anreizbedingungen bereitete es ihnen keine Schwierigkeiten, Bandura die Aggressionen vorzuführen, die sie offenbar sehr gut gelernt hatten.
Die Ergebnisse solcher Experimente werfen die Frage auf, ob nicht auch die Betrachtung aggressiver Fernsehsendungen dazu beiträgt, die Aggressivität der Zuschauer zu erhöhen...

Die Möglichkeit komplexere Verhaltensweisen durch Beobachtung eines Modells zu erlernen hat für den einzelnen Menschen sicherlich erhebliche Vorteile.
Schwierige Verhaltensweisen oder Handlungskompetenzen können so auch im beruflichen Verhalten im beruflichen Rahmen abgeschaut werden. Besonders motorische Handlungsfolgen lassen sich leichter abschauen an einem Modell als durch komplizierte schriftliche Beschreibungen erlernen.“

Arbeitsaufgabe: Formulieren Sie kurz die Ergebnisse des Experimentes von Bandura im Zusammenhang mit dem Imitationslernen von Aggressionen.
Welche erzieherischen Konsequenzen schlagen Sie aufgrund der Ergebnisse des Bandura-Experimentes vor?


2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
Albert Bandura unterteilt das Modell-Lernen in zwei Phasen und vier Prozesse. Die erste Phase ist die Aneignungsphase, zu der die Aufmerksamkeitsprozesse und die Gedächtnisprozesse zugeordnet werden.

ANEIGNUNGSPHASE AUSFÜHRUNGSPHASE
Aufmerksamkeit Gedächtnis Motorische Reproduktion Motivation
Modellierungsreize
Auslösen von Betroffenheit
Komplexität
Merkmal des Beobachters
Wahrnehmungsfähigkeit/haltung
Aktivierungsgrad
Motivation
frühere Verstärkung symbolische Kodierung
innere Repräsentation
symbolische Wiederholung
motorische Wiederholung körperliche Fähigkeiten
Verfügbarkeit der Teilreaktionen
Feedback der Genauigkeit äußere, direkte Verstärkung
stellvertretende Verstärkung
Selbstverstärkung

Die Ausführungsphase beinhaltet die motorischen Reproduktionsprozesse und die Motivations- und Verstärkungsprozesse.

2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
Aus der Vielzahl von Informationen, die das Verhalten eines Vorbildes enthält, wählt der Lernende die für ihn wichtigen Bestandteile aus und beobachtet sie exakt. Ob ein Modell viel oder wenig Aufmerksamkeit bekommt, hängt unter anderem ab von den Persönlichkeitsmerkmalen des Modells, von den Persönlichkeitsmerkmalen des Beobachters, von der Art der Beziehung zwischen Modell und Beobachter und von den Situationsbedingungen. Beispiel:
Wenn ein 14jähriger Junge innerhalb seiner Peer-Group, z.B. seiner Clique, einen etwas älteren Jungen kennen lernt, mit dem er sich gut identifizieren kann, den er sympathisch, also attraktiv findet und dessen Verhaltensweisen er erstrebenswert empfindet, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der 14jährige Junge das Verhalten von dem Älteren übernimmt und imitiert. Dabei ist es wichtig, dass das Modell, der ältere Junge also, sich mit Dingen beschäftigt, die dem Lernenden als sinnvoll und interessant erscheinen. Würde das Modell sich mit Dingen beschäftigen, die für den Lernenden uninteressant sind, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel geringer, dass das Verhalten übernommen wird.
Ein typisches Beispiel für die Attraktivität eines Modells erleben wir im Bereich der Popmusik. Teenager schauen auf Musikstars wie Britney Spears, No Angels usw. Viele Teenager schauen (hier also als Lernende) auf diese Modelle und beobachten, wie deren Verhalten positiv sanktioniert wird.
Diese Musikstars können aufgrund ihres Tanzens und Singens viel Beifall, Anerkennung und auch materiellen Reichtum erhalten. Diese positiven Konsequenzen machen diese Musikstars für die Teenager als Modelle interessant und attraktiv. Deshalb wollen viele, wenn sie auf ihren Beruf befragt werden, Popstar werden. Als Modelle werden folgende Menschentypen schnell ausgewählt:
- Menschen, die soziale Macht besitzen, also belohnen und bestrafen können,
- Menschen mit hohem Ansehen,
- Menschen, die sympathisch und attraktiv sind. Die Attraktivität kann z. B. im Geschlecht, im Alter oder in der Herkunft begründet liegen,
- Menschen, die die Bedürfnisse des Lernenden zufrieden stellen können.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass Eltern und Erzieher im besonderen Maße sich ihrer Modellfunktion bewusst werden sollen. Eltern und Erzieher sind automatisch Modelle, auch wenn sie dies vielleicht für sich selbst noch nie reflektiert haben. Eltern und Erzieher sind in hohem Maße in der Lage, die materiellen und emotionalen Bedürfnisse der Kinder zufrieden stellen zu können. Daher werden ihre Verhaltensweisen oft unbewusst von Kindern übernommen.
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
Kinder, die selbst wenig Selbstvertrauen und Selbstachtung haben, die sehr stark suchen und große Unsicherheit in ihrem Bewertungen und Handlungsweisen haben, sind sehr offen, sich Modelle in ihren Cliquen zu suchen und deren Verhaltensweisen zu übernehmen. Das Lernen von Kindern und Jugendlichen beinhaltet das Streben von der Unsicherheit, also dem großen Fragezeichen hin, zu Stabilität der Verhältnisse, hin zur Sicherheit, also hin zum klaren Ausrufezeichen. Je fragender und unsicherer ein Kind ist, desto eher ist es bereit, Modelle zu übernehmen. Dies gilt besonders, wenn jemand neu in einer Gruppe ist. So versucht dieser Mensch von der großen Unsicherheit des Neulings hin zur Sicherheit des gruppenintegrierten Mitgliedes zu gelangen. Dies geschieht, indem die Verhaltensweisen der Modelle, hier der Gruppenleiter, beobachtet und übernommen werden. Modellverhalten wird auch dann stark übernommen, wenn eine Beziehung zwischen Modell und Beobachter besteht. Je intensiver die Beziehung zwischen Modell und Beobachter, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Verhaltensweisen imitiert werden. Auch die emotionale und materielle Abhängigkeit des Beobachters vom Modell erhöht die Nachahmungsbereitschaft.
Anhand von Untersuchungen wurde festgestellt, dass Kinder aus intakten Familien, die jahrelang eine gute Ehe beobachten konnten, selber wiederum in der Lage waren, eine erfolgreiche Ehe zu führen. Die oft unbewussten, erlernten Verhaltensmodelle der Eltern machte es den nun erwachsenen Kindern möglich, selbst eine harmonische Ehe zu führen.
2.2.3 Gedächtnisprozesse
Ein Beobachter speichert das Gesehene mit Hilfe seines Gedächtnisses so lange, bis er sich einen Nutzen vom Zeigen der erlernten Verhaltensweise verspricht. Das Beobachtete wird in Form von bildlichen oder sprachlichen Symbolen im Gehirn gespeichert und ist somit als Vorstellung dort vorhanden (= repräsentiert).
Beispiel: Ein 15jähriger beobachtet in einem Film, wie sein Held von einem Wasserstrudel in einem See herunter zum Boden des Sees gezogen wird. Als gekonnter Schwimmer lässt dieser Held sich herunter ziehen und erst unten am Boden, wo die Kraft des Strudels nachlässt, durchbricht er diesen Strudel und schwimmt aus ihm heraus. Er versucht nicht an der Oberfläche dem kräftigen Strudel zu entkommen. Dieses Verhalten beeindruckt den 15jährigen sehr stark und wird als bildliches Symbol im Gehirn gespeichert. Jahre später kommt der Junge, inzwischen 25 Jahre alt, in eine ähnliche Situation und genau in diesem Moment erinnert er sich an das bildliche Symbol des Helden. Er versucht dieses Verhalten nachzuahmen und kann mit Erfolg diesem Wasserstrudel entrinnen.
Ähnliche Gedächtnisprozesse werden sehr stark von der Werbeindustrie ausgenutzt. Durch wiederholtes Vorführen von attraktiven Modellen, die eine ganz bestimmte Marke benutzen, wird dafür gesorgt, dass Kindern aber auch Erwachsenen das Logo einer Marke als bildliches Symbol im Gehirn abgespeichert wird. So kann Monate später, wenn der Mensch in der Unsicherheit vor einem Ladenregal steht, sich für den Kauf eines Produktes zu entscheiden, nun die bildliche Abspeicherung des Symbols dafür sorgen, dass nicht das preiswertere No-Name-Produkt genommen wird, sondern das teure Markenprodukt.
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
Motorische Reproduktionsprozesse
Damit ein beobachtetes Verhalten gezeigt werden kann, bedarf es eines Umsetzens des Gespeicherten in angemessene Handlungen und Verhaltensweisen. Hierbei werden aus einer Vielzahl im Gedächtnis gespeicherten Codierungen solche ausgewählt und organisiert, die für das beabsichtige Verhalten relevant sind. Jedoch lassen sich diese kognitiven Vorstellungen nur selten gleich beim ersten mal richtig umsetzen. Häufig muss der Betrachter seine motorischen Fähigkeiten erst üben, korrigieren und wiederholen, bis sich ein Erfolg einstellt. Beim Üben und Korrigieren vergleicht der Lernende immer wieder die Ergebnisse seiner Handlungen und Verhaltensweisen mit den gespeicherten Codierungen.
Bespiel: Erlernt ein Kind das Fahrrad fahren, so genügt es nicht Andere beim Radfahren zu beobachten. Es muss eine Vielzahl von wichtigen Informationen aus seinem Gedächtnis abrufen, so z.B. wie die Pedale zu betätigen sind, wie man die Lenkstange hält, wie das Auf- und Absteigen erfolgt, usw. Trotz dieses Wissens wird das Kind die einzelnen Bewegungsabläufe erst eine Weile üben müssen, bis es das Fahrrad fahren beherrscht. Zwischendurch immer wieder der sicherheitsbringende Blick auf ein Fahrrad fahrendes Modell hilft hier, den Lernprozess voran zu treiben. Die motorische Reproduktionsphase wird besonders in handwerklichen Berufen genutzt, wenn es darum geht, ganz bestimmte Fertigkeiten, wie das Feilen eines U-Stahls durchzuführen. Mehrfach wird der Lernende den Meister beobachten wie er feilt und sich dessen Erklärungen anhören, um dann anschließend genau dieses Feilen zu imitieren. Ähnliches sollte auch bei Erziehern und Heilerziehungspflegern im Praktikum geschehen. Der pädagogische Umgang mit Kindern mit einem verhaltensauffälligen Jungen sollte von den Mentoren und den Erziehern vorgemacht werden, so dass die Praktikanten dieses Verhalten situationsgerecht imitieren können.
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
Ob ein Mensch ein bestimmtes Verhalten überhaupt beachtet, um es zu lernen, hängt von seiner vorhandenen Motivation ab. Die Motivation einer Person beeinflusst beim Modell-Lernen sowohl die Aneignungs- als auch die Ausführungsphase. Nur wer sich vom Beachten und Durchführen einer Verhaltensweise einen Erfolg bzw. einen Vorteil verspricht oder einen Misserfolg bzw. Nachteil abzuwenden glaubt, wird entsprechende Aktivitäten entfalten. Motivation ist daher eng mit der Aussicht auf Bekräftigung verbunden. So wird Daniela die im oben genannten Beispiel schon dargestellt wurde, das sportliche Verhalten einer Freundin nur dann übernehmen wollen, wenn sie für sportliche Aktivität grundsätzlich in einer entsprechenden Situation, wo sie das Modell beobachten kann, motiviert ist. Einfach ausgedrückt, Kinder und Jugendliche übernehmen ein Modellverhalten nur dann, wenn sie für diesen grundsätzlichen Bereich des Modellverhaltens Interesse entwickeln können.
Aufgabe der Erzieher ist es, Verhaltensweisen bei den zu Erziehenden zu beobachten und zu analysieren, welches Modell-Lernen abhängig von welchem Modell in ihrem Verhalten zu erkennen ist. Besonders wenn es darum geht, als Erzieher oder Erzieherin eine Gruppe zu leiten, sind derartige Phänomene unbedingt zu analysieren. Es gilt positive Verhaltensweisen zu verstärken, positive Modelle zu unterstützen und negative Modell-Lernen, also das Modell-Lernen von negativen Verhaltensweisen zu unterbrechen. Darüber hinaus müssen Erzieher ihr eigenes Verhalten analysieren und sich folgende Fragen stellen:

Arbeitsaufgabe: Reflektieren Sie schriftlich gemäß den unten genannten Fragen Ihr eigenes Verhalten und formulieren Sie entsprechende Konsequenzen.
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
1. 1. Welches Verhalten von mir, das ich unbewusst an den Tag lege, wird von den Kindern und Jugendlichen übernommen?

2. Wo lebe ich den Kindern und Jugendlichen versehentlich Verhaltensweisen vor, die ich eigentlich gar nicht weitergeben möchte?

3. Wo sollte ich mir selbst bewusst Modellverhalten angewöhnen, damit ich auf diese Art und Weise Kinder und Jugendliche positiv beeinflusse?

4. Wo habe ich in meiner Erziehung von meinen Erziehern, Eltern usw. Verhaltensweisen unbewusst übernommen, die ich eigentlich gerne abgestellt haben möchte?

5. Welche Verhaltensweisen meiner Erzieher waren positiv und möchte ich auch bewusst weiterhin übernehmen?























2.4 Beispiele für Modellernen im praktischen Leben
Ein Bäckermeister arbeitet fleißig in der Backstube. Seine Auszubildenden eifern ihm nach, da er gute Arbeit bei ihnen anerkennt. Er wirkt als Modell, weil er beliebt ist, als Bäckermeister eine gewisse Macht hat und das Übernehmen des Verhaltens "fleißig arbeiten" verstärkt.
Wenn der Bäckermeister jedoch von der Geschäftsleitung ständig kritisiert würde, würden sich die Jugendlichen ihn nicht ohne weiteres zum Modell nehmen, da er selbst dann für sein Verhalten nicht verstärkt werden würde.Die Geschäftsleitung würde somit die Autorität des Bäckermeisters „untergraben“
Die Hausfrau füllt die Gläser mit Orangensaft aus einer Karaffe. Ihr kleiner Sohn schaut ihr dabei zu und versucht am nächsten Tag selbst die Gläser zu füllen...
S. erlebt es fast täglich mit, wie sein älterer Bruder J. Mitschüler durch Brutalität andere Schüler einschüchtert . Offensichtlich respektieren die Mitschüler J. dafür (sei es nur aus Angst). Da auch S. respektiert werden möchte und in der Schulcafeteria nicht lange anstehen möchte, versucht er das Verhalten seines Bruders nachzuahmen.

Der Vater zeigt seiner Tochter, wir sie ein Raumschiff malen kann. Sie versucht das Beobachtete sofort zu Papier zu bringen.

Dem Kind I. wird erklärt und gezeigt, wie es mit Messer und Gabel umgehen kann: "... und dann nimmst Du die Gabel so in die Hand und führst sie zum Mund. Sieh mal, wie ich das mache!"
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
• Modell-Lernen kann man nun im Zusammenhang mit Verhaltensmodifikation aus drei verschiedenen Gesichtspunkten betrachten:
• a.) dient sie als Hilfe beim Aufbau neuen Verhaltens
• b.) kann sie zu hemmenden, abschwächenden oder enthemmenden, erleichternden Effekten sprechen
• c.) besitzt das Modell-Lernen die Funktion diskriminativer Hinweisreize
• Jeder dieser drei Gesichtspunkte wurde für die Therapie nutzbar gemacht.

2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
a) Die einfachste Form des Modell-Lernens als therapeutisches Verfahren besteht darin, dass das Modell, irgendein Verhalten zeigt das wiederum von einer anderen Person beobachtet wird. Dabei ist es wichtig, dass der Beobachter das Modellverhalten sehr genau beobachtet, damit er es sich aneignen kann. In einem zweiten Schritt geht es dann darum, dass der Beobachter das Angeeignete auch ausführen kann. Besonders in der praktischen Anwendung ist wichtig, wie in der Theorie zwischen Aneignung und Ausführung zu differenzieren. Zur Ausführung gehören natürlich die genügenden physischen und psychischen Voraussetzungen des Beobachters, und weiters dass er sich in einer günstigen Umgebung befindet und auch motiviert ist.

-Stellvertretende Konditionierung emotionaler Reaktionen:
• Eine Reihe von Untersuchungen zeigt, dass emotionale Reaktionen stellvertretend über die Darbietung emotionaler Reaktionen von Modellpersonen gelernt werden können. Nicht die eigenen emotionalen Reaktionen auf Menschen, Tiere und Objekte, sondern die von Modellpersonen sind die Grundlage für bestimmte eigene emotionale Reaktionen. Wie wir beim Bsp. Des bissigen Hundes gesehen haben, wird dieser Umstand wird zur Erklärung von bestimmten Abneigungen, Ängste, Vorlieben gegenüber Situationen gebraucht, mit denen man bisher noch keinerlei Kontakt hatte (z.B. Flugangst, Schlangenangst usw.).
Stellvertretende Löschung:
• Verhaltensmuster emotionaler Reaktionen können auch auf stellvertretender Basis gelöscht werden. Die stellvertretende Löschung von emotionalen Reaktionen kann dadurch erreicht werden, dass man Personen beobachtet, die als Modelle Annäherungsverhalten an furchtauslösende Objekte demonstrieren.
• Beispiel: Eine Untersuchung von Bandura, Blanchard & Ritter (1969) stellt eine erfolgreiche Anwendung von Techniken des Modell-Lernens bei der Behandlung von Schlangenphobien dar. Beobachtet jemand mit einer Schlangenphobie, wie eine Modellperson sicher mit einer Schlange umgeht, wird die Angst des Beobachters gelöscht, weil die Reaktionen des Modells keine aversiven Konsequenzen haben. Entscheidend ist dass das Vermeidungsverhalten des Phobikers, das ihn davon abhält, neue Konsequenzen zu erleben, soweit gelöscht wird, dass er nun selbst versucht, das beobachtete Verhalten auszuführen. Wichtig für den therapeutischen Prozess ist dabei die geeignete Auswahl, Beobachtung und Darbietung des Modells, dazu das Schaffen von Anreizen, die vom Modell erlernten Verhaltensweisen auch auszuführen und der Einsatz von stellvertretender und direkter Verstärkung.

Andere therapeutische Anwendungen
• Verschiedene andere etablierte Behandlungsmethoden verwenden Prinzipien des Modell-Lernens. Dazu gehört zum Beispiel die ,,fixed-role therapy" von G.A. Kelly (1955). Hier wird einem Klienten das erwünschte Verhalten in einem Rollenskript vorgegeben; er hat die Möglichkeit, es in der therapeutischen Situation zu üben, und versucht anschließend, es in den Alltag zu übertragen.
• -b) Gewisse Formen des Modell-Lernens verzichten auf die Aneignungsphase, weil das in Frage stehende Verhalten dem Beobachter bereits zur Verfügung steht. Dann ist die Ausführungsphase alleine wichtig. Die Ausführung wird von bestimmten einschränkenden Faktoren wie Angst bestimmt. In diesem Fall wird dem Beobachter am Modell gezeigt, dass das fragliche Verhalten ohne negative Konsequenzen durchführbar ist.
• Dabei spielt die Beobachtung der Konsequenzen, die das Modell als Folge seines Verhaltens erfährt, eine bedeutende Rolle. Positiv verstärkte Verhaltensweisen des Modells bewirken ein häufigeres Auftreten dieser Verhaltensmuster beim Beobachter. Umgekehrt zeigt sich, dass eine Einschränkung von unerwünschten Verhaltensweisen durch die Darbietung bestrafter Modelle möglich ist.
• Bandura und seine Mitarbeiter konnten diese Annahme für aggressives Verhalten von Kindern belegen: Kinder, die in einem Film oder in der Realität ein belohntes aggressives Modell gesehen hatten, zeigten mehr physisches und verbal-aggressives Verhalten als Kinder, deren Modell für aggressives Verhalten bestraft worden war.
• In einer zweiten Untersuchung (Bandura u.a., 1967) zeigte Bandura, dass die Darbietung eines angstfreien Modells gegenüber einem Hund zu einer deutlichen Enthemmung (des bisher seltenen) Annäherungsverhaltens führte, als dies in verschiedenen Kontrollgruppen der Fall war. Kinder, die ein angstfreies Modell im Umgang mit dem Hund gesehen hatten, waren nunmehr selbst in der Lage, sich dem Tier zu nähern (Streicheln, Füttern)
• Einige Untersuchungen zur Verwendung von Hemmungseffekten des Modell-Lernens liegen auch für Klienten mit problematischen sozialen Verhaltensweisen vor (z.B. Alkoholiker, Delinquente). Die Hemmung, solche Verhaltensweisen auszuführen, kann unter anderem dadurch erreicht werden, dass die Klienten ein Modell beobachten, das bei der Ausführung der entsprechenden Reaktionen negative Konsequenzen erlebt. Es ist zusätzlich hilfreich, Informationen und Modelle für zielführende Alternativen zu vermitteln.

• -c)Wenn eine Person ein Verhalten prinzipiell beherrscht, jedoch nur selten zeigt, d.h. zur Ausführung bringt, dann kann das Modell den Anstoss geben, das Verhalten in Zukunft häufiger zu zeigen. Hierbei handelt es sich um einen Aspekt des Modell-Lernens der in Alltagssituationen am häufigsten spontan auftritt, wenn wir mit geeigneten Modelpersonen zusammen sind.
• Der Effekt beruht darauf, dass eine Information gegeben wird, unter welchen (situativen) Bedingungen ein Verhalten beim Beobachter gezeigt werden sollte. Das Modellverhalten kann dabei als diskriminativer Reiz zur Auslösung des entsprechenden Verhaltens beim Beobachter verstanden werden.
• Die Erfolge von Gruppentherapien mit extrem gehemmten und leicht aggressiven Kindern (vgl. Petermann & Petermann», 1978; U. Petermann, 1983) lassen sieh zumindest teilweise durch reaktionserleichternde Effekte erklären. In einer gemischten Gruppe wird das leicht aggressive Verhalten des einen Kindes zum diskriminativen Hinweisreiz für das Verhalten eines gehemmteren Kindes. Es lernt so, sich in bestimmten Situationen auch anders als durch sozialen Rückzug und Hemmung interaktiver Verhaltensweisen zu bewegen.
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (=ATP)
• Dieses komplexe Trainingsprogramm enthält das Lernen am Modell als eine wichtige Komponente nebst anderen Therapieformen.
• Das ATP wurde zu Beginn der 70er Jahre von Ullrich & Ullrich de Muynck entwickelt. Ziel dieses komplexen Trainings ist die Verhaltens- und Einstellungsänderung zur Neuerfahrung bisher vermiedener sozialer Situationen ohne negative Konsequenzen. Dabei wird verantwortungsbewusstes, selbstsicheres Verhalten angestrebt, das eingesetzt werden kann, um für eigene Bedürfnisse und Rechte einzustehen, ohne die Rechte anderer Personen zu verletzen, unter Berücksichtigung der jeweiligen situativen Gegebenheiten.
• Alberti & Emmons (1978) haben darauf hingewiesen, dass selbstsicheres Verhalten keinesfalls mit rücksichtsloser Durchsetzung oder aggressivem Verhalten gleichzusetzen ist. Nonassertiv bedeutet passives, unsicheres Verhaltem, assertives selbstsicheres, der Situation angemessenes Verhalten.
2.5.3.1 Indikationen
• ATP lässt sich dann einsetzen, wenn es Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen, soziale Ängste und Defizite im Sozialverhaltem gibt.
• Dazu gehören auch die sozialen Ängste und das Vermeideverhalten wie bei sozialen Phobien und
• Persönlichkeitsstörungen oder Zwängen und sexuellen Störungen. Dabei wird Sozialangst gleichgesetzt mit Fehlschlagangst.
• Weitere Unterformen dieser sozialen Ängste sind die oft intensiven Ängste vor Bewältigungs- und Kontrollverlust, wie sie
• Bei Leuten mit Ängsten vor Erröten, vor Essen in der Öffentlichkeit, Angst vor Stimmversagen, Zittern, Schwitzen, Erbrechen oder öffentlicher Blamage bestehen.
• Aber auch Defizite im Rahmen depressiver Probleme oder psychotische Erkrankungen oder Kompensationen durch Süchte, Esstörungen und psychosomatische Erkrankungen können im Rahmen der ATP therapiert werden.


2.5.2.3.2. Struktur des ATP
Wie ist dieses Trainingsprogramm strukturiert?
Zu Beginn der Therapie werden mit jedem einzelnen Klienten durch gezielte Selbstbeobachtung des eigenen Verhaltens die Probleme beschrieben und in ihrem funktionalen Zusammenhang analysiert. Aufgrund dieser funktionalen Analyse läßt sich eine Zielbestimmung (,,Erlern-/Verlernliste") festlegen.
Diese Liste ist im Laufe der Therapie veränderbar, eventuell zu erweitern; durch die explizite Liste können auch individuelle Lernfortschritte festgehalten und Veränderungen konkret beurteilt werden.
Das wiederholte Einüben von Verhaltensweisen gehört zu den wichtigsten Elementen des Trainings sozialer Kompetenz. Bei den Modellvorgaben durch den Therapeuten geht es um eine möglichst effektive Vermittlung von Verhaltensweisen. Während der Verhaltensprobe des Klientenkönnen die Therapeuten durch unmittelbare Verhaltensanweisungen oder Gesten und Gebärden, das im Rollenspiel gezeigte Verhalten verstärken und beeinflussen. Zur Festigung und Ueberprüfung neuer Verhaltensweisen sind Übungen in der Realität, in Form von Hausaufgaben typisch.
Einen Kernbereich des ATP bilden 127 soziale Situationen, die wie beschrieben im Rollenspiel eingeübt und anschließend in den In-vivo-Übungen trainiert und umgesetzt werden sollen. Die Übungen umfassen vier Hauptkategorien sozialer Kompetenz:
• 1. Stellen von Forderungen;
• 2. Nein sagen und kritisieren;
• 3. Herstellen von Kontakten;
• 4. sich öffentlicher Beachtung aussetzen und sich Fehler erlauben

Diese Hauptkategorien sozialer Kompetenz sollen im Verlaufe des Erlernens von Selbstsicherheit in verschiedenen Situationen geübt bzw. trainiert werden: Straße, Verkehrsmittel, Geschäfte, Lokale, öffentliche Veranstaltungen und Behörden. Einbezogen werden dabei Nachbarn, Freunde und Bekannte, der Arbeitsbereich sowie die eigene Familie.
Die verbalen und nonverbalen Fertigkeiten, die in einer vorgegebenen Situation trainiert werden sollen, werden in der Anleitung genau benannt, und die im Theorieteil allgemein formulierten Therapieziele werden für jede Übung bzw jeden Übungsteil entsprechend konkretisiert. Komplexe soziale Situationen, wie sie beim Aufbau sozialen Verhaltens vorkommen, werden in einen größeren Bezugsrahmen gestellt (z.B. Arbeitsbereich, Bereich Familie), damit der Teilnehmer des Programms seine persönlichen Probleme auch in den Zusammenhang zu gesellschaftlichen Bedingungen stellen kann.
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
Ullrich de Muynck & Ullrich (1977) sehen psychische Störungen als soziale Probleme; die Therapieziele des ATP legen eine Konzipierung des ATP als Gruppentherapie nahe, weil eine Gruppensituation am ehesten die Bedingungen herstellt, denen sich ein Klient in seinem täglichen Leben gegenübersieht .
Das gruppentherapeutische Vorgehen bildet eine Reihe von Vorteilen beim Erlernen sozial kompetenten Verhaltens
Wenn ein Teilnehmer anderen Personen in der Gruppe Zuwendung vermittelt (in Form von Beachtung, Diskussionsbemerkungen, Feedback . , ), so stellt dies bereits eine Stufe beim Aufbau gewünschten Verhaltens dar (aktive Beteiligung in einer sozialen Situation).
In einer Gruppensituation orientieren sich die Teilnehmer nicht nur am Therapeuten, sondern auch an den anderen Mitgliedern der Gruppe. Dies bildet eine prinzipielle Unabhängigkeit von den Ziel- und Wertvorstellungen des Therapeuten; dies sollte allerdings nur dann als besonderer Vorteil angesehen werden, wenn nicht die Gruppe ihrerseits Standards oder Normen vermittelt, die der Erreichung eines Therapieziels bei einer einzelnen Person im Wege stehen.
Die in einer Gruppe erlernten Interaktionsfähigkeiten lassen sich leichter auf reale Interaktionen übertragen als solche, die in einer Einzeltherapie gelernt wurden (Gruppe als Modell sozialer Interaktionen). Auch wenn die Gruppe eine Art künstlicher (geschützter) Situation darstellt, lassen sich hier doch eher reale Interaktionsmuster modellieren und üben.

3. Zusammenfassung
Zum Lernen am Modell gehört:
„a. Aufmerksamkeitszuwendung
b. Behaltensphase
c. Reproduktionsphase
d. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst realisieren möchte.
b) Emotionale Beziehung zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der Nachahmung größer.
d) Stellvertretende Verstärkung: Sieht der Beobachter die Konsequenzen am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer Status des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden eher nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder niedrigerem Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte Macht oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder bestrafen kann. Hierin äußert sich die Machtposition.“
4. Quellenverzeichnis:
Hobmair, Herman „Pädagogik“,: Köln 1996, S. 159-162
Zimbardo, Philip G. „Psychologie“ , 5.Auflage, Berlin, 1992,S. 422
Schülerduden: „Die Pädagogik“ aa.O, S. 388
Mietzel, Gerd „Wege in die Psychologie“ 7.,: Auflage, Stuttgart 1994, S. 198
________________________________________
5.Literatur zum Lernen
*Gage, N. L. & Berliner, D. C. (1996). Pädagogische Psychologie (5. Auflage). Weinheim: Psychologie Verlags Union - Beltz. (Kapitel 6)
Mietzel, G. (1993). Psychologie in Unterricht und Erziehung. Einführung in die Pädagogische Psychologie für Pädagogen und Psychologen (4. Auflage). Göttingen: Hogrefe. (Kapitel 4)
Redlich, A., & Schley, W. (1981). Kooperative Verhaltensmodifikation im Unterricht. München: Urban & Schwarzenberg.


Arbeitsaufgaben
1. Definieren Sie den Begriff Modell-Lernen!
2. Nennen Sie weitere Bezeichnungen für das Modell-Lernen.
3. Aus welchen Phasen und Prozessen besteht das Modell-Lernen laut Albert Bandura?
4. Nennen Sie Bedingungen, die das Modell-Lernen laut Albert Bandura wahrscheinlicher macht.
5. Welche Bedingungen muss ein Modell erfüllen, damit es vom Lernenden beachtet wird?
6. Von welchen Faktoren hängt es ab, ob wir ein bestimmtes Modell auswählen und welche Verhaltensweisen wir übernehmen?
7. Interpretieren Sie folgendes Fallbeispiel anhand der Theorie des Modell-Lernens nach Albert Bandura:
Zwei Kinder im Alter von 9 und 10 Jahren sehen zu Hause bei ihren Eltern einen Horror-Videofilm, in dem es darum geht, Menschen zu erstechen und anschließend zu zerstückeln. Diese Kinder beobachten ihre Eltern, wie sie diesen Film begeistert anschauen und anschließend freudig über diesen Film reden. Diese Beobachtung der Kinder wiederholt sich im Laufe von Monaten, es ist Standard, dass sie gemeinsam mit ihren Eltern heftige Horrorfilme anschauen. Darüber hinaus kommt eine weitere gewaltsame Atmosphäre in diese Familie. Eines Tages kommen diese beiden Kinder auf die Idee, das Gesehene nachzumachen. Sie schnappen sich einen 3jährigen Jungen, verschleppen ihn auf einen Müllplatz und imitieren genau die Verhaltensweisen, die sie im Horrorfilm gesehen haben. Sie töten ihn, zerschneiden ihn und versuchen weitestgehend das Erlebte des Horrorfilms nachzumachen.
a)Welche erzieherischen Konsequenzen formulieren Sie bezüglich dieses Fallbeispiels?
b)Beschreiben Sie die Bedeutung der Modell-Lerntheorie von Bandura für die Erziehung.

7. Fallbeschreibung Christian:
Christian, 18 Jahre alt, wurde von der Polizei gefasst, als er zusammen mit anderen Jugendlichen einen Diskothekenbesucher ohne erkennbaren Grund brutal verprügelte. Ein Sozialpädagoge beschäftigte sich – im Auftrag des Gerichts – mit Christians Vergangenheit. Er stellt fest, dass Christian schon sehr früh mit Gewalt in Berührung kam. Sein Vater beherrschte die ganze Familie durch seine unkontrollierten Wutausbrüche. Häufig verprügelte er – besonders wenn er vorher Ärger auf der Arbeit oder getrunken hatte – Frau und Kinder, so dass die ganze Familie in ständiger Angst vor dem Vater lebte. Christian selbst berichtet, dass er als Kind völlig verschüchtert gewesen sei und sich nie getraut habe, sich gegen den Vater zur Wehr zu setzen. ... da dies den Vater noch mehr provoziert hätte. Auch sei er ein sehr schwächliches Kind gewesen, das in der Schule immer Außenseiter gewesen sei.
Von seinen Klassenkameraden sei er oft verprügelt worden. Bis zu seinem 16. Lebensjahr habe er nie einen richtigen Freund gehabt. Damals sei ein neuer Schüler in seine Klasse gekommen, mit dem er sich auf Anhieb gut verstanden habe. Dieser habe nach kürzester Zeit den Ruf eines brutalen Schlägers gehabt, der sich nichts gefallen lasse. Seit er (Christian) in dessen Schutz stehe, gelte er auch etwas in der Klasse. Sein neuer Klassenkamerad sei Mitglied einer radikalen Gruppe, die es sich zum Ziel gesetzt habe, gegen Ausländer und Homosexuelle vorzugehen.
Durch seinen Freund sei er ebenfalls in die Clique gekommen. Anfangs habe er vor den gewalttätigen Auseinandersetzungen Angst gehabt, er habe jedoch seinen Freund nicht enttäuschen wollen und deshalb mitgemacht. Mit der Zeit sei er sicherer geworden und könne jetzt das Gefühl der Macht und die Angst, die andere vor ihm hätten, richtig genießen. Auch seien diese Auseinandersetzungen nicht gefährlich, da immer auf eine zahlenmäßige Überlegenheit der Clique geachtet werde.
Aufgabe:
Versuchen Sie, das Verhalten von Christian aus der Sicht der Modell-Lerntheorie von Albert Bandura zu erklären:
a) Beschreiben Sie mit eigenen kurzen Worten das problematische Verhalten von Christian
b) Stellen Sie die Ursachen dar, die zu diesem Verhalten geführt haben könnten
c) Erklären Sie das Verhalten des Jungen mit Hilfe der Theorie von Albert Bandura. Stellen Sie dabei die relevanten Aussagen dieser Theorie zusammen.
d) Zeigen Sie auf der Grundlage dieser Theorie Möglichkeiten auf, um das problematische Verhalten von Christian ändern zu können.
8. Aufgabenstellung:
Ein Kind in einer Wohngruppe fällt wiederholt durch überdurchschnittlich aggressives Verhalten auf.
a) Erarbeiten Sie Möglichkeiten einer Verhaltensänderung auf der Grundlage der Modelltheorie.
b) Beschreiben Sie mögliche Probleme, die bei Ihrem Vorhaben auftauchen können.
c) Erarbeiten Sie Strategien um diesen möglichen Problemen präventiv zu begegnen.

9). Das Modell-Lernen und die Zigarettenraucherinnen
Sie arbeiten als Erzieher in einem Hort und draußen vor der Tür, rechts neben einem Holunderbusch treffen sich zwei ältere Mädchen, die eigentlich in dem Hort sein sollten und ihre Hausaufgaben machen sollten. Sie sind 15 Jahre alt und rauchen. Ein Kind im Alter von 11 Jahren kommt hinzu, beobachtet diese beiden und sagt: „Boar, das ist ja cool.“ Und besorgt sich von anderen Kindern ebenfalls Zigaretten und stellt sich zu diesen zwei älteren Mädchen.
Aufgabenstellung:
a) Analysieren Sie diese pädagogische Situation anhand der Theorie von Albert Bandura. Beschreiben Sie das problematische Verhalten.
b) Welches alternative Modellverhalten würden Sie dem kleineren Kind als Erzieherin vorleben?
c) Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Beispiel für sich persönlich?
d) Formulieren Sie ein alternatives Handlungskonzept und Erziehungsmaßnahmen für die beiden älteren Kinder auf Basis der Theorie von Albert Bandura.
Bearbeiten Sie folgenden Lückentext, indem Sie die fehlenden Worte richtig einsetzen:
Vom Erlebten bis zur Ausführung eines Verhaltens durchläuft der Beobachter die im Folgenden beschriebenen vier Verarbeitungsphasen, die Bandura und seine Forschungsgruppe herausgearbeitet haben:
1. Aufmerksamkeitszuwendung
2. Behaltensphase
3. Re____________sphase
4. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst ___________möchte.
b) Emotionale ____________zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die __________________der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der _____________größer.
d) Stell__________Verstärkung: Sieht der Beobachter die _____________am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer __________des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden ______nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder _____________Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte ________oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder __________kann. Hierin äußert sich die Macht________.

Fügen Sie die folgenden Worte an der richtigen Stelle ein:
Macht, Nachahmung, bestrafen, produktion, realisieren, niedrigerem, Konsequenzen, position, eher, Beziehung, vertretende, Macht, Status





Thema: Die sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell (nach Albert Bandura)
Inhalt
1. Einführung
Verhaltensauffälligkeiten
2. Lernen am Modell
Fallbeispiel: Diana 11 Jahre alt
2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
2.2.3 Gedächtnisprozesse
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
2.4 Denkanstöße / Praxisbeispiele
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (ATP)
2.5.3.1 Indikationen
2.5.2.3.2. Struktur des ATP
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
3. Zusammenfassung
4. Quellenverzeichnis 5.Literatur zum Lernen
1. Einführung
Im folgenden geht es darum anhand verschiedener psychologischer Theorien ein Verständnis zu entwickeln wie Menschen sich Verhaltensweisen aneignen. Dabei geht es um gewollte aber auch von der Gesellschaft sanktionierte Verhaltensweisen. Wer kennt nicht den Spruch einer schimpfenden Mutter: „Von wem hast du das nur?“.
Gemeint ist mit dieser Frage, woher hat wohl das eigene Kind diese Verhaltensweise übernommen.

Albert Bandura: :Sein Leben Albert Bandura wurde am 04.12.1925 in Alberta geboren. Dort verbrachte er auch seine Jugendjahre. Sein Studium begann er auf der Universität von British Columbia. Danach entschied er sich für die Universität von Iowa, um dort Klinische Psychologie zu studieren. Er entschloß sich für diese Universität, da sie einen guten Ruf in bezug auf ihre Erforschung von Lernprozessen hat. Von dieser Zeit an interessierte er sich für die Anwendung der Lerntheorien auf klinische Phänomene. 1950 ging er nach Stanford und arbeitete dort auf dem Gebiet der Interaktionsprozesse in der Psychotherepie und dem Familienmuster, das Aggressivität bei Kindern erzeugt. Während der Arbeit auf diesem Gebiet, stieß er auf die zentrale Rolle des Modell-Lernens bei der Persönlichkeitsentwicklung. Da er Forschungen auch auf dem Gebiet der Aggression, des Modell- und Beobachtungslernens und dem Prozess der Verhaltensänderung macht, erlangt er ein viel verzweigtes Forschungsprogramm. Dieses hat zum Ziel eine umfassende Theorie vom menschlichen Verhalten zu erhalten, um die menschlichen Fähigkeiten besser einordnen zu können. 1980 erhielt Albert Bandura die wissenschaftliche Auszeichnung der Vereinigung der "American Psychological Association" für "vorbildliche Leistungen als Forscher, Lehrender und Theoretiker".



1.1 Verhaltensauffälligkeiten
Die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten wird unter anderem mit den Lerntheorien erklärt. Verhaltensauffälligkeiten sind Besonderheiten des Verhaltens insbesondere von Kindern und Jugendlichen, die von den Normen der jeweiligen Gesellschaft abweichen. Der Begriff Verhaltensauffälligkeit beinhaltet aber auch die Subjektivität von Pädagogen, Ärzten, Therapeuten usw. und berücksichtigt die Situationsspezifität auffälligen Verhaltens, das von Traditionen abhängt. Manche pädagogische Autoren benutzen den Begriff Verhaltensauffälligkeit, weil er ihrer Meinung nach zum Ausdruck bringe, dass ein Verhalten in einem sozialen Austauschprozess nicht den Erwartungen des Interaktionspartners entspreche und deshalb als abweichend oder auffällig wahrgenommen werde. Genaue Zahlen zur Häufigkeit von Verhaltensauffälligkeiten liegen zur Zeit nur für den angelsächsischen Bereich vor.
Den ausländischen Ergebnissen und einer neueren deutschen Studie zur Folge ist von 10 bis 20 % verhaltensauffälligen und behandlungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen auszugehen. Bei Jungen werden dabei im Vergleich zu Mädchen etwa drei- bis viermal häufiger Verhaltensauffälligkeiten festgestellt, in erster Linie wegen des höheren Anteils aggressiven Verhaltens bei Jungen. Folgende bedeutsame Ansätze lassen sich bei der Diagnostik und Therapie von Verhaltensauffälligkeiten unterscheiden:
1. Psychoanalytischer Auffassung zur Folge sind Verhaltensauffälligkeiten das Ergebnis mangelnder psychischer Verarbeitung belastender und konflikthafter frühkindlicher Erlebnisse und/oder Konstellationen und nur durch eine Bewusstmachung dieser frühkindlichen Erlebnisse und Problematiken abbaubar.
2. Die lerntheoretisch orientierte Verhaltenstherapie geht von der Annahme aus, dass bestimmte Lernprozesse Verhaltensauffälligkeiten bewirken oder fördern und letztere nur über den Erwerb positiver Verhaltensweisen verlernt werden können, wobei positives wie negatives Verhalten nach denselben Lernprozessen bzw. Gesetzmäßigkeiten entsteht.
3. Der Labeling-approach sieht die Ursache für Verhaltensauffälligkeiten nicht in individuellen Zuschreibungen, sondern in gestörten oder zumindest auffälligen sozialen Interaktionen, die im Hinblick auf die erfolgreiche und dauerhafte Beseitigung der Verhaltensauffälligkeit entsprechend zu verändern seien; das verhaltensauffällige Individuum wird darüber hinaus nicht als gestört etikettiert, sondern sein Verhalten vom Zusammenhang abhängig begriffen. Beispiele für Verhaltensauffälligkeiten sind: Ess- und Schlafstörungen, Einnässen, Einkoten, motorische Unruhe, Sprach-, Lern- und Konzentrationsstörungen, verschiedene Ängste (z.B. Ängstlichkeit in bestimmten Situationen, Schulangst), aggressives wie Rückzugsverhalten sowie dissoziale bzw. delinquente Verhaltensweisen (z.B. Schulschwänzen, Herumhängen, sexuelle Verwahrlosung, Betrügereien, Eigentumsdelikte, Drogenabhängigkeit).

(...) Als therapiebedürftig werden nach heutiger Auffassung nur solche Verhaltensauffälligkeiten angesehen, die länger als sechs Monate andauern. Davon zu trennen sind bleibende Verhaltensauffälligkeiten, die sich bei körper- oder sinnesbehinderten Kindern als sekundäre Folgen ihrer jeweiligen Behinderung, bei den sogenannten Lernbehinderten als Folge ihrer mangelnden sozialen Kompetenz und der Fähigkeit gewisse Dinge vorauszusehen und vorausschauend zu handeln und zu agieren genannt.

2. Lernen am Modell
Der bereits oben genannte Ausruf einer schimpfenden Mutter weist auf das Alltagswissen hin, dass viele Verhaltensweisen von anderen abgeschaut wurden. Dabei ist es möglich, dass gesellschaftlich sanktionierte Verhaltensweisen sogenannte Verhaltensauffälligkeiten oder Verhaltensstörungen von Kindern und Jugendlichen übernommen wurden. Teilweise gibt es aber auch die Aufforderungen, gute Verhaltensweisen von anderen Kindern zu übernehmen: „Von dem Marcel solltest du dir mal eine Scheibe abschneiden, der hat immer so tolle Noten in der Schule!“ Unabhängig davon, ob eine solche Aufforderung einem positiven Erziehungsstil zuzuordnen ist oder nicht, ist hier das Alltagswissen erkennbar, dass positive Verhaltensweisen von anderen abgeschaut werden können.

Die sozial-kognitive Lerntheorie beschreibt das Lernen am Modell , auch Imitationslernen bzw. Beobachtungslernen ist ein wichtiger Beitrag der Theorie von Albert Bandura.

Definition: „Beobachtungslernen ist der Prozess, bei dem eine Person das Verhalten einer anderen beobachtet und ihr eigenes Verhalten allein auf diese Beobachtung hin verändert. Durch Beobachtungslernen erwerben Kinder und Erwachsene eine enorme Menge an Informationen über ihre soziale Umgebung – was angemessen ist und belohnt wird und was bestraft oder ignoriert wird.“


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Fallbeispiel:Diana und die Schultasche
Diana ist 11 Jahre alt und im 6. Schuljahr. Bislang hatte sie zu Hause bei ihren Eltern eine normale positive Umgangssprache kennen gelernt und auch selbst sich dieser Umgangssprache befleißigt. Seit einiger Zeit jedoch kommt sie nach Hause und benutzt häufig Worte wie „saucool, echt geil“ und andere sexistische Ausdrücke. Darüber hinaus fordert sie den Kauf von Markenkleidung und anderen Markenartikeln: „Mama ich will aber nicht irgendwelche blöden Turnschuhe tragen, ich will die neuen Schuhe von Adidas haben, die sind nämlich voll mega-in. Aber nur die mit den dicken Schnürsenkeln, die anderen sind out.“ Die Mutter, die durchaus ein begrenztes Einkommen hat, denkt daran und sagt: „Du hast doch erst vor drei Monaten von Tante Irene die teuren Buffalos geschenkt bekommen, reichen die nicht?“ Diana sagt darauf: „Nö, Mama die sind voll out. Wer trägt heute noch Buffalos. Ich war jetzt in der Stadt spazieren, keiner trägt Buffalos, nee das müssen die neuen Adidas sein und außerdem will ich endlich meinen Eastpak haben!“ Die Mutter fragt völlig verwirrt: „Was ist das denn?“ „Ja, das sind die neuen Schultaschen, die wir als Rucksäcke tragen, ich komm jetzt schließlich ins 7. Schuljahr bald, dann möchte ich Eastpak haben und nicht diese billigen Klamotten.“ Die Mutter will sich dem nicht anpassen und kauft eine andere Schultasche.
Eine Tasche, die sehr viel Ähnlichkeit mit der beliebten Marke Eastpak hat, nur um einiges preiswerter ist. An der Stelle, wo eigentlich Eastpak stehen sollte laut Diana, steht nun die Markenbezeichnung Aldi-Sports. Als die Mutter freudestrahlend nach Hause kommt und ihrer Tochter diese Tasche präsentiert, gibt es einen lauten, rebellischen Aufschrei: „Nö, Mama so`n Scheiß nehm ich nicht.“ Mutter sagt: „Nein, die von dir verlangte Marke ist doppelt so teuer, es bleibt dabei.“ Diana nimmt nun diese Aldi-Sports-Schultasche mit und wird tatsächlich in der Schule von ihren Freundinnen ausgelacht. Sie kommt nach Hause und sagt: „Mama, bei uns in der Klasse haben alle Eastpak. Nur ich nicht.“ Nach näherem Nachfragen ergibt sich, dass nicht alle MitSchülerinnen bzw. der Schüler nen die Eastpak-Tasche tragen, sondern die drei beliebtesten. Diana wollte dieses Verhalten imitieren...“
Aufgabenstellung: Beschreiben Sie mit kurzen eigenen Formulierungen die Problematik, die im Erziehungsgeschehen zwischen Mutter und Tochter in diesem Fallbeispiel dargestellt wird.

Banduras Experiment mit der Gummipuppe „In einem typischen Experiment führte Albert Bandura 1965 Kindern einen Film mit einem Erwachsenen, einem sogenannten Modell vor, der besonders markante aggressive Verhaltensweisen gegenüber einer Gummipuppe zeigte. Eine erste Gruppe von Versuchspersonen sah, wie das Modell für seine Verhaltensweisen mit Süßigkeiten belohnt wurde, während eine zweite Gruppe beobachtete, dass die Aggressionen des Erwachsenen ernste Ermahnungen nach sich zogen.
Nach dieser Vorführung registrierte Bandura genau, ob die Kinder Nachahmungsverhalten zeigten. Die Angehörigen der Gruppe, denen Aggressionen mit negativen Konsequenzen vorgeführt worden waren, zeigten erheblich weniger Nachahmungen, als die Teilnehmer der ersten Gruppe. Muss man davon ausgehen, dass Angehörige der zweiten Gruppe kein aggressives Verhalten gelernt hatten?
Bandura ist dieser Frage nachgegangen, indem er diesen Kindern Geschenke in Aussicht stellte, wenn sie ihm das Verhalten des Modells nachahmen würden. Unter diesen Anreizbedingungen bereitete es ihnen keine Schwierigkeiten, Bandura die Aggressionen vorzuführen, die sie offenbar sehr gut gelernt hatten.
Die Ergebnisse solcher Experimente werfen die Frage auf, ob nicht auch die Betrachtung aggressiver Fernsehsendungen dazu beiträgt, die Aggressivität der Zuschauer zu erhöhen...

Die Möglichkeit komplexere Verhaltensweisen durch Beobachtung eines Modells zu erlernen hat für den einzelnen Menschen sicherlich erhebliche Vorteile.
Schwierige Verhaltensweisen oder Handlungskompetenzen können so auch im beruflichen Verhalten im beruflichen Rahmen abgeschaut werden. Besonders motorische Handlungsfolgen lassen sich leichter abschauen an einem Modell als durch komplizierte schriftliche Beschreibungen erlernen.“

Arbeitsaufgabe: Formulieren Sie kurz die Ergebnisse des Experimentes von Bandura im Zusammenhang mit dem Imitationslernen von Aggressionen.
Welche erzieherischen Konsequenzen schlagen Sie aufgrund der Ergebnisse des Bandura-Experimentes vor?


2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
Albert Bandura unterteilt das Modell-Lernen in zwei Phasen und vier Prozesse. Die erste Phase ist die Aneignungsphase, zu der die Aufmerksamkeitsprozesse und die Gedächtnisprozesse zugeordnet werden.

ANEIGNUNGSPHASE AUSFÜHRUNGSPHASE
Aufmerksamkeit Gedächtnis Motorische Reproduktion Motivation
Modellierungsreize
Auslösen von Betroffenheit
Komplexität
Merkmal des Beobachters
Wahrnehmungsfähigkeit/haltung
Aktivierungsgrad
Motivation
frühere Verstärkung symbolische Kodierung
innere Repräsentation
symbolische Wiederholung
motorische Wiederholung körperliche Fähigkeiten
Verfügbarkeit der Teilreaktionen
Feedback der Genauigkeit äußere, direkte Verstärkung
stellvertretende Verstärkung
Selbstverstärkung

Die Ausführungsphase beinhaltet die motorischen Reproduktionsprozesse und die Motivations- und Verstärkungsprozesse.

2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
Aus der Vielzahl von Informationen, die das Verhalten eines Vorbildes enthält, wählt der Lernende die für ihn wichtigen Bestandteile aus und beobachtet sie exakt. Ob ein Modell viel oder wenig Aufmerksamkeit bekommt, hängt unter anderem ab von den Persönlichkeitsmerkmalen des Modells, von den Persönlichkeitsmerkmalen des Beobachters, von der Art der Beziehung zwischen Modell und Beobachter und von den Situationsbedingungen. Beispiel:
Wenn ein 14jähriger Junge innerhalb seiner Peer-Group, z.B. seiner Clique, einen etwas älteren Jungen kennen lernt, mit dem er sich gut identifizieren kann, den er sympathisch, also attraktiv findet und dessen Verhaltensweisen er erstrebenswert empfindet, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der 14jährige Junge das Verhalten von dem Älteren übernimmt und imitiert. Dabei ist es wichtig, dass das Modell, der ältere Junge also, sich mit Dingen beschäftigt, die dem Lernenden als sinnvoll und interessant erscheinen. Würde das Modell sich mit Dingen beschäftigen, die für den Lernenden uninteressant sind, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel geringer, dass das Verhalten übernommen wird.
Ein typisches Beispiel für die Attraktivität eines Modells erleben wir im Bereich der Popmusik. Teenager schauen auf Musikstars wie Britney Spears, No Angels usw. Viele Teenager schauen (hier also als Lernende) auf diese Modelle und beobachten, wie deren Verhalten positiv sanktioniert wird.
Diese Musikstars können aufgrund ihres Tanzens und Singens viel Beifall, Anerkennung und auch materiellen Reichtum erhalten. Diese positiven Konsequenzen machen diese Musikstars für die Teenager als Modelle interessant und attraktiv. Deshalb wollen viele, wenn sie auf ihren Beruf befragt werden, Popstar werden. Als Modelle werden folgende Menschentypen schnell ausgewählt:
- Menschen, die soziale Macht besitzen, also belohnen und bestrafen können,
- Menschen mit hohem Ansehen,
- Menschen, die sympathisch und attraktiv sind. Die Attraktivität kann z. B. im Geschlecht, im Alter oder in der Herkunft begründet liegen,
- Menschen, die die Bedürfnisse des Lernenden zufrieden stellen können.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass Eltern und Erzieher im besonderen Maße sich ihrer Modellfunktion bewusst werden sollen. Eltern und Erzieher sind automatisch Modelle, auch wenn sie dies vielleicht für sich selbst noch nie reflektiert haben. Eltern und Erzieher sind in hohem Maße in der Lage, die materiellen und emotionalen Bedürfnisse der Kinder zufrieden stellen zu können. Daher werden ihre Verhaltensweisen oft unbewusst von Kindern übernommen.
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
Kinder, die selbst wenig Selbstvertrauen und Selbstachtung haben, die sehr stark suchen und große Unsicherheit in ihrem Bewertungen und Handlungsweisen haben, sind sehr offen, sich Modelle in ihren Cliquen zu suchen und deren Verhaltensweisen zu übernehmen. Das Lernen von Kindern und Jugendlichen beinhaltet das Streben von der Unsicherheit, also dem großen Fragezeichen hin, zu Stabilität der Verhältnisse, hin zur Sicherheit, also hin zum klaren Ausrufezeichen. Je fragender und unsicherer ein Kind ist, desto eher ist es bereit, Modelle zu übernehmen. Dies gilt besonders, wenn jemand neu in einer Gruppe ist. So versucht dieser Mensch von der großen Unsicherheit des Neulings hin zur Sicherheit des gruppenintegrierten Mitgliedes zu gelangen. Dies geschieht, indem die Verhaltensweisen der Modelle, hier der Gruppenleiter, beobachtet und übernommen werden. Modellverhalten wird auch dann stark übernommen, wenn eine Beziehung zwischen Modell und Beobachter besteht. Je intensiver die Beziehung zwischen Modell und Beobachter, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Verhaltensweisen imitiert werden. Auch die emotionale und materielle Abhängigkeit des Beobachters vom Modell erhöht die Nachahmungsbereitschaft.
Anhand von Untersuchungen wurde festgestellt, dass Kinder aus intakten Familien, die jahrelang eine gute Ehe beobachten konnten, selber wiederum in der Lage waren, eine erfolgreiche Ehe zu führen. Die oft unbewussten, erlernten Verhaltensmodelle der Eltern machte es den nun erwachsenen Kindern möglich, selbst eine harmonische Ehe zu führen.
2.2.3 Gedächtnisprozesse
Ein Beobachter speichert das Gesehene mit Hilfe seines Gedächtnisses so lange, bis er sich einen Nutzen vom Zeigen der erlernten Verhaltensweise verspricht. Das Beobachtete wird in Form von bildlichen oder sprachlichen Symbolen im Gehirn gespeichert und ist somit als Vorstellung dort vorhanden (= repräsentiert).
Beispiel: Ein 15jähriger beobachtet in einem Film, wie sein Held von einem Wasserstrudel in einem See herunter zum Boden des Sees gezogen wird. Als gekonnter Schwimmer lässt dieser Held sich herunter ziehen und erst unten am Boden, wo die Kraft des Strudels nachlässt, durchbricht er diesen Strudel und schwimmt aus ihm heraus. Er versucht nicht an der Oberfläche dem kräftigen Strudel zu entkommen. Dieses Verhalten beeindruckt den 15jährigen sehr stark und wird als bildliches Symbol im Gehirn gespeichert. Jahre später kommt der Junge, inzwischen 25 Jahre alt, in eine ähnliche Situation und genau in diesem Moment erinnert er sich an das bildliche Symbol des Helden. Er versucht dieses Verhalten nachzuahmen und kann mit Erfolg diesem Wasserstrudel entrinnen.
Ähnliche Gedächtnisprozesse werden sehr stark von der Werbeindustrie ausgenutzt. Durch wiederholtes Vorführen von attraktiven Modellen, die eine ganz bestimmte Marke benutzen, wird dafür gesorgt, dass Kindern aber auch Erwachsenen das Logo einer Marke als bildliches Symbol im Gehirn abgespeichert wird. So kann Monate später, wenn der Mensch in der Unsicherheit vor einem Ladenregal steht, sich für den Kauf eines Produktes zu entscheiden, nun die bildliche Abspeicherung des Symbols dafür sorgen, dass nicht das preiswertere No-Name-Produkt genommen wird, sondern das teure Markenprodukt.
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
Motorische Reproduktionsprozesse
Damit ein beobachtetes Verhalten gezeigt werden kann, bedarf es eines Umsetzens des Gespeicherten in angemessene Handlungen und Verhaltensweisen. Hierbei werden aus einer Vielzahl im Gedächtnis gespeicherten Codierungen solche ausgewählt und organisiert, die für das beabsichtige Verhalten relevant sind. Jedoch lassen sich diese kognitiven Vorstellungen nur selten gleich beim ersten mal richtig umsetzen. Häufig muss der Betrachter seine motorischen Fähigkeiten erst üben, korrigieren und wiederholen, bis sich ein Erfolg einstellt. Beim Üben und Korrigieren vergleicht der Lernende immer wieder die Ergebnisse seiner Handlungen und Verhaltensweisen mit den gespeicherten Codierungen.
Bespiel: Erlernt ein Kind das Fahrrad fahren, so genügt es nicht Andere beim Radfahren zu beobachten. Es muss eine Vielzahl von wichtigen Informationen aus seinem Gedächtnis abrufen, so z.B. wie die Pedale zu betätigen sind, wie man die Lenkstange hält, wie das Auf- und Absteigen erfolgt, usw. Trotz dieses Wissens wird das Kind die einzelnen Bewegungsabläufe erst eine Weile üben müssen, bis es das Fahrrad fahren beherrscht. Zwischendurch immer wieder der sicherheitsbringende Blick auf ein Fahrrad fahrendes Modell hilft hier, den Lernprozess voran zu treiben. Die motorische Reproduktionsphase wird besonders in handwerklichen Berufen genutzt, wenn es darum geht, ganz bestimmte Fertigkeiten, wie das Feilen eines U-Stahls durchzuführen. Mehrfach wird der Lernende den Meister beobachten wie er feilt und sich dessen Erklärungen anhören, um dann anschließend genau dieses Feilen zu imitieren. Ähnliches sollte auch bei Erziehern und Heilerziehungspflegern im Praktikum geschehen. Der pädagogische Umgang mit Kindern mit einem verhaltensauffälligen Jungen sollte von den Mentoren und den Erziehern vorgemacht werden, so dass die Praktikanten dieses Verhalten situationsgerecht imitieren können.
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
Ob ein Mensch ein bestimmtes Verhalten überhaupt beachtet, um es zu lernen, hängt von seiner vorhandenen Motivation ab. Die Motivation einer Person beeinflusst beim Modell-Lernen sowohl die Aneignungs- als auch die Ausführungsphase. Nur wer sich vom Beachten und Durchführen einer Verhaltensweise einen Erfolg bzw. einen Vorteil verspricht oder einen Misserfolg bzw. Nachteil abzuwenden glaubt, wird entsprechende Aktivitäten entfalten. Motivation ist daher eng mit der Aussicht auf Bekräftigung verbunden. So wird Daniela die im oben genannten Beispiel schon dargestellt wurde, das sportliche Verhalten einer Freundin nur dann übernehmen wollen, wenn sie für sportliche Aktivität grundsätzlich in einer entsprechenden Situation, wo sie das Modell beobachten kann, motiviert ist. Einfach ausgedrückt, Kinder und Jugendliche übernehmen ein Modellverhalten nur dann, wenn sie für diesen grundsätzlichen Bereich des Modellverhaltens Interesse entwickeln können.
Aufgabe der Erzieher ist es, Verhaltensweisen bei den zu Erziehenden zu beobachten und zu analysieren, welches Modell-Lernen abhängig von welchem Modell in ihrem Verhalten zu erkennen ist. Besonders wenn es darum geht, als Erzieher oder Erzieherin eine Gruppe zu leiten, sind derartige Phänomene unbedingt zu analysieren. Es gilt positive Verhaltensweisen zu verstärken, positive Modelle zu unterstützen und negative Modell-Lernen, also das Modell-Lernen von negativen Verhaltensweisen zu unterbrechen. Darüber hinaus müssen Erzieher ihr eigenes Verhalten analysieren und sich folgende Fragen stellen:

Arbeitsaufgabe: Reflektieren Sie schriftlich gemäß den unten genannten Fragen Ihr eigenes Verhalten und formulieren Sie entsprechende Konsequenzen.
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
1. 1. Welches Verhalten von mir, das ich unbewusst an den Tag lege, wird von den Kindern und Jugendlichen übernommen?

2. Wo lebe ich den Kindern und Jugendlichen versehentlich Verhaltensweisen vor, die ich eigentlich gar nicht weitergeben möchte?

3. Wo sollte ich mir selbst bewusst Modellverhalten angewöhnen, damit ich auf diese Art und Weise Kinder und Jugendliche positiv beeinflusse?

4. Wo habe ich in meiner Erziehung von meinen Erziehern, Eltern usw. Verhaltensweisen unbewusst übernommen, die ich eigentlich gerne abgestellt haben möchte?

5. Welche Verhaltensweisen meiner Erzieher waren positiv und möchte ich auch bewusst weiterhin übernehmen?























2.4 Beispiele für Modellernen im praktischen Leben
Ein Bäckermeister arbeitet fleißig in der Backstube. Seine Auszubildenden eifern ihm nach, da er gute Arbeit bei ihnen anerkennt. Er wirkt als Modell, weil er beliebt ist, als Bäckermeister eine gewisse Macht hat und das Übernehmen des Verhaltens "fleißig arbeiten" verstärkt.
Wenn der Bäckermeister jedoch von der Geschäftsleitung ständig kritisiert würde, würden sich die Jugendlichen ihn nicht ohne weiteres zum Modell nehmen, da er selbst dann für sein Verhalten nicht verstärkt werden würde.Die Geschäftsleitung würde somit die Autorität des Bäckermeisters „untergraben“
Die Hausfrau füllt die Gläser mit Orangensaft aus einer Karaffe. Ihr kleiner Sohn schaut ihr dabei zu und versucht am nächsten Tag selbst die Gläser zu füllen...
S. erlebt es fast täglich mit, wie sein älterer Bruder J. Mitschüler durch Brutalität andere Schüler einschüchtert . Offensichtlich respektieren die Mitschüler J. dafür (sei es nur aus Angst). Da auch S. respektiert werden möchte und in der Schulcafeteria nicht lange anstehen möchte, versucht er das Verhalten seines Bruders nachzuahmen.

Der Vater zeigt seiner Tochter, wir sie ein Raumschiff malen kann. Sie versucht das Beobachtete sofort zu Papier zu bringen.

Dem Kind I. wird erklärt und gezeigt, wie es mit Messer und Gabel umgehen kann: "... und dann nimmst Du die Gabel so in die Hand und führst sie zum Mund. Sieh mal, wie ich das mache!"
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
• Modell-Lernen kann man nun im Zusammenhang mit Verhaltensmodifikation aus drei verschiedenen Gesichtspunkten betrachten:
• a.) dient sie als Hilfe beim Aufbau neuen Verhaltens
• b.) kann sie zu hemmenden, abschwächenden oder enthemmenden, erleichternden Effekten sprechen
• c.) besitzt das Modell-Lernen die Funktion diskriminativer Hinweisreize
• Jeder dieser drei Gesichtspunkte wurde für die Therapie nutzbar gemacht.

2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
a) Die einfachste Form des Modell-Lernens als therapeutisches Verfahren besteht darin, dass das Modell, irgendein Verhalten zeigt das wiederum von einer anderen Person beobachtet wird. Dabei ist es wichtig, dass der Beobachter das Modellverhalten sehr genau beobachtet, damit er es sich aneignen kann. In einem zweiten Schritt geht es dann darum, dass der Beobachter das Angeeignete auch ausführen kann. Besonders in der praktischen Anwendung ist wichtig, wie in der Theorie zwischen Aneignung und Ausführung zu differenzieren. Zur Ausführung gehören natürlich die genügenden physischen und psychischen Voraussetzungen des Beobachters, und weiters dass er sich in einer günstigen Umgebung befindet und auch motiviert ist.

-Stellvertretende Konditionierung emotionaler Reaktionen:
• Eine Reihe von Untersuchungen zeigt, dass emotionale Reaktionen stellvertretend über die Darbietung emotionaler Reaktionen von Modellpersonen gelernt werden können. Nicht die eigenen emotionalen Reaktionen auf Menschen, Tiere und Objekte, sondern die von Modellpersonen sind die Grundlage für bestimmte eigene emotionale Reaktionen. Wie wir beim Bsp. Des bissigen Hundes gesehen haben, wird dieser Umstand wird zur Erklärung von bestimmten Abneigungen, Ängste, Vorlieben gegenüber Situationen gebraucht, mit denen man bisher noch keinerlei Kontakt hatte (z.B. Flugangst, Schlangenangst usw.).
Stellvertretende Löschung:
• Verhaltensmuster emotionaler Reaktionen können auch auf stellvertretender Basis gelöscht werden. Die stellvertretende Löschung von emotionalen Reaktionen kann dadurch erreicht werden, dass man Personen beobachtet, die als Modelle Annäherungsverhalten an furchtauslösende Objekte demonstrieren.
• Beispiel: Eine Untersuchung von Bandura, Blanchard & Ritter (1969) stellt eine erfolgreiche Anwendung von Techniken des Modell-Lernens bei der Behandlung von Schlangenphobien dar. Beobachtet jemand mit einer Schlangenphobie, wie eine Modellperson sicher mit einer Schlange umgeht, wird die Angst des Beobachters gelöscht, weil die Reaktionen des Modells keine aversiven Konsequenzen haben. Entscheidend ist dass das Vermeidungsverhalten des Phobikers, das ihn davon abhält, neue Konsequenzen zu erleben, soweit gelöscht wird, dass er nun selbst versucht, das beobachtete Verhalten auszuführen. Wichtig für den therapeutischen Prozess ist dabei die geeignete Auswahl, Beobachtung und Darbietung des Modells, dazu das Schaffen von Anreizen, die vom Modell erlernten Verhaltensweisen auch auszuführen und der Einsatz von stellvertretender und direkter Verstärkung.

Andere therapeutische Anwendungen
• Verschiedene andere etablierte Behandlungsmethoden verwenden Prinzipien des Modell-Lernens. Dazu gehört zum Beispiel die ,,fixed-role therapy" von G.A. Kelly (1955). Hier wird einem Klienten das erwünschte Verhalten in einem Rollenskript vorgegeben; er hat die Möglichkeit, es in der therapeutischen Situation zu üben, und versucht anschließend, es in den Alltag zu übertragen.
• -b) Gewisse Formen des Modell-Lernens verzichten auf die Aneignungsphase, weil das in Frage stehende Verhalten dem Beobachter bereits zur Verfügung steht. Dann ist die Ausführungsphase alleine wichtig. Die Ausführung wird von bestimmten einschränkenden Faktoren wie Angst bestimmt. In diesem Fall wird dem Beobachter am Modell gezeigt, dass das fragliche Verhalten ohne negative Konsequenzen durchführbar ist.
• Dabei spielt die Beobachtung der Konsequenzen, die das Modell als Folge seines Verhaltens erfährt, eine bedeutende Rolle. Positiv verstärkte Verhaltensweisen des Modells bewirken ein häufigeres Auftreten dieser Verhaltensmuster beim Beobachter. Umgekehrt zeigt sich, dass eine Einschränkung von unerwünschten Verhaltensweisen durch die Darbietung bestrafter Modelle möglich ist.
• Bandura und seine Mitarbeiter konnten diese Annahme für aggressives Verhalten von Kindern belegen: Kinder, die in einem Film oder in der Realität ein belohntes aggressives Modell gesehen hatten, zeigten mehr physisches und verbal-aggressives Verhalten als Kinder, deren Modell für aggressives Verhalten bestraft worden war.
• In einer zweiten Untersuchung (Bandura u.a., 1967) zeigte Bandura, dass die Darbietung eines angstfreien Modells gegenüber einem Hund zu einer deutlichen Enthemmung (des bisher seltenen) Annäherungsverhaltens führte, als dies in verschiedenen Kontrollgruppen der Fall war. Kinder, die ein angstfreies Modell im Umgang mit dem Hund gesehen hatten, waren nunmehr selbst in der Lage, sich dem Tier zu nähern (Streicheln, Füttern)
• Einige Untersuchungen zur Verwendung von Hemmungseffekten des Modell-Lernens liegen auch für Klienten mit problematischen sozialen Verhaltensweisen vor (z.B. Alkoholiker, Delinquente). Die Hemmung, solche Verhaltensweisen auszuführen, kann unter anderem dadurch erreicht werden, dass die Klienten ein Modell beobachten, das bei der Ausführung der entsprechenden Reaktionen negative Konsequenzen erlebt. Es ist zusätzlich hilfreich, Informationen und Modelle für zielführende Alternativen zu vermitteln.

• -c)Wenn eine Person ein Verhalten prinzipiell beherrscht, jedoch nur selten zeigt, d.h. zur Ausführung bringt, dann kann das Modell den Anstoss geben, das Verhalten in Zukunft häufiger zu zeigen. Hierbei handelt es sich um einen Aspekt des Modell-Lernens der in Alltagssituationen am häufigsten spontan auftritt, wenn wir mit geeigneten Modelpersonen zusammen sind.
• Der Effekt beruht darauf, dass eine Information gegeben wird, unter welchen (situativen) Bedingungen ein Verhalten beim Beobachter gezeigt werden sollte. Das Modellverhalten kann dabei als diskriminativer Reiz zur Auslösung des entsprechenden Verhaltens beim Beobachter verstanden werden.
• Die Erfolge von Gruppentherapien mit extrem gehemmten und leicht aggressiven Kindern (vgl. Petermann & Petermann», 1978; U. Petermann, 1983) lassen sieh zumindest teilweise durch reaktionserleichternde Effekte erklären. In einer gemischten Gruppe wird das leicht aggressive Verhalten des einen Kindes zum diskriminativen Hinweisreiz für das Verhalten eines gehemmteren Kindes. Es lernt so, sich in bestimmten Situationen auch anders als durch sozialen Rückzug und Hemmung interaktiver Verhaltensweisen zu bewegen.
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (=ATP)
• Dieses komplexe Trainingsprogramm enthält das Lernen am Modell als eine wichtige Komponente nebst anderen Therapieformen.
• Das ATP wurde zu Beginn der 70er Jahre von Ullrich & Ullrich de Muynck entwickelt. Ziel dieses komplexen Trainings ist die Verhaltens- und Einstellungsänderung zur Neuerfahrung bisher vermiedener sozialer Situationen ohne negative Konsequenzen. Dabei wird verantwortungsbewusstes, selbstsicheres Verhalten angestrebt, das eingesetzt werden kann, um für eigene Bedürfnisse und Rechte einzustehen, ohne die Rechte anderer Personen zu verletzen, unter Berücksichtigung der jeweiligen situativen Gegebenheiten.
• Alberti & Emmons (1978) haben darauf hingewiesen, dass selbstsicheres Verhalten keinesfalls mit rücksichtsloser Durchsetzung oder aggressivem Verhalten gleichzusetzen ist. Nonassertiv bedeutet passives, unsicheres Verhaltem, assertives selbstsicheres, der Situation angemessenes Verhalten.
2.5.3.1 Indikationen
• ATP lässt sich dann einsetzen, wenn es Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen, soziale Ängste und Defizite im Sozialverhaltem gibt.
• Dazu gehören auch die sozialen Ängste und das Vermeideverhalten wie bei sozialen Phobien und
• Persönlichkeitsstörungen oder Zwängen und sexuellen Störungen. Dabei wird Sozialangst gleichgesetzt mit Fehlschlagangst.
• Weitere Unterformen dieser sozialen Ängste sind die oft intensiven Ängste vor Bewältigungs- und Kontrollverlust, wie sie
• Bei Leuten mit Ängsten vor Erröten, vor Essen in der Öffentlichkeit, Angst vor Stimmversagen, Zittern, Schwitzen, Erbrechen oder öffentlicher Blamage bestehen.
• Aber auch Defizite im Rahmen depressiver Probleme oder psychotische Erkrankungen oder Kompensationen durch Süchte, Esstörungen und psychosomatische Erkrankungen können im Rahmen der ATP therapiert werden.


2.5.2.3.2. Struktur des ATP
Wie ist dieses Trainingsprogramm strukturiert?
Zu Beginn der Therapie werden mit jedem einzelnen Klienten durch gezielte Selbstbeobachtung des eigenen Verhaltens die Probleme beschrieben und in ihrem funktionalen Zusammenhang analysiert. Aufgrund dieser funktionalen Analyse läßt sich eine Zielbestimmung (,,Erlern-/Verlernliste") festlegen.
Diese Liste ist im Laufe der Therapie veränderbar, eventuell zu erweitern; durch die explizite Liste können auch individuelle Lernfortschritte festgehalten und Veränderungen konkret beurteilt werden.
Das wiederholte Einüben von Verhaltensweisen gehört zu den wichtigsten Elementen des Trainings sozialer Kompetenz. Bei den Modellvorgaben durch den Therapeuten geht es um eine möglichst effektive Vermittlung von Verhaltensweisen. Während der Verhaltensprobe des Klientenkönnen die Therapeuten durch unmittelbare Verhaltensanweisungen oder Gesten und Gebärden, das im Rollenspiel gezeigte Verhalten verstärken und beeinflussen. Zur Festigung und Ueberprüfung neuer Verhaltensweisen sind Übungen in der Realität, in Form von Hausaufgaben typisch.
Einen Kernbereich des ATP bilden 127 soziale Situationen, die wie beschrieben im Rollenspiel eingeübt und anschließend in den In-vivo-Übungen trainiert und umgesetzt werden sollen. Die Übungen umfassen vier Hauptkategorien sozialer Kompetenz:
• 1. Stellen von Forderungen;
• 2. Nein sagen und kritisieren;
• 3. Herstellen von Kontakten;
• 4. sich öffentlicher Beachtung aussetzen und sich Fehler erlauben

Diese Hauptkategorien sozialer Kompetenz sollen im Verlaufe des Erlernens von Selbstsicherheit in verschiedenen Situationen geübt bzw. trainiert werden: Straße, Verkehrsmittel, Geschäfte, Lokale, öffentliche Veranstaltungen und Behörden. Einbezogen werden dabei Nachbarn, Freunde und Bekannte, der Arbeitsbereich sowie die eigene Familie.
Die verbalen und nonverbalen Fertigkeiten, die in einer vorgegebenen Situation trainiert werden sollen, werden in der Anleitung genau benannt, und die im Theorieteil allgemein formulierten Therapieziele werden für jede Übung bzw jeden Übungsteil entsprechend konkretisiert. Komplexe soziale Situationen, wie sie beim Aufbau sozialen Verhaltens vorkommen, werden in einen größeren Bezugsrahmen gestellt (z.B. Arbeitsbereich, Bereich Familie), damit der Teilnehmer des Programms seine persönlichen Probleme auch in den Zusammenhang zu gesellschaftlichen Bedingungen stellen kann.
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
Ullrich de Muynck & Ullrich (1977) sehen psychische Störungen als soziale Probleme; die Therapieziele des ATP legen eine Konzipierung des ATP als Gruppentherapie nahe, weil eine Gruppensituation am ehesten die Bedingungen herstellt, denen sich ein Klient in seinem täglichen Leben gegenübersieht .
Das gruppentherapeutische Vorgehen bildet eine Reihe von Vorteilen beim Erlernen sozial kompetenten Verhaltens
Wenn ein Teilnehmer anderen Personen in der Gruppe Zuwendung vermittelt (in Form von Beachtung, Diskussionsbemerkungen, Feedback . , ), so stellt dies bereits eine Stufe beim Aufbau gewünschten Verhaltens dar (aktive Beteiligung in einer sozialen Situation).
In einer Gruppensituation orientieren sich die Teilnehmer nicht nur am Therapeuten, sondern auch an den anderen Mitgliedern der Gruppe. Dies bildet eine prinzipielle Unabhängigkeit von den Ziel- und Wertvorstellungen des Therapeuten; dies sollte allerdings nur dann als besonderer Vorteil angesehen werden, wenn nicht die Gruppe ihrerseits Standards oder Normen vermittelt, die der Erreichung eines Therapieziels bei einer einzelnen Person im Wege stehen.
Die in einer Gruppe erlernten Interaktionsfähigkeiten lassen sich leichter auf reale Interaktionen übertragen als solche, die in einer Einzeltherapie gelernt wurden (Gruppe als Modell sozialer Interaktionen). Auch wenn die Gruppe eine Art künstlicher (geschützter) Situation darstellt, lassen sich hier doch eher reale Interaktionsmuster modellieren und üben.

3. Zusammenfassung
Zum Lernen am Modell gehört:
„a. Aufmerksamkeitszuwendung
b. Behaltensphase
c. Reproduktionsphase
d. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst realisieren möchte.
b) Emotionale Beziehung zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der Nachahmung größer.
d) Stellvertretende Verstärkung: Sieht der Beobachter die Konsequenzen am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer Status des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden eher nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder niedrigerem Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte Macht oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder bestrafen kann. Hierin äußert sich die Machtposition.“
4. Quellenverzeichnis:
Hobmair, Herman „Pädagogik“,: Köln 1996, S. 159-162
Zimbardo, Philip G. „Psychologie“ , 5.Auflage, Berlin, 1992,S. 422
Schülerduden: „Die Pädagogik“ aa.O, S. 388
Mietzel, Gerd „Wege in die Psychologie“ 7.,: Auflage, Stuttgart 1994, S. 198
________________________________________
5.Literatur zum Lernen
*Gage, N. L. & Berliner, D. C. (1996). Pädagogische Psychologie (5. Auflage). Weinheim: Psychologie Verlags Union - Beltz. (Kapitel 6)
Mietzel, G. (1993). Psychologie in Unterricht und Erziehung. Einführung in die Pädagogische Psychologie für Pädagogen und Psychologen (4. Auflage). Göttingen: Hogrefe. (Kapitel 4)
Redlich, A., & Schley, W. (1981). Kooperative Verhaltensmodifikation im Unterricht. München: Urban & Schwarzenberg.


Arbeitsaufgaben
1. Definieren Sie den Begriff Modell-Lernen!
2. Nennen Sie weitere Bezeichnungen für das Modell-Lernen.
3. Aus welchen Phasen und Prozessen besteht das Modell-Lernen laut Albert Bandura?
4. Nennen Sie Bedingungen, die das Modell-Lernen laut Albert Bandura wahrscheinlicher macht.
5. Welche Bedingungen muss ein Modell erfüllen, damit es vom Lernenden beachtet wird?
6. Von welchen Faktoren hängt es ab, ob wir ein bestimmtes Modell auswählen und welche Verhaltensweisen wir übernehmen?
7. Interpretieren Sie folgendes Fallbeispiel anhand der Theorie des Modell-Lernens nach Albert Bandura:
Zwei Kinder im Alter von 9 und 10 Jahren sehen zu Hause bei ihren Eltern einen Horror-Videofilm, in dem es darum geht, Menschen zu erstechen und anschließend zu zerstückeln. Diese Kinder beobachten ihre Eltern, wie sie diesen Film begeistert anschauen und anschließend freudig über diesen Film reden. Diese Beobachtung der Kinder wiederholt sich im Laufe von Monaten, es ist Standard, dass sie gemeinsam mit ihren Eltern heftige Horrorfilme anschauen. Darüber hinaus kommt eine weitere gewaltsame Atmosphäre in diese Familie. Eines Tages kommen diese beiden Kinder auf die Idee, das Gesehene nachzumachen. Sie schnappen sich einen 3jährigen Jungen, verschleppen ihn auf einen Müllplatz und imitieren genau die Verhaltensweisen, die sie im Horrorfilm gesehen haben. Sie töten ihn, zerschneiden ihn und versuchen weitestgehend das Erlebte des Horrorfilms nachzumachen.
a)Welche erzieherischen Konsequenzen formulieren Sie bezüglich dieses Fallbeispiels?
b)Beschreiben Sie die Bedeutung der Modell-Lerntheorie von Bandura für die Erziehung.

7. Fallbeschreibung Christian:
Christian, 18 Jahre alt, wurde von der Polizei gefasst, als er zusammen mit anderen Jugendlichen einen Diskothekenbesucher ohne erkennbaren Grund brutal verprügelte. Ein Sozialpädagoge beschäftigte sich – im Auftrag des Gerichts – mit Christians Vergangenheit. Er stellt fest, dass Christian schon sehr früh mit Gewalt in Berührung kam. Sein Vater beherrschte die ganze Familie durch seine unkontrollierten Wutausbrüche. Häufig verprügelte er – besonders wenn er vorher Ärger auf der Arbeit oder getrunken hatte – Frau und Kinder, so dass die ganze Familie in ständiger Angst vor dem Vater lebte. Christian selbst berichtet, dass er als Kind völlig verschüchtert gewesen sei und sich nie getraut habe, sich gegen den Vater zur Wehr zu setzen. ... da dies den Vater noch mehr provoziert hätte. Auch sei er ein sehr schwächliches Kind gewesen, das in der Schule immer Außenseiter gewesen sei.
Von seinen Klassenkameraden sei er oft verprügelt worden. Bis zu seinem 16. Lebensjahr habe er nie einen richtigen Freund gehabt. Damals sei ein neuer Schüler in seine Klasse gekommen, mit dem er sich auf Anhieb gut verstanden habe. Dieser habe nach kürzester Zeit den Ruf eines brutalen Schlägers gehabt, der sich nichts gefallen lasse. Seit er (Christian) in dessen Schutz stehe, gelte er auch etwas in der Klasse. Sein neuer Klassenkamerad sei Mitglied einer radikalen Gruppe, die es sich zum Ziel gesetzt habe, gegen Ausländer und Homosexuelle vorzugehen.
Durch seinen Freund sei er ebenfalls in die Clique gekommen. Anfangs habe er vor den gewalttätigen Auseinandersetzungen Angst gehabt, er habe jedoch seinen Freund nicht enttäuschen wollen und deshalb mitgemacht. Mit der Zeit sei er sicherer geworden und könne jetzt das Gefühl der Macht und die Angst, die andere vor ihm hätten, richtig genießen. Auch seien diese Auseinandersetzungen nicht gefährlich, da immer auf eine zahlenmäßige Überlegenheit der Clique geachtet werde.
Aufgabe:
Versuchen Sie, das Verhalten von Christian aus der Sicht der Modell-Lerntheorie von Albert Bandura zu erklären:
a) Beschreiben Sie mit eigenen kurzen Worten das problematische Verhalten von Christian
b) Stellen Sie die Ursachen dar, die zu diesem Verhalten geführt haben könnten
c) Erklären Sie das Verhalten des Jungen mit Hilfe der Theorie von Albert Bandura. Stellen Sie dabei die relevanten Aussagen dieser Theorie zusammen.
d) Zeigen Sie auf der Grundlage dieser Theorie Möglichkeiten auf, um das problematische Verhalten von Christian ändern zu können.
8. Aufgabenstellung:
Ein Kind in einer Wohngruppe fällt wiederholt durch überdurchschnittlich aggressives Verhalten auf.
a) Erarbeiten Sie Möglichkeiten einer Verhaltensänderung auf der Grundlage der Modelltheorie.
b) Beschreiben Sie mögliche Probleme, die bei Ihrem Vorhaben auftauchen können.
c) Erarbeiten Sie Strategien um diesen möglichen Problemen präventiv zu begegnen.

9). Das Modell-Lernen und die Zigarettenraucherinnen
Sie arbeiten als Erzieher in einem Hort und draußen vor der Tür, rechts neben einem Holunderbusch treffen sich zwei ältere Mädchen, die eigentlich in dem Hort sein sollten und ihre Hausaufgaben machen sollten. Sie sind 15 Jahre alt und rauchen. Ein Kind im Alter von 11 Jahren kommt hinzu, beobachtet diese beiden und sagt: „Boar, das ist ja cool.“ Und besorgt sich von anderen Kindern ebenfalls Zigaretten und stellt sich zu diesen zwei älteren Mädchen.
Aufgabenstellung:
a) Analysieren Sie diese pädagogische Situation anhand der Theorie von Albert Bandura. Beschreiben Sie das problematische Verhalten.
b) Welches alternative Modellverhalten würden Sie dem kleineren Kind als Erzieherin vorleben?
c) Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Beispiel für sich persönlich?
d) Formulieren Sie ein alternatives Handlungskonzept und Erziehungsmaßnahmen für die beiden älteren Kinder auf Basis der Theorie von Albert Bandura.
Bearbeiten Sie folgenden Lückentext, indem Sie die fehlenden Worte richtig einsetzen:
Vom Erlebten bis zur Ausführung eines Verhaltens durchläuft der Beobachter die im Folgenden beschriebenen vier Verarbeitungsphasen, die Bandura und seine Forschungsgruppe herausgearbeitet haben:
1. Aufmerksamkeitszuwendung
2. Behaltensphase
3. Re____________sphase
4. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst ___________möchte.
b) Emotionale ____________zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die __________________der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der _____________größer.
d) Stell__________Verstärkung: Sieht der Beobachter die _____________am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer __________des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden ______nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder _____________Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte ________oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder __________kann. Hierin äußert sich die Macht________.

Fügen Sie die folgenden Worte an der richtigen Stelle ein:
Macht, Nachahmung, bestrafen, produktion, realisieren, niedrigerem, Konsequenzen, position, eher, Beziehung, vertretende, Macht, Status





Thema: Die sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell (nach Albert Bandura)
Inhalt
1. Einführung
Verhaltensauffälligkeiten
2. Lernen am Modell
Fallbeispiel: Diana 11 Jahre alt
2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
2.2.3 Gedächtnisprozesse
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
2.4 Denkanstöße / Praxisbeispiele
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (ATP)
2.5.3.1 Indikationen
2.5.2.3.2. Struktur des ATP
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
3. Zusammenfassung
4. Quellenverzeichnis 5.Literatur zum Lernen
1. Einführung
Im folgenden geht es darum anhand verschiedener psychologischer Theorien ein Verständnis zu entwickeln wie Menschen sich Verhaltensweisen aneignen. Dabei geht es um gewollte aber auch von der Gesellschaft sanktionierte Verhaltensweisen. Wer kennt nicht den Spruch einer schimpfenden Mutter: „Von wem hast du das nur?“.
Gemeint ist mit dieser Frage, woher hat wohl das eigene Kind diese Verhaltensweise übernommen.

Albert Bandura: :Sein Leben Albert Bandura wurde am 04.12.1925 in Alberta geboren. Dort verbrachte er auch seine Jugendjahre. Sein Studium begann er auf der Universität von British Columbia. Danach entschied er sich für die Universität von Iowa, um dort Klinische Psychologie zu studieren. Er entschloß sich für diese Universität, da sie einen guten Ruf in bezug auf ihre Erforschung von Lernprozessen hat. Von dieser Zeit an interessierte er sich für die Anwendung der Lerntheorien auf klinische Phänomene. 1950 ging er nach Stanford und arbeitete dort auf dem Gebiet der Interaktionsprozesse in der Psychotherepie und dem Familienmuster, das Aggressivität bei Kindern erzeugt. Während der Arbeit auf diesem Gebiet, stieß er auf die zentrale Rolle des Modell-Lernens bei der Persönlichkeitsentwicklung. Da er Forschungen auch auf dem Gebiet der Aggression, des Modell- und Beobachtungslernens und dem Prozess der Verhaltensänderung macht, erlangt er ein viel verzweigtes Forschungsprogramm. Dieses hat zum Ziel eine umfassende Theorie vom menschlichen Verhalten zu erhalten, um die menschlichen Fähigkeiten besser einordnen zu können. 1980 erhielt Albert Bandura die wissenschaftliche Auszeichnung der Vereinigung der "American Psychological Association" für "vorbildliche Leistungen als Forscher, Lehrender und Theoretiker".



1.1 Verhaltensauffälligkeiten
Die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten wird unter anderem mit den Lerntheorien erklärt. Verhaltensauffälligkeiten sind Besonderheiten des Verhaltens insbesondere von Kindern und Jugendlichen, die von den Normen der jeweiligen Gesellschaft abweichen. Der Begriff Verhaltensauffälligkeit beinhaltet aber auch die Subjektivität von Pädagogen, Ärzten, Therapeuten usw. und berücksichtigt die Situationsspezifität auffälligen Verhaltens, das von Traditionen abhängt. Manche pädagogische Autoren benutzen den Begriff Verhaltensauffälligkeit, weil er ihrer Meinung nach zum Ausdruck bringe, dass ein Verhalten in einem sozialen Austauschprozess nicht den Erwartungen des Interaktionspartners entspreche und deshalb als abweichend oder auffällig wahrgenommen werde. Genaue Zahlen zur Häufigkeit von Verhaltensauffälligkeiten liegen zur Zeit nur für den angelsächsischen Bereich vor.
Den ausländischen Ergebnissen und einer neueren deutschen Studie zur Folge ist von 10 bis 20 % verhaltensauffälligen und behandlungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen auszugehen. Bei Jungen werden dabei im Vergleich zu Mädchen etwa drei- bis viermal häufiger Verhaltensauffälligkeiten festgestellt, in erster Linie wegen des höheren Anteils aggressiven Verhaltens bei Jungen. Folgende bedeutsame Ansätze lassen sich bei der Diagnostik und Therapie von Verhaltensauffälligkeiten unterscheiden:
1. Psychoanalytischer Auffassung zur Folge sind Verhaltensauffälligkeiten das Ergebnis mangelnder psychischer Verarbeitung belastender und konflikthafter frühkindlicher Erlebnisse und/oder Konstellationen und nur durch eine Bewusstmachung dieser frühkindlichen Erlebnisse und Problematiken abbaubar.
2. Die lerntheoretisch orientierte Verhaltenstherapie geht von der Annahme aus, dass bestimmte Lernprozesse Verhaltensauffälligkeiten bewirken oder fördern und letztere nur über den Erwerb positiver Verhaltensweisen verlernt werden können, wobei positives wie negatives Verhalten nach denselben Lernprozessen bzw. Gesetzmäßigkeiten entsteht.
3. Der Labeling-approach sieht die Ursache für Verhaltensauffälligkeiten nicht in individuellen Zuschreibungen, sondern in gestörten oder zumindest auffälligen sozialen Interaktionen, die im Hinblick auf die erfolgreiche und dauerhafte Beseitigung der Verhaltensauffälligkeit entsprechend zu verändern seien; das verhaltensauffällige Individuum wird darüber hinaus nicht als gestört etikettiert, sondern sein Verhalten vom Zusammenhang abhängig begriffen. Beispiele für Verhaltensauffälligkeiten sind: Ess- und Schlafstörungen, Einnässen, Einkoten, motorische Unruhe, Sprach-, Lern- und Konzentrationsstörungen, verschiedene Ängste (z.B. Ängstlichkeit in bestimmten Situationen, Schulangst), aggressives wie Rückzugsverhalten sowie dissoziale bzw. delinquente Verhaltensweisen (z.B. Schulschwänzen, Herumhängen, sexuelle Verwahrlosung, Betrügereien, Eigentumsdelikte, Drogenabhängigkeit).

(...) Als therapiebedürftig werden nach heutiger Auffassung nur solche Verhaltensauffälligkeiten angesehen, die länger als sechs Monate andauern. Davon zu trennen sind bleibende Verhaltensauffälligkeiten, die sich bei körper- oder sinnesbehinderten Kindern als sekundäre Folgen ihrer jeweiligen Behinderung, bei den sogenannten Lernbehinderten als Folge ihrer mangelnden sozialen Kompetenz und der Fähigkeit gewisse Dinge vorauszusehen und vorausschauend zu handeln und zu agieren genannt.

2. Lernen am Modell
Der bereits oben genannte Ausruf einer schimpfenden Mutter weist auf das Alltagswissen hin, dass viele Verhaltensweisen von anderen abgeschaut wurden. Dabei ist es möglich, dass gesellschaftlich sanktionierte Verhaltensweisen sogenannte Verhaltensauffälligkeiten oder Verhaltensstörungen von Kindern und Jugendlichen übernommen wurden. Teilweise gibt es aber auch die Aufforderungen, gute Verhaltensweisen von anderen Kindern zu übernehmen: „Von dem Marcel solltest du dir mal eine Scheibe abschneiden, der hat immer so tolle Noten in der Schule!“ Unabhängig davon, ob eine solche Aufforderung einem positiven Erziehungsstil zuzuordnen ist oder nicht, ist hier das Alltagswissen erkennbar, dass positive Verhaltensweisen von anderen abgeschaut werden können.

Die sozial-kognitive Lerntheorie beschreibt das Lernen am Modell , auch Imitationslernen bzw. Beobachtungslernen ist ein wichtiger Beitrag der Theorie von Albert Bandura.

Definition: „Beobachtungslernen ist der Prozess, bei dem eine Person das Verhalten einer anderen beobachtet und ihr eigenes Verhalten allein auf diese Beobachtung hin verändert. Durch Beobachtungslernen erwerben Kinder und Erwachsene eine enorme Menge an Informationen über ihre soziale Umgebung – was angemessen ist und belohnt wird und was bestraft oder ignoriert wird.“


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Fallbeispiel:Diana und die Schultasche
Diana ist 11 Jahre alt und im 6. Schuljahr. Bislang hatte sie zu Hause bei ihren Eltern eine normale positive Umgangssprache kennen gelernt und auch selbst sich dieser Umgangssprache befleißigt. Seit einiger Zeit jedoch kommt sie nach Hause und benutzt häufig Worte wie „saucool, echt geil“ und andere sexistische Ausdrücke. Darüber hinaus fordert sie den Kauf von Markenkleidung und anderen Markenartikeln: „Mama ich will aber nicht irgendwelche blöden Turnschuhe tragen, ich will die neuen Schuhe von Adidas haben, die sind nämlich voll mega-in. Aber nur die mit den dicken Schnürsenkeln, die anderen sind out.“ Die Mutter, die durchaus ein begrenztes Einkommen hat, denkt daran und sagt: „Du hast doch erst vor drei Monaten von Tante Irene die teuren Buffalos geschenkt bekommen, reichen die nicht?“ Diana sagt darauf: „Nö, Mama die sind voll out. Wer trägt heute noch Buffalos. Ich war jetzt in der Stadt spazieren, keiner trägt Buffalos, nee das müssen die neuen Adidas sein und außerdem will ich endlich meinen Eastpak haben!“ Die Mutter fragt völlig verwirrt: „Was ist das denn?“ „Ja, das sind die neuen Schultaschen, die wir als Rucksäcke tragen, ich komm jetzt schließlich ins 7. Schuljahr bald, dann möchte ich Eastpak haben und nicht diese billigen Klamotten.“ Die Mutter will sich dem nicht anpassen und kauft eine andere Schultasche.
Eine Tasche, die sehr viel Ähnlichkeit mit der beliebten Marke Eastpak hat, nur um einiges preiswerter ist. An der Stelle, wo eigentlich Eastpak stehen sollte laut Diana, steht nun die Markenbezeichnung Aldi-Sports. Als die Mutter freudestrahlend nach Hause kommt und ihrer Tochter diese Tasche präsentiert, gibt es einen lauten, rebellischen Aufschrei: „Nö, Mama so`n Scheiß nehm ich nicht.“ Mutter sagt: „Nein, die von dir verlangte Marke ist doppelt so teuer, es bleibt dabei.“ Diana nimmt nun diese Aldi-Sports-Schultasche mit und wird tatsächlich in der Schule von ihren Freundinnen ausgelacht. Sie kommt nach Hause und sagt: „Mama, bei uns in der Klasse haben alle Eastpak. Nur ich nicht.“ Nach näherem Nachfragen ergibt sich, dass nicht alle MitSchülerinnen bzw. der Schüler nen die Eastpak-Tasche tragen, sondern die drei beliebtesten. Diana wollte dieses Verhalten imitieren...“
Aufgabenstellung: Beschreiben Sie mit kurzen eigenen Formulierungen die Problematik, die im Erziehungsgeschehen zwischen Mutter und Tochter in diesem Fallbeispiel dargestellt wird.

Banduras Experiment mit der Gummipuppe „In einem typischen Experiment führte Albert Bandura 1965 Kindern einen Film mit einem Erwachsenen, einem sogenannten Modell vor, der besonders markante aggressive Verhaltensweisen gegenüber einer Gummipuppe zeigte. Eine erste Gruppe von Versuchspersonen sah, wie das Modell für seine Verhaltensweisen mit Süßigkeiten belohnt wurde, während eine zweite Gruppe beobachtete, dass die Aggressionen des Erwachsenen ernste Ermahnungen nach sich zogen.
Nach dieser Vorführung registrierte Bandura genau, ob die Kinder Nachahmungsverhalten zeigten. Die Angehörigen der Gruppe, denen Aggressionen mit negativen Konsequenzen vorgeführt worden waren, zeigten erheblich weniger Nachahmungen, als die Teilnehmer der ersten Gruppe. Muss man davon ausgehen, dass Angehörige der zweiten Gruppe kein aggressives Verhalten gelernt hatten?
Bandura ist dieser Frage nachgegangen, indem er diesen Kindern Geschenke in Aussicht stellte, wenn sie ihm das Verhalten des Modells nachahmen würden. Unter diesen Anreizbedingungen bereitete es ihnen keine Schwierigkeiten, Bandura die Aggressionen vorzuführen, die sie offenbar sehr gut gelernt hatten.
Die Ergebnisse solcher Experimente werfen die Frage auf, ob nicht auch die Betrachtung aggressiver Fernsehsendungen dazu beiträgt, die Aggressivität der Zuschauer zu erhöhen...

Die Möglichkeit komplexere Verhaltensweisen durch Beobachtung eines Modells zu erlernen hat für den einzelnen Menschen sicherlich erhebliche Vorteile.
Schwierige Verhaltensweisen oder Handlungskompetenzen können so auch im beruflichen Verhalten im beruflichen Rahmen abgeschaut werden. Besonders motorische Handlungsfolgen lassen sich leichter abschauen an einem Modell als durch komplizierte schriftliche Beschreibungen erlernen.“

Arbeitsaufgabe: Formulieren Sie kurz die Ergebnisse des Experimentes von Bandura im Zusammenhang mit dem Imitationslernen von Aggressionen.
Welche erzieherischen Konsequenzen schlagen Sie aufgrund der Ergebnisse des Bandura-Experimentes vor?


2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
Albert Bandura unterteilt das Modell-Lernen in zwei Phasen und vier Prozesse. Die erste Phase ist die Aneignungsphase, zu der die Aufmerksamkeitsprozesse und die Gedächtnisprozesse zugeordnet werden.

ANEIGNUNGSPHASE AUSFÜHRUNGSPHASE
Aufmerksamkeit Gedächtnis Motorische Reproduktion Motivation
Modellierungsreize
Auslösen von Betroffenheit
Komplexität
Merkmal des Beobachters
Wahrnehmungsfähigkeit/haltung
Aktivierungsgrad
Motivation
frühere Verstärkung symbolische Kodierung
innere Repräsentation
symbolische Wiederholung
motorische Wiederholung körperliche Fähigkeiten
Verfügbarkeit der Teilreaktionen
Feedback der Genauigkeit äußere, direkte Verstärkung
stellvertretende Verstärkung
Selbstverstärkung

Die Ausführungsphase beinhaltet die motorischen Reproduktionsprozesse und die Motivations- und Verstärkungsprozesse.

2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
Aus der Vielzahl von Informationen, die das Verhalten eines Vorbildes enthält, wählt der Lernende die für ihn wichtigen Bestandteile aus und beobachtet sie exakt. Ob ein Modell viel oder wenig Aufmerksamkeit bekommt, hängt unter anderem ab von den Persönlichkeitsmerkmalen des Modells, von den Persönlichkeitsmerkmalen des Beobachters, von der Art der Beziehung zwischen Modell und Beobachter und von den Situationsbedingungen. Beispiel:
Wenn ein 14jähriger Junge innerhalb seiner Peer-Group, z.B. seiner Clique, einen etwas älteren Jungen kennen lernt, mit dem er sich gut identifizieren kann, den er sympathisch, also attraktiv findet und dessen Verhaltensweisen er erstrebenswert empfindet, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der 14jährige Junge das Verhalten von dem Älteren übernimmt und imitiert. Dabei ist es wichtig, dass das Modell, der ältere Junge also, sich mit Dingen beschäftigt, die dem Lernenden als sinnvoll und interessant erscheinen. Würde das Modell sich mit Dingen beschäftigen, die für den Lernenden uninteressant sind, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel geringer, dass das Verhalten übernommen wird.
Ein typisches Beispiel für die Attraktivität eines Modells erleben wir im Bereich der Popmusik. Teenager schauen auf Musikstars wie Britney Spears, No Angels usw. Viele Teenager schauen (hier also als Lernende) auf diese Modelle und beobachten, wie deren Verhalten positiv sanktioniert wird.
Diese Musikstars können aufgrund ihres Tanzens und Singens viel Beifall, Anerkennung und auch materiellen Reichtum erhalten. Diese positiven Konsequenzen machen diese Musikstars für die Teenager als Modelle interessant und attraktiv. Deshalb wollen viele, wenn sie auf ihren Beruf befragt werden, Popstar werden. Als Modelle werden folgende Menschentypen schnell ausgewählt:
- Menschen, die soziale Macht besitzen, also belohnen und bestrafen können,
- Menschen mit hohem Ansehen,
- Menschen, die sympathisch und attraktiv sind. Die Attraktivität kann z. B. im Geschlecht, im Alter oder in der Herkunft begründet liegen,
- Menschen, die die Bedürfnisse des Lernenden zufrieden stellen können.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass Eltern und Erzieher im besonderen Maße sich ihrer Modellfunktion bewusst werden sollen. Eltern und Erzieher sind automatisch Modelle, auch wenn sie dies vielleicht für sich selbst noch nie reflektiert haben. Eltern und Erzieher sind in hohem Maße in der Lage, die materiellen und emotionalen Bedürfnisse der Kinder zufrieden stellen zu können. Daher werden ihre Verhaltensweisen oft unbewusst von Kindern übernommen.
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
Kinder, die selbst wenig Selbstvertrauen und Selbstachtung haben, die sehr stark suchen und große Unsicherheit in ihrem Bewertungen und Handlungsweisen haben, sind sehr offen, sich Modelle in ihren Cliquen zu suchen und deren Verhaltensweisen zu übernehmen. Das Lernen von Kindern und Jugendlichen beinhaltet das Streben von der Unsicherheit, also dem großen Fragezeichen hin, zu Stabilität der Verhältnisse, hin zur Sicherheit, also hin zum klaren Ausrufezeichen. Je fragender und unsicherer ein Kind ist, desto eher ist es bereit, Modelle zu übernehmen. Dies gilt besonders, wenn jemand neu in einer Gruppe ist. So versucht dieser Mensch von der großen Unsicherheit des Neulings hin zur Sicherheit des gruppenintegrierten Mitgliedes zu gelangen. Dies geschieht, indem die Verhaltensweisen der Modelle, hier der Gruppenleiter, beobachtet und übernommen werden. Modellverhalten wird auch dann stark übernommen, wenn eine Beziehung zwischen Modell und Beobachter besteht. Je intensiver die Beziehung zwischen Modell und Beobachter, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Verhaltensweisen imitiert werden. Auch die emotionale und materielle Abhängigkeit des Beobachters vom Modell erhöht die Nachahmungsbereitschaft.
Anhand von Untersuchungen wurde festgestellt, dass Kinder aus intakten Familien, die jahrelang eine gute Ehe beobachten konnten, selber wiederum in der Lage waren, eine erfolgreiche Ehe zu führen. Die oft unbewussten, erlernten Verhaltensmodelle der Eltern machte es den nun erwachsenen Kindern möglich, selbst eine harmonische Ehe zu führen.
2.2.3 Gedächtnisprozesse
Ein Beobachter speichert das Gesehene mit Hilfe seines Gedächtnisses so lange, bis er sich einen Nutzen vom Zeigen der erlernten Verhaltensweise verspricht. Das Beobachtete wird in Form von bildlichen oder sprachlichen Symbolen im Gehirn gespeichert und ist somit als Vorstellung dort vorhanden (= repräsentiert).
Beispiel: Ein 15jähriger beobachtet in einem Film, wie sein Held von einem Wasserstrudel in einem See herunter zum Boden des Sees gezogen wird. Als gekonnter Schwimmer lässt dieser Held sich herunter ziehen und erst unten am Boden, wo die Kraft des Strudels nachlässt, durchbricht er diesen Strudel und schwimmt aus ihm heraus. Er versucht nicht an der Oberfläche dem kräftigen Strudel zu entkommen. Dieses Verhalten beeindruckt den 15jährigen sehr stark und wird als bildliches Symbol im Gehirn gespeichert. Jahre später kommt der Junge, inzwischen 25 Jahre alt, in eine ähnliche Situation und genau in diesem Moment erinnert er sich an das bildliche Symbol des Helden. Er versucht dieses Verhalten nachzuahmen und kann mit Erfolg diesem Wasserstrudel entrinnen.
Ähnliche Gedächtnisprozesse werden sehr stark von der Werbeindustrie ausgenutzt. Durch wiederholtes Vorführen von attraktiven Modellen, die eine ganz bestimmte Marke benutzen, wird dafür gesorgt, dass Kindern aber auch Erwachsenen das Logo einer Marke als bildliches Symbol im Gehirn abgespeichert wird. So kann Monate später, wenn der Mensch in der Unsicherheit vor einem Ladenregal steht, sich für den Kauf eines Produktes zu entscheiden, nun die bildliche Abspeicherung des Symbols dafür sorgen, dass nicht das preiswertere No-Name-Produkt genommen wird, sondern das teure Markenprodukt.
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
Motorische Reproduktionsprozesse
Damit ein beobachtetes Verhalten gezeigt werden kann, bedarf es eines Umsetzens des Gespeicherten in angemessene Handlungen und Verhaltensweisen. Hierbei werden aus einer Vielzahl im Gedächtnis gespeicherten Codierungen solche ausgewählt und organisiert, die für das beabsichtige Verhalten relevant sind. Jedoch lassen sich diese kognitiven Vorstellungen nur selten gleich beim ersten mal richtig umsetzen. Häufig muss der Betrachter seine motorischen Fähigkeiten erst üben, korrigieren und wiederholen, bis sich ein Erfolg einstellt. Beim Üben und Korrigieren vergleicht der Lernende immer wieder die Ergebnisse seiner Handlungen und Verhaltensweisen mit den gespeicherten Codierungen.
Bespiel: Erlernt ein Kind das Fahrrad fahren, so genügt es nicht Andere beim Radfahren zu beobachten. Es muss eine Vielzahl von wichtigen Informationen aus seinem Gedächtnis abrufen, so z.B. wie die Pedale zu betätigen sind, wie man die Lenkstange hält, wie das Auf- und Absteigen erfolgt, usw. Trotz dieses Wissens wird das Kind die einzelnen Bewegungsabläufe erst eine Weile üben müssen, bis es das Fahrrad fahren beherrscht. Zwischendurch immer wieder der sicherheitsbringende Blick auf ein Fahrrad fahrendes Modell hilft hier, den Lernprozess voran zu treiben. Die motorische Reproduktionsphase wird besonders in handwerklichen Berufen genutzt, wenn es darum geht, ganz bestimmte Fertigkeiten, wie das Feilen eines U-Stahls durchzuführen. Mehrfach wird der Lernende den Meister beobachten wie er feilt und sich dessen Erklärungen anhören, um dann anschließend genau dieses Feilen zu imitieren. Ähnliches sollte auch bei Erziehern und Heilerziehungspflegern im Praktikum geschehen. Der pädagogische Umgang mit Kindern mit einem verhaltensauffälligen Jungen sollte von den Mentoren und den Erziehern vorgemacht werden, so dass die Praktikanten dieses Verhalten situationsgerecht imitieren können.
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
Ob ein Mensch ein bestimmtes Verhalten überhaupt beachtet, um es zu lernen, hängt von seiner vorhandenen Motivation ab. Die Motivation einer Person beeinflusst beim Modell-Lernen sowohl die Aneignungs- als auch die Ausführungsphase. Nur wer sich vom Beachten und Durchführen einer Verhaltensweise einen Erfolg bzw. einen Vorteil verspricht oder einen Misserfolg bzw. Nachteil abzuwenden glaubt, wird entsprechende Aktivitäten entfalten. Motivation ist daher eng mit der Aussicht auf Bekräftigung verbunden. So wird Daniela die im oben genannten Beispiel schon dargestellt wurde, das sportliche Verhalten einer Freundin nur dann übernehmen wollen, wenn sie für sportliche Aktivität grundsätzlich in einer entsprechenden Situation, wo sie das Modell beobachten kann, motiviert ist. Einfach ausgedrückt, Kinder und Jugendliche übernehmen ein Modellverhalten nur dann, wenn sie für diesen grundsätzlichen Bereich des Modellverhaltens Interesse entwickeln können.
Aufgabe der Erzieher ist es, Verhaltensweisen bei den zu Erziehenden zu beobachten und zu analysieren, welches Modell-Lernen abhängig von welchem Modell in ihrem Verhalten zu erkennen ist. Besonders wenn es darum geht, als Erzieher oder Erzieherin eine Gruppe zu leiten, sind derartige Phänomene unbedingt zu analysieren. Es gilt positive Verhaltensweisen zu verstärken, positive Modelle zu unterstützen und negative Modell-Lernen, also das Modell-Lernen von negativen Verhaltensweisen zu unterbrechen. Darüber hinaus müssen Erzieher ihr eigenes Verhalten analysieren und sich folgende Fragen stellen:

Arbeitsaufgabe: Reflektieren Sie schriftlich gemäß den unten genannten Fragen Ihr eigenes Verhalten und formulieren Sie entsprechende Konsequenzen.
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
1. 1. Welches Verhalten von mir, das ich unbewusst an den Tag lege, wird von den Kindern und Jugendlichen übernommen?

2. Wo lebe ich den Kindern und Jugendlichen versehentlich Verhaltensweisen vor, die ich eigentlich gar nicht weitergeben möchte?

3. Wo sollte ich mir selbst bewusst Modellverhalten angewöhnen, damit ich auf diese Art und Weise Kinder und Jugendliche positiv beeinflusse?

4. Wo habe ich in meiner Erziehung von meinen Erziehern, Eltern usw. Verhaltensweisen unbewusst übernommen, die ich eigentlich gerne abgestellt haben möchte?

5. Welche Verhaltensweisen meiner Erzieher waren positiv und möchte ich auch bewusst weiterhin übernehmen?























2.4 Beispiele für Modellernen im praktischen Leben
Ein Bäckermeister arbeitet fleißig in der Backstube. Seine Auszubildenden eifern ihm nach, da er gute Arbeit bei ihnen anerkennt. Er wirkt als Modell, weil er beliebt ist, als Bäckermeister eine gewisse Macht hat und das Übernehmen des Verhaltens "fleißig arbeiten" verstärkt.
Wenn der Bäckermeister jedoch von der Geschäftsleitung ständig kritisiert würde, würden sich die Jugendlichen ihn nicht ohne weiteres zum Modell nehmen, da er selbst dann für sein Verhalten nicht verstärkt werden würde.Die Geschäftsleitung würde somit die Autorität des Bäckermeisters „untergraben“
Die Hausfrau füllt die Gläser mit Orangensaft aus einer Karaffe. Ihr kleiner Sohn schaut ihr dabei zu und versucht am nächsten Tag selbst die Gläser zu füllen...
S. erlebt es fast täglich mit, wie sein älterer Bruder J. Mitschüler durch Brutalität andere Schüler einschüchtert . Offensichtlich respektieren die Mitschüler J. dafür (sei es nur aus Angst). Da auch S. respektiert werden möchte und in der Schulcafeteria nicht lange anstehen möchte, versucht er das Verhalten seines Bruders nachzuahmen.

Der Vater zeigt seiner Tochter, wir sie ein Raumschiff malen kann. Sie versucht das Beobachtete sofort zu Papier zu bringen.

Dem Kind I. wird erklärt und gezeigt, wie es mit Messer und Gabel umgehen kann: "... und dann nimmst Du die Gabel so in die Hand und führst sie zum Mund. Sieh mal, wie ich das mache!"
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
• Modell-Lernen kann man nun im Zusammenhang mit Verhaltensmodifikation aus drei verschiedenen Gesichtspunkten betrachten:
• a.) dient sie als Hilfe beim Aufbau neuen Verhaltens
• b.) kann sie zu hemmenden, abschwächenden oder enthemmenden, erleichternden Effekten sprechen
• c.) besitzt das Modell-Lernen die Funktion diskriminativer Hinweisreize
• Jeder dieser drei Gesichtspunkte wurde für die Therapie nutzbar gemacht.

2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
a) Die einfachste Form des Modell-Lernens als therapeutisches Verfahren besteht darin, dass das Modell, irgendein Verhalten zeigt das wiederum von einer anderen Person beobachtet wird. Dabei ist es wichtig, dass der Beobachter das Modellverhalten sehr genau beobachtet, damit er es sich aneignen kann. In einem zweiten Schritt geht es dann darum, dass der Beobachter das Angeeignete auch ausführen kann. Besonders in der praktischen Anwendung ist wichtig, wie in der Theorie zwischen Aneignung und Ausführung zu differenzieren. Zur Ausführung gehören natürlich die genügenden physischen und psychischen Voraussetzungen des Beobachters, und weiters dass er sich in einer günstigen Umgebung befindet und auch motiviert ist.

-Stellvertretende Konditionierung emotionaler Reaktionen:
• Eine Reihe von Untersuchungen zeigt, dass emotionale Reaktionen stellvertretend über die Darbietung emotionaler Reaktionen von Modellpersonen gelernt werden können. Nicht die eigenen emotionalen Reaktionen auf Menschen, Tiere und Objekte, sondern die von Modellpersonen sind die Grundlage für bestimmte eigene emotionale Reaktionen. Wie wir beim Bsp. Des bissigen Hundes gesehen haben, wird dieser Umstand wird zur Erklärung von bestimmten Abneigungen, Ängste, Vorlieben gegenüber Situationen gebraucht, mit denen man bisher noch keinerlei Kontakt hatte (z.B. Flugangst, Schlangenangst usw.).
Stellvertretende Löschung:
• Verhaltensmuster emotionaler Reaktionen können auch auf stellvertretender Basis gelöscht werden. Die stellvertretende Löschung von emotionalen Reaktionen kann dadurch erreicht werden, dass man Personen beobachtet, die als Modelle Annäherungsverhalten an furchtauslösende Objekte demonstrieren.
• Beispiel: Eine Untersuchung von Bandura, Blanchard & Ritter (1969) stellt eine erfolgreiche Anwendung von Techniken des Modell-Lernens bei der Behandlung von Schlangenphobien dar. Beobachtet jemand mit einer Schlangenphobie, wie eine Modellperson sicher mit einer Schlange umgeht, wird die Angst des Beobachters gelöscht, weil die Reaktionen des Modells keine aversiven Konsequenzen haben. Entscheidend ist dass das Vermeidungsverhalten des Phobikers, das ihn davon abhält, neue Konsequenzen zu erleben, soweit gelöscht wird, dass er nun selbst versucht, das beobachtete Verhalten auszuführen. Wichtig für den therapeutischen Prozess ist dabei die geeignete Auswahl, Beobachtung und Darbietung des Modells, dazu das Schaffen von Anreizen, die vom Modell erlernten Verhaltensweisen auch auszuführen und der Einsatz von stellvertretender und direkter Verstärkung.

Andere therapeutische Anwendungen
• Verschiedene andere etablierte Behandlungsmethoden verwenden Prinzipien des Modell-Lernens. Dazu gehört zum Beispiel die ,,fixed-role therapy" von G.A. Kelly (1955). Hier wird einem Klienten das erwünschte Verhalten in einem Rollenskript vorgegeben; er hat die Möglichkeit, es in der therapeutischen Situation zu üben, und versucht anschließend, es in den Alltag zu übertragen.
• -b) Gewisse Formen des Modell-Lernens verzichten auf die Aneignungsphase, weil das in Frage stehende Verhalten dem Beobachter bereits zur Verfügung steht. Dann ist die Ausführungsphase alleine wichtig. Die Ausführung wird von bestimmten einschränkenden Faktoren wie Angst bestimmt. In diesem Fall wird dem Beobachter am Modell gezeigt, dass das fragliche Verhalten ohne negative Konsequenzen durchführbar ist.
• Dabei spielt die Beobachtung der Konsequenzen, die das Modell als Folge seines Verhaltens erfährt, eine bedeutende Rolle. Positiv verstärkte Verhaltensweisen des Modells bewirken ein häufigeres Auftreten dieser Verhaltensmuster beim Beobachter. Umgekehrt zeigt sich, dass eine Einschränkung von unerwünschten Verhaltensweisen durch die Darbietung bestrafter Modelle möglich ist.
• Bandura und seine Mitarbeiter konnten diese Annahme für aggressives Verhalten von Kindern belegen: Kinder, die in einem Film oder in der Realität ein belohntes aggressives Modell gesehen hatten, zeigten mehr physisches und verbal-aggressives Verhalten als Kinder, deren Modell für aggressives Verhalten bestraft worden war.
• In einer zweiten Untersuchung (Bandura u.a., 1967) zeigte Bandura, dass die Darbietung eines angstfreien Modells gegenüber einem Hund zu einer deutlichen Enthemmung (des bisher seltenen) Annäherungsverhaltens führte, als dies in verschiedenen Kontrollgruppen der Fall war. Kinder, die ein angstfreies Modell im Umgang mit dem Hund gesehen hatten, waren nunmehr selbst in der Lage, sich dem Tier zu nähern (Streicheln, Füttern)
• Einige Untersuchungen zur Verwendung von Hemmungseffekten des Modell-Lernens liegen auch für Klienten mit problematischen sozialen Verhaltensweisen vor (z.B. Alkoholiker, Delinquente). Die Hemmung, solche Verhaltensweisen auszuführen, kann unter anderem dadurch erreicht werden, dass die Klienten ein Modell beobachten, das bei der Ausführung der entsprechenden Reaktionen negative Konsequenzen erlebt. Es ist zusätzlich hilfreich, Informationen und Modelle für zielführende Alternativen zu vermitteln.

• -c)Wenn eine Person ein Verhalten prinzipiell beherrscht, jedoch nur selten zeigt, d.h. zur Ausführung bringt, dann kann das Modell den Anstoss geben, das Verhalten in Zukunft häufiger zu zeigen. Hierbei handelt es sich um einen Aspekt des Modell-Lernens der in Alltagssituationen am häufigsten spontan auftritt, wenn wir mit geeigneten Modelpersonen zusammen sind.
• Der Effekt beruht darauf, dass eine Information gegeben wird, unter welchen (situativen) Bedingungen ein Verhalten beim Beobachter gezeigt werden sollte. Das Modellverhalten kann dabei als diskriminativer Reiz zur Auslösung des entsprechenden Verhaltens beim Beobachter verstanden werden.
• Die Erfolge von Gruppentherapien mit extrem gehemmten und leicht aggressiven Kindern (vgl. Petermann & Petermann», 1978; U. Petermann, 1983) lassen sieh zumindest teilweise durch reaktionserleichternde Effekte erklären. In einer gemischten Gruppe wird das leicht aggressive Verhalten des einen Kindes zum diskriminativen Hinweisreiz für das Verhalten eines gehemmteren Kindes. Es lernt so, sich in bestimmten Situationen auch anders als durch sozialen Rückzug und Hemmung interaktiver Verhaltensweisen zu bewegen.
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (=ATP)
• Dieses komplexe Trainingsprogramm enthält das Lernen am Modell als eine wichtige Komponente nebst anderen Therapieformen.
• Das ATP wurde zu Beginn der 70er Jahre von Ullrich & Ullrich de Muynck entwickelt. Ziel dieses komplexen Trainings ist die Verhaltens- und Einstellungsänderung zur Neuerfahrung bisher vermiedener sozialer Situationen ohne negative Konsequenzen. Dabei wird verantwortungsbewusstes, selbstsicheres Verhalten angestrebt, das eingesetzt werden kann, um für eigene Bedürfnisse und Rechte einzustehen, ohne die Rechte anderer Personen zu verletzen, unter Berücksichtigung der jeweiligen situativen Gegebenheiten.
• Alberti & Emmons (1978) haben darauf hingewiesen, dass selbstsicheres Verhalten keinesfalls mit rücksichtsloser Durchsetzung oder aggressivem Verhalten gleichzusetzen ist. Nonassertiv bedeutet passives, unsicheres Verhaltem, assertives selbstsicheres, der Situation angemessenes Verhalten.
2.5.3.1 Indikationen
• ATP lässt sich dann einsetzen, wenn es Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen, soziale Ängste und Defizite im Sozialverhaltem gibt.
• Dazu gehören auch die sozialen Ängste und das Vermeideverhalten wie bei sozialen Phobien und
• Persönlichkeitsstörungen oder Zwängen und sexuellen Störungen. Dabei wird Sozialangst gleichgesetzt mit Fehlschlagangst.
• Weitere Unterformen dieser sozialen Ängste sind die oft intensiven Ängste vor Bewältigungs- und Kontrollverlust, wie sie
• Bei Leuten mit Ängsten vor Erröten, vor Essen in der Öffentlichkeit, Angst vor Stimmversagen, Zittern, Schwitzen, Erbrechen oder öffentlicher Blamage bestehen.
• Aber auch Defizite im Rahmen depressiver Probleme oder psychotische Erkrankungen oder Kompensationen durch Süchte, Esstörungen und psychosomatische Erkrankungen können im Rahmen der ATP therapiert werden.


2.5.2.3.2. Struktur des ATP
Wie ist dieses Trainingsprogramm strukturiert?
Zu Beginn der Therapie werden mit jedem einzelnen Klienten durch gezielte Selbstbeobachtung des eigenen Verhaltens die Probleme beschrieben und in ihrem funktionalen Zusammenhang analysiert. Aufgrund dieser funktionalen Analyse läßt sich eine Zielbestimmung (,,Erlern-/Verlernliste") festlegen.
Diese Liste ist im Laufe der Therapie veränderbar, eventuell zu erweitern; durch die explizite Liste können auch individuelle Lernfortschritte festgehalten und Veränderungen konkret beurteilt werden.
Das wiederholte Einüben von Verhaltensweisen gehört zu den wichtigsten Elementen des Trainings sozialer Kompetenz. Bei den Modellvorgaben durch den Therapeuten geht es um eine möglichst effektive Vermittlung von Verhaltensweisen. Während der Verhaltensprobe des Klientenkönnen die Therapeuten durch unmittelbare Verhaltensanweisungen oder Gesten und Gebärden, das im Rollenspiel gezeigte Verhalten verstärken und beeinflussen. Zur Festigung und Ueberprüfung neuer Verhaltensweisen sind Übungen in der Realität, in Form von Hausaufgaben typisch.
Einen Kernbereich des ATP bilden 127 soziale Situationen, die wie beschrieben im Rollenspiel eingeübt und anschließend in den In-vivo-Übungen trainiert und umgesetzt werden sollen. Die Übungen umfassen vier Hauptkategorien sozialer Kompetenz:
• 1. Stellen von Forderungen;
• 2. Nein sagen und kritisieren;
• 3. Herstellen von Kontakten;
• 4. sich öffentlicher Beachtung aussetzen und sich Fehler erlauben

Diese Hauptkategorien sozialer Kompetenz sollen im Verlaufe des Erlernens von Selbstsicherheit in verschiedenen Situationen geübt bzw. trainiert werden: Straße, Verkehrsmittel, Geschäfte, Lokale, öffentliche Veranstaltungen und Behörden. Einbezogen werden dabei Nachbarn, Freunde und Bekannte, der Arbeitsbereich sowie die eigene Familie.
Die verbalen und nonverbalen Fertigkeiten, die in einer vorgegebenen Situation trainiert werden sollen, werden in der Anleitung genau benannt, und die im Theorieteil allgemein formulierten Therapieziele werden für jede Übung bzw jeden Übungsteil entsprechend konkretisiert. Komplexe soziale Situationen, wie sie beim Aufbau sozialen Verhaltens vorkommen, werden in einen größeren Bezugsrahmen gestellt (z.B. Arbeitsbereich, Bereich Familie), damit der Teilnehmer des Programms seine persönlichen Probleme auch in den Zusammenhang zu gesellschaftlichen Bedingungen stellen kann.
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
Ullrich de Muynck & Ullrich (1977) sehen psychische Störungen als soziale Probleme; die Therapieziele des ATP legen eine Konzipierung des ATP als Gruppentherapie nahe, weil eine Gruppensituation am ehesten die Bedingungen herstellt, denen sich ein Klient in seinem täglichen Leben gegenübersieht .
Das gruppentherapeutische Vorgehen bildet eine Reihe von Vorteilen beim Erlernen sozial kompetenten Verhaltens
Wenn ein Teilnehmer anderen Personen in der Gruppe Zuwendung vermittelt (in Form von Beachtung, Diskussionsbemerkungen, Feedback . , ), so stellt dies bereits eine Stufe beim Aufbau gewünschten Verhaltens dar (aktive Beteiligung in einer sozialen Situation).
In einer Gruppensituation orientieren sich die Teilnehmer nicht nur am Therapeuten, sondern auch an den anderen Mitgliedern der Gruppe. Dies bildet eine prinzipielle Unabhängigkeit von den Ziel- und Wertvorstellungen des Therapeuten; dies sollte allerdings nur dann als besonderer Vorteil angesehen werden, wenn nicht die Gruppe ihrerseits Standards oder Normen vermittelt, die der Erreichung eines Therapieziels bei einer einzelnen Person im Wege stehen.
Die in einer Gruppe erlernten Interaktionsfähigkeiten lassen sich leichter auf reale Interaktionen übertragen als solche, die in einer Einzeltherapie gelernt wurden (Gruppe als Modell sozialer Interaktionen). Auch wenn die Gruppe eine Art künstlicher (geschützter) Situation darstellt, lassen sich hier doch eher reale Interaktionsmuster modellieren und üben.

3. Zusammenfassung
Zum Lernen am Modell gehört:
„a. Aufmerksamkeitszuwendung
b. Behaltensphase
c. Reproduktionsphase
d. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst realisieren möchte.
b) Emotionale Beziehung zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der Nachahmung größer.
d) Stellvertretende Verstärkung: Sieht der Beobachter die Konsequenzen am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer Status des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden eher nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder niedrigerem Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte Macht oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder bestrafen kann. Hierin äußert sich die Machtposition.“
4. Quellenverzeichnis:
Hobmair, Herman „Pädagogik“,: Köln 1996, S. 159-162
Zimbardo, Philip G. „Psychologie“ , 5.Auflage, Berlin, 1992,S. 422
Schülerduden: „Die Pädagogik“ aa.O, S. 388
Mietzel, Gerd „Wege in die Psychologie“ 7.,: Auflage, Stuttgart 1994, S. 198
________________________________________
5.Literatur zum Lernen
*Gage, N. L. & Berliner, D. C. (1996). Pädagogische Psychologie (5. Auflage). Weinheim: Psychologie Verlags Union - Beltz. (Kapitel 6)
Mietzel, G. (1993). Psychologie in Unterricht und Erziehung. Einführung in die Pädagogische Psychologie für Pädagogen und Psychologen (4. Auflage). Göttingen: Hogrefe. (Kapitel 4)
Redlich, A., & Schley, W. (1981). Kooperative Verhaltensmodifikation im Unterricht. München: Urban & Schwarzenberg.


Arbeitsaufgaben
1. Definieren Sie den Begriff Modell-Lernen!
2. Nennen Sie weitere Bezeichnungen für das Modell-Lernen.
3. Aus welchen Phasen und Prozessen besteht das Modell-Lernen laut Albert Bandura?
4. Nennen Sie Bedingungen, die das Modell-Lernen laut Albert Bandura wahrscheinlicher macht.
5. Welche Bedingungen muss ein Modell erfüllen, damit es vom Lernenden beachtet wird?
6. Von welchen Faktoren hängt es ab, ob wir ein bestimmtes Modell auswählen und welche Verhaltensweisen wir übernehmen?
7. Interpretieren Sie folgendes Fallbeispiel anhand der Theorie des Modell-Lernens nach Albert Bandura:
Zwei Kinder im Alter von 9 und 10 Jahren sehen zu Hause bei ihren Eltern einen Horror-Videofilm, in dem es darum geht, Menschen zu erstechen und anschließend zu zerstückeln. Diese Kinder beobachten ihre Eltern, wie sie diesen Film begeistert anschauen und anschließend freudig über diesen Film reden. Diese Beobachtung der Kinder wiederholt sich im Laufe von Monaten, es ist Standard, dass sie gemeinsam mit ihren Eltern heftige Horrorfilme anschauen. Darüber hinaus kommt eine weitere gewaltsame Atmosphäre in diese Familie. Eines Tages kommen diese beiden Kinder auf die Idee, das Gesehene nachzumachen. Sie schnappen sich einen 3jährigen Jungen, verschleppen ihn auf einen Müllplatz und imitieren genau die Verhaltensweisen, die sie im Horrorfilm gesehen haben. Sie töten ihn, zerschneiden ihn und versuchen weitestgehend das Erlebte des Horrorfilms nachzumachen.
a)Welche erzieherischen Konsequenzen formulieren Sie bezüglich dieses Fallbeispiels?
b)Beschreiben Sie die Bedeutung der Modell-Lerntheorie von Bandura für die Erziehung.

7. Fallbeschreibung Christian:
Christian, 18 Jahre alt, wurde von der Polizei gefasst, als er zusammen mit anderen Jugendlichen einen Diskothekenbesucher ohne erkennbaren Grund brutal verprügelte. Ein Sozialpädagoge beschäftigte sich – im Auftrag des Gerichts – mit Christians Vergangenheit. Er stellt fest, dass Christian schon sehr früh mit Gewalt in Berührung kam. Sein Vater beherrschte die ganze Familie durch seine unkontrollierten Wutausbrüche. Häufig verprügelte er – besonders wenn er vorher Ärger auf der Arbeit oder getrunken hatte – Frau und Kinder, so dass die ganze Familie in ständiger Angst vor dem Vater lebte. Christian selbst berichtet, dass er als Kind völlig verschüchtert gewesen sei und sich nie getraut habe, sich gegen den Vater zur Wehr zu setzen. ... da dies den Vater noch mehr provoziert hätte. Auch sei er ein sehr schwächliches Kind gewesen, das in der Schule immer Außenseiter gewesen sei.
Von seinen Klassenkameraden sei er oft verprügelt worden. Bis zu seinem 16. Lebensjahr habe er nie einen richtigen Freund gehabt. Damals sei ein neuer Schüler in seine Klasse gekommen, mit dem er sich auf Anhieb gut verstanden habe. Dieser habe nach kürzester Zeit den Ruf eines brutalen Schlägers gehabt, der sich nichts gefallen lasse. Seit er (Christian) in dessen Schutz stehe, gelte er auch etwas in der Klasse. Sein neuer Klassenkamerad sei Mitglied einer radikalen Gruppe, die es sich zum Ziel gesetzt habe, gegen Ausländer und Homosexuelle vorzugehen.
Durch seinen Freund sei er ebenfalls in die Clique gekommen. Anfangs habe er vor den gewalttätigen Auseinandersetzungen Angst gehabt, er habe jedoch seinen Freund nicht enttäuschen wollen und deshalb mitgemacht. Mit der Zeit sei er sicherer geworden und könne jetzt das Gefühl der Macht und die Angst, die andere vor ihm hätten, richtig genießen. Auch seien diese Auseinandersetzungen nicht gefährlich, da immer auf eine zahlenmäßige Überlegenheit der Clique geachtet werde.
Aufgabe:
Versuchen Sie, das Verhalten von Christian aus der Sicht der Modell-Lerntheorie von Albert Bandura zu erklären:
a) Beschreiben Sie mit eigenen kurzen Worten das problematische Verhalten von Christian
b) Stellen Sie die Ursachen dar, die zu diesem Verhalten geführt haben könnten
c) Erklären Sie das Verhalten des Jungen mit Hilfe der Theorie von Albert Bandura. Stellen Sie dabei die relevanten Aussagen dieser Theorie zusammen.
d) Zeigen Sie auf der Grundlage dieser Theorie Möglichkeiten auf, um das problematische Verhalten von Christian ändern zu können.
8. Aufgabenstellung:
Ein Kind in einer Wohngruppe fällt wiederholt durch überdurchschnittlich aggressives Verhalten auf.
a) Erarbeiten Sie Möglichkeiten einer Verhaltensänderung auf der Grundlage der Modelltheorie.
b) Beschreiben Sie mögliche Probleme, die bei Ihrem Vorhaben auftauchen können.
c) Erarbeiten Sie Strategien um diesen möglichen Problemen präventiv zu begegnen.

9). Das Modell-Lernen und die Zigarettenraucherinnen
Sie arbeiten als Erzieher in einem Hort und draußen vor der Tür, rechts neben einem Holunderbusch treffen sich zwei ältere Mädchen, die eigentlich in dem Hort sein sollten und ihre Hausaufgaben machen sollten. Sie sind 15 Jahre alt und rauchen. Ein Kind im Alter von 11 Jahren kommt hinzu, beobachtet diese beiden und sagt: „Boar, das ist ja cool.“ Und besorgt sich von anderen Kindern ebenfalls Zigaretten und stellt sich zu diesen zwei älteren Mädchen.
Aufgabenstellung:
a) Analysieren Sie diese pädagogische Situation anhand der Theorie von Albert Bandura. Beschreiben Sie das problematische Verhalten.
b) Welches alternative Modellverhalten würden Sie dem kleineren Kind als Erzieherin vorleben?
c) Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Beispiel für sich persönlich?
d) Formulieren Sie ein alternatives Handlungskonzept und Erziehungsmaßnahmen für die beiden älteren Kinder auf Basis der Theorie von Albert Bandura.
Bearbeiten Sie folgenden Lückentext, indem Sie die fehlenden Worte richtig einsetzen:
Vom Erlebten bis zur Ausführung eines Verhaltens durchläuft der Beobachter die im Folgenden beschriebenen vier Verarbeitungsphasen, die Bandura und seine Forschungsgruppe herausgearbeitet haben:
1. Aufmerksamkeitszuwendung
2. Behaltensphase
3. Re____________sphase
4. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst ___________möchte.
b) Emotionale ____________zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die __________________der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der _____________größer.
d) Stell__________Verstärkung: Sieht der Beobachter die _____________am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer __________des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden ______nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder _____________Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte ________oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder __________kann. Hierin äußert sich die Macht________.

Fügen Sie die folgenden Worte an der richtigen Stelle ein:
Macht, Nachahmung, bestrafen, produktion, realisieren, niedrigerem, Konsequenzen, position, eher, Beziehung, vertretende, Macht, Status





Thema: Die sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell (nach Albert Bandura)
Inhalt
1. Einführung
Verhaltensauffälligkeiten
2. Lernen am Modell
Fallbeispiel: Diana 11 Jahre alt
2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
2.2.3 Gedächtnisprozesse
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
2.4 Denkanstöße / Praxisbeispiele
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (ATP)
2.5.3.1 Indikationen
2.5.2.3.2. Struktur des ATP
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
3. Zusammenfassung
4. Quellenverzeichnis 5.Literatur zum Lernen
1. Einführung
Im folgenden geht es darum anhand verschiedener psychologischer Theorien ein Verständnis zu entwickeln wie Menschen sich Verhaltensweisen aneignen. Dabei geht es um gewollte aber auch von der Gesellschaft sanktionierte Verhaltensweisen. Wer kennt nicht den Spruch einer schimpfenden Mutter: „Von wem hast du das nur?“.
Gemeint ist mit dieser Frage, woher hat wohl das eigene Kind diese Verhaltensweise übernommen.

Albert Bandura: :Sein Leben Albert Bandura wurde am 04.12.1925 in Alberta geboren. Dort verbrachte er auch seine Jugendjahre. Sein Studium begann er auf der Universität von British Columbia. Danach entschied er sich für die Universität von Iowa, um dort Klinische Psychologie zu studieren. Er entschloß sich für diese Universität, da sie einen guten Ruf in bezug auf ihre Erforschung von Lernprozessen hat. Von dieser Zeit an interessierte er sich für die Anwendung der Lerntheorien auf klinische Phänomene. 1950 ging er nach Stanford und arbeitete dort auf dem Gebiet der Interaktionsprozesse in der Psychotherepie und dem Familienmuster, das Aggressivität bei Kindern erzeugt. Während der Arbeit auf diesem Gebiet, stieß er auf die zentrale Rolle des Modell-Lernens bei der Persönlichkeitsentwicklung. Da er Forschungen auch auf dem Gebiet der Aggression, des Modell- und Beobachtungslernens und dem Prozess der Verhaltensänderung macht, erlangt er ein viel verzweigtes Forschungsprogramm. Dieses hat zum Ziel eine umfassende Theorie vom menschlichen Verhalten zu erhalten, um die menschlichen Fähigkeiten besser einordnen zu können. 1980 erhielt Albert Bandura die wissenschaftliche Auszeichnung der Vereinigung der "American Psychological Association" für "vorbildliche Leistungen als Forscher, Lehrender und Theoretiker".



1.1 Verhaltensauffälligkeiten
Die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten wird unter anderem mit den Lerntheorien erklärt. Verhaltensauffälligkeiten sind Besonderheiten des Verhaltens insbesondere von Kindern und Jugendlichen, die von den Normen der jeweiligen Gesellschaft abweichen. Der Begriff Verhaltensauffälligkeit beinhaltet aber auch die Subjektivität von Pädagogen, Ärzten, Therapeuten usw. und berücksichtigt die Situationsspezifität auffälligen Verhaltens, das von Traditionen abhängt. Manche pädagogische Autoren benutzen den Begriff Verhaltensauffälligkeit, weil er ihrer Meinung nach zum Ausdruck bringe, dass ein Verhalten in einem sozialen Austauschprozess nicht den Erwartungen des Interaktionspartners entspreche und deshalb als abweichend oder auffällig wahrgenommen werde. Genaue Zahlen zur Häufigkeit von Verhaltensauffälligkeiten liegen zur Zeit nur für den angelsächsischen Bereich vor.
Den ausländischen Ergebnissen und einer neueren deutschen Studie zur Folge ist von 10 bis 20 % verhaltensauffälligen und behandlungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen auszugehen. Bei Jungen werden dabei im Vergleich zu Mädchen etwa drei- bis viermal häufiger Verhaltensauffälligkeiten festgestellt, in erster Linie wegen des höheren Anteils aggressiven Verhaltens bei Jungen. Folgende bedeutsame Ansätze lassen sich bei der Diagnostik und Therapie von Verhaltensauffälligkeiten unterscheiden:
1. Psychoanalytischer Auffassung zur Folge sind Verhaltensauffälligkeiten das Ergebnis mangelnder psychischer Verarbeitung belastender und konflikthafter frühkindlicher Erlebnisse und/oder Konstellationen und nur durch eine Bewusstmachung dieser frühkindlichen Erlebnisse und Problematiken abbaubar.
2. Die lerntheoretisch orientierte Verhaltenstherapie geht von der Annahme aus, dass bestimmte Lernprozesse Verhaltensauffälligkeiten bewirken oder fördern und letztere nur über den Erwerb positiver Verhaltensweisen verlernt werden können, wobei positives wie negatives Verhalten nach denselben Lernprozessen bzw. Gesetzmäßigkeiten entsteht.
3. Der Labeling-approach sieht die Ursache für Verhaltensauffälligkeiten nicht in individuellen Zuschreibungen, sondern in gestörten oder zumindest auffälligen sozialen Interaktionen, die im Hinblick auf die erfolgreiche und dauerhafte Beseitigung der Verhaltensauffälligkeit entsprechend zu verändern seien; das verhaltensauffällige Individuum wird darüber hinaus nicht als gestört etikettiert, sondern sein Verhalten vom Zusammenhang abhängig begriffen. Beispiele für Verhaltensauffälligkeiten sind: Ess- und Schlafstörungen, Einnässen, Einkoten, motorische Unruhe, Sprach-, Lern- und Konzentrationsstörungen, verschiedene Ängste (z.B. Ängstlichkeit in bestimmten Situationen, Schulangst), aggressives wie Rückzugsverhalten sowie dissoziale bzw. delinquente Verhaltensweisen (z.B. Schulschwänzen, Herumhängen, sexuelle Verwahrlosung, Betrügereien, Eigentumsdelikte, Drogenabhängigkeit).

(...) Als therapiebedürftig werden nach heutiger Auffassung nur solche Verhaltensauffälligkeiten angesehen, die länger als sechs Monate andauern. Davon zu trennen sind bleibende Verhaltensauffälligkeiten, die sich bei körper- oder sinnesbehinderten Kindern als sekundäre Folgen ihrer jeweiligen Behinderung, bei den sogenannten Lernbehinderten als Folge ihrer mangelnden sozialen Kompetenz und der Fähigkeit gewisse Dinge vorauszusehen und vorausschauend zu handeln und zu agieren genannt.

2. Lernen am Modell
Der bereits oben genannte Ausruf einer schimpfenden Mutter weist auf das Alltagswissen hin, dass viele Verhaltensweisen von anderen abgeschaut wurden. Dabei ist es möglich, dass gesellschaftlich sanktionierte Verhaltensweisen sogenannte Verhaltensauffälligkeiten oder Verhaltensstörungen von Kindern und Jugendlichen übernommen wurden. Teilweise gibt es aber auch die Aufforderungen, gute Verhaltensweisen von anderen Kindern zu übernehmen: „Von dem Marcel solltest du dir mal eine Scheibe abschneiden, der hat immer so tolle Noten in der Schule!“ Unabhängig davon, ob eine solche Aufforderung einem positiven Erziehungsstil zuzuordnen ist oder nicht, ist hier das Alltagswissen erkennbar, dass positive Verhaltensweisen von anderen abgeschaut werden können.

Die sozial-kognitive Lerntheorie beschreibt das Lernen am Modell , auch Imitationslernen bzw. Beobachtungslernen ist ein wichtiger Beitrag der Theorie von Albert Bandura.

Definition: „Beobachtungslernen ist der Prozess, bei dem eine Person das Verhalten einer anderen beobachtet und ihr eigenes Verhalten allein auf diese Beobachtung hin verändert. Durch Beobachtungslernen erwerben Kinder und Erwachsene eine enorme Menge an Informationen über ihre soziale Umgebung – was angemessen ist und belohnt wird und was bestraft oder ignoriert wird.“


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Fallbeispiel:Diana und die Schultasche
Diana ist 11 Jahre alt und im 6. Schuljahr. Bislang hatte sie zu Hause bei ihren Eltern eine normale positive Umgangssprache kennen gelernt und auch selbst sich dieser Umgangssprache befleißigt. Seit einiger Zeit jedoch kommt sie nach Hause und benutzt häufig Worte wie „saucool, echt geil“ und andere sexistische Ausdrücke. Darüber hinaus fordert sie den Kauf von Markenkleidung und anderen Markenartikeln: „Mama ich will aber nicht irgendwelche blöden Turnschuhe tragen, ich will die neuen Schuhe von Adidas haben, die sind nämlich voll mega-in. Aber nur die mit den dicken Schnürsenkeln, die anderen sind out.“ Die Mutter, die durchaus ein begrenztes Einkommen hat, denkt daran und sagt: „Du hast doch erst vor drei Monaten von Tante Irene die teuren Buffalos geschenkt bekommen, reichen die nicht?“ Diana sagt darauf: „Nö, Mama die sind voll out. Wer trägt heute noch Buffalos. Ich war jetzt in der Stadt spazieren, keiner trägt Buffalos, nee das müssen die neuen Adidas sein und außerdem will ich endlich meinen Eastpak haben!“ Die Mutter fragt völlig verwirrt: „Was ist das denn?“ „Ja, das sind die neuen Schultaschen, die wir als Rucksäcke tragen, ich komm jetzt schließlich ins 7. Schuljahr bald, dann möchte ich Eastpak haben und nicht diese billigen Klamotten.“ Die Mutter will sich dem nicht anpassen und kauft eine andere Schultasche.
Eine Tasche, die sehr viel Ähnlichkeit mit der beliebten Marke Eastpak hat, nur um einiges preiswerter ist. An der Stelle, wo eigentlich Eastpak stehen sollte laut Diana, steht nun die Markenbezeichnung Aldi-Sports. Als die Mutter freudestrahlend nach Hause kommt und ihrer Tochter diese Tasche präsentiert, gibt es einen lauten, rebellischen Aufschrei: „Nö, Mama so`n Scheiß nehm ich nicht.“ Mutter sagt: „Nein, die von dir verlangte Marke ist doppelt so teuer, es bleibt dabei.“ Diana nimmt nun diese Aldi-Sports-Schultasche mit und wird tatsächlich in der Schule von ihren Freundinnen ausgelacht. Sie kommt nach Hause und sagt: „Mama, bei uns in der Klasse haben alle Eastpak. Nur ich nicht.“ Nach näherem Nachfragen ergibt sich, dass nicht alle MitSchülerinnen bzw. der Schüler nen die Eastpak-Tasche tragen, sondern die drei beliebtesten. Diana wollte dieses Verhalten imitieren...“
Aufgabenstellung: Beschreiben Sie mit kurzen eigenen Formulierungen die Problematik, die im Erziehungsgeschehen zwischen Mutter und Tochter in diesem Fallbeispiel dargestellt wird.

Banduras Experiment mit der Gummipuppe „In einem typischen Experiment führte Albert Bandura 1965 Kindern einen Film mit einem Erwachsenen, einem sogenannten Modell vor, der besonders markante aggressive Verhaltensweisen gegenüber einer Gummipuppe zeigte. Eine erste Gruppe von Versuchspersonen sah, wie das Modell für seine Verhaltensweisen mit Süßigkeiten belohnt wurde, während eine zweite Gruppe beobachtete, dass die Aggressionen des Erwachsenen ernste Ermahnungen nach sich zogen.
Nach dieser Vorführung registrierte Bandura genau, ob die Kinder Nachahmungsverhalten zeigten. Die Angehörigen der Gruppe, denen Aggressionen mit negativen Konsequenzen vorgeführt worden waren, zeigten erheblich weniger Nachahmungen, als die Teilnehmer der ersten Gruppe. Muss man davon ausgehen, dass Angehörige der zweiten Gruppe kein aggressives Verhalten gelernt hatten?
Bandura ist dieser Frage nachgegangen, indem er diesen Kindern Geschenke in Aussicht stellte, wenn sie ihm das Verhalten des Modells nachahmen würden. Unter diesen Anreizbedingungen bereitete es ihnen keine Schwierigkeiten, Bandura die Aggressionen vorzuführen, die sie offenbar sehr gut gelernt hatten.
Die Ergebnisse solcher Experimente werfen die Frage auf, ob nicht auch die Betrachtung aggressiver Fernsehsendungen dazu beiträgt, die Aggressivität der Zuschauer zu erhöhen...

Die Möglichkeit komplexere Verhaltensweisen durch Beobachtung eines Modells zu erlernen hat für den einzelnen Menschen sicherlich erhebliche Vorteile.
Schwierige Verhaltensweisen oder Handlungskompetenzen können so auch im beruflichen Verhalten im beruflichen Rahmen abgeschaut werden. Besonders motorische Handlungsfolgen lassen sich leichter abschauen an einem Modell als durch komplizierte schriftliche Beschreibungen erlernen.“

Arbeitsaufgabe: Formulieren Sie kurz die Ergebnisse des Experimentes von Bandura im Zusammenhang mit dem Imitationslernen von Aggressionen.
Welche erzieherischen Konsequenzen schlagen Sie aufgrund der Ergebnisse des Bandura-Experimentes vor?


2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
Albert Bandura unterteilt das Modell-Lernen in zwei Phasen und vier Prozesse. Die erste Phase ist die Aneignungsphase, zu der die Aufmerksamkeitsprozesse und die Gedächtnisprozesse zugeordnet werden.

ANEIGNUNGSPHASE AUSFÜHRUNGSPHASE
Aufmerksamkeit Gedächtnis Motorische Reproduktion Motivation
Modellierungsreize
Auslösen von Betroffenheit
Komplexität
Merkmal des Beobachters
Wahrnehmungsfähigkeit/haltung
Aktivierungsgrad
Motivation
frühere Verstärkung symbolische Kodierung
innere Repräsentation
symbolische Wiederholung
motorische Wiederholung körperliche Fähigkeiten
Verfügbarkeit der Teilreaktionen
Feedback der Genauigkeit äußere, direkte Verstärkung
stellvertretende Verstärkung
Selbstverstärkung

Die Ausführungsphase beinhaltet die motorischen Reproduktionsprozesse und die Motivations- und Verstärkungsprozesse.

2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
Aus der Vielzahl von Informationen, die das Verhalten eines Vorbildes enthält, wählt der Lernende die für ihn wichtigen Bestandteile aus und beobachtet sie exakt. Ob ein Modell viel oder wenig Aufmerksamkeit bekommt, hängt unter anderem ab von den Persönlichkeitsmerkmalen des Modells, von den Persönlichkeitsmerkmalen des Beobachters, von der Art der Beziehung zwischen Modell und Beobachter und von den Situationsbedingungen. Beispiel:
Wenn ein 14jähriger Junge innerhalb seiner Peer-Group, z.B. seiner Clique, einen etwas älteren Jungen kennen lernt, mit dem er sich gut identifizieren kann, den er sympathisch, also attraktiv findet und dessen Verhaltensweisen er erstrebenswert empfindet, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der 14jährige Junge das Verhalten von dem Älteren übernimmt und imitiert. Dabei ist es wichtig, dass das Modell, der ältere Junge also, sich mit Dingen beschäftigt, die dem Lernenden als sinnvoll und interessant erscheinen. Würde das Modell sich mit Dingen beschäftigen, die für den Lernenden uninteressant sind, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel geringer, dass das Verhalten übernommen wird.
Ein typisches Beispiel für die Attraktivität eines Modells erleben wir im Bereich der Popmusik. Teenager schauen auf Musikstars wie Britney Spears, No Angels usw. Viele Teenager schauen (hier also als Lernende) auf diese Modelle und beobachten, wie deren Verhalten positiv sanktioniert wird.
Diese Musikstars können aufgrund ihres Tanzens und Singens viel Beifall, Anerkennung und auch materiellen Reichtum erhalten. Diese positiven Konsequenzen machen diese Musikstars für die Teenager als Modelle interessant und attraktiv. Deshalb wollen viele, wenn sie auf ihren Beruf befragt werden, Popstar werden. Als Modelle werden folgende Menschentypen schnell ausgewählt:
- Menschen, die soziale Macht besitzen, also belohnen und bestrafen können,
- Menschen mit hohem Ansehen,
- Menschen, die sympathisch und attraktiv sind. Die Attraktivität kann z. B. im Geschlecht, im Alter oder in der Herkunft begründet liegen,
- Menschen, die die Bedürfnisse des Lernenden zufrieden stellen können.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass Eltern und Erzieher im besonderen Maße sich ihrer Modellfunktion bewusst werden sollen. Eltern und Erzieher sind automatisch Modelle, auch wenn sie dies vielleicht für sich selbst noch nie reflektiert haben. Eltern und Erzieher sind in hohem Maße in der Lage, die materiellen und emotionalen Bedürfnisse der Kinder zufrieden stellen zu können. Daher werden ihre Verhaltensweisen oft unbewusst von Kindern übernommen.
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
Kinder, die selbst wenig Selbstvertrauen und Selbstachtung haben, die sehr stark suchen und große Unsicherheit in ihrem Bewertungen und Handlungsweisen haben, sind sehr offen, sich Modelle in ihren Cliquen zu suchen und deren Verhaltensweisen zu übernehmen. Das Lernen von Kindern und Jugendlichen beinhaltet das Streben von der Unsicherheit, also dem großen Fragezeichen hin, zu Stabilität der Verhältnisse, hin zur Sicherheit, also hin zum klaren Ausrufezeichen. Je fragender und unsicherer ein Kind ist, desto eher ist es bereit, Modelle zu übernehmen. Dies gilt besonders, wenn jemand neu in einer Gruppe ist. So versucht dieser Mensch von der großen Unsicherheit des Neulings hin zur Sicherheit des gruppenintegrierten Mitgliedes zu gelangen. Dies geschieht, indem die Verhaltensweisen der Modelle, hier der Gruppenleiter, beobachtet und übernommen werden. Modellverhalten wird auch dann stark übernommen, wenn eine Beziehung zwischen Modell und Beobachter besteht. Je intensiver die Beziehung zwischen Modell und Beobachter, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Verhaltensweisen imitiert werden. Auch die emotionale und materielle Abhängigkeit des Beobachters vom Modell erhöht die Nachahmungsbereitschaft.
Anhand von Untersuchungen wurde festgestellt, dass Kinder aus intakten Familien, die jahrelang eine gute Ehe beobachten konnten, selber wiederum in der Lage waren, eine erfolgreiche Ehe zu führen. Die oft unbewussten, erlernten Verhaltensmodelle der Eltern machte es den nun erwachsenen Kindern möglich, selbst eine harmonische Ehe zu führen.
2.2.3 Gedächtnisprozesse
Ein Beobachter speichert das Gesehene mit Hilfe seines Gedächtnisses so lange, bis er sich einen Nutzen vom Zeigen der erlernten Verhaltensweise verspricht. Das Beobachtete wird in Form von bildlichen oder sprachlichen Symbolen im Gehirn gespeichert und ist somit als Vorstellung dort vorhanden (= repräsentiert).
Beispiel: Ein 15jähriger beobachtet in einem Film, wie sein Held von einem Wasserstrudel in einem See herunter zum Boden des Sees gezogen wird. Als gekonnter Schwimmer lässt dieser Held sich herunter ziehen und erst unten am Boden, wo die Kraft des Strudels nachlässt, durchbricht er diesen Strudel und schwimmt aus ihm heraus. Er versucht nicht an der Oberfläche dem kräftigen Strudel zu entkommen. Dieses Verhalten beeindruckt den 15jährigen sehr stark und wird als bildliches Symbol im Gehirn gespeichert. Jahre später kommt der Junge, inzwischen 25 Jahre alt, in eine ähnliche Situation und genau in diesem Moment erinnert er sich an das bildliche Symbol des Helden. Er versucht dieses Verhalten nachzuahmen und kann mit Erfolg diesem Wasserstrudel entrinnen.
Ähnliche Gedächtnisprozesse werden sehr stark von der Werbeindustrie ausgenutzt. Durch wiederholtes Vorführen von attraktiven Modellen, die eine ganz bestimmte Marke benutzen, wird dafür gesorgt, dass Kindern aber auch Erwachsenen das Logo einer Marke als bildliches Symbol im Gehirn abgespeichert wird. So kann Monate später, wenn der Mensch in der Unsicherheit vor einem Ladenregal steht, sich für den Kauf eines Produktes zu entscheiden, nun die bildliche Abspeicherung des Symbols dafür sorgen, dass nicht das preiswertere No-Name-Produkt genommen wird, sondern das teure Markenprodukt.
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
Motorische Reproduktionsprozesse
Damit ein beobachtetes Verhalten gezeigt werden kann, bedarf es eines Umsetzens des Gespeicherten in angemessene Handlungen und Verhaltensweisen. Hierbei werden aus einer Vielzahl im Gedächtnis gespeicherten Codierungen solche ausgewählt und organisiert, die für das beabsichtige Verhalten relevant sind. Jedoch lassen sich diese kognitiven Vorstellungen nur selten gleich beim ersten mal richtig umsetzen. Häufig muss der Betrachter seine motorischen Fähigkeiten erst üben, korrigieren und wiederholen, bis sich ein Erfolg einstellt. Beim Üben und Korrigieren vergleicht der Lernende immer wieder die Ergebnisse seiner Handlungen und Verhaltensweisen mit den gespeicherten Codierungen.
Bespiel: Erlernt ein Kind das Fahrrad fahren, so genügt es nicht Andere beim Radfahren zu beobachten. Es muss eine Vielzahl von wichtigen Informationen aus seinem Gedächtnis abrufen, so z.B. wie die Pedale zu betätigen sind, wie man die Lenkstange hält, wie das Auf- und Absteigen erfolgt, usw. Trotz dieses Wissens wird das Kind die einzelnen Bewegungsabläufe erst eine Weile üben müssen, bis es das Fahrrad fahren beherrscht. Zwischendurch immer wieder der sicherheitsbringende Blick auf ein Fahrrad fahrendes Modell hilft hier, den Lernprozess voran zu treiben. Die motorische Reproduktionsphase wird besonders in handwerklichen Berufen genutzt, wenn es darum geht, ganz bestimmte Fertigkeiten, wie das Feilen eines U-Stahls durchzuführen. Mehrfach wird der Lernende den Meister beobachten wie er feilt und sich dessen Erklärungen anhören, um dann anschließend genau dieses Feilen zu imitieren. Ähnliches sollte auch bei Erziehern und Heilerziehungspflegern im Praktikum geschehen. Der pädagogische Umgang mit Kindern mit einem verhaltensauffälligen Jungen sollte von den Mentoren und den Erziehern vorgemacht werden, so dass die Praktikanten dieses Verhalten situationsgerecht imitieren können.
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
Ob ein Mensch ein bestimmtes Verhalten überhaupt beachtet, um es zu lernen, hängt von seiner vorhandenen Motivation ab. Die Motivation einer Person beeinflusst beim Modell-Lernen sowohl die Aneignungs- als auch die Ausführungsphase. Nur wer sich vom Beachten und Durchführen einer Verhaltensweise einen Erfolg bzw. einen Vorteil verspricht oder einen Misserfolg bzw. Nachteil abzuwenden glaubt, wird entsprechende Aktivitäten entfalten. Motivation ist daher eng mit der Aussicht auf Bekräftigung verbunden. So wird Daniela die im oben genannten Beispiel schon dargestellt wurde, das sportliche Verhalten einer Freundin nur dann übernehmen wollen, wenn sie für sportliche Aktivität grundsätzlich in einer entsprechenden Situation, wo sie das Modell beobachten kann, motiviert ist. Einfach ausgedrückt, Kinder und Jugendliche übernehmen ein Modellverhalten nur dann, wenn sie für diesen grundsätzlichen Bereich des Modellverhaltens Interesse entwickeln können.
Aufgabe der Erzieher ist es, Verhaltensweisen bei den zu Erziehenden zu beobachten und zu analysieren, welches Modell-Lernen abhängig von welchem Modell in ihrem Verhalten zu erkennen ist. Besonders wenn es darum geht, als Erzieher oder Erzieherin eine Gruppe zu leiten, sind derartige Phänomene unbedingt zu analysieren. Es gilt positive Verhaltensweisen zu verstärken, positive Modelle zu unterstützen und negative Modell-Lernen, also das Modell-Lernen von negativen Verhaltensweisen zu unterbrechen. Darüber hinaus müssen Erzieher ihr eigenes Verhalten analysieren und sich folgende Fragen stellen:

Arbeitsaufgabe: Reflektieren Sie schriftlich gemäß den unten genannten Fragen Ihr eigenes Verhalten und formulieren Sie entsprechende Konsequenzen.
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
1. 1. Welches Verhalten von mir, das ich unbewusst an den Tag lege, wird von den Kindern und Jugendlichen übernommen?

2. Wo lebe ich den Kindern und Jugendlichen versehentlich Verhaltensweisen vor, die ich eigentlich gar nicht weitergeben möchte?

3. Wo sollte ich mir selbst bewusst Modellverhalten angewöhnen, damit ich auf diese Art und Weise Kinder und Jugendliche positiv beeinflusse?

4. Wo habe ich in meiner Erziehung von meinen Erziehern, Eltern usw. Verhaltensweisen unbewusst übernommen, die ich eigentlich gerne abgestellt haben möchte?

5. Welche Verhaltensweisen meiner Erzieher waren positiv und möchte ich auch bewusst weiterhin übernehmen?























2.4 Beispiele für Modellernen im praktischen Leben
Ein Bäckermeister arbeitet fleißig in der Backstube. Seine Auszubildenden eifern ihm nach, da er gute Arbeit bei ihnen anerkennt. Er wirkt als Modell, weil er beliebt ist, als Bäckermeister eine gewisse Macht hat und das Übernehmen des Verhaltens "fleißig arbeiten" verstärkt.
Wenn der Bäckermeister jedoch von der Geschäftsleitung ständig kritisiert würde, würden sich die Jugendlichen ihn nicht ohne weiteres zum Modell nehmen, da er selbst dann für sein Verhalten nicht verstärkt werden würde.Die Geschäftsleitung würde somit die Autorität des Bäckermeisters „untergraben“
Die Hausfrau füllt die Gläser mit Orangensaft aus einer Karaffe. Ihr kleiner Sohn schaut ihr dabei zu und versucht am nächsten Tag selbst die Gläser zu füllen...
S. erlebt es fast täglich mit, wie sein älterer Bruder J. Mitschüler durch Brutalität andere Schüler einschüchtert . Offensichtlich respektieren die Mitschüler J. dafür (sei es nur aus Angst). Da auch S. respektiert werden möchte und in der Schulcafeteria nicht lange anstehen möchte, versucht er das Verhalten seines Bruders nachzuahmen.

Der Vater zeigt seiner Tochter, wir sie ein Raumschiff malen kann. Sie versucht das Beobachtete sofort zu Papier zu bringen.

Dem Kind I. wird erklärt und gezeigt, wie es mit Messer und Gabel umgehen kann: "... und dann nimmst Du die Gabel so in die Hand und führst sie zum Mund. Sieh mal, wie ich das mache!"
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
• Modell-Lernen kann man nun im Zusammenhang mit Verhaltensmodifikation aus drei verschiedenen Gesichtspunkten betrachten:
• a.) dient sie als Hilfe beim Aufbau neuen Verhaltens
• b.) kann sie zu hemmenden, abschwächenden oder enthemmenden, erleichternden Effekten sprechen
• c.) besitzt das Modell-Lernen die Funktion diskriminativer Hinweisreize
• Jeder dieser drei Gesichtspunkte wurde für die Therapie nutzbar gemacht.

2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
a) Die einfachste Form des Modell-Lernens als therapeutisches Verfahren besteht darin, dass das Modell, irgendein Verhalten zeigt das wiederum von einer anderen Person beobachtet wird. Dabei ist es wichtig, dass der Beobachter das Modellverhalten sehr genau beobachtet, damit er es sich aneignen kann. In einem zweiten Schritt geht es dann darum, dass der Beobachter das Angeeignete auch ausführen kann. Besonders in der praktischen Anwendung ist wichtig, wie in der Theorie zwischen Aneignung und Ausführung zu differenzieren. Zur Ausführung gehören natürlich die genügenden physischen und psychischen Voraussetzungen des Beobachters, und weiters dass er sich in einer günstigen Umgebung befindet und auch motiviert ist.

-Stellvertretende Konditionierung emotionaler Reaktionen:
• Eine Reihe von Untersuchungen zeigt, dass emotionale Reaktionen stellvertretend über die Darbietung emotionaler Reaktionen von Modellpersonen gelernt werden können. Nicht die eigenen emotionalen Reaktionen auf Menschen, Tiere und Objekte, sondern die von Modellpersonen sind die Grundlage für bestimmte eigene emotionale Reaktionen. Wie wir beim Bsp. Des bissigen Hundes gesehen haben, wird dieser Umstand wird zur Erklärung von bestimmten Abneigungen, Ängste, Vorlieben gegenüber Situationen gebraucht, mit denen man bisher noch keinerlei Kontakt hatte (z.B. Flugangst, Schlangenangst usw.).
Stellvertretende Löschung:
• Verhaltensmuster emotionaler Reaktionen können auch auf stellvertretender Basis gelöscht werden. Die stellvertretende Löschung von emotionalen Reaktionen kann dadurch erreicht werden, dass man Personen beobachtet, die als Modelle Annäherungsverhalten an furchtauslösende Objekte demonstrieren.
• Beispiel: Eine Untersuchung von Bandura, Blanchard & Ritter (1969) stellt eine erfolgreiche Anwendung von Techniken des Modell-Lernens bei der Behandlung von Schlangenphobien dar. Beobachtet jemand mit einer Schlangenphobie, wie eine Modellperson sicher mit einer Schlange umgeht, wird die Angst des Beobachters gelöscht, weil die Reaktionen des Modells keine aversiven Konsequenzen haben. Entscheidend ist dass das Vermeidungsverhalten des Phobikers, das ihn davon abhält, neue Konsequenzen zu erleben, soweit gelöscht wird, dass er nun selbst versucht, das beobachtete Verhalten auszuführen. Wichtig für den therapeutischen Prozess ist dabei die geeignete Auswahl, Beobachtung und Darbietung des Modells, dazu das Schaffen von Anreizen, die vom Modell erlernten Verhaltensweisen auch auszuführen und der Einsatz von stellvertretender und direkter Verstärkung.

Andere therapeutische Anwendungen
• Verschiedene andere etablierte Behandlungsmethoden verwenden Prinzipien des Modell-Lernens. Dazu gehört zum Beispiel die ,,fixed-role therapy" von G.A. Kelly (1955). Hier wird einem Klienten das erwünschte Verhalten in einem Rollenskript vorgegeben; er hat die Möglichkeit, es in der therapeutischen Situation zu üben, und versucht anschließend, es in den Alltag zu übertragen.
• -b) Gewisse Formen des Modell-Lernens verzichten auf die Aneignungsphase, weil das in Frage stehende Verhalten dem Beobachter bereits zur Verfügung steht. Dann ist die Ausführungsphase alleine wichtig. Die Ausführung wird von bestimmten einschränkenden Faktoren wie Angst bestimmt. In diesem Fall wird dem Beobachter am Modell gezeigt, dass das fragliche Verhalten ohne negative Konsequenzen durchführbar ist.
• Dabei spielt die Beobachtung der Konsequenzen, die das Modell als Folge seines Verhaltens erfährt, eine bedeutende Rolle. Positiv verstärkte Verhaltensweisen des Modells bewirken ein häufigeres Auftreten dieser Verhaltensmuster beim Beobachter. Umgekehrt zeigt sich, dass eine Einschränkung von unerwünschten Verhaltensweisen durch die Darbietung bestrafter Modelle möglich ist.
• Bandura und seine Mitarbeiter konnten diese Annahme für aggressives Verhalten von Kindern belegen: Kinder, die in einem Film oder in der Realität ein belohntes aggressives Modell gesehen hatten, zeigten mehr physisches und verbal-aggressives Verhalten als Kinder, deren Modell für aggressives Verhalten bestraft worden war.
• In einer zweiten Untersuchung (Bandura u.a., 1967) zeigte Bandura, dass die Darbietung eines angstfreien Modells gegenüber einem Hund zu einer deutlichen Enthemmung (des bisher seltenen) Annäherungsverhaltens führte, als dies in verschiedenen Kontrollgruppen der Fall war. Kinder, die ein angstfreies Modell im Umgang mit dem Hund gesehen hatten, waren nunmehr selbst in der Lage, sich dem Tier zu nähern (Streicheln, Füttern)
• Einige Untersuchungen zur Verwendung von Hemmungseffekten des Modell-Lernens liegen auch für Klienten mit problematischen sozialen Verhaltensweisen vor (z.B. Alkoholiker, Delinquente). Die Hemmung, solche Verhaltensweisen auszuführen, kann unter anderem dadurch erreicht werden, dass die Klienten ein Modell beobachten, das bei der Ausführung der entsprechenden Reaktionen negative Konsequenzen erlebt. Es ist zusätzlich hilfreich, Informationen und Modelle für zielführende Alternativen zu vermitteln.

• -c)Wenn eine Person ein Verhalten prinzipiell beherrscht, jedoch nur selten zeigt, d.h. zur Ausführung bringt, dann kann das Modell den Anstoss geben, das Verhalten in Zukunft häufiger zu zeigen. Hierbei handelt es sich um einen Aspekt des Modell-Lernens der in Alltagssituationen am häufigsten spontan auftritt, wenn wir mit geeigneten Modelpersonen zusammen sind.
• Der Effekt beruht darauf, dass eine Information gegeben wird, unter welchen (situativen) Bedingungen ein Verhalten beim Beobachter gezeigt werden sollte. Das Modellverhalten kann dabei als diskriminativer Reiz zur Auslösung des entsprechenden Verhaltens beim Beobachter verstanden werden.
• Die Erfolge von Gruppentherapien mit extrem gehemmten und leicht aggressiven Kindern (vgl. Petermann & Petermann», 1978; U. Petermann, 1983) lassen sieh zumindest teilweise durch reaktionserleichternde Effekte erklären. In einer gemischten Gruppe wird das leicht aggressive Verhalten des einen Kindes zum diskriminativen Hinweisreiz für das Verhalten eines gehemmteren Kindes. Es lernt so, sich in bestimmten Situationen auch anders als durch sozialen Rückzug und Hemmung interaktiver Verhaltensweisen zu bewegen.
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (=ATP)
• Dieses komplexe Trainingsprogramm enthält das Lernen am Modell als eine wichtige Komponente nebst anderen Therapieformen.
• Das ATP wurde zu Beginn der 70er Jahre von Ullrich & Ullrich de Muynck entwickelt. Ziel dieses komplexen Trainings ist die Verhaltens- und Einstellungsänderung zur Neuerfahrung bisher vermiedener sozialer Situationen ohne negative Konsequenzen. Dabei wird verantwortungsbewusstes, selbstsicheres Verhalten angestrebt, das eingesetzt werden kann, um für eigene Bedürfnisse und Rechte einzustehen, ohne die Rechte anderer Personen zu verletzen, unter Berücksichtigung der jeweiligen situativen Gegebenheiten.
• Alberti & Emmons (1978) haben darauf hingewiesen, dass selbstsicheres Verhalten keinesfalls mit rücksichtsloser Durchsetzung oder aggressivem Verhalten gleichzusetzen ist. Nonassertiv bedeutet passives, unsicheres Verhaltem, assertives selbstsicheres, der Situation angemessenes Verhalten.
2.5.3.1 Indikationen
• ATP lässt sich dann einsetzen, wenn es Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen, soziale Ängste und Defizite im Sozialverhaltem gibt.
• Dazu gehören auch die sozialen Ängste und das Vermeideverhalten wie bei sozialen Phobien und
• Persönlichkeitsstörungen oder Zwängen und sexuellen Störungen. Dabei wird Sozialangst gleichgesetzt mit Fehlschlagangst.
• Weitere Unterformen dieser sozialen Ängste sind die oft intensiven Ängste vor Bewältigungs- und Kontrollverlust, wie sie
• Bei Leuten mit Ängsten vor Erröten, vor Essen in der Öffentlichkeit, Angst vor Stimmversagen, Zittern, Schwitzen, Erbrechen oder öffentlicher Blamage bestehen.
• Aber auch Defizite im Rahmen depressiver Probleme oder psychotische Erkrankungen oder Kompensationen durch Süchte, Esstörungen und psychosomatische Erkrankungen können im Rahmen der ATP therapiert werden.


2.5.2.3.2. Struktur des ATP
Wie ist dieses Trainingsprogramm strukturiert?
Zu Beginn der Therapie werden mit jedem einzelnen Klienten durch gezielte Selbstbeobachtung des eigenen Verhaltens die Probleme beschrieben und in ihrem funktionalen Zusammenhang analysiert. Aufgrund dieser funktionalen Analyse läßt sich eine Zielbestimmung (,,Erlern-/Verlernliste") festlegen.
Diese Liste ist im Laufe der Therapie veränderbar, eventuell zu erweitern; durch die explizite Liste können auch individuelle Lernfortschritte festgehalten und Veränderungen konkret beurteilt werden.
Das wiederholte Einüben von Verhaltensweisen gehört zu den wichtigsten Elementen des Trainings sozialer Kompetenz. Bei den Modellvorgaben durch den Therapeuten geht es um eine möglichst effektive Vermittlung von Verhaltensweisen. Während der Verhaltensprobe des Klientenkönnen die Therapeuten durch unmittelbare Verhaltensanweisungen oder Gesten und Gebärden, das im Rollenspiel gezeigte Verhalten verstärken und beeinflussen. Zur Festigung und Ueberprüfung neuer Verhaltensweisen sind Übungen in der Realität, in Form von Hausaufgaben typisch.
Einen Kernbereich des ATP bilden 127 soziale Situationen, die wie beschrieben im Rollenspiel eingeübt und anschließend in den In-vivo-Übungen trainiert und umgesetzt werden sollen. Die Übungen umfassen vier Hauptkategorien sozialer Kompetenz:
• 1. Stellen von Forderungen;
• 2. Nein sagen und kritisieren;
• 3. Herstellen von Kontakten;
• 4. sich öffentlicher Beachtung aussetzen und sich Fehler erlauben

Diese Hauptkategorien sozialer Kompetenz sollen im Verlaufe des Erlernens von Selbstsicherheit in verschiedenen Situationen geübt bzw. trainiert werden: Straße, Verkehrsmittel, Geschäfte, Lokale, öffentliche Veranstaltungen und Behörden. Einbezogen werden dabei Nachbarn, Freunde und Bekannte, der Arbeitsbereich sowie die eigene Familie.
Die verbalen und nonverbalen Fertigkeiten, die in einer vorgegebenen Situation trainiert werden sollen, werden in der Anleitung genau benannt, und die im Theorieteil allgemein formulierten Therapieziele werden für jede Übung bzw jeden Übungsteil entsprechend konkretisiert. Komplexe soziale Situationen, wie sie beim Aufbau sozialen Verhaltens vorkommen, werden in einen größeren Bezugsrahmen gestellt (z.B. Arbeitsbereich, Bereich Familie), damit der Teilnehmer des Programms seine persönlichen Probleme auch in den Zusammenhang zu gesellschaftlichen Bedingungen stellen kann.
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
Ullrich de Muynck & Ullrich (1977) sehen psychische Störungen als soziale Probleme; die Therapieziele des ATP legen eine Konzipierung des ATP als Gruppentherapie nahe, weil eine Gruppensituation am ehesten die Bedingungen herstellt, denen sich ein Klient in seinem täglichen Leben gegenübersieht .
Das gruppentherapeutische Vorgehen bildet eine Reihe von Vorteilen beim Erlernen sozial kompetenten Verhaltens
Wenn ein Teilnehmer anderen Personen in der Gruppe Zuwendung vermittelt (in Form von Beachtung, Diskussionsbemerkungen, Feedback . , ), so stellt dies bereits eine Stufe beim Aufbau gewünschten Verhaltens dar (aktive Beteiligung in einer sozialen Situation).
In einer Gruppensituation orientieren sich die Teilnehmer nicht nur am Therapeuten, sondern auch an den anderen Mitgliedern der Gruppe. Dies bildet eine prinzipielle Unabhängigkeit von den Ziel- und Wertvorstellungen des Therapeuten; dies sollte allerdings nur dann als besonderer Vorteil angesehen werden, wenn nicht die Gruppe ihrerseits Standards oder Normen vermittelt, die der Erreichung eines Therapieziels bei einer einzelnen Person im Wege stehen.
Die in einer Gruppe erlernten Interaktionsfähigkeiten lassen sich leichter auf reale Interaktionen übertragen als solche, die in einer Einzeltherapie gelernt wurden (Gruppe als Modell sozialer Interaktionen). Auch wenn die Gruppe eine Art künstlicher (geschützter) Situation darstellt, lassen sich hier doch eher reale Interaktionsmuster modellieren und üben.

3. Zusammenfassung
Zum Lernen am Modell gehört:
„a. Aufmerksamkeitszuwendung
b. Behaltensphase
c. Reproduktionsphase
d. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst realisieren möchte.
b) Emotionale Beziehung zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der Nachahmung größer.
d) Stellvertretende Verstärkung: Sieht der Beobachter die Konsequenzen am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer Status des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden eher nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder niedrigerem Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte Macht oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder bestrafen kann. Hierin äußert sich die Machtposition.“
4. Quellenverzeichnis:
Hobmair, Herman „Pädagogik“,: Köln 1996, S. 159-162
Zimbardo, Philip G. „Psychologie“ , 5.Auflage, Berlin, 1992,S. 422
Schülerduden: „Die Pädagogik“ aa.O, S. 388
Mietzel, Gerd „Wege in die Psychologie“ 7.,: Auflage, Stuttgart 1994, S. 198
________________________________________
5.Literatur zum Lernen
*Gage, N. L. & Berliner, D. C. (1996). Pädagogische Psychologie (5. Auflage). Weinheim: Psychologie Verlags Union - Beltz. (Kapitel 6)
Mietzel, G. (1993). Psychologie in Unterricht und Erziehung. Einführung in die Pädagogische Psychologie für Pädagogen und Psychologen (4. Auflage). Göttingen: Hogrefe. (Kapitel 4)
Redlich, A., & Schley, W. (1981). Kooperative Verhaltensmodifikation im Unterricht. München: Urban & Schwarzenberg.


Arbeitsaufgaben
1. Definieren Sie den Begriff Modell-Lernen!
2. Nennen Sie weitere Bezeichnungen für das Modell-Lernen.
3. Aus welchen Phasen und Prozessen besteht das Modell-Lernen laut Albert Bandura?
4. Nennen Sie Bedingungen, die das Modell-Lernen laut Albert Bandura wahrscheinlicher macht.
5. Welche Bedingungen muss ein Modell erfüllen, damit es vom Lernenden beachtet wird?
6. Von welchen Faktoren hängt es ab, ob wir ein bestimmtes Modell auswählen und welche Verhaltensweisen wir übernehmen?
7. Interpretieren Sie folgendes Fallbeispiel anhand der Theorie des Modell-Lernens nach Albert Bandura:
Zwei Kinder im Alter von 9 und 10 Jahren sehen zu Hause bei ihren Eltern einen Horror-Videofilm, in dem es darum geht, Menschen zu erstechen und anschließend zu zerstückeln. Diese Kinder beobachten ihre Eltern, wie sie diesen Film begeistert anschauen und anschließend freudig über diesen Film reden. Diese Beobachtung der Kinder wiederholt sich im Laufe von Monaten, es ist Standard, dass sie gemeinsam mit ihren Eltern heftige Horrorfilme anschauen. Darüber hinaus kommt eine weitere gewaltsame Atmosphäre in diese Familie. Eines Tages kommen diese beiden Kinder auf die Idee, das Gesehene nachzumachen. Sie schnappen sich einen 3jährigen Jungen, verschleppen ihn auf einen Müllplatz und imitieren genau die Verhaltensweisen, die sie im Horrorfilm gesehen haben. Sie töten ihn, zerschneiden ihn und versuchen weitestgehend das Erlebte des Horrorfilms nachzumachen.
a)Welche erzieherischen Konsequenzen formulieren Sie bezüglich dieses Fallbeispiels?
b)Beschreiben Sie die Bedeutung der Modell-Lerntheorie von Bandura für die Erziehung.

7. Fallbeschreibung Christian:
Christian, 18 Jahre alt, wurde von der Polizei gefasst, als er zusammen mit anderen Jugendlichen einen Diskothekenbesucher ohne erkennbaren Grund brutal verprügelte. Ein Sozialpädagoge beschäftigte sich – im Auftrag des Gerichts – mit Christians Vergangenheit. Er stellt fest, dass Christian schon sehr früh mit Gewalt in Berührung kam. Sein Vater beherrschte die ganze Familie durch seine unkontrollierten Wutausbrüche. Häufig verprügelte er – besonders wenn er vorher Ärger auf der Arbeit oder getrunken hatte – Frau und Kinder, so dass die ganze Familie in ständiger Angst vor dem Vater lebte. Christian selbst berichtet, dass er als Kind völlig verschüchtert gewesen sei und sich nie getraut habe, sich gegen den Vater zur Wehr zu setzen. ... da dies den Vater noch mehr provoziert hätte. Auch sei er ein sehr schwächliches Kind gewesen, das in der Schule immer Außenseiter gewesen sei.
Von seinen Klassenkameraden sei er oft verprügelt worden. Bis zu seinem 16. Lebensjahr habe er nie einen richtigen Freund gehabt. Damals sei ein neuer Schüler in seine Klasse gekommen, mit dem er sich auf Anhieb gut verstanden habe. Dieser habe nach kürzester Zeit den Ruf eines brutalen Schlägers gehabt, der sich nichts gefallen lasse. Seit er (Christian) in dessen Schutz stehe, gelte er auch etwas in der Klasse. Sein neuer Klassenkamerad sei Mitglied einer radikalen Gruppe, die es sich zum Ziel gesetzt habe, gegen Ausländer und Homosexuelle vorzugehen.
Durch seinen Freund sei er ebenfalls in die Clique gekommen. Anfangs habe er vor den gewalttätigen Auseinandersetzungen Angst gehabt, er habe jedoch seinen Freund nicht enttäuschen wollen und deshalb mitgemacht. Mit der Zeit sei er sicherer geworden und könne jetzt das Gefühl der Macht und die Angst, die andere vor ihm hätten, richtig genießen. Auch seien diese Auseinandersetzungen nicht gefährlich, da immer auf eine zahlenmäßige Überlegenheit der Clique geachtet werde.
Aufgabe:
Versuchen Sie, das Verhalten von Christian aus der Sicht der Modell-Lerntheorie von Albert Bandura zu erklären:
a) Beschreiben Sie mit eigenen kurzen Worten das problematische Verhalten von Christian
b) Stellen Sie die Ursachen dar, die zu diesem Verhalten geführt haben könnten
c) Erklären Sie das Verhalten des Jungen mit Hilfe der Theorie von Albert Bandura. Stellen Sie dabei die relevanten Aussagen dieser Theorie zusammen.
d) Zeigen Sie auf der Grundlage dieser Theorie Möglichkeiten auf, um das problematische Verhalten von Christian ändern zu können.
8. Aufgabenstellung:
Ein Kind in einer Wohngruppe fällt wiederholt durch überdurchschnittlich aggressives Verhalten auf.
a) Erarbeiten Sie Möglichkeiten einer Verhaltensänderung auf der Grundlage der Modelltheorie.
b) Beschreiben Sie mögliche Probleme, die bei Ihrem Vorhaben auftauchen können.
c) Erarbeiten Sie Strategien um diesen möglichen Problemen präventiv zu begegnen.

9). Das Modell-Lernen und die Zigarettenraucherinnen
Sie arbeiten als Erzieher in einem Hort und draußen vor der Tür, rechts neben einem Holunderbusch treffen sich zwei ältere Mädchen, die eigentlich in dem Hort sein sollten und ihre Hausaufgaben machen sollten. Sie sind 15 Jahre alt und rauchen. Ein Kind im Alter von 11 Jahren kommt hinzu, beobachtet diese beiden und sagt: „Boar, das ist ja cool.“ Und besorgt sich von anderen Kindern ebenfalls Zigaretten und stellt sich zu diesen zwei älteren Mädchen.
Aufgabenstellung:
a) Analysieren Sie diese pädagogische Situation anhand der Theorie von Albert Bandura. Beschreiben Sie das problematische Verhalten.
b) Welches alternative Modellverhalten würden Sie dem kleineren Kind als Erzieherin vorleben?
c) Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Beispiel für sich persönlich?
d) Formulieren Sie ein alternatives Handlungskonzept und Erziehungsmaßnahmen für die beiden älteren Kinder auf Basis der Theorie von Albert Bandura.
Bearbeiten Sie folgenden Lückentext, indem Sie die fehlenden Worte richtig einsetzen:
Vom Erlebten bis zur Ausführung eines Verhaltens durchläuft der Beobachter die im Folgenden beschriebenen vier Verarbeitungsphasen, die Bandura und seine Forschungsgruppe herausgearbeitet haben:
1. Aufmerksamkeitszuwendung
2. Behaltensphase
3. Re____________sphase
4. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst ___________möchte.
b) Emotionale ____________zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die __________________der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der _____________größer.
d) Stell__________Verstärkung: Sieht der Beobachter die _____________am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer __________des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden ______nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder _____________Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte ________oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder __________kann. Hierin äußert sich die Macht________.

Fügen Sie die folgenden Worte an der richtigen Stelle ein:
Macht, Nachahmung, bestrafen, produktion, realisieren, niedrigerem, Konsequenzen, position, eher, Beziehung, vertretende, Macht, Status





Thema: Die sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell (nach Albert Bandura)
Inhalt
1. Einführung
Verhaltensauffälligkeiten
2. Lernen am Modell
Fallbeispiel: Diana 11 Jahre alt
2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
2.2.3 Gedächtnisprozesse
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
2.4 Denkanstöße / Praxisbeispiele
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (ATP)
2.5.3.1 Indikationen
2.5.2.3.2. Struktur des ATP
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
3. Zusammenfassung
4. Quellenverzeichnis 5.Literatur zum Lernen
1. Einführung
Im folgenden geht es darum anhand verschiedener psychologischer Theorien ein Verständnis zu entwickeln wie Menschen sich Verhaltensweisen aneignen. Dabei geht es um gewollte aber auch von der Gesellschaft sanktionierte Verhaltensweisen. Wer kennt nicht den Spruch einer schimpfenden Mutter: „Von wem hast du das nur?“.
Gemeint ist mit dieser Frage, woher hat wohl das eigene Kind diese Verhaltensweise übernommen.

Albert Bandura: :Sein Leben Albert Bandura wurde am 04.12.1925 in Alberta geboren. Dort verbrachte er auch seine Jugendjahre. Sein Studium begann er auf der Universität von British Columbia. Danach entschied er sich für die Universität von Iowa, um dort Klinische Psychologie zu studieren. Er entschloß sich für diese Universität, da sie einen guten Ruf in bezug auf ihre Erforschung von Lernprozessen hat. Von dieser Zeit an interessierte er sich für die Anwendung der Lerntheorien auf klinische Phänomene. 1950 ging er nach Stanford und arbeitete dort auf dem Gebiet der Interaktionsprozesse in der Psychotherepie und dem Familienmuster, das Aggressivität bei Kindern erzeugt. Während der Arbeit auf diesem Gebiet, stieß er auf die zentrale Rolle des Modell-Lernens bei der Persönlichkeitsentwicklung. Da er Forschungen auch auf dem Gebiet der Aggression, des Modell- und Beobachtungslernens und dem Prozess der Verhaltensänderung macht, erlangt er ein viel verzweigtes Forschungsprogramm. Dieses hat zum Ziel eine umfassende Theorie vom menschlichen Verhalten zu erhalten, um die menschlichen Fähigkeiten besser einordnen zu können. 1980 erhielt Albert Bandura die wissenschaftliche Auszeichnung der Vereinigung der "American Psychological Association" für "vorbildliche Leistungen als Forscher, Lehrender und Theoretiker".



1.1 Verhaltensauffälligkeiten
Die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten wird unter anderem mit den Lerntheorien erklärt. Verhaltensauffälligkeiten sind Besonderheiten des Verhaltens insbesondere von Kindern und Jugendlichen, die von den Normen der jeweiligen Gesellschaft abweichen. Der Begriff Verhaltensauffälligkeit beinhaltet aber auch die Subjektivität von Pädagogen, Ärzten, Therapeuten usw. und berücksichtigt die Situationsspezifität auffälligen Verhaltens, das von Traditionen abhängt. Manche pädagogische Autoren benutzen den Begriff Verhaltensauffälligkeit, weil er ihrer Meinung nach zum Ausdruck bringe, dass ein Verhalten in einem sozialen Austauschprozess nicht den Erwartungen des Interaktionspartners entspreche und deshalb als abweichend oder auffällig wahrgenommen werde. Genaue Zahlen zur Häufigkeit von Verhaltensauffälligkeiten liegen zur Zeit nur für den angelsächsischen Bereich vor.
Den ausländischen Ergebnissen und einer neueren deutschen Studie zur Folge ist von 10 bis 20 % verhaltensauffälligen und behandlungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen auszugehen. Bei Jungen werden dabei im Vergleich zu Mädchen etwa drei- bis viermal häufiger Verhaltensauffälligkeiten festgestellt, in erster Linie wegen des höheren Anteils aggressiven Verhaltens bei Jungen. Folgende bedeutsame Ansätze lassen sich bei der Diagnostik und Therapie von Verhaltensauffälligkeiten unterscheiden:
1. Psychoanalytischer Auffassung zur Folge sind Verhaltensauffälligkeiten das Ergebnis mangelnder psychischer Verarbeitung belastender und konflikthafter frühkindlicher Erlebnisse und/oder Konstellationen und nur durch eine Bewusstmachung dieser frühkindlichen Erlebnisse und Problematiken abbaubar.
2. Die lerntheoretisch orientierte Verhaltenstherapie geht von der Annahme aus, dass bestimmte Lernprozesse Verhaltensauffälligkeiten bewirken oder fördern und letztere nur über den Erwerb positiver Verhaltensweisen verlernt werden können, wobei positives wie negatives Verhalten nach denselben Lernprozessen bzw. Gesetzmäßigkeiten entsteht.
3. Der Labeling-approach sieht die Ursache für Verhaltensauffälligkeiten nicht in individuellen Zuschreibungen, sondern in gestörten oder zumindest auffälligen sozialen Interaktionen, die im Hinblick auf die erfolgreiche und dauerhafte Beseitigung der Verhaltensauffälligkeit entsprechend zu verändern seien; das verhaltensauffällige Individuum wird darüber hinaus nicht als gestört etikettiert, sondern sein Verhalten vom Zusammenhang abhängig begriffen. Beispiele für Verhaltensauffälligkeiten sind: Ess- und Schlafstörungen, Einnässen, Einkoten, motorische Unruhe, Sprach-, Lern- und Konzentrationsstörungen, verschiedene Ängste (z.B. Ängstlichkeit in bestimmten Situationen, Schulangst), aggressives wie Rückzugsverhalten sowie dissoziale bzw. delinquente Verhaltensweisen (z.B. Schulschwänzen, Herumhängen, sexuelle Verwahrlosung, Betrügereien, Eigentumsdelikte, Drogenabhängigkeit).

(...) Als therapiebedürftig werden nach heutiger Auffassung nur solche Verhaltensauffälligkeiten angesehen, die länger als sechs Monate andauern. Davon zu trennen sind bleibende Verhaltensauffälligkeiten, die sich bei körper- oder sinnesbehinderten Kindern als sekundäre Folgen ihrer jeweiligen Behinderung, bei den sogenannten Lernbehinderten als Folge ihrer mangelnden sozialen Kompetenz und der Fähigkeit gewisse Dinge vorauszusehen und vorausschauend zu handeln und zu agieren genannt.

2. Lernen am Modell
Der bereits oben genannte Ausruf einer schimpfenden Mutter weist auf das Alltagswissen hin, dass viele Verhaltensweisen von anderen abgeschaut wurden. Dabei ist es möglich, dass gesellschaftlich sanktionierte Verhaltensweisen sogenannte Verhaltensauffälligkeiten oder Verhaltensstörungen von Kindern und Jugendlichen übernommen wurden. Teilweise gibt es aber auch die Aufforderungen, gute Verhaltensweisen von anderen Kindern zu übernehmen: „Von dem Marcel solltest du dir mal eine Scheibe abschneiden, der hat immer so tolle Noten in der Schule!“ Unabhängig davon, ob eine solche Aufforderung einem positiven Erziehungsstil zuzuordnen ist oder nicht, ist hier das Alltagswissen erkennbar, dass positive Verhaltensweisen von anderen abgeschaut werden können.

Die sozial-kognitive Lerntheorie beschreibt das Lernen am Modell , auch Imitationslernen bzw. Beobachtungslernen ist ein wichtiger Beitrag der Theorie von Albert Bandura.

Definition: „Beobachtungslernen ist der Prozess, bei dem eine Person das Verhalten einer anderen beobachtet und ihr eigenes Verhalten allein auf diese Beobachtung hin verändert. Durch Beobachtungslernen erwerben Kinder und Erwachsene eine enorme Menge an Informationen über ihre soziale Umgebung – was angemessen ist und belohnt wird und was bestraft oder ignoriert wird.“


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Fallbeispiel:Diana und die Schultasche
Diana ist 11 Jahre alt und im 6. Schuljahr. Bislang hatte sie zu Hause bei ihren Eltern eine normale positive Umgangssprache kennen gelernt und auch selbst sich dieser Umgangssprache befleißigt. Seit einiger Zeit jedoch kommt sie nach Hause und benutzt häufig Worte wie „saucool, echt geil“ und andere sexistische Ausdrücke. Darüber hinaus fordert sie den Kauf von Markenkleidung und anderen Markenartikeln: „Mama ich will aber nicht irgendwelche blöden Turnschuhe tragen, ich will die neuen Schuhe von Adidas haben, die sind nämlich voll mega-in. Aber nur die mit den dicken Schnürsenkeln, die anderen sind out.“ Die Mutter, die durchaus ein begrenztes Einkommen hat, denkt daran und sagt: „Du hast doch erst vor drei Monaten von Tante Irene die teuren Buffalos geschenkt bekommen, reichen die nicht?“ Diana sagt darauf: „Nö, Mama die sind voll out. Wer trägt heute noch Buffalos. Ich war jetzt in der Stadt spazieren, keiner trägt Buffalos, nee das müssen die neuen Adidas sein und außerdem will ich endlich meinen Eastpak haben!“ Die Mutter fragt völlig verwirrt: „Was ist das denn?“ „Ja, das sind die neuen Schultaschen, die wir als Rucksäcke tragen, ich komm jetzt schließlich ins 7. Schuljahr bald, dann möchte ich Eastpak haben und nicht diese billigen Klamotten.“ Die Mutter will sich dem nicht anpassen und kauft eine andere Schultasche.
Eine Tasche, die sehr viel Ähnlichkeit mit der beliebten Marke Eastpak hat, nur um einiges preiswerter ist. An der Stelle, wo eigentlich Eastpak stehen sollte laut Diana, steht nun die Markenbezeichnung Aldi-Sports. Als die Mutter freudestrahlend nach Hause kommt und ihrer Tochter diese Tasche präsentiert, gibt es einen lauten, rebellischen Aufschrei: „Nö, Mama so`n Scheiß nehm ich nicht.“ Mutter sagt: „Nein, die von dir verlangte Marke ist doppelt so teuer, es bleibt dabei.“ Diana nimmt nun diese Aldi-Sports-Schultasche mit und wird tatsächlich in der Schule von ihren Freundinnen ausgelacht. Sie kommt nach Hause und sagt: „Mama, bei uns in der Klasse haben alle Eastpak. Nur ich nicht.“ Nach näherem Nachfragen ergibt sich, dass nicht alle MitSchülerinnen bzw. der Schüler nen die Eastpak-Tasche tragen, sondern die drei beliebtesten. Diana wollte dieses Verhalten imitieren...“
Aufgabenstellung: Beschreiben Sie mit kurzen eigenen Formulierungen die Problematik, die im Erziehungsgeschehen zwischen Mutter und Tochter in diesem Fallbeispiel dargestellt wird.

Banduras Experiment mit der Gummipuppe „In einem typischen Experiment führte Albert Bandura 1965 Kindern einen Film mit einem Erwachsenen, einem sogenannten Modell vor, der besonders markante aggressive Verhaltensweisen gegenüber einer Gummipuppe zeigte. Eine erste Gruppe von Versuchspersonen sah, wie das Modell für seine Verhaltensweisen mit Süßigkeiten belohnt wurde, während eine zweite Gruppe beobachtete, dass die Aggressionen des Erwachsenen ernste Ermahnungen nach sich zogen.
Nach dieser Vorführung registrierte Bandura genau, ob die Kinder Nachahmungsverhalten zeigten. Die Angehörigen der Gruppe, denen Aggressionen mit negativen Konsequenzen vorgeführt worden waren, zeigten erheblich weniger Nachahmungen, als die Teilnehmer der ersten Gruppe. Muss man davon ausgehen, dass Angehörige der zweiten Gruppe kein aggressives Verhalten gelernt hatten?
Bandura ist dieser Frage nachgegangen, indem er diesen Kindern Geschenke in Aussicht stellte, wenn sie ihm das Verhalten des Modells nachahmen würden. Unter diesen Anreizbedingungen bereitete es ihnen keine Schwierigkeiten, Bandura die Aggressionen vorzuführen, die sie offenbar sehr gut gelernt hatten.
Die Ergebnisse solcher Experimente werfen die Frage auf, ob nicht auch die Betrachtung aggressiver Fernsehsendungen dazu beiträgt, die Aggressivität der Zuschauer zu erhöhen...

Die Möglichkeit komplexere Verhaltensweisen durch Beobachtung eines Modells zu erlernen hat für den einzelnen Menschen sicherlich erhebliche Vorteile.
Schwierige Verhaltensweisen oder Handlungskompetenzen können so auch im beruflichen Verhalten im beruflichen Rahmen abgeschaut werden. Besonders motorische Handlungsfolgen lassen sich leichter abschauen an einem Modell als durch komplizierte schriftliche Beschreibungen erlernen.“

Arbeitsaufgabe: Formulieren Sie kurz die Ergebnisse des Experimentes von Bandura im Zusammenhang mit dem Imitationslernen von Aggressionen.
Welche erzieherischen Konsequenzen schlagen Sie aufgrund der Ergebnisse des Bandura-Experimentes vor?


2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
Albert Bandura unterteilt das Modell-Lernen in zwei Phasen und vier Prozesse. Die erste Phase ist die Aneignungsphase, zu der die Aufmerksamkeitsprozesse und die Gedächtnisprozesse zugeordnet werden.

ANEIGNUNGSPHASE AUSFÜHRUNGSPHASE
Aufmerksamkeit Gedächtnis Motorische Reproduktion Motivation
Modellierungsreize
Auslösen von Betroffenheit
Komplexität
Merkmal des Beobachters
Wahrnehmungsfähigkeit/haltung
Aktivierungsgrad
Motivation
frühere Verstärkung symbolische Kodierung
innere Repräsentation
symbolische Wiederholung
motorische Wiederholung körperliche Fähigkeiten
Verfügbarkeit der Teilreaktionen
Feedback der Genauigkeit äußere, direkte Verstärkung
stellvertretende Verstärkung
Selbstverstärkung

Die Ausführungsphase beinhaltet die motorischen Reproduktionsprozesse und die Motivations- und Verstärkungsprozesse.

2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
Aus der Vielzahl von Informationen, die das Verhalten eines Vorbildes enthält, wählt der Lernende die für ihn wichtigen Bestandteile aus und beobachtet sie exakt. Ob ein Modell viel oder wenig Aufmerksamkeit bekommt, hängt unter anderem ab von den Persönlichkeitsmerkmalen des Modells, von den Persönlichkeitsmerkmalen des Beobachters, von der Art der Beziehung zwischen Modell und Beobachter und von den Situationsbedingungen. Beispiel:
Wenn ein 14jähriger Junge innerhalb seiner Peer-Group, z.B. seiner Clique, einen etwas älteren Jungen kennen lernt, mit dem er sich gut identifizieren kann, den er sympathisch, also attraktiv findet und dessen Verhaltensweisen er erstrebenswert empfindet, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der 14jährige Junge das Verhalten von dem Älteren übernimmt und imitiert. Dabei ist es wichtig, dass das Modell, der ältere Junge also, sich mit Dingen beschäftigt, die dem Lernenden als sinnvoll und interessant erscheinen. Würde das Modell sich mit Dingen beschäftigen, die für den Lernenden uninteressant sind, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel geringer, dass das Verhalten übernommen wird.
Ein typisches Beispiel für die Attraktivität eines Modells erleben wir im Bereich der Popmusik. Teenager schauen auf Musikstars wie Britney Spears, No Angels usw. Viele Teenager schauen (hier also als Lernende) auf diese Modelle und beobachten, wie deren Verhalten positiv sanktioniert wird.
Diese Musikstars können aufgrund ihres Tanzens und Singens viel Beifall, Anerkennung und auch materiellen Reichtum erhalten. Diese positiven Konsequenzen machen diese Musikstars für die Teenager als Modelle interessant und attraktiv. Deshalb wollen viele, wenn sie auf ihren Beruf befragt werden, Popstar werden. Als Modelle werden folgende Menschentypen schnell ausgewählt:
- Menschen, die soziale Macht besitzen, also belohnen und bestrafen können,
- Menschen mit hohem Ansehen,
- Menschen, die sympathisch und attraktiv sind. Die Attraktivität kann z. B. im Geschlecht, im Alter oder in der Herkunft begründet liegen,
- Menschen, die die Bedürfnisse des Lernenden zufrieden stellen können.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass Eltern und Erzieher im besonderen Maße sich ihrer Modellfunktion bewusst werden sollen. Eltern und Erzieher sind automatisch Modelle, auch wenn sie dies vielleicht für sich selbst noch nie reflektiert haben. Eltern und Erzieher sind in hohem Maße in der Lage, die materiellen und emotionalen Bedürfnisse der Kinder zufrieden stellen zu können. Daher werden ihre Verhaltensweisen oft unbewusst von Kindern übernommen.
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
Kinder, die selbst wenig Selbstvertrauen und Selbstachtung haben, die sehr stark suchen und große Unsicherheit in ihrem Bewertungen und Handlungsweisen haben, sind sehr offen, sich Modelle in ihren Cliquen zu suchen und deren Verhaltensweisen zu übernehmen. Das Lernen von Kindern und Jugendlichen beinhaltet das Streben von der Unsicherheit, also dem großen Fragezeichen hin, zu Stabilität der Verhältnisse, hin zur Sicherheit, also hin zum klaren Ausrufezeichen. Je fragender und unsicherer ein Kind ist, desto eher ist es bereit, Modelle zu übernehmen. Dies gilt besonders, wenn jemand neu in einer Gruppe ist. So versucht dieser Mensch von der großen Unsicherheit des Neulings hin zur Sicherheit des gruppenintegrierten Mitgliedes zu gelangen. Dies geschieht, indem die Verhaltensweisen der Modelle, hier der Gruppenleiter, beobachtet und übernommen werden. Modellverhalten wird auch dann stark übernommen, wenn eine Beziehung zwischen Modell und Beobachter besteht. Je intensiver die Beziehung zwischen Modell und Beobachter, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Verhaltensweisen imitiert werden. Auch die emotionale und materielle Abhängigkeit des Beobachters vom Modell erhöht die Nachahmungsbereitschaft.
Anhand von Untersuchungen wurde festgestellt, dass Kinder aus intakten Familien, die jahrelang eine gute Ehe beobachten konnten, selber wiederum in der Lage waren, eine erfolgreiche Ehe zu führen. Die oft unbewussten, erlernten Verhaltensmodelle der Eltern machte es den nun erwachsenen Kindern möglich, selbst eine harmonische Ehe zu führen.
2.2.3 Gedächtnisprozesse
Ein Beobachter speichert das Gesehene mit Hilfe seines Gedächtnisses so lange, bis er sich einen Nutzen vom Zeigen der erlernten Verhaltensweise verspricht. Das Beobachtete wird in Form von bildlichen oder sprachlichen Symbolen im Gehirn gespeichert und ist somit als Vorstellung dort vorhanden (= repräsentiert).
Beispiel: Ein 15jähriger beobachtet in einem Film, wie sein Held von einem Wasserstrudel in einem See herunter zum Boden des Sees gezogen wird. Als gekonnter Schwimmer lässt dieser Held sich herunter ziehen und erst unten am Boden, wo die Kraft des Strudels nachlässt, durchbricht er diesen Strudel und schwimmt aus ihm heraus. Er versucht nicht an der Oberfläche dem kräftigen Strudel zu entkommen. Dieses Verhalten beeindruckt den 15jährigen sehr stark und wird als bildliches Symbol im Gehirn gespeichert. Jahre später kommt der Junge, inzwischen 25 Jahre alt, in eine ähnliche Situation und genau in diesem Moment erinnert er sich an das bildliche Symbol des Helden. Er versucht dieses Verhalten nachzuahmen und kann mit Erfolg diesem Wasserstrudel entrinnen.
Ähnliche Gedächtnisprozesse werden sehr stark von der Werbeindustrie ausgenutzt. Durch wiederholtes Vorführen von attraktiven Modellen, die eine ganz bestimmte Marke benutzen, wird dafür gesorgt, dass Kindern aber auch Erwachsenen das Logo einer Marke als bildliches Symbol im Gehirn abgespeichert wird. So kann Monate später, wenn der Mensch in der Unsicherheit vor einem Ladenregal steht, sich für den Kauf eines Produktes zu entscheiden, nun die bildliche Abspeicherung des Symbols dafür sorgen, dass nicht das preiswertere No-Name-Produkt genommen wird, sondern das teure Markenprodukt.
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
Motorische Reproduktionsprozesse
Damit ein beobachtetes Verhalten gezeigt werden kann, bedarf es eines Umsetzens des Gespeicherten in angemessene Handlungen und Verhaltensweisen. Hierbei werden aus einer Vielzahl im Gedächtnis gespeicherten Codierungen solche ausgewählt und organisiert, die für das beabsichtige Verhalten relevant sind. Jedoch lassen sich diese kognitiven Vorstellungen nur selten gleich beim ersten mal richtig umsetzen. Häufig muss der Betrachter seine motorischen Fähigkeiten erst üben, korrigieren und wiederholen, bis sich ein Erfolg einstellt. Beim Üben und Korrigieren vergleicht der Lernende immer wieder die Ergebnisse seiner Handlungen und Verhaltensweisen mit den gespeicherten Codierungen.
Bespiel: Erlernt ein Kind das Fahrrad fahren, so genügt es nicht Andere beim Radfahren zu beobachten. Es muss eine Vielzahl von wichtigen Informationen aus seinem Gedächtnis abrufen, so z.B. wie die Pedale zu betätigen sind, wie man die Lenkstange hält, wie das Auf- und Absteigen erfolgt, usw. Trotz dieses Wissens wird das Kind die einzelnen Bewegungsabläufe erst eine Weile üben müssen, bis es das Fahrrad fahren beherrscht. Zwischendurch immer wieder der sicherheitsbringende Blick auf ein Fahrrad fahrendes Modell hilft hier, den Lernprozess voran zu treiben. Die motorische Reproduktionsphase wird besonders in handwerklichen Berufen genutzt, wenn es darum geht, ganz bestimmte Fertigkeiten, wie das Feilen eines U-Stahls durchzuführen. Mehrfach wird der Lernende den Meister beobachten wie er feilt und sich dessen Erklärungen anhören, um dann anschließend genau dieses Feilen zu imitieren. Ähnliches sollte auch bei Erziehern und Heilerziehungspflegern im Praktikum geschehen. Der pädagogische Umgang mit Kindern mit einem verhaltensauffälligen Jungen sollte von den Mentoren und den Erziehern vorgemacht werden, so dass die Praktikanten dieses Verhalten situationsgerecht imitieren können.
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
Ob ein Mensch ein bestimmtes Verhalten überhaupt beachtet, um es zu lernen, hängt von seiner vorhandenen Motivation ab. Die Motivation einer Person beeinflusst beim Modell-Lernen sowohl die Aneignungs- als auch die Ausführungsphase. Nur wer sich vom Beachten und Durchführen einer Verhaltensweise einen Erfolg bzw. einen Vorteil verspricht oder einen Misserfolg bzw. Nachteil abzuwenden glaubt, wird entsprechende Aktivitäten entfalten. Motivation ist daher eng mit der Aussicht auf Bekräftigung verbunden. So wird Daniela die im oben genannten Beispiel schon dargestellt wurde, das sportliche Verhalten einer Freundin nur dann übernehmen wollen, wenn sie für sportliche Aktivität grundsätzlich in einer entsprechenden Situation, wo sie das Modell beobachten kann, motiviert ist. Einfach ausgedrückt, Kinder und Jugendliche übernehmen ein Modellverhalten nur dann, wenn sie für diesen grundsätzlichen Bereich des Modellverhaltens Interesse entwickeln können.
Aufgabe der Erzieher ist es, Verhaltensweisen bei den zu Erziehenden zu beobachten und zu analysieren, welches Modell-Lernen abhängig von welchem Modell in ihrem Verhalten zu erkennen ist. Besonders wenn es darum geht, als Erzieher oder Erzieherin eine Gruppe zu leiten, sind derartige Phänomene unbedingt zu analysieren. Es gilt positive Verhaltensweisen zu verstärken, positive Modelle zu unterstützen und negative Modell-Lernen, also das Modell-Lernen von negativen Verhaltensweisen zu unterbrechen. Darüber hinaus müssen Erzieher ihr eigenes Verhalten analysieren und sich folgende Fragen stellen:

Arbeitsaufgabe: Reflektieren Sie schriftlich gemäß den unten genannten Fragen Ihr eigenes Verhalten und formulieren Sie entsprechende Konsequenzen.
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
1. 1. Welches Verhalten von mir, das ich unbewusst an den Tag lege, wird von den Kindern und Jugendlichen übernommen?

2. Wo lebe ich den Kindern und Jugendlichen versehentlich Verhaltensweisen vor, die ich eigentlich gar nicht weitergeben möchte?

3. Wo sollte ich mir selbst bewusst Modellverhalten angewöhnen, damit ich auf diese Art und Weise Kinder und Jugendliche positiv beeinflusse?

4. Wo habe ich in meiner Erziehung von meinen Erziehern, Eltern usw. Verhaltensweisen unbewusst übernommen, die ich eigentlich gerne abgestellt haben möchte?

5. Welche Verhaltensweisen meiner Erzieher waren positiv und möchte ich auch bewusst weiterhin übernehmen?























2.4 Beispiele für Modellernen im praktischen Leben
Ein Bäckermeister arbeitet fleißig in der Backstube. Seine Auszubildenden eifern ihm nach, da er gute Arbeit bei ihnen anerkennt. Er wirkt als Modell, weil er beliebt ist, als Bäckermeister eine gewisse Macht hat und das Übernehmen des Verhaltens "fleißig arbeiten" verstärkt.
Wenn der Bäckermeister jedoch von der Geschäftsleitung ständig kritisiert würde, würden sich die Jugendlichen ihn nicht ohne weiteres zum Modell nehmen, da er selbst dann für sein Verhalten nicht verstärkt werden würde.Die Geschäftsleitung würde somit die Autorität des Bäckermeisters „untergraben“
Die Hausfrau füllt die Gläser mit Orangensaft aus einer Karaffe. Ihr kleiner Sohn schaut ihr dabei zu und versucht am nächsten Tag selbst die Gläser zu füllen...
S. erlebt es fast täglich mit, wie sein älterer Bruder J. Mitschüler durch Brutalität andere Schüler einschüchtert . Offensichtlich respektieren die Mitschüler J. dafür (sei es nur aus Angst). Da auch S. respektiert werden möchte und in der Schulcafeteria nicht lange anstehen möchte, versucht er das Verhalten seines Bruders nachzuahmen.

Der Vater zeigt seiner Tochter, wir sie ein Raumschiff malen kann. Sie versucht das Beobachtete sofort zu Papier zu bringen.

Dem Kind I. wird erklärt und gezeigt, wie es mit Messer und Gabel umgehen kann: "... und dann nimmst Du die Gabel so in die Hand und führst sie zum Mund. Sieh mal, wie ich das mache!"
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
• Modell-Lernen kann man nun im Zusammenhang mit Verhaltensmodifikation aus drei verschiedenen Gesichtspunkten betrachten:
• a.) dient sie als Hilfe beim Aufbau neuen Verhaltens
• b.) kann sie zu hemmenden, abschwächenden oder enthemmenden, erleichternden Effekten sprechen
• c.) besitzt das Modell-Lernen die Funktion diskriminativer Hinweisreize
• Jeder dieser drei Gesichtspunkte wurde für die Therapie nutzbar gemacht.

2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
a) Die einfachste Form des Modell-Lernens als therapeutisches Verfahren besteht darin, dass das Modell, irgendein Verhalten zeigt das wiederum von einer anderen Person beobachtet wird. Dabei ist es wichtig, dass der Beobachter das Modellverhalten sehr genau beobachtet, damit er es sich aneignen kann. In einem zweiten Schritt geht es dann darum, dass der Beobachter das Angeeignete auch ausführen kann. Besonders in der praktischen Anwendung ist wichtig, wie in der Theorie zwischen Aneignung und Ausführung zu differenzieren. Zur Ausführung gehören natürlich die genügenden physischen und psychischen Voraussetzungen des Beobachters, und weiters dass er sich in einer günstigen Umgebung befindet und auch motiviert ist.

-Stellvertretende Konditionierung emotionaler Reaktionen:
• Eine Reihe von Untersuchungen zeigt, dass emotionale Reaktionen stellvertretend über die Darbietung emotionaler Reaktionen von Modellpersonen gelernt werden können. Nicht die eigenen emotionalen Reaktionen auf Menschen, Tiere und Objekte, sondern die von Modellpersonen sind die Grundlage für bestimmte eigene emotionale Reaktionen. Wie wir beim Bsp. Des bissigen Hundes gesehen haben, wird dieser Umstand wird zur Erklärung von bestimmten Abneigungen, Ängste, Vorlieben gegenüber Situationen gebraucht, mit denen man bisher noch keinerlei Kontakt hatte (z.B. Flugangst, Schlangenangst usw.).
Stellvertretende Löschung:
• Verhaltensmuster emotionaler Reaktionen können auch auf stellvertretender Basis gelöscht werden. Die stellvertretende Löschung von emotionalen Reaktionen kann dadurch erreicht werden, dass man Personen beobachtet, die als Modelle Annäherungsverhalten an furchtauslösende Objekte demonstrieren.
• Beispiel: Eine Untersuchung von Bandura, Blanchard & Ritter (1969) stellt eine erfolgreiche Anwendung von Techniken des Modell-Lernens bei der Behandlung von Schlangenphobien dar. Beobachtet jemand mit einer Schlangenphobie, wie eine Modellperson sicher mit einer Schlange umgeht, wird die Angst des Beobachters gelöscht, weil die Reaktionen des Modells keine aversiven Konsequenzen haben. Entscheidend ist dass das Vermeidungsverhalten des Phobikers, das ihn davon abhält, neue Konsequenzen zu erleben, soweit gelöscht wird, dass er nun selbst versucht, das beobachtete Verhalten auszuführen. Wichtig für den therapeutischen Prozess ist dabei die geeignete Auswahl, Beobachtung und Darbietung des Modells, dazu das Schaffen von Anreizen, die vom Modell erlernten Verhaltensweisen auch auszuführen und der Einsatz von stellvertretender und direkter Verstärkung.

Andere therapeutische Anwendungen
• Verschiedene andere etablierte Behandlungsmethoden verwenden Prinzipien des Modell-Lernens. Dazu gehört zum Beispiel die ,,fixed-role therapy" von G.A. Kelly (1955). Hier wird einem Klienten das erwünschte Verhalten in einem Rollenskript vorgegeben; er hat die Möglichkeit, es in der therapeutischen Situation zu üben, und versucht anschließend, es in den Alltag zu übertragen.
• -b) Gewisse Formen des Modell-Lernens verzichten auf die Aneignungsphase, weil das in Frage stehende Verhalten dem Beobachter bereits zur Verfügung steht. Dann ist die Ausführungsphase alleine wichtig. Die Ausführung wird von bestimmten einschränkenden Faktoren wie Angst bestimmt. In diesem Fall wird dem Beobachter am Modell gezeigt, dass das fragliche Verhalten ohne negative Konsequenzen durchführbar ist.
• Dabei spielt die Beobachtung der Konsequenzen, die das Modell als Folge seines Verhaltens erfährt, eine bedeutende Rolle. Positiv verstärkte Verhaltensweisen des Modells bewirken ein häufigeres Auftreten dieser Verhaltensmuster beim Beobachter. Umgekehrt zeigt sich, dass eine Einschränkung von unerwünschten Verhaltensweisen durch die Darbietung bestrafter Modelle möglich ist.
• Bandura und seine Mitarbeiter konnten diese Annahme für aggressives Verhalten von Kindern belegen: Kinder, die in einem Film oder in der Realität ein belohntes aggressives Modell gesehen hatten, zeigten mehr physisches und verbal-aggressives Verhalten als Kinder, deren Modell für aggressives Verhalten bestraft worden war.
• In einer zweiten Untersuchung (Bandura u.a., 1967) zeigte Bandura, dass die Darbietung eines angstfreien Modells gegenüber einem Hund zu einer deutlichen Enthemmung (des bisher seltenen) Annäherungsverhaltens führte, als dies in verschiedenen Kontrollgruppen der Fall war. Kinder, die ein angstfreies Modell im Umgang mit dem Hund gesehen hatten, waren nunmehr selbst in der Lage, sich dem Tier zu nähern (Streicheln, Füttern)
• Einige Untersuchungen zur Verwendung von Hemmungseffekten des Modell-Lernens liegen auch für Klienten mit problematischen sozialen Verhaltensweisen vor (z.B. Alkoholiker, Delinquente). Die Hemmung, solche Verhaltensweisen auszuführen, kann unter anderem dadurch erreicht werden, dass die Klienten ein Modell beobachten, das bei der Ausführung der entsprechenden Reaktionen negative Konsequenzen erlebt. Es ist zusätzlich hilfreich, Informationen und Modelle für zielführende Alternativen zu vermitteln.

• -c)Wenn eine Person ein Verhalten prinzipiell beherrscht, jedoch nur selten zeigt, d.h. zur Ausführung bringt, dann kann das Modell den Anstoss geben, das Verhalten in Zukunft häufiger zu zeigen. Hierbei handelt es sich um einen Aspekt des Modell-Lernens der in Alltagssituationen am häufigsten spontan auftritt, wenn wir mit geeigneten Modelpersonen zusammen sind.
• Der Effekt beruht darauf, dass eine Information gegeben wird, unter welchen (situativen) Bedingungen ein Verhalten beim Beobachter gezeigt werden sollte. Das Modellverhalten kann dabei als diskriminativer Reiz zur Auslösung des entsprechenden Verhaltens beim Beobachter verstanden werden.
• Die Erfolge von Gruppentherapien mit extrem gehemmten und leicht aggressiven Kindern (vgl. Petermann & Petermann», 1978; U. Petermann, 1983) lassen sieh zumindest teilweise durch reaktionserleichternde Effekte erklären. In einer gemischten Gruppe wird das leicht aggressive Verhalten des einen Kindes zum diskriminativen Hinweisreiz für das Verhalten eines gehemmteren Kindes. Es lernt so, sich in bestimmten Situationen auch anders als durch sozialen Rückzug und Hemmung interaktiver Verhaltensweisen zu bewegen.
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (=ATP)
• Dieses komplexe Trainingsprogramm enthält das Lernen am Modell als eine wichtige Komponente nebst anderen Therapieformen.
• Das ATP wurde zu Beginn der 70er Jahre von Ullrich & Ullrich de Muynck entwickelt. Ziel dieses komplexen Trainings ist die Verhaltens- und Einstellungsänderung zur Neuerfahrung bisher vermiedener sozialer Situationen ohne negative Konsequenzen. Dabei wird verantwortungsbewusstes, selbstsicheres Verhalten angestrebt, das eingesetzt werden kann, um für eigene Bedürfnisse und Rechte einzustehen, ohne die Rechte anderer Personen zu verletzen, unter Berücksichtigung der jeweiligen situativen Gegebenheiten.
• Alberti & Emmons (1978) haben darauf hingewiesen, dass selbstsicheres Verhalten keinesfalls mit rücksichtsloser Durchsetzung oder aggressivem Verhalten gleichzusetzen ist. Nonassertiv bedeutet passives, unsicheres Verhaltem, assertives selbstsicheres, der Situation angemessenes Verhalten.
2.5.3.1 Indikationen
• ATP lässt sich dann einsetzen, wenn es Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen, soziale Ängste und Defizite im Sozialverhaltem gibt.
• Dazu gehören auch die sozialen Ängste und das Vermeideverhalten wie bei sozialen Phobien und
• Persönlichkeitsstörungen oder Zwängen und sexuellen Störungen. Dabei wird Sozialangst gleichgesetzt mit Fehlschlagangst.
• Weitere Unterformen dieser sozialen Ängste sind die oft intensiven Ängste vor Bewältigungs- und Kontrollverlust, wie sie
• Bei Leuten mit Ängsten vor Erröten, vor Essen in der Öffentlichkeit, Angst vor Stimmversagen, Zittern, Schwitzen, Erbrechen oder öffentlicher Blamage bestehen.
• Aber auch Defizite im Rahmen depressiver Probleme oder psychotische Erkrankungen oder Kompensationen durch Süchte, Esstörungen und psychosomatische Erkrankungen können im Rahmen der ATP therapiert werden.


2.5.2.3.2. Struktur des ATP
Wie ist dieses Trainingsprogramm strukturiert?
Zu Beginn der Therapie werden mit jedem einzelnen Klienten durch gezielte Selbstbeobachtung des eigenen Verhaltens die Probleme beschrieben und in ihrem funktionalen Zusammenhang analysiert. Aufgrund dieser funktionalen Analyse läßt sich eine Zielbestimmung (,,Erlern-/Verlernliste") festlegen.
Diese Liste ist im Laufe der Therapie veränderbar, eventuell zu erweitern; durch die explizite Liste können auch individuelle Lernfortschritte festgehalten und Veränderungen konkret beurteilt werden.
Das wiederholte Einüben von Verhaltensweisen gehört zu den wichtigsten Elementen des Trainings sozialer Kompetenz. Bei den Modellvorgaben durch den Therapeuten geht es um eine möglichst effektive Vermittlung von Verhaltensweisen. Während der Verhaltensprobe des Klientenkönnen die Therapeuten durch unmittelbare Verhaltensanweisungen oder Gesten und Gebärden, das im Rollenspiel gezeigte Verhalten verstärken und beeinflussen. Zur Festigung und Ueberprüfung neuer Verhaltensweisen sind Übungen in der Realität, in Form von Hausaufgaben typisch.
Einen Kernbereich des ATP bilden 127 soziale Situationen, die wie beschrieben im Rollenspiel eingeübt und anschließend in den In-vivo-Übungen trainiert und umgesetzt werden sollen. Die Übungen umfassen vier Hauptkategorien sozialer Kompetenz:
• 1. Stellen von Forderungen;
• 2. Nein sagen und kritisieren;
• 3. Herstellen von Kontakten;
• 4. sich öffentlicher Beachtung aussetzen und sich Fehler erlauben

Diese Hauptkategorien sozialer Kompetenz sollen im Verlaufe des Erlernens von Selbstsicherheit in verschiedenen Situationen geübt bzw. trainiert werden: Straße, Verkehrsmittel, Geschäfte, Lokale, öffentliche Veranstaltungen und Behörden. Einbezogen werden dabei Nachbarn, Freunde und Bekannte, der Arbeitsbereich sowie die eigene Familie.
Die verbalen und nonverbalen Fertigkeiten, die in einer vorgegebenen Situation trainiert werden sollen, werden in der Anleitung genau benannt, und die im Theorieteil allgemein formulierten Therapieziele werden für jede Übung bzw jeden Übungsteil entsprechend konkretisiert. Komplexe soziale Situationen, wie sie beim Aufbau sozialen Verhaltens vorkommen, werden in einen größeren Bezugsrahmen gestellt (z.B. Arbeitsbereich, Bereich Familie), damit der Teilnehmer des Programms seine persönlichen Probleme auch in den Zusammenhang zu gesellschaftlichen Bedingungen stellen kann.
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
Ullrich de Muynck & Ullrich (1977) sehen psychische Störungen als soziale Probleme; die Therapieziele des ATP legen eine Konzipierung des ATP als Gruppentherapie nahe, weil eine Gruppensituation am ehesten die Bedingungen herstellt, denen sich ein Klient in seinem täglichen Leben gegenübersieht .
Das gruppentherapeutische Vorgehen bildet eine Reihe von Vorteilen beim Erlernen sozial kompetenten Verhaltens
Wenn ein Teilnehmer anderen Personen in der Gruppe Zuwendung vermittelt (in Form von Beachtung, Diskussionsbemerkungen, Feedback . , ), so stellt dies bereits eine Stufe beim Aufbau gewünschten Verhaltens dar (aktive Beteiligung in einer sozialen Situation).
In einer Gruppensituation orientieren sich die Teilnehmer nicht nur am Therapeuten, sondern auch an den anderen Mitgliedern der Gruppe. Dies bildet eine prinzipielle Unabhängigkeit von den Ziel- und Wertvorstellungen des Therapeuten; dies sollte allerdings nur dann als besonderer Vorteil angesehen werden, wenn nicht die Gruppe ihrerseits Standards oder Normen vermittelt, die der Erreichung eines Therapieziels bei einer einzelnen Person im Wege stehen.
Die in einer Gruppe erlernten Interaktionsfähigkeiten lassen sich leichter auf reale Interaktionen übertragen als solche, die in einer Einzeltherapie gelernt wurden (Gruppe als Modell sozialer Interaktionen). Auch wenn die Gruppe eine Art künstlicher (geschützter) Situation darstellt, lassen sich hier doch eher reale Interaktionsmuster modellieren und üben.

3. Zusammenfassung
Zum Lernen am Modell gehört:
„a. Aufmerksamkeitszuwendung
b. Behaltensphase
c. Reproduktionsphase
d. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst realisieren möchte.
b) Emotionale Beziehung zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der Nachahmung größer.
d) Stellvertretende Verstärkung: Sieht der Beobachter die Konsequenzen am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer Status des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden eher nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder niedrigerem Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte Macht oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder bestrafen kann. Hierin äußert sich die Machtposition.“
4. Quellenverzeichnis:
Hobmair, Herman „Pädagogik“,: Köln 1996, S. 159-162
Zimbardo, Philip G. „Psychologie“ , 5.Auflage, Berlin, 1992,S. 422
Schülerduden: „Die Pädagogik“ aa.O, S. 388
Mietzel, Gerd „Wege in die Psychologie“ 7.,: Auflage, Stuttgart 1994, S. 198
________________________________________
5.Literatur zum Lernen
*Gage, N. L. & Berliner, D. C. (1996). Pädagogische Psychologie (5. Auflage). Weinheim: Psychologie Verlags Union - Beltz. (Kapitel 6)
Mietzel, G. (1993). Psychologie in Unterricht und Erziehung. Einführung in die Pädagogische Psychologie für Pädagogen und Psychologen (4. Auflage). Göttingen: Hogrefe. (Kapitel 4)
Redlich, A., & Schley, W. (1981). Kooperative Verhaltensmodifikation im Unterricht. München: Urban & Schwarzenberg.


Arbeitsaufgaben
1. Definieren Sie den Begriff Modell-Lernen!
2. Nennen Sie weitere Bezeichnungen für das Modell-Lernen.
3. Aus welchen Phasen und Prozessen besteht das Modell-Lernen laut Albert Bandura?
4. Nennen Sie Bedingungen, die das Modell-Lernen laut Albert Bandura wahrscheinlicher macht.
5. Welche Bedingungen muss ein Modell erfüllen, damit es vom Lernenden beachtet wird?
6. Von welchen Faktoren hängt es ab, ob wir ein bestimmtes Modell auswählen und welche Verhaltensweisen wir übernehmen?
7. Interpretieren Sie folgendes Fallbeispiel anhand der Theorie des Modell-Lernens nach Albert Bandura:
Zwei Kinder im Alter von 9 und 10 Jahren sehen zu Hause bei ihren Eltern einen Horror-Videofilm, in dem es darum geht, Menschen zu erstechen und anschließend zu zerstückeln. Diese Kinder beobachten ihre Eltern, wie sie diesen Film begeistert anschauen und anschließend freudig über diesen Film reden. Diese Beobachtung der Kinder wiederholt sich im Laufe von Monaten, es ist Standard, dass sie gemeinsam mit ihren Eltern heftige Horrorfilme anschauen. Darüber hinaus kommt eine weitere gewaltsame Atmosphäre in diese Familie. Eines Tages kommen diese beiden Kinder auf die Idee, das Gesehene nachzumachen. Sie schnappen sich einen 3jährigen Jungen, verschleppen ihn auf einen Müllplatz und imitieren genau die Verhaltensweisen, die sie im Horrorfilm gesehen haben. Sie töten ihn, zerschneiden ihn und versuchen weitestgehend das Erlebte des Horrorfilms nachzumachen.
a)Welche erzieherischen Konsequenzen formulieren Sie bezüglich dieses Fallbeispiels?
b)Beschreiben Sie die Bedeutung der Modell-Lerntheorie von Bandura für die Erziehung.

7. Fallbeschreibung Christian:
Christian, 18 Jahre alt, wurde von der Polizei gefasst, als er zusammen mit anderen Jugendlichen einen Diskothekenbesucher ohne erkennbaren Grund brutal verprügelte. Ein Sozialpädagoge beschäftigte sich – im Auftrag des Gerichts – mit Christians Vergangenheit. Er stellt fest, dass Christian schon sehr früh mit Gewalt in Berührung kam. Sein Vater beherrschte die ganze Familie durch seine unkontrollierten Wutausbrüche. Häufig verprügelte er – besonders wenn er vorher Ärger auf der Arbeit oder getrunken hatte – Frau und Kinder, so dass die ganze Familie in ständiger Angst vor dem Vater lebte. Christian selbst berichtet, dass er als Kind völlig verschüchtert gewesen sei und sich nie getraut habe, sich gegen den Vater zur Wehr zu setzen. ... da dies den Vater noch mehr provoziert hätte. Auch sei er ein sehr schwächliches Kind gewesen, das in der Schule immer Außenseiter gewesen sei.
Von seinen Klassenkameraden sei er oft verprügelt worden. Bis zu seinem 16. Lebensjahr habe er nie einen richtigen Freund gehabt. Damals sei ein neuer Schüler in seine Klasse gekommen, mit dem er sich auf Anhieb gut verstanden habe. Dieser habe nach kürzester Zeit den Ruf eines brutalen Schlägers gehabt, der sich nichts gefallen lasse. Seit er (Christian) in dessen Schutz stehe, gelte er auch etwas in der Klasse. Sein neuer Klassenkamerad sei Mitglied einer radikalen Gruppe, die es sich zum Ziel gesetzt habe, gegen Ausländer und Homosexuelle vorzugehen.
Durch seinen Freund sei er ebenfalls in die Clique gekommen. Anfangs habe er vor den gewalttätigen Auseinandersetzungen Angst gehabt, er habe jedoch seinen Freund nicht enttäuschen wollen und deshalb mitgemacht. Mit der Zeit sei er sicherer geworden und könne jetzt das Gefühl der Macht und die Angst, die andere vor ihm hätten, richtig genießen. Auch seien diese Auseinandersetzungen nicht gefährlich, da immer auf eine zahlenmäßige Überlegenheit der Clique geachtet werde.
Aufgabe:
Versuchen Sie, das Verhalten von Christian aus der Sicht der Modell-Lerntheorie von Albert Bandura zu erklären:
a) Beschreiben Sie mit eigenen kurzen Worten das problematische Verhalten von Christian
b) Stellen Sie die Ursachen dar, die zu diesem Verhalten geführt haben könnten
c) Erklären Sie das Verhalten des Jungen mit Hilfe der Theorie von Albert Bandura. Stellen Sie dabei die relevanten Aussagen dieser Theorie zusammen.
d) Zeigen Sie auf der Grundlage dieser Theorie Möglichkeiten auf, um das problematische Verhalten von Christian ändern zu können.
8. Aufgabenstellung:
Ein Kind in einer Wohngruppe fällt wiederholt durch überdurchschnittlich aggressives Verhalten auf.
a) Erarbeiten Sie Möglichkeiten einer Verhaltensänderung auf der Grundlage der Modelltheorie.
b) Beschreiben Sie mögliche Probleme, die bei Ihrem Vorhaben auftauchen können.
c) Erarbeiten Sie Strategien um diesen möglichen Problemen präventiv zu begegnen.

9). Das Modell-Lernen und die Zigarettenraucherinnen
Sie arbeiten als Erzieher in einem Hort und draußen vor der Tür, rechts neben einem Holunderbusch treffen sich zwei ältere Mädchen, die eigentlich in dem Hort sein sollten und ihre Hausaufgaben machen sollten. Sie sind 15 Jahre alt und rauchen. Ein Kind im Alter von 11 Jahren kommt hinzu, beobachtet diese beiden und sagt: „Boar, das ist ja cool.“ Und besorgt sich von anderen Kindern ebenfalls Zigaretten und stellt sich zu diesen zwei älteren Mädchen.
Aufgabenstellung:
a) Analysieren Sie diese pädagogische Situation anhand der Theorie von Albert Bandura. Beschreiben Sie das problematische Verhalten.
b) Welches alternative Modellverhalten würden Sie dem kleineren Kind als Erzieherin vorleben?
c) Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Beispiel für sich persönlich?
d) Formulieren Sie ein alternatives Handlungskonzept und Erziehungsmaßnahmen für die beiden älteren Kinder auf Basis der Theorie von Albert Bandura.
Bearbeiten Sie folgenden Lückentext, indem Sie die fehlenden Worte richtig einsetzen:
Vom Erlebten bis zur Ausführung eines Verhaltens durchläuft der Beobachter die im Folgenden beschriebenen vier Verarbeitungsphasen, die Bandura und seine Forschungsgruppe herausgearbeitet haben:
1. Aufmerksamkeitszuwendung
2. Behaltensphase
3. Re____________sphase
4. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst ___________möchte.
b) Emotionale ____________zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die __________________der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der _____________größer.
d) Stell__________Verstärkung: Sieht der Beobachter die _____________am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer __________des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden ______nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder _____________Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte ________oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder __________kann. Hierin äußert sich die Macht________.

Fügen Sie die folgenden Worte an der richtigen Stelle ein:
Macht, Nachahmung, bestrafen, produktion, realisieren, niedrigerem, Konsequenzen, position, eher, Beziehung, vertretende, Macht, Status





Thema: Die sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell (nach Albert Bandura)
Inhalt
1. Einführung
Verhaltensauffälligkeiten
2. Lernen am Modell
Fallbeispiel: Diana 11 Jahre alt
2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
2.2.3 Gedächtnisprozesse
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
2.4 Denkanstöße / Praxisbeispiele
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (ATP)
2.5.3.1 Indikationen
2.5.2.3.2. Struktur des ATP
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
3. Zusammenfassung
4. Quellenverzeichnis 5.Literatur zum Lernen
1. Einführung
Im folgenden geht es darum anhand verschiedener psychologischer Theorien ein Verständnis zu entwickeln wie Menschen sich Verhaltensweisen aneignen. Dabei geht es um gewollte aber auch von der Gesellschaft sanktionierte Verhaltensweisen. Wer kennt nicht den Spruch einer schimpfenden Mutter: „Von wem hast du das nur?“.
Gemeint ist mit dieser Frage, woher hat wohl das eigene Kind diese Verhaltensweise übernommen.

Albert Bandura: :Sein Leben Albert Bandura wurde am 04.12.1925 in Alberta geboren. Dort verbrachte er auch seine Jugendjahre. Sein Studium begann er auf der Universität von British Columbia. Danach entschied er sich für die Universität von Iowa, um dort Klinische Psychologie zu studieren. Er entschloß sich für diese Universität, da sie einen guten Ruf in bezug auf ihre Erforschung von Lernprozessen hat. Von dieser Zeit an interessierte er sich für die Anwendung der Lerntheorien auf klinische Phänomene. 1950 ging er nach Stanford und arbeitete dort auf dem Gebiet der Interaktionsprozesse in der Psychotherepie und dem Familienmuster, das Aggressivität bei Kindern erzeugt. Während der Arbeit auf diesem Gebiet, stieß er auf die zentrale Rolle des Modell-Lernens bei der Persönlichkeitsentwicklung. Da er Forschungen auch auf dem Gebiet der Aggression, des Modell- und Beobachtungslernens und dem Prozess der Verhaltensänderung macht, erlangt er ein viel verzweigtes Forschungsprogramm. Dieses hat zum Ziel eine umfassende Theorie vom menschlichen Verhalten zu erhalten, um die menschlichen Fähigkeiten besser einordnen zu können. 1980 erhielt Albert Bandura die wissenschaftliche Auszeichnung der Vereinigung der "American Psychological Association" für "vorbildliche Leistungen als Forscher, Lehrender und Theoretiker".



1.1 Verhaltensauffälligkeiten
Die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten wird unter anderem mit den Lerntheorien erklärt. Verhaltensauffälligkeiten sind Besonderheiten des Verhaltens insbesondere von Kindern und Jugendlichen, die von den Normen der jeweiligen Gesellschaft abweichen. Der Begriff Verhaltensauffälligkeit beinhaltet aber auch die Subjektivität von Pädagogen, Ärzten, Therapeuten usw. und berücksichtigt die Situationsspezifität auffälligen Verhaltens, das von Traditionen abhängt. Manche pädagogische Autoren benutzen den Begriff Verhaltensauffälligkeit, weil er ihrer Meinung nach zum Ausdruck bringe, dass ein Verhalten in einem sozialen Austauschprozess nicht den Erwartungen des Interaktionspartners entspreche und deshalb als abweichend oder auffällig wahrgenommen werde. Genaue Zahlen zur Häufigkeit von Verhaltensauffälligkeiten liegen zur Zeit nur für den angelsächsischen Bereich vor.
Den ausländischen Ergebnissen und einer neueren deutschen Studie zur Folge ist von 10 bis 20 % verhaltensauffälligen und behandlungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen auszugehen. Bei Jungen werden dabei im Vergleich zu Mädchen etwa drei- bis viermal häufiger Verhaltensauffälligkeiten festgestellt, in erster Linie wegen des höheren Anteils aggressiven Verhaltens bei Jungen. Folgende bedeutsame Ansätze lassen sich bei der Diagnostik und Therapie von Verhaltensauffälligkeiten unterscheiden:
1. Psychoanalytischer Auffassung zur Folge sind Verhaltensauffälligkeiten das Ergebnis mangelnder psychischer Verarbeitung belastender und konflikthafter frühkindlicher Erlebnisse und/oder Konstellationen und nur durch eine Bewusstmachung dieser frühkindlichen Erlebnisse und Problematiken abbaubar.
2. Die lerntheoretisch orientierte Verhaltenstherapie geht von der Annahme aus, dass bestimmte Lernprozesse Verhaltensauffälligkeiten bewirken oder fördern und letztere nur über den Erwerb positiver Verhaltensweisen verlernt werden können, wobei positives wie negatives Verhalten nach denselben Lernprozessen bzw. Gesetzmäßigkeiten entsteht.
3. Der Labeling-approach sieht die Ursache für Verhaltensauffälligkeiten nicht in individuellen Zuschreibungen, sondern in gestörten oder zumindest auffälligen sozialen Interaktionen, die im Hinblick auf die erfolgreiche und dauerhafte Beseitigung der Verhaltensauffälligkeit entsprechend zu verändern seien; das verhaltensauffällige Individuum wird darüber hinaus nicht als gestört etikettiert, sondern sein Verhalten vom Zusammenhang abhängig begriffen. Beispiele für Verhaltensauffälligkeiten sind: Ess- und Schlafstörungen, Einnässen, Einkoten, motorische Unruhe, Sprach-, Lern- und Konzentrationsstörungen, verschiedene Ängste (z.B. Ängstlichkeit in bestimmten Situationen, Schulangst), aggressives wie Rückzugsverhalten sowie dissoziale bzw. delinquente Verhaltensweisen (z.B. Schulschwänzen, Herumhängen, sexuelle Verwahrlosung, Betrügereien, Eigentumsdelikte, Drogenabhängigkeit).

(...) Als therapiebedürftig werden nach heutiger Auffassung nur solche Verhaltensauffälligkeiten angesehen, die länger als sechs Monate andauern. Davon zu trennen sind bleibende Verhaltensauffälligkeiten, die sich bei körper- oder sinnesbehinderten Kindern als sekundäre Folgen ihrer jeweiligen Behinderung, bei den sogenannten Lernbehinderten als Folge ihrer mangelnden sozialen Kompetenz und der Fähigkeit gewisse Dinge vorauszusehen und vorausschauend zu handeln und zu agieren genannt.

2. Lernen am Modell
Der bereits oben genannte Ausruf einer schimpfenden Mutter weist auf das Alltagswissen hin, dass viele Verhaltensweisen von anderen abgeschaut wurden. Dabei ist es möglich, dass gesellschaftlich sanktionierte Verhaltensweisen sogenannte Verhaltensauffälligkeiten oder Verhaltensstörungen von Kindern und Jugendlichen übernommen wurden. Teilweise gibt es aber auch die Aufforderungen, gute Verhaltensweisen von anderen Kindern zu übernehmen: „Von dem Marcel solltest du dir mal eine Scheibe abschneiden, der hat immer so tolle Noten in der Schule!“ Unabhängig davon, ob eine solche Aufforderung einem positiven Erziehungsstil zuzuordnen ist oder nicht, ist hier das Alltagswissen erkennbar, dass positive Verhaltensweisen von anderen abgeschaut werden können.

Die sozial-kognitive Lerntheorie beschreibt das Lernen am Modell , auch Imitationslernen bzw. Beobachtungslernen ist ein wichtiger Beitrag der Theorie von Albert Bandura.

Definition: „Beobachtungslernen ist der Prozess, bei dem eine Person das Verhalten einer anderen beobachtet und ihr eigenes Verhalten allein auf diese Beobachtung hin verändert. Durch Beobachtungslernen erwerben Kinder und Erwachsene eine enorme Menge an Informationen über ihre soziale Umgebung – was angemessen ist und belohnt wird und was bestraft oder ignoriert wird.“


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Fallbeispiel:Diana und die Schultasche
Diana ist 11 Jahre alt und im 6. Schuljahr. Bislang hatte sie zu Hause bei ihren Eltern eine normale positive Umgangssprache kennen gelernt und auch selbst sich dieser Umgangssprache befleißigt. Seit einiger Zeit jedoch kommt sie nach Hause und benutzt häufig Worte wie „saucool, echt geil“ und andere sexistische Ausdrücke. Darüber hinaus fordert sie den Kauf von Markenkleidung und anderen Markenartikeln: „Mama ich will aber nicht irgendwelche blöden Turnschuhe tragen, ich will die neuen Schuhe von Adidas haben, die sind nämlich voll mega-in. Aber nur die mit den dicken Schnürsenkeln, die anderen sind out.“ Die Mutter, die durchaus ein begrenztes Einkommen hat, denkt daran und sagt: „Du hast doch erst vor drei Monaten von Tante Irene die teuren Buffalos geschenkt bekommen, reichen die nicht?“ Diana sagt darauf: „Nö, Mama die sind voll out. Wer trägt heute noch Buffalos. Ich war jetzt in der Stadt spazieren, keiner trägt Buffalos, nee das müssen die neuen Adidas sein und außerdem will ich endlich meinen Eastpak haben!“ Die Mutter fragt völlig verwirrt: „Was ist das denn?“ „Ja, das sind die neuen Schultaschen, die wir als Rucksäcke tragen, ich komm jetzt schließlich ins 7. Schuljahr bald, dann möchte ich Eastpak haben und nicht diese billigen Klamotten.“ Die Mutter will sich dem nicht anpassen und kauft eine andere Schultasche.
Eine Tasche, die sehr viel Ähnlichkeit mit der beliebten Marke Eastpak hat, nur um einiges preiswerter ist. An der Stelle, wo eigentlich Eastpak stehen sollte laut Diana, steht nun die Markenbezeichnung Aldi-Sports. Als die Mutter freudestrahlend nach Hause kommt und ihrer Tochter diese Tasche präsentiert, gibt es einen lauten, rebellischen Aufschrei: „Nö, Mama so`n Scheiß nehm ich nicht.“ Mutter sagt: „Nein, die von dir verlangte Marke ist doppelt so teuer, es bleibt dabei.“ Diana nimmt nun diese Aldi-Sports-Schultasche mit und wird tatsächlich in der Schule von ihren Freundinnen ausgelacht. Sie kommt nach Hause und sagt: „Mama, bei uns in der Klasse haben alle Eastpak. Nur ich nicht.“ Nach näherem Nachfragen ergibt sich, dass nicht alle MitSchülerinnen bzw. der Schüler nen die Eastpak-Tasche tragen, sondern die drei beliebtesten. Diana wollte dieses Verhalten imitieren...“
Aufgabenstellung: Beschreiben Sie mit kurzen eigenen Formulierungen die Problematik, die im Erziehungsgeschehen zwischen Mutter und Tochter in diesem Fallbeispiel dargestellt wird.

Banduras Experiment mit der Gummipuppe „In einem typischen Experiment führte Albert Bandura 1965 Kindern einen Film mit einem Erwachsenen, einem sogenannten Modell vor, der besonders markante aggressive Verhaltensweisen gegenüber einer Gummipuppe zeigte. Eine erste Gruppe von Versuchspersonen sah, wie das Modell für seine Verhaltensweisen mit Süßigkeiten belohnt wurde, während eine zweite Gruppe beobachtete, dass die Aggressionen des Erwachsenen ernste Ermahnungen nach sich zogen.
Nach dieser Vorführung registrierte Bandura genau, ob die Kinder Nachahmungsverhalten zeigten. Die Angehörigen der Gruppe, denen Aggressionen mit negativen Konsequenzen vorgeführt worden waren, zeigten erheblich weniger Nachahmungen, als die Teilnehmer der ersten Gruppe. Muss man davon ausgehen, dass Angehörige der zweiten Gruppe kein aggressives Verhalten gelernt hatten?
Bandura ist dieser Frage nachgegangen, indem er diesen Kindern Geschenke in Aussicht stellte, wenn sie ihm das Verhalten des Modells nachahmen würden. Unter diesen Anreizbedingungen bereitete es ihnen keine Schwierigkeiten, Bandura die Aggressionen vorzuführen, die sie offenbar sehr gut gelernt hatten.
Die Ergebnisse solcher Experimente werfen die Frage auf, ob nicht auch die Betrachtung aggressiver Fernsehsendungen dazu beiträgt, die Aggressivität der Zuschauer zu erhöhen...

Die Möglichkeit komplexere Verhaltensweisen durch Beobachtung eines Modells zu erlernen hat für den einzelnen Menschen sicherlich erhebliche Vorteile.
Schwierige Verhaltensweisen oder Handlungskompetenzen können so auch im beruflichen Verhalten im beruflichen Rahmen abgeschaut werden. Besonders motorische Handlungsfolgen lassen sich leichter abschauen an einem Modell als durch komplizierte schriftliche Beschreibungen erlernen.“

Arbeitsaufgabe: Formulieren Sie kurz die Ergebnisse des Experimentes von Bandura im Zusammenhang mit dem Imitationslernen von Aggressionen.
Welche erzieherischen Konsequenzen schlagen Sie aufgrund der Ergebnisse des Bandura-Experimentes vor?


2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
Albert Bandura unterteilt das Modell-Lernen in zwei Phasen und vier Prozesse. Die erste Phase ist die Aneignungsphase, zu der die Aufmerksamkeitsprozesse und die Gedächtnisprozesse zugeordnet werden.

ANEIGNUNGSPHASE AUSFÜHRUNGSPHASE
Aufmerksamkeit Gedächtnis Motorische Reproduktion Motivation
Modellierungsreize
Auslösen von Betroffenheit
Komplexität
Merkmal des Beobachters
Wahrnehmungsfähigkeit/haltung
Aktivierungsgrad
Motivation
frühere Verstärkung symbolische Kodierung
innere Repräsentation
symbolische Wiederholung
motorische Wiederholung körperliche Fähigkeiten
Verfügbarkeit der Teilreaktionen
Feedback der Genauigkeit äußere, direkte Verstärkung
stellvertretende Verstärkung
Selbstverstärkung

Die Ausführungsphase beinhaltet die motorischen Reproduktionsprozesse und die Motivations- und Verstärkungsprozesse.

2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
Aus der Vielzahl von Informationen, die das Verhalten eines Vorbildes enthält, wählt der Lernende die für ihn wichtigen Bestandteile aus und beobachtet sie exakt. Ob ein Modell viel oder wenig Aufmerksamkeit bekommt, hängt unter anderem ab von den Persönlichkeitsmerkmalen des Modells, von den Persönlichkeitsmerkmalen des Beobachters, von der Art der Beziehung zwischen Modell und Beobachter und von den Situationsbedingungen. Beispiel:
Wenn ein 14jähriger Junge innerhalb seiner Peer-Group, z.B. seiner Clique, einen etwas älteren Jungen kennen lernt, mit dem er sich gut identifizieren kann, den er sympathisch, also attraktiv findet und dessen Verhaltensweisen er erstrebenswert empfindet, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der 14jährige Junge das Verhalten von dem Älteren übernimmt und imitiert. Dabei ist es wichtig, dass das Modell, der ältere Junge also, sich mit Dingen beschäftigt, die dem Lernenden als sinnvoll und interessant erscheinen. Würde das Modell sich mit Dingen beschäftigen, die für den Lernenden uninteressant sind, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel geringer, dass das Verhalten übernommen wird.
Ein typisches Beispiel für die Attraktivität eines Modells erleben wir im Bereich der Popmusik. Teenager schauen auf Musikstars wie Britney Spears, No Angels usw. Viele Teenager schauen (hier also als Lernende) auf diese Modelle und beobachten, wie deren Verhalten positiv sanktioniert wird.
Diese Musikstars können aufgrund ihres Tanzens und Singens viel Beifall, Anerkennung und auch materiellen Reichtum erhalten. Diese positiven Konsequenzen machen diese Musikstars für die Teenager als Modelle interessant und attraktiv. Deshalb wollen viele, wenn sie auf ihren Beruf befragt werden, Popstar werden. Als Modelle werden folgende Menschentypen schnell ausgewählt:
- Menschen, die soziale Macht besitzen, also belohnen und bestrafen können,
- Menschen mit hohem Ansehen,
- Menschen, die sympathisch und attraktiv sind. Die Attraktivität kann z. B. im Geschlecht, im Alter oder in der Herkunft begründet liegen,
- Menschen, die die Bedürfnisse des Lernenden zufrieden stellen können.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass Eltern und Erzieher im besonderen Maße sich ihrer Modellfunktion bewusst werden sollen. Eltern und Erzieher sind automatisch Modelle, auch wenn sie dies vielleicht für sich selbst noch nie reflektiert haben. Eltern und Erzieher sind in hohem Maße in der Lage, die materiellen und emotionalen Bedürfnisse der Kinder zufrieden stellen zu können. Daher werden ihre Verhaltensweisen oft unbewusst von Kindern übernommen.
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
Kinder, die selbst wenig Selbstvertrauen und Selbstachtung haben, die sehr stark suchen und große Unsicherheit in ihrem Bewertungen und Handlungsweisen haben, sind sehr offen, sich Modelle in ihren Cliquen zu suchen und deren Verhaltensweisen zu übernehmen. Das Lernen von Kindern und Jugendlichen beinhaltet das Streben von der Unsicherheit, also dem großen Fragezeichen hin, zu Stabilität der Verhältnisse, hin zur Sicherheit, also hin zum klaren Ausrufezeichen. Je fragender und unsicherer ein Kind ist, desto eher ist es bereit, Modelle zu übernehmen. Dies gilt besonders, wenn jemand neu in einer Gruppe ist. So versucht dieser Mensch von der großen Unsicherheit des Neulings hin zur Sicherheit des gruppenintegrierten Mitgliedes zu gelangen. Dies geschieht, indem die Verhaltensweisen der Modelle, hier der Gruppenleiter, beobachtet und übernommen werden. Modellverhalten wird auch dann stark übernommen, wenn eine Beziehung zwischen Modell und Beobachter besteht. Je intensiver die Beziehung zwischen Modell und Beobachter, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Verhaltensweisen imitiert werden. Auch die emotionale und materielle Abhängigkeit des Beobachters vom Modell erhöht die Nachahmungsbereitschaft.
Anhand von Untersuchungen wurde festgestellt, dass Kinder aus intakten Familien, die jahrelang eine gute Ehe beobachten konnten, selber wiederum in der Lage waren, eine erfolgreiche Ehe zu führen. Die oft unbewussten, erlernten Verhaltensmodelle der Eltern machte es den nun erwachsenen Kindern möglich, selbst eine harmonische Ehe zu führen.
2.2.3 Gedächtnisprozesse
Ein Beobachter speichert das Gesehene mit Hilfe seines Gedächtnisses so lange, bis er sich einen Nutzen vom Zeigen der erlernten Verhaltensweise verspricht. Das Beobachtete wird in Form von bildlichen oder sprachlichen Symbolen im Gehirn gespeichert und ist somit als Vorstellung dort vorhanden (= repräsentiert).
Beispiel: Ein 15jähriger beobachtet in einem Film, wie sein Held von einem Wasserstrudel in einem See herunter zum Boden des Sees gezogen wird. Als gekonnter Schwimmer lässt dieser Held sich herunter ziehen und erst unten am Boden, wo die Kraft des Strudels nachlässt, durchbricht er diesen Strudel und schwimmt aus ihm heraus. Er versucht nicht an der Oberfläche dem kräftigen Strudel zu entkommen. Dieses Verhalten beeindruckt den 15jährigen sehr stark und wird als bildliches Symbol im Gehirn gespeichert. Jahre später kommt der Junge, inzwischen 25 Jahre alt, in eine ähnliche Situation und genau in diesem Moment erinnert er sich an das bildliche Symbol des Helden. Er versucht dieses Verhalten nachzuahmen und kann mit Erfolg diesem Wasserstrudel entrinnen.
Ähnliche Gedächtnisprozesse werden sehr stark von der Werbeindustrie ausgenutzt. Durch wiederholtes Vorführen von attraktiven Modellen, die eine ganz bestimmte Marke benutzen, wird dafür gesorgt, dass Kindern aber auch Erwachsenen das Logo einer Marke als bildliches Symbol im Gehirn abgespeichert wird. So kann Monate später, wenn der Mensch in der Unsicherheit vor einem Ladenregal steht, sich für den Kauf eines Produktes zu entscheiden, nun die bildliche Abspeicherung des Symbols dafür sorgen, dass nicht das preiswertere No-Name-Produkt genommen wird, sondern das teure Markenprodukt.
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
Motorische Reproduktionsprozesse
Damit ein beobachtetes Verhalten gezeigt werden kann, bedarf es eines Umsetzens des Gespeicherten in angemessene Handlungen und Verhaltensweisen. Hierbei werden aus einer Vielzahl im Gedächtnis gespeicherten Codierungen solche ausgewählt und organisiert, die für das beabsichtige Verhalten relevant sind. Jedoch lassen sich diese kognitiven Vorstellungen nur selten gleich beim ersten mal richtig umsetzen. Häufig muss der Betrachter seine motorischen Fähigkeiten erst üben, korrigieren und wiederholen, bis sich ein Erfolg einstellt. Beim Üben und Korrigieren vergleicht der Lernende immer wieder die Ergebnisse seiner Handlungen und Verhaltensweisen mit den gespeicherten Codierungen.
Bespiel: Erlernt ein Kind das Fahrrad fahren, so genügt es nicht Andere beim Radfahren zu beobachten. Es muss eine Vielzahl von wichtigen Informationen aus seinem Gedächtnis abrufen, so z.B. wie die Pedale zu betätigen sind, wie man die Lenkstange hält, wie das Auf- und Absteigen erfolgt, usw. Trotz dieses Wissens wird das Kind die einzelnen Bewegungsabläufe erst eine Weile üben müssen, bis es das Fahrrad fahren beherrscht. Zwischendurch immer wieder der sicherheitsbringende Blick auf ein Fahrrad fahrendes Modell hilft hier, den Lernprozess voran zu treiben. Die motorische Reproduktionsphase wird besonders in handwerklichen Berufen genutzt, wenn es darum geht, ganz bestimmte Fertigkeiten, wie das Feilen eines U-Stahls durchzuführen. Mehrfach wird der Lernende den Meister beobachten wie er feilt und sich dessen Erklärungen anhören, um dann anschließend genau dieses Feilen zu imitieren. Ähnliches sollte auch bei Erziehern und Heilerziehungspflegern im Praktikum geschehen. Der pädagogische Umgang mit Kindern mit einem verhaltensauffälligen Jungen sollte von den Mentoren und den Erziehern vorgemacht werden, so dass die Praktikanten dieses Verhalten situationsgerecht imitieren können.
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
Ob ein Mensch ein bestimmtes Verhalten überhaupt beachtet, um es zu lernen, hängt von seiner vorhandenen Motivation ab. Die Motivation einer Person beeinflusst beim Modell-Lernen sowohl die Aneignungs- als auch die Ausführungsphase. Nur wer sich vom Beachten und Durchführen einer Verhaltensweise einen Erfolg bzw. einen Vorteil verspricht oder einen Misserfolg bzw. Nachteil abzuwenden glaubt, wird entsprechende Aktivitäten entfalten. Motivation ist daher eng mit der Aussicht auf Bekräftigung verbunden. So wird Daniela die im oben genannten Beispiel schon dargestellt wurde, das sportliche Verhalten einer Freundin nur dann übernehmen wollen, wenn sie für sportliche Aktivität grundsätzlich in einer entsprechenden Situation, wo sie das Modell beobachten kann, motiviert ist. Einfach ausgedrückt, Kinder und Jugendliche übernehmen ein Modellverhalten nur dann, wenn sie für diesen grundsätzlichen Bereich des Modellverhaltens Interesse entwickeln können.
Aufgabe der Erzieher ist es, Verhaltensweisen bei den zu Erziehenden zu beobachten und zu analysieren, welches Modell-Lernen abhängig von welchem Modell in ihrem Verhalten zu erkennen ist. Besonders wenn es darum geht, als Erzieher oder Erzieherin eine Gruppe zu leiten, sind derartige Phänomene unbedingt zu analysieren. Es gilt positive Verhaltensweisen zu verstärken, positive Modelle zu unterstützen und negative Modell-Lernen, also das Modell-Lernen von negativen Verhaltensweisen zu unterbrechen. Darüber hinaus müssen Erzieher ihr eigenes Verhalten analysieren und sich folgende Fragen stellen:

Arbeitsaufgabe: Reflektieren Sie schriftlich gemäß den unten genannten Fragen Ihr eigenes Verhalten und formulieren Sie entsprechende Konsequenzen.
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
1. 1. Welches Verhalten von mir, das ich unbewusst an den Tag lege, wird von den Kindern und Jugendlichen übernommen?

2. Wo lebe ich den Kindern und Jugendlichen versehentlich Verhaltensweisen vor, die ich eigentlich gar nicht weitergeben möchte?

3. Wo sollte ich mir selbst bewusst Modellverhalten angewöhnen, damit ich auf diese Art und Weise Kinder und Jugendliche positiv beeinflusse?

4. Wo habe ich in meiner Erziehung von meinen Erziehern, Eltern usw. Verhaltensweisen unbewusst übernommen, die ich eigentlich gerne abgestellt haben möchte?

5. Welche Verhaltensweisen meiner Erzieher waren positiv und möchte ich auch bewusst weiterhin übernehmen?























2.4 Beispiele für Modellernen im praktischen Leben
Ein Bäckermeister arbeitet fleißig in der Backstube. Seine Auszubildenden eifern ihm nach, da er gute Arbeit bei ihnen anerkennt. Er wirkt als Modell, weil er beliebt ist, als Bäckermeister eine gewisse Macht hat und das Übernehmen des Verhaltens "fleißig arbeiten" verstärkt.
Wenn der Bäckermeister jedoch von der Geschäftsleitung ständig kritisiert würde, würden sich die Jugendlichen ihn nicht ohne weiteres zum Modell nehmen, da er selbst dann für sein Verhalten nicht verstärkt werden würde.Die Geschäftsleitung würde somit die Autorität des Bäckermeisters „untergraben“
Die Hausfrau füllt die Gläser mit Orangensaft aus einer Karaffe. Ihr kleiner Sohn schaut ihr dabei zu und versucht am nächsten Tag selbst die Gläser zu füllen...
S. erlebt es fast täglich mit, wie sein älterer Bruder J. Mitschüler durch Brutalität andere Schüler einschüchtert . Offensichtlich respektieren die Mitschüler J. dafür (sei es nur aus Angst). Da auch S. respektiert werden möchte und in der Schulcafeteria nicht lange anstehen möchte, versucht er das Verhalten seines Bruders nachzuahmen.

Der Vater zeigt seiner Tochter, wir sie ein Raumschiff malen kann. Sie versucht das Beobachtete sofort zu Papier zu bringen.

Dem Kind I. wird erklärt und gezeigt, wie es mit Messer und Gabel umgehen kann: "... und dann nimmst Du die Gabel so in die Hand und führst sie zum Mund. Sieh mal, wie ich das mache!"
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
• Modell-Lernen kann man nun im Zusammenhang mit Verhaltensmodifikation aus drei verschiedenen Gesichtspunkten betrachten:
• a.) dient sie als Hilfe beim Aufbau neuen Verhaltens
• b.) kann sie zu hemmenden, abschwächenden oder enthemmenden, erleichternden Effekten sprechen
• c.) besitzt das Modell-Lernen die Funktion diskriminativer Hinweisreize
• Jeder dieser drei Gesichtspunkte wurde für die Therapie nutzbar gemacht.

2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
a) Die einfachste Form des Modell-Lernens als therapeutisches Verfahren besteht darin, dass das Modell, irgendein Verhalten zeigt das wiederum von einer anderen Person beobachtet wird. Dabei ist es wichtig, dass der Beobachter das Modellverhalten sehr genau beobachtet, damit er es sich aneignen kann. In einem zweiten Schritt geht es dann darum, dass der Beobachter das Angeeignete auch ausführen kann. Besonders in der praktischen Anwendung ist wichtig, wie in der Theorie zwischen Aneignung und Ausführung zu differenzieren. Zur Ausführung gehören natürlich die genügenden physischen und psychischen Voraussetzungen des Beobachters, und weiters dass er sich in einer günstigen Umgebung befindet und auch motiviert ist.

-Stellvertretende Konditionierung emotionaler Reaktionen:
• Eine Reihe von Untersuchungen zeigt, dass emotionale Reaktionen stellvertretend über die Darbietung emotionaler Reaktionen von Modellpersonen gelernt werden können. Nicht die eigenen emotionalen Reaktionen auf Menschen, Tiere und Objekte, sondern die von Modellpersonen sind die Grundlage für bestimmte eigene emotionale Reaktionen. Wie wir beim Bsp. Des bissigen Hundes gesehen haben, wird dieser Umstand wird zur Erklärung von bestimmten Abneigungen, Ängste, Vorlieben gegenüber Situationen gebraucht, mit denen man bisher noch keinerlei Kontakt hatte (z.B. Flugangst, Schlangenangst usw.).
Stellvertretende Löschung:
• Verhaltensmuster emotionaler Reaktionen können auch auf stellvertretender Basis gelöscht werden. Die stellvertretende Löschung von emotionalen Reaktionen kann dadurch erreicht werden, dass man Personen beobachtet, die als Modelle Annäherungsverhalten an furchtauslösende Objekte demonstrieren.
• Beispiel: Eine Untersuchung von Bandura, Blanchard & Ritter (1969) stellt eine erfolgreiche Anwendung von Techniken des Modell-Lernens bei der Behandlung von Schlangenphobien dar. Beobachtet jemand mit einer Schlangenphobie, wie eine Modellperson sicher mit einer Schlange umgeht, wird die Angst des Beobachters gelöscht, weil die Reaktionen des Modells keine aversiven Konsequenzen haben. Entscheidend ist dass das Vermeidungsverhalten des Phobikers, das ihn davon abhält, neue Konsequenzen zu erleben, soweit gelöscht wird, dass er nun selbst versucht, das beobachtete Verhalten auszuführen. Wichtig für den therapeutischen Prozess ist dabei die geeignete Auswahl, Beobachtung und Darbietung des Modells, dazu das Schaffen von Anreizen, die vom Modell erlernten Verhaltensweisen auch auszuführen und der Einsatz von stellvertretender und direkter Verstärkung.

Andere therapeutische Anwendungen
• Verschiedene andere etablierte Behandlungsmethoden verwenden Prinzipien des Modell-Lernens. Dazu gehört zum Beispiel die ,,fixed-role therapy" von G.A. Kelly (1955). Hier wird einem Klienten das erwünschte Verhalten in einem Rollenskript vorgegeben; er hat die Möglichkeit, es in der therapeutischen Situation zu üben, und versucht anschließend, es in den Alltag zu übertragen.
• -b) Gewisse Formen des Modell-Lernens verzichten auf die Aneignungsphase, weil das in Frage stehende Verhalten dem Beobachter bereits zur Verfügung steht. Dann ist die Ausführungsphase alleine wichtig. Die Ausführung wird von bestimmten einschränkenden Faktoren wie Angst bestimmt. In diesem Fall wird dem Beobachter am Modell gezeigt, dass das fragliche Verhalten ohne negative Konsequenzen durchführbar ist.
• Dabei spielt die Beobachtung der Konsequenzen, die das Modell als Folge seines Verhaltens erfährt, eine bedeutende Rolle. Positiv verstärkte Verhaltensweisen des Modells bewirken ein häufigeres Auftreten dieser Verhaltensmuster beim Beobachter. Umgekehrt zeigt sich, dass eine Einschränkung von unerwünschten Verhaltensweisen durch die Darbietung bestrafter Modelle möglich ist.
• Bandura und seine Mitarbeiter konnten diese Annahme für aggressives Verhalten von Kindern belegen: Kinder, die in einem Film oder in der Realität ein belohntes aggressives Modell gesehen hatten, zeigten mehr physisches und verbal-aggressives Verhalten als Kinder, deren Modell für aggressives Verhalten bestraft worden war.
• In einer zweiten Untersuchung (Bandura u.a., 1967) zeigte Bandura, dass die Darbietung eines angstfreien Modells gegenüber einem Hund zu einer deutlichen Enthemmung (des bisher seltenen) Annäherungsverhaltens führte, als dies in verschiedenen Kontrollgruppen der Fall war. Kinder, die ein angstfreies Modell im Umgang mit dem Hund gesehen hatten, waren nunmehr selbst in der Lage, sich dem Tier zu nähern (Streicheln, Füttern)
• Einige Untersuchungen zur Verwendung von Hemmungseffekten des Modell-Lernens liegen auch für Klienten mit problematischen sozialen Verhaltensweisen vor (z.B. Alkoholiker, Delinquente). Die Hemmung, solche Verhaltensweisen auszuführen, kann unter anderem dadurch erreicht werden, dass die Klienten ein Modell beobachten, das bei der Ausführung der entsprechenden Reaktionen negative Konsequenzen erlebt. Es ist zusätzlich hilfreich, Informationen und Modelle für zielführende Alternativen zu vermitteln.

• -c)Wenn eine Person ein Verhalten prinzipiell beherrscht, jedoch nur selten zeigt, d.h. zur Ausführung bringt, dann kann das Modell den Anstoss geben, das Verhalten in Zukunft häufiger zu zeigen. Hierbei handelt es sich um einen Aspekt des Modell-Lernens der in Alltagssituationen am häufigsten spontan auftritt, wenn wir mit geeigneten Modelpersonen zusammen sind.
• Der Effekt beruht darauf, dass eine Information gegeben wird, unter welchen (situativen) Bedingungen ein Verhalten beim Beobachter gezeigt werden sollte. Das Modellverhalten kann dabei als diskriminativer Reiz zur Auslösung des entsprechenden Verhaltens beim Beobachter verstanden werden.
• Die Erfolge von Gruppentherapien mit extrem gehemmten und leicht aggressiven Kindern (vgl. Petermann & Petermann», 1978; U. Petermann, 1983) lassen sieh zumindest teilweise durch reaktionserleichternde Effekte erklären. In einer gemischten Gruppe wird das leicht aggressive Verhalten des einen Kindes zum diskriminativen Hinweisreiz für das Verhalten eines gehemmteren Kindes. Es lernt so, sich in bestimmten Situationen auch anders als durch sozialen Rückzug und Hemmung interaktiver Verhaltensweisen zu bewegen.
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (=ATP)
• Dieses komplexe Trainingsprogramm enthält das Lernen am Modell als eine wichtige Komponente nebst anderen Therapieformen.
• Das ATP wurde zu Beginn der 70er Jahre von Ullrich & Ullrich de Muynck entwickelt. Ziel dieses komplexen Trainings ist die Verhaltens- und Einstellungsänderung zur Neuerfahrung bisher vermiedener sozialer Situationen ohne negative Konsequenzen. Dabei wird verantwortungsbewusstes, selbstsicheres Verhalten angestrebt, das eingesetzt werden kann, um für eigene Bedürfnisse und Rechte einzustehen, ohne die Rechte anderer Personen zu verletzen, unter Berücksichtigung der jeweiligen situativen Gegebenheiten.
• Alberti & Emmons (1978) haben darauf hingewiesen, dass selbstsicheres Verhalten keinesfalls mit rücksichtsloser Durchsetzung oder aggressivem Verhalten gleichzusetzen ist. Nonassertiv bedeutet passives, unsicheres Verhaltem, assertives selbstsicheres, der Situation angemessenes Verhalten.
2.5.3.1 Indikationen
• ATP lässt sich dann einsetzen, wenn es Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen, soziale Ängste und Defizite im Sozialverhaltem gibt.
• Dazu gehören auch die sozialen Ängste und das Vermeideverhalten wie bei sozialen Phobien und
• Persönlichkeitsstörungen oder Zwängen und sexuellen Störungen. Dabei wird Sozialangst gleichgesetzt mit Fehlschlagangst.
• Weitere Unterformen dieser sozialen Ängste sind die oft intensiven Ängste vor Bewältigungs- und Kontrollverlust, wie sie
• Bei Leuten mit Ängsten vor Erröten, vor Essen in der Öffentlichkeit, Angst vor Stimmversagen, Zittern, Schwitzen, Erbrechen oder öffentlicher Blamage bestehen.
• Aber auch Defizite im Rahmen depressiver Probleme oder psychotische Erkrankungen oder Kompensationen durch Süchte, Esstörungen und psychosomatische Erkrankungen können im Rahmen der ATP therapiert werden.


2.5.2.3.2. Struktur des ATP
Wie ist dieses Trainingsprogramm strukturiert?
Zu Beginn der Therapie werden mit jedem einzelnen Klienten durch gezielte Selbstbeobachtung des eigenen Verhaltens die Probleme beschrieben und in ihrem funktionalen Zusammenhang analysiert. Aufgrund dieser funktionalen Analyse läßt sich eine Zielbestimmung (,,Erlern-/Verlernliste") festlegen.
Diese Liste ist im Laufe der Therapie veränderbar, eventuell zu erweitern; durch die explizite Liste können auch individuelle Lernfortschritte festgehalten und Veränderungen konkret beurteilt werden.
Das wiederholte Einüben von Verhaltensweisen gehört zu den wichtigsten Elementen des Trainings sozialer Kompetenz. Bei den Modellvorgaben durch den Therapeuten geht es um eine möglichst effektive Vermittlung von Verhaltensweisen. Während der Verhaltensprobe des Klientenkönnen die Therapeuten durch unmittelbare Verhaltensanweisungen oder Gesten und Gebärden, das im Rollenspiel gezeigte Verhalten verstärken und beeinflussen. Zur Festigung und Ueberprüfung neuer Verhaltensweisen sind Übungen in der Realität, in Form von Hausaufgaben typisch.
Einen Kernbereich des ATP bilden 127 soziale Situationen, die wie beschrieben im Rollenspiel eingeübt und anschließend in den In-vivo-Übungen trainiert und umgesetzt werden sollen. Die Übungen umfassen vier Hauptkategorien sozialer Kompetenz:
• 1. Stellen von Forderungen;
• 2. Nein sagen und kritisieren;
• 3. Herstellen von Kontakten;
• 4. sich öffentlicher Beachtung aussetzen und sich Fehler erlauben

Diese Hauptkategorien sozialer Kompetenz sollen im Verlaufe des Erlernens von Selbstsicherheit in verschiedenen Situationen geübt bzw. trainiert werden: Straße, Verkehrsmittel, Geschäfte, Lokale, öffentliche Veranstaltungen und Behörden. Einbezogen werden dabei Nachbarn, Freunde und Bekannte, der Arbeitsbereich sowie die eigene Familie.
Die verbalen und nonverbalen Fertigkeiten, die in einer vorgegebenen Situation trainiert werden sollen, werden in der Anleitung genau benannt, und die im Theorieteil allgemein formulierten Therapieziele werden für jede Übung bzw jeden Übungsteil entsprechend konkretisiert. Komplexe soziale Situationen, wie sie beim Aufbau sozialen Verhaltens vorkommen, werden in einen größeren Bezugsrahmen gestellt (z.B. Arbeitsbereich, Bereich Familie), damit der Teilnehmer des Programms seine persönlichen Probleme auch in den Zusammenhang zu gesellschaftlichen Bedingungen stellen kann.
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
Ullrich de Muynck & Ullrich (1977) sehen psychische Störungen als soziale Probleme; die Therapieziele des ATP legen eine Konzipierung des ATP als Gruppentherapie nahe, weil eine Gruppensituation am ehesten die Bedingungen herstellt, denen sich ein Klient in seinem täglichen Leben gegenübersieht .
Das gruppentherapeutische Vorgehen bildet eine Reihe von Vorteilen beim Erlernen sozial kompetenten Verhaltens
Wenn ein Teilnehmer anderen Personen in der Gruppe Zuwendung vermittelt (in Form von Beachtung, Diskussionsbemerkungen, Feedback . , ), so stellt dies bereits eine Stufe beim Aufbau gewünschten Verhaltens dar (aktive Beteiligung in einer sozialen Situation).
In einer Gruppensituation orientieren sich die Teilnehmer nicht nur am Therapeuten, sondern auch an den anderen Mitgliedern der Gruppe. Dies bildet eine prinzipielle Unabhängigkeit von den Ziel- und Wertvorstellungen des Therapeuten; dies sollte allerdings nur dann als besonderer Vorteil angesehen werden, wenn nicht die Gruppe ihrerseits Standards oder Normen vermittelt, die der Erreichung eines Therapieziels bei einer einzelnen Person im Wege stehen.
Die in einer Gruppe erlernten Interaktionsfähigkeiten lassen sich leichter auf reale Interaktionen übertragen als solche, die in einer Einzeltherapie gelernt wurden (Gruppe als Modell sozialer Interaktionen). Auch wenn die Gruppe eine Art künstlicher (geschützter) Situation darstellt, lassen sich hier doch eher reale Interaktionsmuster modellieren und üben.

3. Zusammenfassung
Zum Lernen am Modell gehört:
„a. Aufmerksamkeitszuwendung
b. Behaltensphase
c. Reproduktionsphase
d. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst realisieren möchte.
b) Emotionale Beziehung zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der Nachahmung größer.
d) Stellvertretende Verstärkung: Sieht der Beobachter die Konsequenzen am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer Status des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden eher nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder niedrigerem Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte Macht oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder bestrafen kann. Hierin äußert sich die Machtposition.“
4. Quellenverzeichnis:
Hobmair, Herman „Pädagogik“,: Köln 1996, S. 159-162
Zimbardo, Philip G. „Psychologie“ , 5.Auflage, Berlin, 1992,S. 422
Schülerduden: „Die Pädagogik“ aa.O, S. 388
Mietzel, Gerd „Wege in die Psychologie“ 7.,: Auflage, Stuttgart 1994, S. 198
________________________________________
5.Literatur zum Lernen
*Gage, N. L. & Berliner, D. C. (1996). Pädagogische Psychologie (5. Auflage). Weinheim: Psychologie Verlags Union - Beltz. (Kapitel 6)
Mietzel, G. (1993). Psychologie in Unterricht und Erziehung. Einführung in die Pädagogische Psychologie für Pädagogen und Psychologen (4. Auflage). Göttingen: Hogrefe. (Kapitel 4)
Redlich, A., & Schley, W. (1981). Kooperative Verhaltensmodifikation im Unterricht. München: Urban & Schwarzenberg.


Arbeitsaufgaben
1. Definieren Sie den Begriff Modell-Lernen!
2. Nennen Sie weitere Bezeichnungen für das Modell-Lernen.
3. Aus welchen Phasen und Prozessen besteht das Modell-Lernen laut Albert Bandura?
4. Nennen Sie Bedingungen, die das Modell-Lernen laut Albert Bandura wahrscheinlicher macht.
5. Welche Bedingungen muss ein Modell erfüllen, damit es vom Lernenden beachtet wird?
6. Von welchen Faktoren hängt es ab, ob wir ein bestimmtes Modell auswählen und welche Verhaltensweisen wir übernehmen?
7. Interpretieren Sie folgendes Fallbeispiel anhand der Theorie des Modell-Lernens nach Albert Bandura:
Zwei Kinder im Alter von 9 und 10 Jahren sehen zu Hause bei ihren Eltern einen Horror-Videofilm, in dem es darum geht, Menschen zu erstechen und anschließend zu zerstückeln. Diese Kinder beobachten ihre Eltern, wie sie diesen Film begeistert anschauen und anschließend freudig über diesen Film reden. Diese Beobachtung der Kinder wiederholt sich im Laufe von Monaten, es ist Standard, dass sie gemeinsam mit ihren Eltern heftige Horrorfilme anschauen. Darüber hinaus kommt eine weitere gewaltsame Atmosphäre in diese Familie. Eines Tages kommen diese beiden Kinder auf die Idee, das Gesehene nachzumachen. Sie schnappen sich einen 3jährigen Jungen, verschleppen ihn auf einen Müllplatz und imitieren genau die Verhaltensweisen, die sie im Horrorfilm gesehen haben. Sie töten ihn, zerschneiden ihn und versuchen weitestgehend das Erlebte des Horrorfilms nachzumachen.
a)Welche erzieherischen Konsequenzen formulieren Sie bezüglich dieses Fallbeispiels?
b)Beschreiben Sie die Bedeutung der Modell-Lerntheorie von Bandura für die Erziehung.

7. Fallbeschreibung Christian:
Christian, 18 Jahre alt, wurde von der Polizei gefasst, als er zusammen mit anderen Jugendlichen einen Diskothekenbesucher ohne erkennbaren Grund brutal verprügelte. Ein Sozialpädagoge beschäftigte sich – im Auftrag des Gerichts – mit Christians Vergangenheit. Er stellt fest, dass Christian schon sehr früh mit Gewalt in Berührung kam. Sein Vater beherrschte die ganze Familie durch seine unkontrollierten Wutausbrüche. Häufig verprügelte er – besonders wenn er vorher Ärger auf der Arbeit oder getrunken hatte – Frau und Kinder, so dass die ganze Familie in ständiger Angst vor dem Vater lebte. Christian selbst berichtet, dass er als Kind völlig verschüchtert gewesen sei und sich nie getraut habe, sich gegen den Vater zur Wehr zu setzen. ... da dies den Vater noch mehr provoziert hätte. Auch sei er ein sehr schwächliches Kind gewesen, das in der Schule immer Außenseiter gewesen sei.
Von seinen Klassenkameraden sei er oft verprügelt worden. Bis zu seinem 16. Lebensjahr habe er nie einen richtigen Freund gehabt. Damals sei ein neuer Schüler in seine Klasse gekommen, mit dem er sich auf Anhieb gut verstanden habe. Dieser habe nach kürzester Zeit den Ruf eines brutalen Schlägers gehabt, der sich nichts gefallen lasse. Seit er (Christian) in dessen Schutz stehe, gelte er auch etwas in der Klasse. Sein neuer Klassenkamerad sei Mitglied einer radikalen Gruppe, die es sich zum Ziel gesetzt habe, gegen Ausländer und Homosexuelle vorzugehen.
Durch seinen Freund sei er ebenfalls in die Clique gekommen. Anfangs habe er vor den gewalttätigen Auseinandersetzungen Angst gehabt, er habe jedoch seinen Freund nicht enttäuschen wollen und deshalb mitgemacht. Mit der Zeit sei er sicherer geworden und könne jetzt das Gefühl der Macht und die Angst, die andere vor ihm hätten, richtig genießen. Auch seien diese Auseinandersetzungen nicht gefährlich, da immer auf eine zahlenmäßige Überlegenheit der Clique geachtet werde.
Aufgabe:
Versuchen Sie, das Verhalten von Christian aus der Sicht der Modell-Lerntheorie von Albert Bandura zu erklären:
a) Beschreiben Sie mit eigenen kurzen Worten das problematische Verhalten von Christian
b) Stellen Sie die Ursachen dar, die zu diesem Verhalten geführt haben könnten
c) Erklären Sie das Verhalten des Jungen mit Hilfe der Theorie von Albert Bandura. Stellen Sie dabei die relevanten Aussagen dieser Theorie zusammen.
d) Zeigen Sie auf der Grundlage dieser Theorie Möglichkeiten auf, um das problematische Verhalten von Christian ändern zu können.
8. Aufgabenstellung:
Ein Kind in einer Wohngruppe fällt wiederholt durch überdurchschnittlich aggressives Verhalten auf.
a) Erarbeiten Sie Möglichkeiten einer Verhaltensänderung auf der Grundlage der Modelltheorie.
b) Beschreiben Sie mögliche Probleme, die bei Ihrem Vorhaben auftauchen können.
c) Erarbeiten Sie Strategien um diesen möglichen Problemen präventiv zu begegnen.

9). Das Modell-Lernen und die Zigarettenraucherinnen
Sie arbeiten als Erzieher in einem Hort und draußen vor der Tür, rechts neben einem Holunderbusch treffen sich zwei ältere Mädchen, die eigentlich in dem Hort sein sollten und ihre Hausaufgaben machen sollten. Sie sind 15 Jahre alt und rauchen. Ein Kind im Alter von 11 Jahren kommt hinzu, beobachtet diese beiden und sagt: „Boar, das ist ja cool.“ Und besorgt sich von anderen Kindern ebenfalls Zigaretten und stellt sich zu diesen zwei älteren Mädchen.
Aufgabenstellung:
a) Analysieren Sie diese pädagogische Situation anhand der Theorie von Albert Bandura. Beschreiben Sie das problematische Verhalten.
b) Welches alternative Modellverhalten würden Sie dem kleineren Kind als Erzieherin vorleben?
c) Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Beispiel für sich persönlich?
d) Formulieren Sie ein alternatives Handlungskonzept und Erziehungsmaßnahmen für die beiden älteren Kinder auf Basis der Theorie von Albert Bandura.
Bearbeiten Sie folgenden Lückentext, indem Sie die fehlenden Worte richtig einsetzen:
Vom Erlebten bis zur Ausführung eines Verhaltens durchläuft der Beobachter die im Folgenden beschriebenen vier Verarbeitungsphasen, die Bandura und seine Forschungsgruppe herausgearbeitet haben:
1. Aufmerksamkeitszuwendung
2. Behaltensphase
3. Re____________sphase
4. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst ___________möchte.
b) Emotionale ____________zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die __________________der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der _____________größer.
d) Stell__________Verstärkung: Sieht der Beobachter die _____________am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer __________des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden ______nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder _____________Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte ________oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder __________kann. Hierin äußert sich die Macht________.

Fügen Sie die folgenden Worte an der richtigen Stelle ein:
Macht, Nachahmung, bestrafen, produktion, realisieren, niedrigerem, Konsequenzen, position, eher, Beziehung, vertretende, Macht, Status





Thema: Die sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell (nach Albert Bandura)
Inhalt
1. Einführung
Verhaltensauffälligkeiten
2. Lernen am Modell
Fallbeispiel: Diana 11 Jahre alt
2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
2.2.3 Gedächtnisprozesse
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
2.4 Denkanstöße / Praxisbeispiele
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (ATP)
2.5.3.1 Indikationen
2.5.2.3.2. Struktur des ATP
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
3. Zusammenfassung
4. Quellenverzeichnis 5.Literatur zum Lernen
1. Einführung
Im folgenden geht es darum anhand verschiedener psychologischer Theorien ein Verständnis zu entwickeln wie Menschen sich Verhaltensweisen aneignen. Dabei geht es um gewollte aber auch von der Gesellschaft sanktionierte Verhaltensweisen. Wer kennt nicht den Spruch einer schimpfenden Mutter: „Von wem hast du das nur?“.
Gemeint ist mit dieser Frage, woher hat wohl das eigene Kind diese Verhaltensweise übernommen.

Albert Bandura: :Sein Leben Albert Bandura wurde am 04.12.1925 in Alberta geboren. Dort verbrachte er auch seine Jugendjahre. Sein Studium begann er auf der Universität von British Columbia. Danach entschied er sich für die Universität von Iowa, um dort Klinische Psychologie zu studieren. Er entschloß sich für diese Universität, da sie einen guten Ruf in bezug auf ihre Erforschung von Lernprozessen hat. Von dieser Zeit an interessierte er sich für die Anwendung der Lerntheorien auf klinische Phänomene. 1950 ging er nach Stanford und arbeitete dort auf dem Gebiet der Interaktionsprozesse in der Psychotherepie und dem Familienmuster, das Aggressivität bei Kindern erzeugt. Während der Arbeit auf diesem Gebiet, stieß er auf die zentrale Rolle des Modell-Lernens bei der Persönlichkeitsentwicklung. Da er Forschungen auch auf dem Gebiet der Aggression, des Modell- und Beobachtungslernens und dem Prozess der Verhaltensänderung macht, erlangt er ein viel verzweigtes Forschungsprogramm. Dieses hat zum Ziel eine umfassende Theorie vom menschlichen Verhalten zu erhalten, um die menschlichen Fähigkeiten besser einordnen zu können. 1980 erhielt Albert Bandura die wissenschaftliche Auszeichnung der Vereinigung der "American Psychological Association" für "vorbildliche Leistungen als Forscher, Lehrender und Theoretiker".



1.1 Verhaltensauffälligkeiten
Die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten wird unter anderem mit den Lerntheorien erklärt. Verhaltensauffälligkeiten sind Besonderheiten des Verhaltens insbesondere von Kindern und Jugendlichen, die von den Normen der jeweiligen Gesellschaft abweichen. Der Begriff Verhaltensauffälligkeit beinhaltet aber auch die Subjektivität von Pädagogen, Ärzten, Therapeuten usw. und berücksichtigt die Situationsspezifität auffälligen Verhaltens, das von Traditionen abhängt. Manche pädagogische Autoren benutzen den Begriff Verhaltensauffälligkeit, weil er ihrer Meinung nach zum Ausdruck bringe, dass ein Verhalten in einem sozialen Austauschprozess nicht den Erwartungen des Interaktionspartners entspreche und deshalb als abweichend oder auffällig wahrgenommen werde. Genaue Zahlen zur Häufigkeit von Verhaltensauffälligkeiten liegen zur Zeit nur für den angelsächsischen Bereich vor.
Den ausländischen Ergebnissen und einer neueren deutschen Studie zur Folge ist von 10 bis 20 % verhaltensauffälligen und behandlungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen auszugehen. Bei Jungen werden dabei im Vergleich zu Mädchen etwa drei- bis viermal häufiger Verhaltensauffälligkeiten festgestellt, in erster Linie wegen des höheren Anteils aggressiven Verhaltens bei Jungen. Folgende bedeutsame Ansätze lassen sich bei der Diagnostik und Therapie von Verhaltensauffälligkeiten unterscheiden:
1. Psychoanalytischer Auffassung zur Folge sind Verhaltensauffälligkeiten das Ergebnis mangelnder psychischer Verarbeitung belastender und konflikthafter frühkindlicher Erlebnisse und/oder Konstellationen und nur durch eine Bewusstmachung dieser frühkindlichen Erlebnisse und Problematiken abbaubar.
2. Die lerntheoretisch orientierte Verhaltenstherapie geht von der Annahme aus, dass bestimmte Lernprozesse Verhaltensauffälligkeiten bewirken oder fördern und letztere nur über den Erwerb positiver Verhaltensweisen verlernt werden können, wobei positives wie negatives Verhalten nach denselben Lernprozessen bzw. Gesetzmäßigkeiten entsteht.
3. Der Labeling-approach sieht die Ursache für Verhaltensauffälligkeiten nicht in individuellen Zuschreibungen, sondern in gestörten oder zumindest auffälligen sozialen Interaktionen, die im Hinblick auf die erfolgreiche und dauerhafte Beseitigung der Verhaltensauffälligkeit entsprechend zu verändern seien; das verhaltensauffällige Individuum wird darüber hinaus nicht als gestört etikettiert, sondern sein Verhalten vom Zusammenhang abhängig begriffen. Beispiele für Verhaltensauffälligkeiten sind: Ess- und Schlafstörungen, Einnässen, Einkoten, motorische Unruhe, Sprach-, Lern- und Konzentrationsstörungen, verschiedene Ängste (z.B. Ängstlichkeit in bestimmten Situationen, Schulangst), aggressives wie Rückzugsverhalten sowie dissoziale bzw. delinquente Verhaltensweisen (z.B. Schulschwänzen, Herumhängen, sexuelle Verwahrlosung, Betrügereien, Eigentumsdelikte, Drogenabhängigkeit).

(...) Als therapiebedürftig werden nach heutiger Auffassung nur solche Verhaltensauffälligkeiten angesehen, die länger als sechs Monate andauern. Davon zu trennen sind bleibende Verhaltensauffälligkeiten, die sich bei körper- oder sinnesbehinderten Kindern als sekundäre Folgen ihrer jeweiligen Behinderung, bei den sogenannten Lernbehinderten als Folge ihrer mangelnden sozialen Kompetenz und der Fähigkeit gewisse Dinge vorauszusehen und vorausschauend zu handeln und zu agieren genannt.

2. Lernen am Modell
Der bereits oben genannte Ausruf einer schimpfenden Mutter weist auf das Alltagswissen hin, dass viele Verhaltensweisen von anderen abgeschaut wurden. Dabei ist es möglich, dass gesellschaftlich sanktionierte Verhaltensweisen sogenannte Verhaltensauffälligkeiten oder Verhaltensstörungen von Kindern und Jugendlichen übernommen wurden. Teilweise gibt es aber auch die Aufforderungen, gute Verhaltensweisen von anderen Kindern zu übernehmen: „Von dem Marcel solltest du dir mal eine Scheibe abschneiden, der hat immer so tolle Noten in der Schule!“ Unabhängig davon, ob eine solche Aufforderung einem positiven Erziehungsstil zuzuordnen ist oder nicht, ist hier das Alltagswissen erkennbar, dass positive Verhaltensweisen von anderen abgeschaut werden können.

Die sozial-kognitive Lerntheorie beschreibt das Lernen am Modell , auch Imitationslernen bzw. Beobachtungslernen ist ein wichtiger Beitrag der Theorie von Albert Bandura.

Definition: „Beobachtungslernen ist der Prozess, bei dem eine Person das Verhalten einer anderen beobachtet und ihr eigenes Verhalten allein auf diese Beobachtung hin verändert. Durch Beobachtungslernen erwerben Kinder und Erwachsene eine enorme Menge an Informationen über ihre soziale Umgebung – was angemessen ist und belohnt wird und was bestraft oder ignoriert wird.“


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Fallbeispiel:Diana und die Schultasche
Diana ist 11 Jahre alt und im 6. Schuljahr. Bislang hatte sie zu Hause bei ihren Eltern eine normale positive Umgangssprache kennen gelernt und auch selbst sich dieser Umgangssprache befleißigt. Seit einiger Zeit jedoch kommt sie nach Hause und benutzt häufig Worte wie „saucool, echt geil“ und andere sexistische Ausdrücke. Darüber hinaus fordert sie den Kauf von Markenkleidung und anderen Markenartikeln: „Mama ich will aber nicht irgendwelche blöden Turnschuhe tragen, ich will die neuen Schuhe von Adidas haben, die sind nämlich voll mega-in. Aber nur die mit den dicken Schnürsenkeln, die anderen sind out.“ Die Mutter, die durchaus ein begrenztes Einkommen hat, denkt daran und sagt: „Du hast doch erst vor drei Monaten von Tante Irene die teuren Buffalos geschenkt bekommen, reichen die nicht?“ Diana sagt darauf: „Nö, Mama die sind voll out. Wer trägt heute noch Buffalos. Ich war jetzt in der Stadt spazieren, keiner trägt Buffalos, nee das müssen die neuen Adidas sein und außerdem will ich endlich meinen Eastpak haben!“ Die Mutter fragt völlig verwirrt: „Was ist das denn?“ „Ja, das sind die neuen Schultaschen, die wir als Rucksäcke tragen, ich komm jetzt schließlich ins 7. Schuljahr bald, dann möchte ich Eastpak haben und nicht diese billigen Klamotten.“ Die Mutter will sich dem nicht anpassen und kauft eine andere Schultasche.
Eine Tasche, die sehr viel Ähnlichkeit mit der beliebten Marke Eastpak hat, nur um einiges preiswerter ist. An der Stelle, wo eigentlich Eastpak stehen sollte laut Diana, steht nun die Markenbezeichnung Aldi-Sports. Als die Mutter freudestrahlend nach Hause kommt und ihrer Tochter diese Tasche präsentiert, gibt es einen lauten, rebellischen Aufschrei: „Nö, Mama so`n Scheiß nehm ich nicht.“ Mutter sagt: „Nein, die von dir verlangte Marke ist doppelt so teuer, es bleibt dabei.“ Diana nimmt nun diese Aldi-Sports-Schultasche mit und wird tatsächlich in der Schule von ihren Freundinnen ausgelacht. Sie kommt nach Hause und sagt: „Mama, bei uns in der Klasse haben alle Eastpak. Nur ich nicht.“ Nach näherem Nachfragen ergibt sich, dass nicht alle MitSchülerinnen bzw. der Schüler nen die Eastpak-Tasche tragen, sondern die drei beliebtesten. Diana wollte dieses Verhalten imitieren...“
Aufgabenstellung: Beschreiben Sie mit kurzen eigenen Formulierungen die Problematik, die im Erziehungsgeschehen zwischen Mutter und Tochter in diesem Fallbeispiel dargestellt wird.

Banduras Experiment mit der Gummipuppe „In einem typischen Experiment führte Albert Bandura 1965 Kindern einen Film mit einem Erwachsenen, einem sogenannten Modell vor, der besonders markante aggressive Verhaltensweisen gegenüber einer Gummipuppe zeigte. Eine erste Gruppe von Versuchspersonen sah, wie das Modell für seine Verhaltensweisen mit Süßigkeiten belohnt wurde, während eine zweite Gruppe beobachtete, dass die Aggressionen des Erwachsenen ernste Ermahnungen nach sich zogen.
Nach dieser Vorführung registrierte Bandura genau, ob die Kinder Nachahmungsverhalten zeigten. Die Angehörigen der Gruppe, denen Aggressionen mit negativen Konsequenzen vorgeführt worden waren, zeigten erheblich weniger Nachahmungen, als die Teilnehmer der ersten Gruppe. Muss man davon ausgehen, dass Angehörige der zweiten Gruppe kein aggressives Verhalten gelernt hatten?
Bandura ist dieser Frage nachgegangen, indem er diesen Kindern Geschenke in Aussicht stellte, wenn sie ihm das Verhalten des Modells nachahmen würden. Unter diesen Anreizbedingungen bereitete es ihnen keine Schwierigkeiten, Bandura die Aggressionen vorzuführen, die sie offenbar sehr gut gelernt hatten.
Die Ergebnisse solcher Experimente werfen die Frage auf, ob nicht auch die Betrachtung aggressiver Fernsehsendungen dazu beiträgt, die Aggressivität der Zuschauer zu erhöhen...

Die Möglichkeit komplexere Verhaltensweisen durch Beobachtung eines Modells zu erlernen hat für den einzelnen Menschen sicherlich erhebliche Vorteile.
Schwierige Verhaltensweisen oder Handlungskompetenzen können so auch im beruflichen Verhalten im beruflichen Rahmen abgeschaut werden. Besonders motorische Handlungsfolgen lassen sich leichter abschauen an einem Modell als durch komplizierte schriftliche Beschreibungen erlernen.“

Arbeitsaufgabe: Formulieren Sie kurz die Ergebnisse des Experimentes von Bandura im Zusammenhang mit dem Imitationslernen von Aggressionen.
Welche erzieherischen Konsequenzen schlagen Sie aufgrund der Ergebnisse des Bandura-Experimentes vor?


2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
Albert Bandura unterteilt das Modell-Lernen in zwei Phasen und vier Prozesse. Die erste Phase ist die Aneignungsphase, zu der die Aufmerksamkeitsprozesse und die Gedächtnisprozesse zugeordnet werden.

ANEIGNUNGSPHASE AUSFÜHRUNGSPHASE
Aufmerksamkeit Gedächtnis Motorische Reproduktion Motivation
Modellierungsreize
Auslösen von Betroffenheit
Komplexität
Merkmal des Beobachters
Wahrnehmungsfähigkeit/haltung
Aktivierungsgrad
Motivation
frühere Verstärkung symbolische Kodierung
innere Repräsentation
symbolische Wiederholung
motorische Wiederholung körperliche Fähigkeiten
Verfügbarkeit der Teilreaktionen
Feedback der Genauigkeit äußere, direkte Verstärkung
stellvertretende Verstärkung
Selbstverstärkung

Die Ausführungsphase beinhaltet die motorischen Reproduktionsprozesse und die Motivations- und Verstärkungsprozesse.

2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
Aus der Vielzahl von Informationen, die das Verhalten eines Vorbildes enthält, wählt der Lernende die für ihn wichtigen Bestandteile aus und beobachtet sie exakt. Ob ein Modell viel oder wenig Aufmerksamkeit bekommt, hängt unter anderem ab von den Persönlichkeitsmerkmalen des Modells, von den Persönlichkeitsmerkmalen des Beobachters, von der Art der Beziehung zwischen Modell und Beobachter und von den Situationsbedingungen. Beispiel:
Wenn ein 14jähriger Junge innerhalb seiner Peer-Group, z.B. seiner Clique, einen etwas älteren Jungen kennen lernt, mit dem er sich gut identifizieren kann, den er sympathisch, also attraktiv findet und dessen Verhaltensweisen er erstrebenswert empfindet, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der 14jährige Junge das Verhalten von dem Älteren übernimmt und imitiert. Dabei ist es wichtig, dass das Modell, der ältere Junge also, sich mit Dingen beschäftigt, die dem Lernenden als sinnvoll und interessant erscheinen. Würde das Modell sich mit Dingen beschäftigen, die für den Lernenden uninteressant sind, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel geringer, dass das Verhalten übernommen wird.
Ein typisches Beispiel für die Attraktivität eines Modells erleben wir im Bereich der Popmusik. Teenager schauen auf Musikstars wie Britney Spears, No Angels usw. Viele Teenager schauen (hier also als Lernende) auf diese Modelle und beobachten, wie deren Verhalten positiv sanktioniert wird.
Diese Musikstars können aufgrund ihres Tanzens und Singens viel Beifall, Anerkennung und auch materiellen Reichtum erhalten. Diese positiven Konsequenzen machen diese Musikstars für die Teenager als Modelle interessant und attraktiv. Deshalb wollen viele, wenn sie auf ihren Beruf befragt werden, Popstar werden. Als Modelle werden folgende Menschentypen schnell ausgewählt:
- Menschen, die soziale Macht besitzen, also belohnen und bestrafen können,
- Menschen mit hohem Ansehen,
- Menschen, die sympathisch und attraktiv sind. Die Attraktivität kann z. B. im Geschlecht, im Alter oder in der Herkunft begründet liegen,
- Menschen, die die Bedürfnisse des Lernenden zufrieden stellen können.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass Eltern und Erzieher im besonderen Maße sich ihrer Modellfunktion bewusst werden sollen. Eltern und Erzieher sind automatisch Modelle, auch wenn sie dies vielleicht für sich selbst noch nie reflektiert haben. Eltern und Erzieher sind in hohem Maße in der Lage, die materiellen und emotionalen Bedürfnisse der Kinder zufrieden stellen zu können. Daher werden ihre Verhaltensweisen oft unbewusst von Kindern übernommen.
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
Kinder, die selbst wenig Selbstvertrauen und Selbstachtung haben, die sehr stark suchen und große Unsicherheit in ihrem Bewertungen und Handlungsweisen haben, sind sehr offen, sich Modelle in ihren Cliquen zu suchen und deren Verhaltensweisen zu übernehmen. Das Lernen von Kindern und Jugendlichen beinhaltet das Streben von der Unsicherheit, also dem großen Fragezeichen hin, zu Stabilität der Verhältnisse, hin zur Sicherheit, also hin zum klaren Ausrufezeichen. Je fragender und unsicherer ein Kind ist, desto eher ist es bereit, Modelle zu übernehmen. Dies gilt besonders, wenn jemand neu in einer Gruppe ist. So versucht dieser Mensch von der großen Unsicherheit des Neulings hin zur Sicherheit des gruppenintegrierten Mitgliedes zu gelangen. Dies geschieht, indem die Verhaltensweisen der Modelle, hier der Gruppenleiter, beobachtet und übernommen werden. Modellverhalten wird auch dann stark übernommen, wenn eine Beziehung zwischen Modell und Beobachter besteht. Je intensiver die Beziehung zwischen Modell und Beobachter, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Verhaltensweisen imitiert werden. Auch die emotionale und materielle Abhängigkeit des Beobachters vom Modell erhöht die Nachahmungsbereitschaft.
Anhand von Untersuchungen wurde festgestellt, dass Kinder aus intakten Familien, die jahrelang eine gute Ehe beobachten konnten, selber wiederum in der Lage waren, eine erfolgreiche Ehe zu führen. Die oft unbewussten, erlernten Verhaltensmodelle der Eltern machte es den nun erwachsenen Kindern möglich, selbst eine harmonische Ehe zu führen.
2.2.3 Gedächtnisprozesse
Ein Beobachter speichert das Gesehene mit Hilfe seines Gedächtnisses so lange, bis er sich einen Nutzen vom Zeigen der erlernten Verhaltensweise verspricht. Das Beobachtete wird in Form von bildlichen oder sprachlichen Symbolen im Gehirn gespeichert und ist somit als Vorstellung dort vorhanden (= repräsentiert).
Beispiel: Ein 15jähriger beobachtet in einem Film, wie sein Held von einem Wasserstrudel in einem See herunter zum Boden des Sees gezogen wird. Als gekonnter Schwimmer lässt dieser Held sich herunter ziehen und erst unten am Boden, wo die Kraft des Strudels nachlässt, durchbricht er diesen Strudel und schwimmt aus ihm heraus. Er versucht nicht an der Oberfläche dem kräftigen Strudel zu entkommen. Dieses Verhalten beeindruckt den 15jährigen sehr stark und wird als bildliches Symbol im Gehirn gespeichert. Jahre später kommt der Junge, inzwischen 25 Jahre alt, in eine ähnliche Situation und genau in diesem Moment erinnert er sich an das bildliche Symbol des Helden. Er versucht dieses Verhalten nachzuahmen und kann mit Erfolg diesem Wasserstrudel entrinnen.
Ähnliche Gedächtnisprozesse werden sehr stark von der Werbeindustrie ausgenutzt. Durch wiederholtes Vorführen von attraktiven Modellen, die eine ganz bestimmte Marke benutzen, wird dafür gesorgt, dass Kindern aber auch Erwachsenen das Logo einer Marke als bildliches Symbol im Gehirn abgespeichert wird. So kann Monate später, wenn der Mensch in der Unsicherheit vor einem Ladenregal steht, sich für den Kauf eines Produktes zu entscheiden, nun die bildliche Abspeicherung des Symbols dafür sorgen, dass nicht das preiswertere No-Name-Produkt genommen wird, sondern das teure Markenprodukt.
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
Motorische Reproduktionsprozesse
Damit ein beobachtetes Verhalten gezeigt werden kann, bedarf es eines Umsetzens des Gespeicherten in angemessene Handlungen und Verhaltensweisen. Hierbei werden aus einer Vielzahl im Gedächtnis gespeicherten Codierungen solche ausgewählt und organisiert, die für das beabsichtige Verhalten relevant sind. Jedoch lassen sich diese kognitiven Vorstellungen nur selten gleich beim ersten mal richtig umsetzen. Häufig muss der Betrachter seine motorischen Fähigkeiten erst üben, korrigieren und wiederholen, bis sich ein Erfolg einstellt. Beim Üben und Korrigieren vergleicht der Lernende immer wieder die Ergebnisse seiner Handlungen und Verhaltensweisen mit den gespeicherten Codierungen.
Bespiel: Erlernt ein Kind das Fahrrad fahren, so genügt es nicht Andere beim Radfahren zu beobachten. Es muss eine Vielzahl von wichtigen Informationen aus seinem Gedächtnis abrufen, so z.B. wie die Pedale zu betätigen sind, wie man die Lenkstange hält, wie das Auf- und Absteigen erfolgt, usw. Trotz dieses Wissens wird das Kind die einzelnen Bewegungsabläufe erst eine Weile üben müssen, bis es das Fahrrad fahren beherrscht. Zwischendurch immer wieder der sicherheitsbringende Blick auf ein Fahrrad fahrendes Modell hilft hier, den Lernprozess voran zu treiben. Die motorische Reproduktionsphase wird besonders in handwerklichen Berufen genutzt, wenn es darum geht, ganz bestimmte Fertigkeiten, wie das Feilen eines U-Stahls durchzuführen. Mehrfach wird der Lernende den Meister beobachten wie er feilt und sich dessen Erklärungen anhören, um dann anschließend genau dieses Feilen zu imitieren. Ähnliches sollte auch bei Erziehern und Heilerziehungspflegern im Praktikum geschehen. Der pädagogische Umgang mit Kindern mit einem verhaltensauffälligen Jungen sollte von den Mentoren und den Erziehern vorgemacht werden, so dass die Praktikanten dieses Verhalten situationsgerecht imitieren können.
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
Ob ein Mensch ein bestimmtes Verhalten überhaupt beachtet, um es zu lernen, hängt von seiner vorhandenen Motivation ab. Die Motivation einer Person beeinflusst beim Modell-Lernen sowohl die Aneignungs- als auch die Ausführungsphase. Nur wer sich vom Beachten und Durchführen einer Verhaltensweise einen Erfolg bzw. einen Vorteil verspricht oder einen Misserfolg bzw. Nachteil abzuwenden glaubt, wird entsprechende Aktivitäten entfalten. Motivation ist daher eng mit der Aussicht auf Bekräftigung verbunden. So wird Daniela die im oben genannten Beispiel schon dargestellt wurde, das sportliche Verhalten einer Freundin nur dann übernehmen wollen, wenn sie für sportliche Aktivität grundsätzlich in einer entsprechenden Situation, wo sie das Modell beobachten kann, motiviert ist. Einfach ausgedrückt, Kinder und Jugendliche übernehmen ein Modellverhalten nur dann, wenn sie für diesen grundsätzlichen Bereich des Modellverhaltens Interesse entwickeln können.
Aufgabe der Erzieher ist es, Verhaltensweisen bei den zu Erziehenden zu beobachten und zu analysieren, welches Modell-Lernen abhängig von welchem Modell in ihrem Verhalten zu erkennen ist. Besonders wenn es darum geht, als Erzieher oder Erzieherin eine Gruppe zu leiten, sind derartige Phänomene unbedingt zu analysieren. Es gilt positive Verhaltensweisen zu verstärken, positive Modelle zu unterstützen und negative Modell-Lernen, also das Modell-Lernen von negativen Verhaltensweisen zu unterbrechen. Darüber hinaus müssen Erzieher ihr eigenes Verhalten analysieren und sich folgende Fragen stellen:

Arbeitsaufgabe: Reflektieren Sie schriftlich gemäß den unten genannten Fragen Ihr eigenes Verhalten und formulieren Sie entsprechende Konsequenzen.
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
1. 1. Welches Verhalten von mir, das ich unbewusst an den Tag lege, wird von den Kindern und Jugendlichen übernommen?

2. Wo lebe ich den Kindern und Jugendlichen versehentlich Verhaltensweisen vor, die ich eigentlich gar nicht weitergeben möchte?

3. Wo sollte ich mir selbst bewusst Modellverhalten angewöhnen, damit ich auf diese Art und Weise Kinder und Jugendliche positiv beeinflusse?

4. Wo habe ich in meiner Erziehung von meinen Erziehern, Eltern usw. Verhaltensweisen unbewusst übernommen, die ich eigentlich gerne abgestellt haben möchte?

5. Welche Verhaltensweisen meiner Erzieher waren positiv und möchte ich auch bewusst weiterhin übernehmen?























2.4 Beispiele für Modellernen im praktischen Leben
Ein Bäckermeister arbeitet fleißig in der Backstube. Seine Auszubildenden eifern ihm nach, da er gute Arbeit bei ihnen anerkennt. Er wirkt als Modell, weil er beliebt ist, als Bäckermeister eine gewisse Macht hat und das Übernehmen des Verhaltens "fleißig arbeiten" verstärkt.
Wenn der Bäckermeister jedoch von der Geschäftsleitung ständig kritisiert würde, würden sich die Jugendlichen ihn nicht ohne weiteres zum Modell nehmen, da er selbst dann für sein Verhalten nicht verstärkt werden würde.Die Geschäftsleitung würde somit die Autorität des Bäckermeisters „untergraben“
Die Hausfrau füllt die Gläser mit Orangensaft aus einer Karaffe. Ihr kleiner Sohn schaut ihr dabei zu und versucht am nächsten Tag selbst die Gläser zu füllen...
S. erlebt es fast täglich mit, wie sein älterer Bruder J. Mitschüler durch Brutalität andere Schüler einschüchtert . Offensichtlich respektieren die Mitschüler J. dafür (sei es nur aus Angst). Da auch S. respektiert werden möchte und in der Schulcafeteria nicht lange anstehen möchte, versucht er das Verhalten seines Bruders nachzuahmen.

Der Vater zeigt seiner Tochter, wir sie ein Raumschiff malen kann. Sie versucht das Beobachtete sofort zu Papier zu bringen.

Dem Kind I. wird erklärt und gezeigt, wie es mit Messer und Gabel umgehen kann: "... und dann nimmst Du die Gabel so in die Hand und führst sie zum Mund. Sieh mal, wie ich das mache!"
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
• Modell-Lernen kann man nun im Zusammenhang mit Verhaltensmodifikation aus drei verschiedenen Gesichtspunkten betrachten:
• a.) dient sie als Hilfe beim Aufbau neuen Verhaltens
• b.) kann sie zu hemmenden, abschwächenden oder enthemmenden, erleichternden Effekten sprechen
• c.) besitzt das Modell-Lernen die Funktion diskriminativer Hinweisreize
• Jeder dieser drei Gesichtspunkte wurde für die Therapie nutzbar gemacht.

2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
a) Die einfachste Form des Modell-Lernens als therapeutisches Verfahren besteht darin, dass das Modell, irgendein Verhalten zeigt das wiederum von einer anderen Person beobachtet wird. Dabei ist es wichtig, dass der Beobachter das Modellverhalten sehr genau beobachtet, damit er es sich aneignen kann. In einem zweiten Schritt geht es dann darum, dass der Beobachter das Angeeignete auch ausführen kann. Besonders in der praktischen Anwendung ist wichtig, wie in der Theorie zwischen Aneignung und Ausführung zu differenzieren. Zur Ausführung gehören natürlich die genügenden physischen und psychischen Voraussetzungen des Beobachters, und weiters dass er sich in einer günstigen Umgebung befindet und auch motiviert ist.

-Stellvertretende Konditionierung emotionaler Reaktionen:
• Eine Reihe von Untersuchungen zeigt, dass emotionale Reaktionen stellvertretend über die Darbietung emotionaler Reaktionen von Modellpersonen gelernt werden können. Nicht die eigenen emotionalen Reaktionen auf Menschen, Tiere und Objekte, sondern die von Modellpersonen sind die Grundlage für bestimmte eigene emotionale Reaktionen. Wie wir beim Bsp. Des bissigen Hundes gesehen haben, wird dieser Umstand wird zur Erklärung von bestimmten Abneigungen, Ängste, Vorlieben gegenüber Situationen gebraucht, mit denen man bisher noch keinerlei Kontakt hatte (z.B. Flugangst, Schlangenangst usw.).
Stellvertretende Löschung:
• Verhaltensmuster emotionaler Reaktionen können auch auf stellvertretender Basis gelöscht werden. Die stellvertretende Löschung von emotionalen Reaktionen kann dadurch erreicht werden, dass man Personen beobachtet, die als Modelle Annäherungsverhalten an furchtauslösende Objekte demonstrieren.
• Beispiel: Eine Untersuchung von Bandura, Blanchard & Ritter (1969) stellt eine erfolgreiche Anwendung von Techniken des Modell-Lernens bei der Behandlung von Schlangenphobien dar. Beobachtet jemand mit einer Schlangenphobie, wie eine Modellperson sicher mit einer Schlange umgeht, wird die Angst des Beobachters gelöscht, weil die Reaktionen des Modells keine aversiven Konsequenzen haben. Entscheidend ist dass das Vermeidungsverhalten des Phobikers, das ihn davon abhält, neue Konsequenzen zu erleben, soweit gelöscht wird, dass er nun selbst versucht, das beobachtete Verhalten auszuführen. Wichtig für den therapeutischen Prozess ist dabei die geeignete Auswahl, Beobachtung und Darbietung des Modells, dazu das Schaffen von Anreizen, die vom Modell erlernten Verhaltensweisen auch auszuführen und der Einsatz von stellvertretender und direkter Verstärkung.

Andere therapeutische Anwendungen
• Verschiedene andere etablierte Behandlungsmethoden verwenden Prinzipien des Modell-Lernens. Dazu gehört zum Beispiel die ,,fixed-role therapy" von G.A. Kelly (1955). Hier wird einem Klienten das erwünschte Verhalten in einem Rollenskript vorgegeben; er hat die Möglichkeit, es in der therapeutischen Situation zu üben, und versucht anschließend, es in den Alltag zu übertragen.
• -b) Gewisse Formen des Modell-Lernens verzichten auf die Aneignungsphase, weil das in Frage stehende Verhalten dem Beobachter bereits zur Verfügung steht. Dann ist die Ausführungsphase alleine wichtig. Die Ausführung wird von bestimmten einschränkenden Faktoren wie Angst bestimmt. In diesem Fall wird dem Beobachter am Modell gezeigt, dass das fragliche Verhalten ohne negative Konsequenzen durchführbar ist.
• Dabei spielt die Beobachtung der Konsequenzen, die das Modell als Folge seines Verhaltens erfährt, eine bedeutende Rolle. Positiv verstärkte Verhaltensweisen des Modells bewirken ein häufigeres Auftreten dieser Verhaltensmuster beim Beobachter. Umgekehrt zeigt sich, dass eine Einschränkung von unerwünschten Verhaltensweisen durch die Darbietung bestrafter Modelle möglich ist.
• Bandura und seine Mitarbeiter konnten diese Annahme für aggressives Verhalten von Kindern belegen: Kinder, die in einem Film oder in der Realität ein belohntes aggressives Modell gesehen hatten, zeigten mehr physisches und verbal-aggressives Verhalten als Kinder, deren Modell für aggressives Verhalten bestraft worden war.
• In einer zweiten Untersuchung (Bandura u.a., 1967) zeigte Bandura, dass die Darbietung eines angstfreien Modells gegenüber einem Hund zu einer deutlichen Enthemmung (des bisher seltenen) Annäherungsverhaltens führte, als dies in verschiedenen Kontrollgruppen der Fall war. Kinder, die ein angstfreies Modell im Umgang mit dem Hund gesehen hatten, waren nunmehr selbst in der Lage, sich dem Tier zu nähern (Streicheln, Füttern)
• Einige Untersuchungen zur Verwendung von Hemmungseffekten des Modell-Lernens liegen auch für Klienten mit problematischen sozialen Verhaltensweisen vor (z.B. Alkoholiker, Delinquente). Die Hemmung, solche Verhaltensweisen auszuführen, kann unter anderem dadurch erreicht werden, dass die Klienten ein Modell beobachten, das bei der Ausführung der entsprechenden Reaktionen negative Konsequenzen erlebt. Es ist zusätzlich hilfreich, Informationen und Modelle für zielführende Alternativen zu vermitteln.

• -c)Wenn eine Person ein Verhalten prinzipiell beherrscht, jedoch nur selten zeigt, d.h. zur Ausführung bringt, dann kann das Modell den Anstoss geben, das Verhalten in Zukunft häufiger zu zeigen. Hierbei handelt es sich um einen Aspekt des Modell-Lernens der in Alltagssituationen am häufigsten spontan auftritt, wenn wir mit geeigneten Modelpersonen zusammen sind.
• Der Effekt beruht darauf, dass eine Information gegeben wird, unter welchen (situativen) Bedingungen ein Verhalten beim Beobachter gezeigt werden sollte. Das Modellverhalten kann dabei als diskriminativer Reiz zur Auslösung des entsprechenden Verhaltens beim Beobachter verstanden werden.
• Die Erfolge von Gruppentherapien mit extrem gehemmten und leicht aggressiven Kindern (vgl. Petermann & Petermann», 1978; U. Petermann, 1983) lassen sieh zumindest teilweise durch reaktionserleichternde Effekte erklären. In einer gemischten Gruppe wird das leicht aggressive Verhalten des einen Kindes zum diskriminativen Hinweisreiz für das Verhalten eines gehemmteren Kindes. Es lernt so, sich in bestimmten Situationen auch anders als durch sozialen Rückzug und Hemmung interaktiver Verhaltensweisen zu bewegen.
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (=ATP)
• Dieses komplexe Trainingsprogramm enthält das Lernen am Modell als eine wichtige Komponente nebst anderen Therapieformen.
• Das ATP wurde zu Beginn der 70er Jahre von Ullrich & Ullrich de Muynck entwickelt. Ziel dieses komplexen Trainings ist die Verhaltens- und Einstellungsänderung zur Neuerfahrung bisher vermiedener sozialer Situationen ohne negative Konsequenzen. Dabei wird verantwortungsbewusstes, selbstsicheres Verhalten angestrebt, das eingesetzt werden kann, um für eigene Bedürfnisse und Rechte einzustehen, ohne die Rechte anderer Personen zu verletzen, unter Berücksichtigung der jeweiligen situativen Gegebenheiten.
• Alberti & Emmons (1978) haben darauf hingewiesen, dass selbstsicheres Verhalten keinesfalls mit rücksichtsloser Durchsetzung oder aggressivem Verhalten gleichzusetzen ist. Nonassertiv bedeutet passives, unsicheres Verhaltem, assertives selbstsicheres, der Situation angemessenes Verhalten.
2.5.3.1 Indikationen
• ATP lässt sich dann einsetzen, wenn es Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen, soziale Ängste und Defizite im Sozialverhaltem gibt.
• Dazu gehören auch die sozialen Ängste und das Vermeideverhalten wie bei sozialen Phobien und
• Persönlichkeitsstörungen oder Zwängen und sexuellen Störungen. Dabei wird Sozialangst gleichgesetzt mit Fehlschlagangst.
• Weitere Unterformen dieser sozialen Ängste sind die oft intensiven Ängste vor Bewältigungs- und Kontrollverlust, wie sie
• Bei Leuten mit Ängsten vor Erröten, vor Essen in der Öffentlichkeit, Angst vor Stimmversagen, Zittern, Schwitzen, Erbrechen oder öffentlicher Blamage bestehen.
• Aber auch Defizite im Rahmen depressiver Probleme oder psychotische Erkrankungen oder Kompensationen durch Süchte, Esstörungen und psychosomatische Erkrankungen können im Rahmen der ATP therapiert werden.


2.5.2.3.2. Struktur des ATP
Wie ist dieses Trainingsprogramm strukturiert?
Zu Beginn der Therapie werden mit jedem einzelnen Klienten durch gezielte Selbstbeobachtung des eigenen Verhaltens die Probleme beschrieben und in ihrem funktionalen Zusammenhang analysiert. Aufgrund dieser funktionalen Analyse läßt sich eine Zielbestimmung (,,Erlern-/Verlernliste") festlegen.
Diese Liste ist im Laufe der Therapie veränderbar, eventuell zu erweitern; durch die explizite Liste können auch individuelle Lernfortschritte festgehalten und Veränderungen konkret beurteilt werden.
Das wiederholte Einüben von Verhaltensweisen gehört zu den wichtigsten Elementen des Trainings sozialer Kompetenz. Bei den Modellvorgaben durch den Therapeuten geht es um eine möglichst effektive Vermittlung von Verhaltensweisen. Während der Verhaltensprobe des Klientenkönnen die Therapeuten durch unmittelbare Verhaltensanweisungen oder Gesten und Gebärden, das im Rollenspiel gezeigte Verhalten verstärken und beeinflussen. Zur Festigung und Ueberprüfung neuer Verhaltensweisen sind Übungen in der Realität, in Form von Hausaufgaben typisch.
Einen Kernbereich des ATP bilden 127 soziale Situationen, die wie beschrieben im Rollenspiel eingeübt und anschließend in den In-vivo-Übungen trainiert und umgesetzt werden sollen. Die Übungen umfassen vier Hauptkategorien sozialer Kompetenz:
• 1. Stellen von Forderungen;
• 2. Nein sagen und kritisieren;
• 3. Herstellen von Kontakten;
• 4. sich öffentlicher Beachtung aussetzen und sich Fehler erlauben

Diese Hauptkategorien sozialer Kompetenz sollen im Verlaufe des Erlernens von Selbstsicherheit in verschiedenen Situationen geübt bzw. trainiert werden: Straße, Verkehrsmittel, Geschäfte, Lokale, öffentliche Veranstaltungen und Behörden. Einbezogen werden dabei Nachbarn, Freunde und Bekannte, der Arbeitsbereich sowie die eigene Familie.
Die verbalen und nonverbalen Fertigkeiten, die in einer vorgegebenen Situation trainiert werden sollen, werden in der Anleitung genau benannt, und die im Theorieteil allgemein formulierten Therapieziele werden für jede Übung bzw jeden Übungsteil entsprechend konkretisiert. Komplexe soziale Situationen, wie sie beim Aufbau sozialen Verhaltens vorkommen, werden in einen größeren Bezugsrahmen gestellt (z.B. Arbeitsbereich, Bereich Familie), damit der Teilnehmer des Programms seine persönlichen Probleme auch in den Zusammenhang zu gesellschaftlichen Bedingungen stellen kann.
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
Ullrich de Muynck & Ullrich (1977) sehen psychische Störungen als soziale Probleme; die Therapieziele des ATP legen eine Konzipierung des ATP als Gruppentherapie nahe, weil eine Gruppensituation am ehesten die Bedingungen herstellt, denen sich ein Klient in seinem täglichen Leben gegenübersieht .
Das gruppentherapeutische Vorgehen bildet eine Reihe von Vorteilen beim Erlernen sozial kompetenten Verhaltens
Wenn ein Teilnehmer anderen Personen in der Gruppe Zuwendung vermittelt (in Form von Beachtung, Diskussionsbemerkungen, Feedback . , ), so stellt dies bereits eine Stufe beim Aufbau gewünschten Verhaltens dar (aktive Beteiligung in einer sozialen Situation).
In einer Gruppensituation orientieren sich die Teilnehmer nicht nur am Therapeuten, sondern auch an den anderen Mitgliedern der Gruppe. Dies bildet eine prinzipielle Unabhängigkeit von den Ziel- und Wertvorstellungen des Therapeuten; dies sollte allerdings nur dann als besonderer Vorteil angesehen werden, wenn nicht die Gruppe ihrerseits Standards oder Normen vermittelt, die der Erreichung eines Therapieziels bei einer einzelnen Person im Wege stehen.
Die in einer Gruppe erlernten Interaktionsfähigkeiten lassen sich leichter auf reale Interaktionen übertragen als solche, die in einer Einzeltherapie gelernt wurden (Gruppe als Modell sozialer Interaktionen). Auch wenn die Gruppe eine Art künstlicher (geschützter) Situation darstellt, lassen sich hier doch eher reale Interaktionsmuster modellieren und üben.

3. Zusammenfassung
Zum Lernen am Modell gehört:
„a. Aufmerksamkeitszuwendung
b. Behaltensphase
c. Reproduktionsphase
d. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst realisieren möchte.
b) Emotionale Beziehung zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der Nachahmung größer.
d) Stellvertretende Verstärkung: Sieht der Beobachter die Konsequenzen am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer Status des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden eher nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder niedrigerem Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte Macht oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder bestrafen kann. Hierin äußert sich die Machtposition.“
4. Quellenverzeichnis:
Hobmair, Herman „Pädagogik“,: Köln 1996, S. 159-162
Zimbardo, Philip G. „Psychologie“ , 5.Auflage, Berlin, 1992,S. 422
Schülerduden: „Die Pädagogik“ aa.O, S. 388
Mietzel, Gerd „Wege in die Psychologie“ 7.,: Auflage, Stuttgart 1994, S. 198
________________________________________
5.Literatur zum Lernen
*Gage, N. L. & Berliner, D. C. (1996). Pädagogische Psychologie (5. Auflage). Weinheim: Psychologie Verlags Union - Beltz. (Kapitel 6)
Mietzel, G. (1993). Psychologie in Unterricht und Erziehung. Einführung in die Pädagogische Psychologie für Pädagogen und Psychologen (4. Auflage). Göttingen: Hogrefe. (Kapitel 4)
Redlich, A., & Schley, W. (1981). Kooperative Verhaltensmodifikation im Unterricht. München: Urban & Schwarzenberg.


Arbeitsaufgaben
1. Definieren Sie den Begriff Modell-Lernen!
2. Nennen Sie weitere Bezeichnungen für das Modell-Lernen.
3. Aus welchen Phasen und Prozessen besteht das Modell-Lernen laut Albert Bandura?
4. Nennen Sie Bedingungen, die das Modell-Lernen laut Albert Bandura wahrscheinlicher macht.
5. Welche Bedingungen muss ein Modell erfüllen, damit es vom Lernenden beachtet wird?
6. Von welchen Faktoren hängt es ab, ob wir ein bestimmtes Modell auswählen und welche Verhaltensweisen wir übernehmen?
7. Interpretieren Sie folgendes Fallbeispiel anhand der Theorie des Modell-Lernens nach Albert Bandura:
Zwei Kinder im Alter von 9 und 10 Jahren sehen zu Hause bei ihren Eltern einen Horror-Videofilm, in dem es darum geht, Menschen zu erstechen und anschließend zu zerstückeln. Diese Kinder beobachten ihre Eltern, wie sie diesen Film begeistert anschauen und anschließend freudig über diesen Film reden. Diese Beobachtung der Kinder wiederholt sich im Laufe von Monaten, es ist Standard, dass sie gemeinsam mit ihren Eltern heftige Horrorfilme anschauen. Darüber hinaus kommt eine weitere gewaltsame Atmosphäre in diese Familie. Eines Tages kommen diese beiden Kinder auf die Idee, das Gesehene nachzumachen. Sie schnappen sich einen 3jährigen Jungen, verschleppen ihn auf einen Müllplatz und imitieren genau die Verhaltensweisen, die sie im Horrorfilm gesehen haben. Sie töten ihn, zerschneiden ihn und versuchen weitestgehend das Erlebte des Horrorfilms nachzumachen.
a)Welche erzieherischen Konsequenzen formulieren Sie bezüglich dieses Fallbeispiels?
b)Beschreiben Sie die Bedeutung der Modell-Lerntheorie von Bandura für die Erziehung.

7. Fallbeschreibung Christian:
Christian, 18 Jahre alt, wurde von der Polizei gefasst, als er zusammen mit anderen Jugendlichen einen Diskothekenbesucher ohne erkennbaren Grund brutal verprügelte. Ein Sozialpädagoge beschäftigte sich – im Auftrag des Gerichts – mit Christians Vergangenheit. Er stellt fest, dass Christian schon sehr früh mit Gewalt in Berührung kam. Sein Vater beherrschte die ganze Familie durch seine unkontrollierten Wutausbrüche. Häufig verprügelte er – besonders wenn er vorher Ärger auf der Arbeit oder getrunken hatte – Frau und Kinder, so dass die ganze Familie in ständiger Angst vor dem Vater lebte. Christian selbst berichtet, dass er als Kind völlig verschüchtert gewesen sei und sich nie getraut habe, sich gegen den Vater zur Wehr zu setzen. ... da dies den Vater noch mehr provoziert hätte. Auch sei er ein sehr schwächliches Kind gewesen, das in der Schule immer Außenseiter gewesen sei.
Von seinen Klassenkameraden sei er oft verprügelt worden. Bis zu seinem 16. Lebensjahr habe er nie einen richtigen Freund gehabt. Damals sei ein neuer Schüler in seine Klasse gekommen, mit dem er sich auf Anhieb gut verstanden habe. Dieser habe nach kürzester Zeit den Ruf eines brutalen Schlägers gehabt, der sich nichts gefallen lasse. Seit er (Christian) in dessen Schutz stehe, gelte er auch etwas in der Klasse. Sein neuer Klassenkamerad sei Mitglied einer radikalen Gruppe, die es sich zum Ziel gesetzt habe, gegen Ausländer und Homosexuelle vorzugehen.
Durch seinen Freund sei er ebenfalls in die Clique gekommen. Anfangs habe er vor den gewalttätigen Auseinandersetzungen Angst gehabt, er habe jedoch seinen Freund nicht enttäuschen wollen und deshalb mitgemacht. Mit der Zeit sei er sicherer geworden und könne jetzt das Gefühl der Macht und die Angst, die andere vor ihm hätten, richtig genießen. Auch seien diese Auseinandersetzungen nicht gefährlich, da immer auf eine zahlenmäßige Überlegenheit der Clique geachtet werde.
Aufgabe:
Versuchen Sie, das Verhalten von Christian aus der Sicht der Modell-Lerntheorie von Albert Bandura zu erklären:
a) Beschreiben Sie mit eigenen kurzen Worten das problematische Verhalten von Christian
b) Stellen Sie die Ursachen dar, die zu diesem Verhalten geführt haben könnten
c) Erklären Sie das Verhalten des Jungen mit Hilfe der Theorie von Albert Bandura. Stellen Sie dabei die relevanten Aussagen dieser Theorie zusammen.
d) Zeigen Sie auf der Grundlage dieser Theorie Möglichkeiten auf, um das problematische Verhalten von Christian ändern zu können.
8. Aufgabenstellung:
Ein Kind in einer Wohngruppe fällt wiederholt durch überdurchschnittlich aggressives Verhalten auf.
a) Erarbeiten Sie Möglichkeiten einer Verhaltensänderung auf der Grundlage der Modelltheorie.
b) Beschreiben Sie mögliche Probleme, die bei Ihrem Vorhaben auftauchen können.
c) Erarbeiten Sie Strategien um diesen möglichen Problemen präventiv zu begegnen.

9). Das Modell-Lernen und die Zigarettenraucherinnen
Sie arbeiten als Erzieher in einem Hort und draußen vor der Tür, rechts neben einem Holunderbusch treffen sich zwei ältere Mädchen, die eigentlich in dem Hort sein sollten und ihre Hausaufgaben machen sollten. Sie sind 15 Jahre alt und rauchen. Ein Kind im Alter von 11 Jahren kommt hinzu, beobachtet diese beiden und sagt: „Boar, das ist ja cool.“ Und besorgt sich von anderen Kindern ebenfalls Zigaretten und stellt sich zu diesen zwei älteren Mädchen.
Aufgabenstellung:
a) Analysieren Sie diese pädagogische Situation anhand der Theorie von Albert Bandura. Beschreiben Sie das problematische Verhalten.
b) Welches alternative Modellverhalten würden Sie dem kleineren Kind als Erzieherin vorleben?
c) Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Beispiel für sich persönlich?
d) Formulieren Sie ein alternatives Handlungskonzept und Erziehungsmaßnahmen für die beiden älteren Kinder auf Basis der Theorie von Albert Bandura.
Bearbeiten Sie folgenden Lückentext, indem Sie die fehlenden Worte richtig einsetzen:
Vom Erlebten bis zur Ausführung eines Verhaltens durchläuft der Beobachter die im Folgenden beschriebenen vier Verarbeitungsphasen, die Bandura und seine Forschungsgruppe herausgearbeitet haben:
1. Aufmerksamkeitszuwendung
2. Behaltensphase
3. Re____________sphase
4. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst ___________möchte.
b) Emotionale ____________zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die __________________der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der _____________größer.
d) Stell__________Verstärkung: Sieht der Beobachter die _____________am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer __________des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden ______nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder _____________Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte ________oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder __________kann. Hierin äußert sich die Macht________.

Fügen Sie die folgenden Worte an der richtigen Stelle ein:
Macht, Nachahmung, bestrafen, produktion, realisieren, niedrigerem, Konsequenzen, position, eher, Beziehung, vertretende, Macht, Status





Thema: Die sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell (nach Albert Bandura)
Inhalt
1. Einführung
Verhaltensauffälligkeiten
2. Lernen am Modell
Fallbeispiel: Diana 11 Jahre alt
2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
2.2.3 Gedächtnisprozesse
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
2.4 Denkanstöße / Praxisbeispiele
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (ATP)
2.5.3.1 Indikationen
2.5.2.3.2. Struktur des ATP
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
3. Zusammenfassung
4. Quellenverzeichnis 5.Literatur zum Lernen
1. Einführung
Im folgenden geht es darum anhand verschiedener psychologischer Theorien ein Verständnis zu entwickeln wie Menschen sich Verhaltensweisen aneignen. Dabei geht es um gewollte aber auch von der Gesellschaft sanktionierte Verhaltensweisen. Wer kennt nicht den Spruch einer schimpfenden Mutter: „Von wem hast du das nur?“.
Gemeint ist mit dieser Frage, woher hat wohl das eigene Kind diese Verhaltensweise übernommen.

Albert Bandura: :Sein Leben Albert Bandura wurde am 04.12.1925 in Alberta geboren. Dort verbrachte er auch seine Jugendjahre. Sein Studium begann er auf der Universität von British Columbia. Danach entschied er sich für die Universität von Iowa, um dort Klinische Psychologie zu studieren. Er entschloß sich für diese Universität, da sie einen guten Ruf in bezug auf ihre Erforschung von Lernprozessen hat. Von dieser Zeit an interessierte er sich für die Anwendung der Lerntheorien auf klinische Phänomene. 1950 ging er nach Stanford und arbeitete dort auf dem Gebiet der Interaktionsprozesse in der Psychotherepie und dem Familienmuster, das Aggressivität bei Kindern erzeugt. Während der Arbeit auf diesem Gebiet, stieß er auf die zentrale Rolle des Modell-Lernens bei der Persönlichkeitsentwicklung. Da er Forschungen auch auf dem Gebiet der Aggression, des Modell- und Beobachtungslernens und dem Prozess der Verhaltensänderung macht, erlangt er ein viel verzweigtes Forschungsprogramm. Dieses hat zum Ziel eine umfassende Theorie vom menschlichen Verhalten zu erhalten, um die menschlichen Fähigkeiten besser einordnen zu können. 1980 erhielt Albert Bandura die wissenschaftliche Auszeichnung der Vereinigung der "American Psychological Association" für "vorbildliche Leistungen als Forscher, Lehrender und Theoretiker".



1.1 Verhaltensauffälligkeiten
Die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten wird unter anderem mit den Lerntheorien erklärt. Verhaltensauffälligkeiten sind Besonderheiten des Verhaltens insbesondere von Kindern und Jugendlichen, die von den Normen der jeweiligen Gesellschaft abweichen. Der Begriff Verhaltensauffälligkeit beinhaltet aber auch die Subjektivität von Pädagogen, Ärzten, Therapeuten usw. und berücksichtigt die Situationsspezifität auffälligen Verhaltens, das von Traditionen abhängt. Manche pädagogische Autoren benutzen den Begriff Verhaltensauffälligkeit, weil er ihrer Meinung nach zum Ausdruck bringe, dass ein Verhalten in einem sozialen Austauschprozess nicht den Erwartungen des Interaktionspartners entspreche und deshalb als abweichend oder auffällig wahrgenommen werde. Genaue Zahlen zur Häufigkeit von Verhaltensauffälligkeiten liegen zur Zeit nur für den angelsächsischen Bereich vor.
Den ausländischen Ergebnissen und einer neueren deutschen Studie zur Folge ist von 10 bis 20 % verhaltensauffälligen und behandlungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen auszugehen. Bei Jungen werden dabei im Vergleich zu Mädchen etwa drei- bis viermal häufiger Verhaltensauffälligkeiten festgestellt, in erster Linie wegen des höheren Anteils aggressiven Verhaltens bei Jungen. Folgende bedeutsame Ansätze lassen sich bei der Diagnostik und Therapie von Verhaltensauffälligkeiten unterscheiden:
1. Psychoanalytischer Auffassung zur Folge sind Verhaltensauffälligkeiten das Ergebnis mangelnder psychischer Verarbeitung belastender und konflikthafter frühkindlicher Erlebnisse und/oder Konstellationen und nur durch eine Bewusstmachung dieser frühkindlichen Erlebnisse und Problematiken abbaubar.
2. Die lerntheoretisch orientierte Verhaltenstherapie geht von der Annahme aus, dass bestimmte Lernprozesse Verhaltensauffälligkeiten bewirken oder fördern und letztere nur über den Erwerb positiver Verhaltensweisen verlernt werden können, wobei positives wie negatives Verhalten nach denselben Lernprozessen bzw. Gesetzmäßigkeiten entsteht.
3. Der Labeling-approach sieht die Ursache für Verhaltensauffälligkeiten nicht in individuellen Zuschreibungen, sondern in gestörten oder zumindest auffälligen sozialen Interaktionen, die im Hinblick auf die erfolgreiche und dauerhafte Beseitigung der Verhaltensauffälligkeit entsprechend zu verändern seien; das verhaltensauffällige Individuum wird darüber hinaus nicht als gestört etikettiert, sondern sein Verhalten vom Zusammenhang abhängig begriffen. Beispiele für Verhaltensauffälligkeiten sind: Ess- und Schlafstörungen, Einnässen, Einkoten, motorische Unruhe, Sprach-, Lern- und Konzentrationsstörungen, verschiedene Ängste (z.B. Ängstlichkeit in bestimmten Situationen, Schulangst), aggressives wie Rückzugsverhalten sowie dissoziale bzw. delinquente Verhaltensweisen (z.B. Schulschwänzen, Herumhängen, sexuelle Verwahrlosung, Betrügereien, Eigentumsdelikte, Drogenabhängigkeit).

(...) Als therapiebedürftig werden nach heutiger Auffassung nur solche Verhaltensauffälligkeiten angesehen, die länger als sechs Monate andauern. Davon zu trennen sind bleibende Verhaltensauffälligkeiten, die sich bei körper- oder sinnesbehinderten Kindern als sekundäre Folgen ihrer jeweiligen Behinderung, bei den sogenannten Lernbehinderten als Folge ihrer mangelnden sozialen Kompetenz und der Fähigkeit gewisse Dinge vorauszusehen und vorausschauend zu handeln und zu agieren genannt.

2. Lernen am Modell
Der bereits oben genannte Ausruf einer schimpfenden Mutter weist auf das Alltagswissen hin, dass viele Verhaltensweisen von anderen abgeschaut wurden. Dabei ist es möglich, dass gesellschaftlich sanktionierte Verhaltensweisen sogenannte Verhaltensauffälligkeiten oder Verhaltensstörungen von Kindern und Jugendlichen übernommen wurden. Teilweise gibt es aber auch die Aufforderungen, gute Verhaltensweisen von anderen Kindern zu übernehmen: „Von dem Marcel solltest du dir mal eine Scheibe abschneiden, der hat immer so tolle Noten in der Schule!“ Unabhängig davon, ob eine solche Aufforderung einem positiven Erziehungsstil zuzuordnen ist oder nicht, ist hier das Alltagswissen erkennbar, dass positive Verhaltensweisen von anderen abgeschaut werden können.

Die sozial-kognitive Lerntheorie beschreibt das Lernen am Modell , auch Imitationslernen bzw. Beobachtungslernen ist ein wichtiger Beitrag der Theorie von Albert Bandura.

Definition: „Beobachtungslernen ist der Prozess, bei dem eine Person das Verhalten einer anderen beobachtet und ihr eigenes Verhalten allein auf diese Beobachtung hin verändert. Durch Beobachtungslernen erwerben Kinder und Erwachsene eine enorme Menge an Informationen über ihre soziale Umgebung – was angemessen ist und belohnt wird und was bestraft oder ignoriert wird.“


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Fallbeispiel:Diana und die Schultasche
Diana ist 11 Jahre alt und im 6. Schuljahr. Bislang hatte sie zu Hause bei ihren Eltern eine normale positive Umgangssprache kennen gelernt und auch selbst sich dieser Umgangssprache befleißigt. Seit einiger Zeit jedoch kommt sie nach Hause und benutzt häufig Worte wie „saucool, echt geil“ und andere sexistische Ausdrücke. Darüber hinaus fordert sie den Kauf von Markenkleidung und anderen Markenartikeln: „Mama ich will aber nicht irgendwelche blöden Turnschuhe tragen, ich will die neuen Schuhe von Adidas haben, die sind nämlich voll mega-in. Aber nur die mit den dicken Schnürsenkeln, die anderen sind out.“ Die Mutter, die durchaus ein begrenztes Einkommen hat, denkt daran und sagt: „Du hast doch erst vor drei Monaten von Tante Irene die teuren Buffalos geschenkt bekommen, reichen die nicht?“ Diana sagt darauf: „Nö, Mama die sind voll out. Wer trägt heute noch Buffalos. Ich war jetzt in der Stadt spazieren, keiner trägt Buffalos, nee das müssen die neuen Adidas sein und außerdem will ich endlich meinen Eastpak haben!“ Die Mutter fragt völlig verwirrt: „Was ist das denn?“ „Ja, das sind die neuen Schultaschen, die wir als Rucksäcke tragen, ich komm jetzt schließlich ins 7. Schuljahr bald, dann möchte ich Eastpak haben und nicht diese billigen Klamotten.“ Die Mutter will sich dem nicht anpassen und kauft eine andere Schultasche.
Eine Tasche, die sehr viel Ähnlichkeit mit der beliebten Marke Eastpak hat, nur um einiges preiswerter ist. An der Stelle, wo eigentlich Eastpak stehen sollte laut Diana, steht nun die Markenbezeichnung Aldi-Sports. Als die Mutter freudestrahlend nach Hause kommt und ihrer Tochter diese Tasche präsentiert, gibt es einen lauten, rebellischen Aufschrei: „Nö, Mama so`n Scheiß nehm ich nicht.“ Mutter sagt: „Nein, die von dir verlangte Marke ist doppelt so teuer, es bleibt dabei.“ Diana nimmt nun diese Aldi-Sports-Schultasche mit und wird tatsächlich in der Schule von ihren Freundinnen ausgelacht. Sie kommt nach Hause und sagt: „Mama, bei uns in der Klasse haben alle Eastpak. Nur ich nicht.“ Nach näherem Nachfragen ergibt sich, dass nicht alle MitSchülerinnen bzw. der Schüler nen die Eastpak-Tasche tragen, sondern die drei beliebtesten. Diana wollte dieses Verhalten imitieren...“
Aufgabenstellung: Beschreiben Sie mit kurzen eigenen Formulierungen die Problematik, die im Erziehungsgeschehen zwischen Mutter und Tochter in diesem Fallbeispiel dargestellt wird.

Banduras Experiment mit der Gummipuppe „In einem typischen Experiment führte Albert Bandura 1965 Kindern einen Film mit einem Erwachsenen, einem sogenannten Modell vor, der besonders markante aggressive Verhaltensweisen gegenüber einer Gummipuppe zeigte. Eine erste Gruppe von Versuchspersonen sah, wie das Modell für seine Verhaltensweisen mit Süßigkeiten belohnt wurde, während eine zweite Gruppe beobachtete, dass die Aggressionen des Erwachsenen ernste Ermahnungen nach sich zogen.
Nach dieser Vorführung registrierte Bandura genau, ob die Kinder Nachahmungsverhalten zeigten. Die Angehörigen der Gruppe, denen Aggressionen mit negativen Konsequenzen vorgeführt worden waren, zeigten erheblich weniger Nachahmungen, als die Teilnehmer der ersten Gruppe. Muss man davon ausgehen, dass Angehörige der zweiten Gruppe kein aggressives Verhalten gelernt hatten?
Bandura ist dieser Frage nachgegangen, indem er diesen Kindern Geschenke in Aussicht stellte, wenn sie ihm das Verhalten des Modells nachahmen würden. Unter diesen Anreizbedingungen bereitete es ihnen keine Schwierigkeiten, Bandura die Aggressionen vorzuführen, die sie offenbar sehr gut gelernt hatten.
Die Ergebnisse solcher Experimente werfen die Frage auf, ob nicht auch die Betrachtung aggressiver Fernsehsendungen dazu beiträgt, die Aggressivität der Zuschauer zu erhöhen...

Die Möglichkeit komplexere Verhaltensweisen durch Beobachtung eines Modells zu erlernen hat für den einzelnen Menschen sicherlich erhebliche Vorteile.
Schwierige Verhaltensweisen oder Handlungskompetenzen können so auch im beruflichen Verhalten im beruflichen Rahmen abgeschaut werden. Besonders motorische Handlungsfolgen lassen sich leichter abschauen an einem Modell als durch komplizierte schriftliche Beschreibungen erlernen.“

Arbeitsaufgabe: Formulieren Sie kurz die Ergebnisse des Experimentes von Bandura im Zusammenhang mit dem Imitationslernen von Aggressionen.
Welche erzieherischen Konsequenzen schlagen Sie aufgrund der Ergebnisse des Bandura-Experimentes vor?


2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
Albert Bandura unterteilt das Modell-Lernen in zwei Phasen und vier Prozesse. Die erste Phase ist die Aneignungsphase, zu der die Aufmerksamkeitsprozesse und die Gedächtnisprozesse zugeordnet werden.

ANEIGNUNGSPHASE AUSFÜHRUNGSPHASE
Aufmerksamkeit Gedächtnis Motorische Reproduktion Motivation
Modellierungsreize
Auslösen von Betroffenheit
Komplexität
Merkmal des Beobachters
Wahrnehmungsfähigkeit/haltung
Aktivierungsgrad
Motivation
frühere Verstärkung symbolische Kodierung
innere Repräsentation
symbolische Wiederholung
motorische Wiederholung körperliche Fähigkeiten
Verfügbarkeit der Teilreaktionen
Feedback der Genauigkeit äußere, direkte Verstärkung
stellvertretende Verstärkung
Selbstverstärkung

Die Ausführungsphase beinhaltet die motorischen Reproduktionsprozesse und die Motivations- und Verstärkungsprozesse.

2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
Aus der Vielzahl von Informationen, die das Verhalten eines Vorbildes enthält, wählt der Lernende die für ihn wichtigen Bestandteile aus und beobachtet sie exakt. Ob ein Modell viel oder wenig Aufmerksamkeit bekommt, hängt unter anderem ab von den Persönlichkeitsmerkmalen des Modells, von den Persönlichkeitsmerkmalen des Beobachters, von der Art der Beziehung zwischen Modell und Beobachter und von den Situationsbedingungen. Beispiel:
Wenn ein 14jähriger Junge innerhalb seiner Peer-Group, z.B. seiner Clique, einen etwas älteren Jungen kennen lernt, mit dem er sich gut identifizieren kann, den er sympathisch, also attraktiv findet und dessen Verhaltensweisen er erstrebenswert empfindet, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der 14jährige Junge das Verhalten von dem Älteren übernimmt und imitiert. Dabei ist es wichtig, dass das Modell, der ältere Junge also, sich mit Dingen beschäftigt, die dem Lernenden als sinnvoll und interessant erscheinen. Würde das Modell sich mit Dingen beschäftigen, die für den Lernenden uninteressant sind, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel geringer, dass das Verhalten übernommen wird.
Ein typisches Beispiel für die Attraktivität eines Modells erleben wir im Bereich der Popmusik. Teenager schauen auf Musikstars wie Britney Spears, No Angels usw. Viele Teenager schauen (hier also als Lernende) auf diese Modelle und beobachten, wie deren Verhalten positiv sanktioniert wird.
Diese Musikstars können aufgrund ihres Tanzens und Singens viel Beifall, Anerkennung und auch materiellen Reichtum erhalten. Diese positiven Konsequenzen machen diese Musikstars für die Teenager als Modelle interessant und attraktiv. Deshalb wollen viele, wenn sie auf ihren Beruf befragt werden, Popstar werden. Als Modelle werden folgende Menschentypen schnell ausgewählt:
- Menschen, die soziale Macht besitzen, also belohnen und bestrafen können,
- Menschen mit hohem Ansehen,
- Menschen, die sympathisch und attraktiv sind. Die Attraktivität kann z. B. im Geschlecht, im Alter oder in der Herkunft begründet liegen,
- Menschen, die die Bedürfnisse des Lernenden zufrieden stellen können.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass Eltern und Erzieher im besonderen Maße sich ihrer Modellfunktion bewusst werden sollen. Eltern und Erzieher sind automatisch Modelle, auch wenn sie dies vielleicht für sich selbst noch nie reflektiert haben. Eltern und Erzieher sind in hohem Maße in der Lage, die materiellen und emotionalen Bedürfnisse der Kinder zufrieden stellen zu können. Daher werden ihre Verhaltensweisen oft unbewusst von Kindern übernommen.
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
Kinder, die selbst wenig Selbstvertrauen und Selbstachtung haben, die sehr stark suchen und große Unsicherheit in ihrem Bewertungen und Handlungsweisen haben, sind sehr offen, sich Modelle in ihren Cliquen zu suchen und deren Verhaltensweisen zu übernehmen. Das Lernen von Kindern und Jugendlichen beinhaltet das Streben von der Unsicherheit, also dem großen Fragezeichen hin, zu Stabilität der Verhältnisse, hin zur Sicherheit, also hin zum klaren Ausrufezeichen. Je fragender und unsicherer ein Kind ist, desto eher ist es bereit, Modelle zu übernehmen. Dies gilt besonders, wenn jemand neu in einer Gruppe ist. So versucht dieser Mensch von der großen Unsicherheit des Neulings hin zur Sicherheit des gruppenintegrierten Mitgliedes zu gelangen. Dies geschieht, indem die Verhaltensweisen der Modelle, hier der Gruppenleiter, beobachtet und übernommen werden. Modellverhalten wird auch dann stark übernommen, wenn eine Beziehung zwischen Modell und Beobachter besteht. Je intensiver die Beziehung zwischen Modell und Beobachter, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Verhaltensweisen imitiert werden. Auch die emotionale und materielle Abhängigkeit des Beobachters vom Modell erhöht die Nachahmungsbereitschaft.
Anhand von Untersuchungen wurde festgestellt, dass Kinder aus intakten Familien, die jahrelang eine gute Ehe beobachten konnten, selber wiederum in der Lage waren, eine erfolgreiche Ehe zu führen. Die oft unbewussten, erlernten Verhaltensmodelle der Eltern machte es den nun erwachsenen Kindern möglich, selbst eine harmonische Ehe zu führen.
2.2.3 Gedächtnisprozesse
Ein Beobachter speichert das Gesehene mit Hilfe seines Gedächtnisses so lange, bis er sich einen Nutzen vom Zeigen der erlernten Verhaltensweise verspricht. Das Beobachtete wird in Form von bildlichen oder sprachlichen Symbolen im Gehirn gespeichert und ist somit als Vorstellung dort vorhanden (= repräsentiert).
Beispiel: Ein 15jähriger beobachtet in einem Film, wie sein Held von einem Wasserstrudel in einem See herunter zum Boden des Sees gezogen wird. Als gekonnter Schwimmer lässt dieser Held sich herunter ziehen und erst unten am Boden, wo die Kraft des Strudels nachlässt, durchbricht er diesen Strudel und schwimmt aus ihm heraus. Er versucht nicht an der Oberfläche dem kräftigen Strudel zu entkommen. Dieses Verhalten beeindruckt den 15jährigen sehr stark und wird als bildliches Symbol im Gehirn gespeichert. Jahre später kommt der Junge, inzwischen 25 Jahre alt, in eine ähnliche Situation und genau in diesem Moment erinnert er sich an das bildliche Symbol des Helden. Er versucht dieses Verhalten nachzuahmen und kann mit Erfolg diesem Wasserstrudel entrinnen.
Ähnliche Gedächtnisprozesse werden sehr stark von der Werbeindustrie ausgenutzt. Durch wiederholtes Vorführen von attraktiven Modellen, die eine ganz bestimmte Marke benutzen, wird dafür gesorgt, dass Kindern aber auch Erwachsenen das Logo einer Marke als bildliches Symbol im Gehirn abgespeichert wird. So kann Monate später, wenn der Mensch in der Unsicherheit vor einem Ladenregal steht, sich für den Kauf eines Produktes zu entscheiden, nun die bildliche Abspeicherung des Symbols dafür sorgen, dass nicht das preiswertere No-Name-Produkt genommen wird, sondern das teure Markenprodukt.
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
Motorische Reproduktionsprozesse
Damit ein beobachtetes Verhalten gezeigt werden kann, bedarf es eines Umsetzens des Gespeicherten in angemessene Handlungen und Verhaltensweisen. Hierbei werden aus einer Vielzahl im Gedächtnis gespeicherten Codierungen solche ausgewählt und organisiert, die für das beabsichtige Verhalten relevant sind. Jedoch lassen sich diese kognitiven Vorstellungen nur selten gleich beim ersten mal richtig umsetzen. Häufig muss der Betrachter seine motorischen Fähigkeiten erst üben, korrigieren und wiederholen, bis sich ein Erfolg einstellt. Beim Üben und Korrigieren vergleicht der Lernende immer wieder die Ergebnisse seiner Handlungen und Verhaltensweisen mit den gespeicherten Codierungen.
Bespiel: Erlernt ein Kind das Fahrrad fahren, so genügt es nicht Andere beim Radfahren zu beobachten. Es muss eine Vielzahl von wichtigen Informationen aus seinem Gedächtnis abrufen, so z.B. wie die Pedale zu betätigen sind, wie man die Lenkstange hält, wie das Auf- und Absteigen erfolgt, usw. Trotz dieses Wissens wird das Kind die einzelnen Bewegungsabläufe erst eine Weile üben müssen, bis es das Fahrrad fahren beherrscht. Zwischendurch immer wieder der sicherheitsbringende Blick auf ein Fahrrad fahrendes Modell hilft hier, den Lernprozess voran zu treiben. Die motorische Reproduktionsphase wird besonders in handwerklichen Berufen genutzt, wenn es darum geht, ganz bestimmte Fertigkeiten, wie das Feilen eines U-Stahls durchzuführen. Mehrfach wird der Lernende den Meister beobachten wie er feilt und sich dessen Erklärungen anhören, um dann anschließend genau dieses Feilen zu imitieren. Ähnliches sollte auch bei Erziehern und Heilerziehungspflegern im Praktikum geschehen. Der pädagogische Umgang mit Kindern mit einem verhaltensauffälligen Jungen sollte von den Mentoren und den Erziehern vorgemacht werden, so dass die Praktikanten dieses Verhalten situationsgerecht imitieren können.
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
Ob ein Mensch ein bestimmtes Verhalten überhaupt beachtet, um es zu lernen, hängt von seiner vorhandenen Motivation ab. Die Motivation einer Person beeinflusst beim Modell-Lernen sowohl die Aneignungs- als auch die Ausführungsphase. Nur wer sich vom Beachten und Durchführen einer Verhaltensweise einen Erfolg bzw. einen Vorteil verspricht oder einen Misserfolg bzw. Nachteil abzuwenden glaubt, wird entsprechende Aktivitäten entfalten. Motivation ist daher eng mit der Aussicht auf Bekräftigung verbunden. So wird Daniela die im oben genannten Beispiel schon dargestellt wurde, das sportliche Verhalten einer Freundin nur dann übernehmen wollen, wenn sie für sportliche Aktivität grundsätzlich in einer entsprechenden Situation, wo sie das Modell beobachten kann, motiviert ist. Einfach ausgedrückt, Kinder und Jugendliche übernehmen ein Modellverhalten nur dann, wenn sie für diesen grundsätzlichen Bereich des Modellverhaltens Interesse entwickeln können.
Aufgabe der Erzieher ist es, Verhaltensweisen bei den zu Erziehenden zu beobachten und zu analysieren, welches Modell-Lernen abhängig von welchem Modell in ihrem Verhalten zu erkennen ist. Besonders wenn es darum geht, als Erzieher oder Erzieherin eine Gruppe zu leiten, sind derartige Phänomene unbedingt zu analysieren. Es gilt positive Verhaltensweisen zu verstärken, positive Modelle zu unterstützen und negative Modell-Lernen, also das Modell-Lernen von negativen Verhaltensweisen zu unterbrechen. Darüber hinaus müssen Erzieher ihr eigenes Verhalten analysieren und sich folgende Fragen stellen:

Arbeitsaufgabe: Reflektieren Sie schriftlich gemäß den unten genannten Fragen Ihr eigenes Verhalten und formulieren Sie entsprechende Konsequenzen.
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
1. 1. Welches Verhalten von mir, das ich unbewusst an den Tag lege, wird von den Kindern und Jugendlichen übernommen?

2. Wo lebe ich den Kindern und Jugendlichen versehentlich Verhaltensweisen vor, die ich eigentlich gar nicht weitergeben möchte?

3. Wo sollte ich mir selbst bewusst Modellverhalten angewöhnen, damit ich auf diese Art und Weise Kinder und Jugendliche positiv beeinflusse?

4. Wo habe ich in meiner Erziehung von meinen Erziehern, Eltern usw. Verhaltensweisen unbewusst übernommen, die ich eigentlich gerne abgestellt haben möchte?

5. Welche Verhaltensweisen meiner Erzieher waren positiv und möchte ich auch bewusst weiterhin übernehmen?























2.4 Beispiele für Modellernen im praktischen Leben
Ein Bäckermeister arbeitet fleißig in der Backstube. Seine Auszubildenden eifern ihm nach, da er gute Arbeit bei ihnen anerkennt. Er wirkt als Modell, weil er beliebt ist, als Bäckermeister eine gewisse Macht hat und das Übernehmen des Verhaltens "fleißig arbeiten" verstärkt.
Wenn der Bäckermeister jedoch von der Geschäftsleitung ständig kritisiert würde, würden sich die Jugendlichen ihn nicht ohne weiteres zum Modell nehmen, da er selbst dann für sein Verhalten nicht verstärkt werden würde.Die Geschäftsleitung würde somit die Autorität des Bäckermeisters „untergraben“
Die Hausfrau füllt die Gläser mit Orangensaft aus einer Karaffe. Ihr kleiner Sohn schaut ihr dabei zu und versucht am nächsten Tag selbst die Gläser zu füllen...
S. erlebt es fast täglich mit, wie sein älterer Bruder J. Mitschüler durch Brutalität andere Schüler einschüchtert . Offensichtlich respektieren die Mitschüler J. dafür (sei es nur aus Angst). Da auch S. respektiert werden möchte und in der Schulcafeteria nicht lange anstehen möchte, versucht er das Verhalten seines Bruders nachzuahmen.

Der Vater zeigt seiner Tochter, wir sie ein Raumschiff malen kann. Sie versucht das Beobachtete sofort zu Papier zu bringen.

Dem Kind I. wird erklärt und gezeigt, wie es mit Messer und Gabel umgehen kann: "... und dann nimmst Du die Gabel so in die Hand und führst sie zum Mund. Sieh mal, wie ich das mache!"
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
• Modell-Lernen kann man nun im Zusammenhang mit Verhaltensmodifikation aus drei verschiedenen Gesichtspunkten betrachten:
• a.) dient sie als Hilfe beim Aufbau neuen Verhaltens
• b.) kann sie zu hemmenden, abschwächenden oder enthemmenden, erleichternden Effekten sprechen
• c.) besitzt das Modell-Lernen die Funktion diskriminativer Hinweisreize
• Jeder dieser drei Gesichtspunkte wurde für die Therapie nutzbar gemacht.

2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
a) Die einfachste Form des Modell-Lernens als therapeutisches Verfahren besteht darin, dass das Modell, irgendein Verhalten zeigt das wiederum von einer anderen Person beobachtet wird. Dabei ist es wichtig, dass der Beobachter das Modellverhalten sehr genau beobachtet, damit er es sich aneignen kann. In einem zweiten Schritt geht es dann darum, dass der Beobachter das Angeeignete auch ausführen kann. Besonders in der praktischen Anwendung ist wichtig, wie in der Theorie zwischen Aneignung und Ausführung zu differenzieren. Zur Ausführung gehören natürlich die genügenden physischen und psychischen Voraussetzungen des Beobachters, und weiters dass er sich in einer günstigen Umgebung befindet und auch motiviert ist.

-Stellvertretende Konditionierung emotionaler Reaktionen:
• Eine Reihe von Untersuchungen zeigt, dass emotionale Reaktionen stellvertretend über die Darbietung emotionaler Reaktionen von Modellpersonen gelernt werden können. Nicht die eigenen emotionalen Reaktionen auf Menschen, Tiere und Objekte, sondern die von Modellpersonen sind die Grundlage für bestimmte eigene emotionale Reaktionen. Wie wir beim Bsp. Des bissigen Hundes gesehen haben, wird dieser Umstand wird zur Erklärung von bestimmten Abneigungen, Ängste, Vorlieben gegenüber Situationen gebraucht, mit denen man bisher noch keinerlei Kontakt hatte (z.B. Flugangst, Schlangenangst usw.).
Stellvertretende Löschung:
• Verhaltensmuster emotionaler Reaktionen können auch auf stellvertretender Basis gelöscht werden. Die stellvertretende Löschung von emotionalen Reaktionen kann dadurch erreicht werden, dass man Personen beobachtet, die als Modelle Annäherungsverhalten an furchtauslösende Objekte demonstrieren.
• Beispiel: Eine Untersuchung von Bandura, Blanchard & Ritter (1969) stellt eine erfolgreiche Anwendung von Techniken des Modell-Lernens bei der Behandlung von Schlangenphobien dar. Beobachtet jemand mit einer Schlangenphobie, wie eine Modellperson sicher mit einer Schlange umgeht, wird die Angst des Beobachters gelöscht, weil die Reaktionen des Modells keine aversiven Konsequenzen haben. Entscheidend ist dass das Vermeidungsverhalten des Phobikers, das ihn davon abhält, neue Konsequenzen zu erleben, soweit gelöscht wird, dass er nun selbst versucht, das beobachtete Verhalten auszuführen. Wichtig für den therapeutischen Prozess ist dabei die geeignete Auswahl, Beobachtung und Darbietung des Modells, dazu das Schaffen von Anreizen, die vom Modell erlernten Verhaltensweisen auch auszuführen und der Einsatz von stellvertretender und direkter Verstärkung.

Andere therapeutische Anwendungen
• Verschiedene andere etablierte Behandlungsmethoden verwenden Prinzipien des Modell-Lernens. Dazu gehört zum Beispiel die ,,fixed-role therapy" von G.A. Kelly (1955). Hier wird einem Klienten das erwünschte Verhalten in einem Rollenskript vorgegeben; er hat die Möglichkeit, es in der therapeutischen Situation zu üben, und versucht anschließend, es in den Alltag zu übertragen.
• -b) Gewisse Formen des Modell-Lernens verzichten auf die Aneignungsphase, weil das in Frage stehende Verhalten dem Beobachter bereits zur Verfügung steht. Dann ist die Ausführungsphase alleine wichtig. Die Ausführung wird von bestimmten einschränkenden Faktoren wie Angst bestimmt. In diesem Fall wird dem Beobachter am Modell gezeigt, dass das fragliche Verhalten ohne negative Konsequenzen durchführbar ist.
• Dabei spielt die Beobachtung der Konsequenzen, die das Modell als Folge seines Verhaltens erfährt, eine bedeutende Rolle. Positiv verstärkte Verhaltensweisen des Modells bewirken ein häufigeres Auftreten dieser Verhaltensmuster beim Beobachter. Umgekehrt zeigt sich, dass eine Einschränkung von unerwünschten Verhaltensweisen durch die Darbietung bestrafter Modelle möglich ist.
• Bandura und seine Mitarbeiter konnten diese Annahme für aggressives Verhalten von Kindern belegen: Kinder, die in einem Film oder in der Realität ein belohntes aggressives Modell gesehen hatten, zeigten mehr physisches und verbal-aggressives Verhalten als Kinder, deren Modell für aggressives Verhalten bestraft worden war.
• In einer zweiten Untersuchung (Bandura u.a., 1967) zeigte Bandura, dass die Darbietung eines angstfreien Modells gegenüber einem Hund zu einer deutlichen Enthemmung (des bisher seltenen) Annäherungsverhaltens führte, als dies in verschiedenen Kontrollgruppen der Fall war. Kinder, die ein angstfreies Modell im Umgang mit dem Hund gesehen hatten, waren nunmehr selbst in der Lage, sich dem Tier zu nähern (Streicheln, Füttern)
• Einige Untersuchungen zur Verwendung von Hemmungseffekten des Modell-Lernens liegen auch für Klienten mit problematischen sozialen Verhaltensweisen vor (z.B. Alkoholiker, Delinquente). Die Hemmung, solche Verhaltensweisen auszuführen, kann unter anderem dadurch erreicht werden, dass die Klienten ein Modell beobachten, das bei der Ausführung der entsprechenden Reaktionen negative Konsequenzen erlebt. Es ist zusätzlich hilfreich, Informationen und Modelle für zielführende Alternativen zu vermitteln.

• -c)Wenn eine Person ein Verhalten prinzipiell beherrscht, jedoch nur selten zeigt, d.h. zur Ausführung bringt, dann kann das Modell den Anstoss geben, das Verhalten in Zukunft häufiger zu zeigen. Hierbei handelt es sich um einen Aspekt des Modell-Lernens der in Alltagssituationen am häufigsten spontan auftritt, wenn wir mit geeigneten Modelpersonen zusammen sind.
• Der Effekt beruht darauf, dass eine Information gegeben wird, unter welchen (situativen) Bedingungen ein Verhalten beim Beobachter gezeigt werden sollte. Das Modellverhalten kann dabei als diskriminativer Reiz zur Auslösung des entsprechenden Verhaltens beim Beobachter verstanden werden.
• Die Erfolge von Gruppentherapien mit extrem gehemmten und leicht aggressiven Kindern (vgl. Petermann & Petermann», 1978; U. Petermann, 1983) lassen sieh zumindest teilweise durch reaktionserleichternde Effekte erklären. In einer gemischten Gruppe wird das leicht aggressive Verhalten des einen Kindes zum diskriminativen Hinweisreiz für das Verhalten eines gehemmteren Kindes. Es lernt so, sich in bestimmten Situationen auch anders als durch sozialen Rückzug und Hemmung interaktiver Verhaltensweisen zu bewegen.
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (=ATP)
• Dieses komplexe Trainingsprogramm enthält das Lernen am Modell als eine wichtige Komponente nebst anderen Therapieformen.
• Das ATP wurde zu Beginn der 70er Jahre von Ullrich & Ullrich de Muynck entwickelt. Ziel dieses komplexen Trainings ist die Verhaltens- und Einstellungsänderung zur Neuerfahrung bisher vermiedener sozialer Situationen ohne negative Konsequenzen. Dabei wird verantwortungsbewusstes, selbstsicheres Verhalten angestrebt, das eingesetzt werden kann, um für eigene Bedürfnisse und Rechte einzustehen, ohne die Rechte anderer Personen zu verletzen, unter Berücksichtigung der jeweiligen situativen Gegebenheiten.
• Alberti & Emmons (1978) haben darauf hingewiesen, dass selbstsicheres Verhalten keinesfalls mit rücksichtsloser Durchsetzung oder aggressivem Verhalten gleichzusetzen ist. Nonassertiv bedeutet passives, unsicheres Verhaltem, assertives selbstsicheres, der Situation angemessenes Verhalten.
2.5.3.1 Indikationen
• ATP lässt sich dann einsetzen, wenn es Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen, soziale Ängste und Defizite im Sozialverhaltem gibt.
• Dazu gehören auch die sozialen Ängste und das Vermeideverhalten wie bei sozialen Phobien und
• Persönlichkeitsstörungen oder Zwängen und sexuellen Störungen. Dabei wird Sozialangst gleichgesetzt mit Fehlschlagangst.
• Weitere Unterformen dieser sozialen Ängste sind die oft intensiven Ängste vor Bewältigungs- und Kontrollverlust, wie sie
• Bei Leuten mit Ängsten vor Erröten, vor Essen in der Öffentlichkeit, Angst vor Stimmversagen, Zittern, Schwitzen, Erbrechen oder öffentlicher Blamage bestehen.
• Aber auch Defizite im Rahmen depressiver Probleme oder psychotische Erkrankungen oder Kompensationen durch Süchte, Esstörungen und psychosomatische Erkrankungen können im Rahmen der ATP therapiert werden.


2.5.2.3.2. Struktur des ATP
Wie ist dieses Trainingsprogramm strukturiert?
Zu Beginn der Therapie werden mit jedem einzelnen Klienten durch gezielte Selbstbeobachtung des eigenen Verhaltens die Probleme beschrieben und in ihrem funktionalen Zusammenhang analysiert. Aufgrund dieser funktionalen Analyse läßt sich eine Zielbestimmung (,,Erlern-/Verlernliste") festlegen.
Diese Liste ist im Laufe der Therapie veränderbar, eventuell zu erweitern; durch die explizite Liste können auch individuelle Lernfortschritte festgehalten und Veränderungen konkret beurteilt werden.
Das wiederholte Einüben von Verhaltensweisen gehört zu den wichtigsten Elementen des Trainings sozialer Kompetenz. Bei den Modellvorgaben durch den Therapeuten geht es um eine möglichst effektive Vermittlung von Verhaltensweisen. Während der Verhaltensprobe des Klientenkönnen die Therapeuten durch unmittelbare Verhaltensanweisungen oder Gesten und Gebärden, das im Rollenspiel gezeigte Verhalten verstärken und beeinflussen. Zur Festigung und Ueberprüfung neuer Verhaltensweisen sind Übungen in der Realität, in Form von Hausaufgaben typisch.
Einen Kernbereich des ATP bilden 127 soziale Situationen, die wie beschrieben im Rollenspiel eingeübt und anschließend in den In-vivo-Übungen trainiert und umgesetzt werden sollen. Die Übungen umfassen vier Hauptkategorien sozialer Kompetenz:
• 1. Stellen von Forderungen;
• 2. Nein sagen und kritisieren;
• 3. Herstellen von Kontakten;
• 4. sich öffentlicher Beachtung aussetzen und sich Fehler erlauben

Diese Hauptkategorien sozialer Kompetenz sollen im Verlaufe des Erlernens von Selbstsicherheit in verschiedenen Situationen geübt bzw. trainiert werden: Straße, Verkehrsmittel, Geschäfte, Lokale, öffentliche Veranstaltungen und Behörden. Einbezogen werden dabei Nachbarn, Freunde und Bekannte, der Arbeitsbereich sowie die eigene Familie.
Die verbalen und nonverbalen Fertigkeiten, die in einer vorgegebenen Situation trainiert werden sollen, werden in der Anleitung genau benannt, und die im Theorieteil allgemein formulierten Therapieziele werden für jede Übung bzw jeden Übungsteil entsprechend konkretisiert. Komplexe soziale Situationen, wie sie beim Aufbau sozialen Verhaltens vorkommen, werden in einen größeren Bezugsrahmen gestellt (z.B. Arbeitsbereich, Bereich Familie), damit der Teilnehmer des Programms seine persönlichen Probleme auch in den Zusammenhang zu gesellschaftlichen Bedingungen stellen kann.
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
Ullrich de Muynck & Ullrich (1977) sehen psychische Störungen als soziale Probleme; die Therapieziele des ATP legen eine Konzipierung des ATP als Gruppentherapie nahe, weil eine Gruppensituation am ehesten die Bedingungen herstellt, denen sich ein Klient in seinem täglichen Leben gegenübersieht .
Das gruppentherapeutische Vorgehen bildet eine Reihe von Vorteilen beim Erlernen sozial kompetenten Verhaltens
Wenn ein Teilnehmer anderen Personen in der Gruppe Zuwendung vermittelt (in Form von Beachtung, Diskussionsbemerkungen, Feedback . , ), so stellt dies bereits eine Stufe beim Aufbau gewünschten Verhaltens dar (aktive Beteiligung in einer sozialen Situation).
In einer Gruppensituation orientieren sich die Teilnehmer nicht nur am Therapeuten, sondern auch an den anderen Mitgliedern der Gruppe. Dies bildet eine prinzipielle Unabhängigkeit von den Ziel- und Wertvorstellungen des Therapeuten; dies sollte allerdings nur dann als besonderer Vorteil angesehen werden, wenn nicht die Gruppe ihrerseits Standards oder Normen vermittelt, die der Erreichung eines Therapieziels bei einer einzelnen Person im Wege stehen.
Die in einer Gruppe erlernten Interaktionsfähigkeiten lassen sich leichter auf reale Interaktionen übertragen als solche, die in einer Einzeltherapie gelernt wurden (Gruppe als Modell sozialer Interaktionen). Auch wenn die Gruppe eine Art künstlicher (geschützter) Situation darstellt, lassen sich hier doch eher reale Interaktionsmuster modellieren und üben.

3. Zusammenfassung
Zum Lernen am Modell gehört:
„a. Aufmerksamkeitszuwendung
b. Behaltensphase
c. Reproduktionsphase
d. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst realisieren möchte.
b) Emotionale Beziehung zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der Nachahmung größer.
d) Stellvertretende Verstärkung: Sieht der Beobachter die Konsequenzen am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer Status des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden eher nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder niedrigerem Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte Macht oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder bestrafen kann. Hierin äußert sich die Machtposition.“
4. Quellenverzeichnis:
Hobmair, Herman „Pädagogik“,: Köln 1996, S. 159-162
Zimbardo, Philip G. „Psychologie“ , 5.Auflage, Berlin, 1992,S. 422
Schülerduden: „Die Pädagogik“ aa.O, S. 388
Mietzel, Gerd „Wege in die Psychologie“ 7.,: Auflage, Stuttgart 1994, S. 198
________________________________________
5.Literatur zum Lernen
*Gage, N. L. & Berliner, D. C. (1996). Pädagogische Psychologie (5. Auflage). Weinheim: Psychologie Verlags Union - Beltz. (Kapitel 6)
Mietzel, G. (1993). Psychologie in Unterricht und Erziehung. Einführung in die Pädagogische Psychologie für Pädagogen und Psychologen (4. Auflage). Göttingen: Hogrefe. (Kapitel 4)
Redlich, A., & Schley, W. (1981). Kooperative Verhaltensmodifikation im Unterricht. München: Urban & Schwarzenberg.


Arbeitsaufgaben
1. Definieren Sie den Begriff Modell-Lernen!
2. Nennen Sie weitere Bezeichnungen für das Modell-Lernen.
3. Aus welchen Phasen und Prozessen besteht das Modell-Lernen laut Albert Bandura?
4. Nennen Sie Bedingungen, die das Modell-Lernen laut Albert Bandura wahrscheinlicher macht.
5. Welche Bedingungen muss ein Modell erfüllen, damit es vom Lernenden beachtet wird?
6. Von welchen Faktoren hängt es ab, ob wir ein bestimmtes Modell auswählen und welche Verhaltensweisen wir übernehmen?
7. Interpretieren Sie folgendes Fallbeispiel anhand der Theorie des Modell-Lernens nach Albert Bandura:
Zwei Kinder im Alter von 9 und 10 Jahren sehen zu Hause bei ihren Eltern einen Horror-Videofilm, in dem es darum geht, Menschen zu erstechen und anschließend zu zerstückeln. Diese Kinder beobachten ihre Eltern, wie sie diesen Film begeistert anschauen und anschließend freudig über diesen Film reden. Diese Beobachtung der Kinder wiederholt sich im Laufe von Monaten, es ist Standard, dass sie gemeinsam mit ihren Eltern heftige Horrorfilme anschauen. Darüber hinaus kommt eine weitere gewaltsame Atmosphäre in diese Familie. Eines Tages kommen diese beiden Kinder auf die Idee, das Gesehene nachzumachen. Sie schnappen sich einen 3jährigen Jungen, verschleppen ihn auf einen Müllplatz und imitieren genau die Verhaltensweisen, die sie im Horrorfilm gesehen haben. Sie töten ihn, zerschneiden ihn und versuchen weitestgehend das Erlebte des Horrorfilms nachzumachen.
a)Welche erzieherischen Konsequenzen formulieren Sie bezüglich dieses Fallbeispiels?
b)Beschreiben Sie die Bedeutung der Modell-Lerntheorie von Bandura für die Erziehung.

7. Fallbeschreibung Christian:
Christian, 18 Jahre alt, wurde von der Polizei gefasst, als er zusammen mit anderen Jugendlichen einen Diskothekenbesucher ohne erkennbaren Grund brutal verprügelte. Ein Sozialpädagoge beschäftigte sich – im Auftrag des Gerichts – mit Christians Vergangenheit. Er stellt fest, dass Christian schon sehr früh mit Gewalt in Berührung kam. Sein Vater beherrschte die ganze Familie durch seine unkontrollierten Wutausbrüche. Häufig verprügelte er – besonders wenn er vorher Ärger auf der Arbeit oder getrunken hatte – Frau und Kinder, so dass die ganze Familie in ständiger Angst vor dem Vater lebte. Christian selbst berichtet, dass er als Kind völlig verschüchtert gewesen sei und sich nie getraut habe, sich gegen den Vater zur Wehr zu setzen. ... da dies den Vater noch mehr provoziert hätte. Auch sei er ein sehr schwächliches Kind gewesen, das in der Schule immer Außenseiter gewesen sei.
Von seinen Klassenkameraden sei er oft verprügelt worden. Bis zu seinem 16. Lebensjahr habe er nie einen richtigen Freund gehabt. Damals sei ein neuer Schüler in seine Klasse gekommen, mit dem er sich auf Anhieb gut verstanden habe. Dieser habe nach kürzester Zeit den Ruf eines brutalen Schlägers gehabt, der sich nichts gefallen lasse. Seit er (Christian) in dessen Schutz stehe, gelte er auch etwas in der Klasse. Sein neuer Klassenkamerad sei Mitglied einer radikalen Gruppe, die es sich zum Ziel gesetzt habe, gegen Ausländer und Homosexuelle vorzugehen.
Durch seinen Freund sei er ebenfalls in die Clique gekommen. Anfangs habe er vor den gewalttätigen Auseinandersetzungen Angst gehabt, er habe jedoch seinen Freund nicht enttäuschen wollen und deshalb mitgemacht. Mit der Zeit sei er sicherer geworden und könne jetzt das Gefühl der Macht und die Angst, die andere vor ihm hätten, richtig genießen. Auch seien diese Auseinandersetzungen nicht gefährlich, da immer auf eine zahlenmäßige Überlegenheit der Clique geachtet werde.
Aufgabe:
Versuchen Sie, das Verhalten von Christian aus der Sicht der Modell-Lerntheorie von Albert Bandura zu erklären:
a) Beschreiben Sie mit eigenen kurzen Worten das problematische Verhalten von Christian
b) Stellen Sie die Ursachen dar, die zu diesem Verhalten geführt haben könnten
c) Erklären Sie das Verhalten des Jungen mit Hilfe der Theorie von Albert Bandura. Stellen Sie dabei die relevanten Aussagen dieser Theorie zusammen.
d) Zeigen Sie auf der Grundlage dieser Theorie Möglichkeiten auf, um das problematische Verhalten von Christian ändern zu können.
8. Aufgabenstellung:
Ein Kind in einer Wohngruppe fällt wiederholt durch überdurchschnittlich aggressives Verhalten auf.
a) Erarbeiten Sie Möglichkeiten einer Verhaltensänderung auf der Grundlage der Modelltheorie.
b) Beschreiben Sie mögliche Probleme, die bei Ihrem Vorhaben auftauchen können.
c) Erarbeiten Sie Strategien um diesen möglichen Problemen präventiv zu begegnen.

9). Das Modell-Lernen und die Zigarettenraucherinnen
Sie arbeiten als Erzieher in einem Hort und draußen vor der Tür, rechts neben einem Holunderbusch treffen sich zwei ältere Mädchen, die eigentlich in dem Hort sein sollten und ihre Hausaufgaben machen sollten. Sie sind 15 Jahre alt und rauchen. Ein Kind im Alter von 11 Jahren kommt hinzu, beobachtet diese beiden und sagt: „Boar, das ist ja cool.“ Und besorgt sich von anderen Kindern ebenfalls Zigaretten und stellt sich zu diesen zwei älteren Mädchen.
Aufgabenstellung:
a) Analysieren Sie diese pädagogische Situation anhand der Theorie von Albert Bandura. Beschreiben Sie das problematische Verhalten.
b) Welches alternative Modellverhalten würden Sie dem kleineren Kind als Erzieherin vorleben?
c) Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Beispiel für sich persönlich?
d) Formulieren Sie ein alternatives Handlungskonzept und Erziehungsmaßnahmen für die beiden älteren Kinder auf Basis der Theorie von Albert Bandura.
Bearbeiten Sie folgenden Lückentext, indem Sie die fehlenden Worte richtig einsetzen:
Vom Erlebten bis zur Ausführung eines Verhaltens durchläuft der Beobachter die im Folgenden beschriebenen vier Verarbeitungsphasen, die Bandura und seine Forschungsgruppe herausgearbeitet haben:
1. Aufmerksamkeitszuwendung
2. Behaltensphase
3. Re____________sphase
4. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst ___________möchte.
b) Emotionale ____________zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die __________________der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der _____________größer.
d) Stell__________Verstärkung: Sieht der Beobachter die _____________am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer __________des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden ______nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder _____________Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte ________oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder __________kann. Hierin äußert sich die Macht________.

Fügen Sie die folgenden Worte an der richtigen Stelle ein:
Macht, Nachahmung, bestrafen, produktion, realisieren, niedrigerem, Konsequenzen, position, eher, Beziehung, vertretende, Macht, Status





Thema: Die sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell (nach Albert Bandura)
Inhalt
1. Einführung
Verhaltensauffälligkeiten
2. Lernen am Modell
Fallbeispiel: Diana 11 Jahre alt
2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
2.2.3 Gedächtnisprozesse
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
2.4 Denkanstöße / Praxisbeispiele
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (ATP)
2.5.3.1 Indikationen
2.5.2.3.2. Struktur des ATP
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
3. Zusammenfassung
4. Quellenverzeichnis 5.Literatur zum Lernen
1. Einführung
Im folgenden geht es darum anhand verschiedener psychologischer Theorien ein Verständnis zu entwickeln wie Menschen sich Verhaltensweisen aneignen. Dabei geht es um gewollte aber auch von der Gesellschaft sanktionierte Verhaltensweisen. Wer kennt nicht den Spruch einer schimpfenden Mutter: „Von wem hast du das nur?“.
Gemeint ist mit dieser Frage, woher hat wohl das eigene Kind diese Verhaltensweise übernommen.

Albert Bandura: :Sein Leben Albert Bandura wurde am 04.12.1925 in Alberta geboren. Dort verbrachte er auch seine Jugendjahre. Sein Studium begann er auf der Universität von British Columbia. Danach entschied er sich für die Universität von Iowa, um dort Klinische Psychologie zu studieren. Er entschloß sich für diese Universität, da sie einen guten Ruf in bezug auf ihre Erforschung von Lernprozessen hat. Von dieser Zeit an interessierte er sich für die Anwendung der Lerntheorien auf klinische Phänomene. 1950 ging er nach Stanford und arbeitete dort auf dem Gebiet der Interaktionsprozesse in der Psychotherepie und dem Familienmuster, das Aggressivität bei Kindern erzeugt. Während der Arbeit auf diesem Gebiet, stieß er auf die zentrale Rolle des Modell-Lernens bei der Persönlichkeitsentwicklung. Da er Forschungen auch auf dem Gebiet der Aggression, des Modell- und Beobachtungslernens und dem Prozess der Verhaltensänderung macht, erlangt er ein viel verzweigtes Forschungsprogramm. Dieses hat zum Ziel eine umfassende Theorie vom menschlichen Verhalten zu erhalten, um die menschlichen Fähigkeiten besser einordnen zu können. 1980 erhielt Albert Bandura die wissenschaftliche Auszeichnung der Vereinigung der "American Psychological Association" für "vorbildliche Leistungen als Forscher, Lehrender und Theoretiker".



1.1 Verhaltensauffälligkeiten
Die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten wird unter anderem mit den Lerntheorien erklärt. Verhaltensauffälligkeiten sind Besonderheiten des Verhaltens insbesondere von Kindern und Jugendlichen, die von den Normen der jeweiligen Gesellschaft abweichen. Der Begriff Verhaltensauffälligkeit beinhaltet aber auch die Subjektivität von Pädagogen, Ärzten, Therapeuten usw. und berücksichtigt die Situationsspezifität auffälligen Verhaltens, das von Traditionen abhängt. Manche pädagogische Autoren benutzen den Begriff Verhaltensauffälligkeit, weil er ihrer Meinung nach zum Ausdruck bringe, dass ein Verhalten in einem sozialen Austauschprozess nicht den Erwartungen des Interaktionspartners entspreche und deshalb als abweichend oder auffällig wahrgenommen werde. Genaue Zahlen zur Häufigkeit von Verhaltensauffälligkeiten liegen zur Zeit nur für den angelsächsischen Bereich vor.
Den ausländischen Ergebnissen und einer neueren deutschen Studie zur Folge ist von 10 bis 20 % verhaltensauffälligen und behandlungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen auszugehen. Bei Jungen werden dabei im Vergleich zu Mädchen etwa drei- bis viermal häufiger Verhaltensauffälligkeiten festgestellt, in erster Linie wegen des höheren Anteils aggressiven Verhaltens bei Jungen. Folgende bedeutsame Ansätze lassen sich bei der Diagnostik und Therapie von Verhaltensauffälligkeiten unterscheiden:
1. Psychoanalytischer Auffassung zur Folge sind Verhaltensauffälligkeiten das Ergebnis mangelnder psychischer Verarbeitung belastender und konflikthafter frühkindlicher Erlebnisse und/oder Konstellationen und nur durch eine Bewusstmachung dieser frühkindlichen Erlebnisse und Problematiken abbaubar.
2. Die lerntheoretisch orientierte Verhaltenstherapie geht von der Annahme aus, dass bestimmte Lernprozesse Verhaltensauffälligkeiten bewirken oder fördern und letztere nur über den Erwerb positiver Verhaltensweisen verlernt werden können, wobei positives wie negatives Verhalten nach denselben Lernprozessen bzw. Gesetzmäßigkeiten entsteht.
3. Der Labeling-approach sieht die Ursache für Verhaltensauffälligkeiten nicht in individuellen Zuschreibungen, sondern in gestörten oder zumindest auffälligen sozialen Interaktionen, die im Hinblick auf die erfolgreiche und dauerhafte Beseitigung der Verhaltensauffälligkeit entsprechend zu verändern seien; das verhaltensauffällige Individuum wird darüber hinaus nicht als gestört etikettiert, sondern sein Verhalten vom Zusammenhang abhängig begriffen. Beispiele für Verhaltensauffälligkeiten sind: Ess- und Schlafstörungen, Einnässen, Einkoten, motorische Unruhe, Sprach-, Lern- und Konzentrationsstörungen, verschiedene Ängste (z.B. Ängstlichkeit in bestimmten Situationen, Schulangst), aggressives wie Rückzugsverhalten sowie dissoziale bzw. delinquente Verhaltensweisen (z.B. Schulschwänzen, Herumhängen, sexuelle Verwahrlosung, Betrügereien, Eigentumsdelikte, Drogenabhängigkeit).

(...) Als therapiebedürftig werden nach heutiger Auffassung nur solche Verhaltensauffälligkeiten angesehen, die länger als sechs Monate andauern. Davon zu trennen sind bleibende Verhaltensauffälligkeiten, die sich bei körper- oder sinnesbehinderten Kindern als sekundäre Folgen ihrer jeweiligen Behinderung, bei den sogenannten Lernbehinderten als Folge ihrer mangelnden sozialen Kompetenz und der Fähigkeit gewisse Dinge vorauszusehen und vorausschauend zu handeln und zu agieren genannt.

2. Lernen am Modell
Der bereits oben genannte Ausruf einer schimpfenden Mutter weist auf das Alltagswissen hin, dass viele Verhaltensweisen von anderen abgeschaut wurden. Dabei ist es möglich, dass gesellschaftlich sanktionierte Verhaltensweisen sogenannte Verhaltensauffälligkeiten oder Verhaltensstörungen von Kindern und Jugendlichen übernommen wurden. Teilweise gibt es aber auch die Aufforderungen, gute Verhaltensweisen von anderen Kindern zu übernehmen: „Von dem Marcel solltest du dir mal eine Scheibe abschneiden, der hat immer so tolle Noten in der Schule!“ Unabhängig davon, ob eine solche Aufforderung einem positiven Erziehungsstil zuzuordnen ist oder nicht, ist hier das Alltagswissen erkennbar, dass positive Verhaltensweisen von anderen abgeschaut werden können.

Die sozial-kognitive Lerntheorie beschreibt das Lernen am Modell , auch Imitationslernen bzw. Beobachtungslernen ist ein wichtiger Beitrag der Theorie von Albert Bandura.

Definition: „Beobachtungslernen ist der Prozess, bei dem eine Person das Verhalten einer anderen beobachtet und ihr eigenes Verhalten allein auf diese Beobachtung hin verändert. Durch Beobachtungslernen erwerben Kinder und Erwachsene eine enorme Menge an Informationen über ihre soziale Umgebung – was angemessen ist und belohnt wird und was bestraft oder ignoriert wird.“


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Fallbeispiel:Diana und die Schultasche
Diana ist 11 Jahre alt und im 6. Schuljahr. Bislang hatte sie zu Hause bei ihren Eltern eine normale positive Umgangssprache kennen gelernt und auch selbst sich dieser Umgangssprache befleißigt. Seit einiger Zeit jedoch kommt sie nach Hause und benutzt häufig Worte wie „saucool, echt geil“ und andere sexistische Ausdrücke. Darüber hinaus fordert sie den Kauf von Markenkleidung und anderen Markenartikeln: „Mama ich will aber nicht irgendwelche blöden Turnschuhe tragen, ich will die neuen Schuhe von Adidas haben, die sind nämlich voll mega-in. Aber nur die mit den dicken Schnürsenkeln, die anderen sind out.“ Die Mutter, die durchaus ein begrenztes Einkommen hat, denkt daran und sagt: „Du hast doch erst vor drei Monaten von Tante Irene die teuren Buffalos geschenkt bekommen, reichen die nicht?“ Diana sagt darauf: „Nö, Mama die sind voll out. Wer trägt heute noch Buffalos. Ich war jetzt in der Stadt spazieren, keiner trägt Buffalos, nee das müssen die neuen Adidas sein und außerdem will ich endlich meinen Eastpak haben!“ Die Mutter fragt völlig verwirrt: „Was ist das denn?“ „Ja, das sind die neuen Schultaschen, die wir als Rucksäcke tragen, ich komm jetzt schließlich ins 7. Schuljahr bald, dann möchte ich Eastpak haben und nicht diese billigen Klamotten.“ Die Mutter will sich dem nicht anpassen und kauft eine andere Schultasche.
Eine Tasche, die sehr viel Ähnlichkeit mit der beliebten Marke Eastpak hat, nur um einiges preiswerter ist. An der Stelle, wo eigentlich Eastpak stehen sollte laut Diana, steht nun die Markenbezeichnung Aldi-Sports. Als die Mutter freudestrahlend nach Hause kommt und ihrer Tochter diese Tasche präsentiert, gibt es einen lauten, rebellischen Aufschrei: „Nö, Mama so`n Scheiß nehm ich nicht.“ Mutter sagt: „Nein, die von dir verlangte Marke ist doppelt so teuer, es bleibt dabei.“ Diana nimmt nun diese Aldi-Sports-Schultasche mit und wird tatsächlich in der Schule von ihren Freundinnen ausgelacht. Sie kommt nach Hause und sagt: „Mama, bei uns in der Klasse haben alle Eastpak. Nur ich nicht.“ Nach näherem Nachfragen ergibt sich, dass nicht alle MitSchülerinnen bzw. der Schüler nen die Eastpak-Tasche tragen, sondern die drei beliebtesten. Diana wollte dieses Verhalten imitieren...“
Aufgabenstellung: Beschreiben Sie mit kurzen eigenen Formulierungen die Problematik, die im Erziehungsgeschehen zwischen Mutter und Tochter in diesem Fallbeispiel dargestellt wird.

Banduras Experiment mit der Gummipuppe „In einem typischen Experiment führte Albert Bandura 1965 Kindern einen Film mit einem Erwachsenen, einem sogenannten Modell vor, der besonders markante aggressive Verhaltensweisen gegenüber einer Gummipuppe zeigte. Eine erste Gruppe von Versuchspersonen sah, wie das Modell für seine Verhaltensweisen mit Süßigkeiten belohnt wurde, während eine zweite Gruppe beobachtete, dass die Aggressionen des Erwachsenen ernste Ermahnungen nach sich zogen.
Nach dieser Vorführung registrierte Bandura genau, ob die Kinder Nachahmungsverhalten zeigten. Die Angehörigen der Gruppe, denen Aggressionen mit negativen Konsequenzen vorgeführt worden waren, zeigten erheblich weniger Nachahmungen, als die Teilnehmer der ersten Gruppe. Muss man davon ausgehen, dass Angehörige der zweiten Gruppe kein aggressives Verhalten gelernt hatten?
Bandura ist dieser Frage nachgegangen, indem er diesen Kindern Geschenke in Aussicht stellte, wenn sie ihm das Verhalten des Modells nachahmen würden. Unter diesen Anreizbedingungen bereitete es ihnen keine Schwierigkeiten, Bandura die Aggressionen vorzuführen, die sie offenbar sehr gut gelernt hatten.
Die Ergebnisse solcher Experimente werfen die Frage auf, ob nicht auch die Betrachtung aggressiver Fernsehsendungen dazu beiträgt, die Aggressivität der Zuschauer zu erhöhen...

Die Möglichkeit komplexere Verhaltensweisen durch Beobachtung eines Modells zu erlernen hat für den einzelnen Menschen sicherlich erhebliche Vorteile.
Schwierige Verhaltensweisen oder Handlungskompetenzen können so auch im beruflichen Verhalten im beruflichen Rahmen abgeschaut werden. Besonders motorische Handlungsfolgen lassen sich leichter abschauen an einem Modell als durch komplizierte schriftliche Beschreibungen erlernen.“

Arbeitsaufgabe: Formulieren Sie kurz die Ergebnisse des Experimentes von Bandura im Zusammenhang mit dem Imitationslernen von Aggressionen.
Welche erzieherischen Konsequenzen schlagen Sie aufgrund der Ergebnisse des Bandura-Experimentes vor?


2.2 Phasen und Prozesse des Modell Lernens
Albert Bandura unterteilt das Modell-Lernen in zwei Phasen und vier Prozesse. Die erste Phase ist die Aneignungsphase, zu der die Aufmerksamkeitsprozesse und die Gedächtnisprozesse zugeordnet werden.

ANEIGNUNGSPHASE AUSFÜHRUNGSPHASE
Aufmerksamkeit Gedächtnis Motorische Reproduktion Motivation
Modellierungsreize
Auslösen von Betroffenheit
Komplexität
Merkmal des Beobachters
Wahrnehmungsfähigkeit/haltung
Aktivierungsgrad
Motivation
frühere Verstärkung symbolische Kodierung
innere Repräsentation
symbolische Wiederholung
motorische Wiederholung körperliche Fähigkeiten
Verfügbarkeit der Teilreaktionen
Feedback der Genauigkeit äußere, direkte Verstärkung
stellvertretende Verstärkung
Selbstverstärkung

Die Ausführungsphase beinhaltet die motorischen Reproduktionsprozesse und die Motivations- und Verstärkungsprozesse.

2.2.1 Die Aneignungsphase- Aufmerksamkeitsprozesse
Aus der Vielzahl von Informationen, die das Verhalten eines Vorbildes enthält, wählt der Lernende die für ihn wichtigen Bestandteile aus und beobachtet sie exakt. Ob ein Modell viel oder wenig Aufmerksamkeit bekommt, hängt unter anderem ab von den Persönlichkeitsmerkmalen des Modells, von den Persönlichkeitsmerkmalen des Beobachters, von der Art der Beziehung zwischen Modell und Beobachter und von den Situationsbedingungen. Beispiel:
Wenn ein 14jähriger Junge innerhalb seiner Peer-Group, z.B. seiner Clique, einen etwas älteren Jungen kennen lernt, mit dem er sich gut identifizieren kann, den er sympathisch, also attraktiv findet und dessen Verhaltensweisen er erstrebenswert empfindet, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der 14jährige Junge das Verhalten von dem Älteren übernimmt und imitiert. Dabei ist es wichtig, dass das Modell, der ältere Junge also, sich mit Dingen beschäftigt, die dem Lernenden als sinnvoll und interessant erscheinen. Würde das Modell sich mit Dingen beschäftigen, die für den Lernenden uninteressant sind, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel geringer, dass das Verhalten übernommen wird.
Ein typisches Beispiel für die Attraktivität eines Modells erleben wir im Bereich der Popmusik. Teenager schauen auf Musikstars wie Britney Spears, No Angels usw. Viele Teenager schauen (hier also als Lernende) auf diese Modelle und beobachten, wie deren Verhalten positiv sanktioniert wird.
Diese Musikstars können aufgrund ihres Tanzens und Singens viel Beifall, Anerkennung und auch materiellen Reichtum erhalten. Diese positiven Konsequenzen machen diese Musikstars für die Teenager als Modelle interessant und attraktiv. Deshalb wollen viele, wenn sie auf ihren Beruf befragt werden, Popstar werden. Als Modelle werden folgende Menschentypen schnell ausgewählt:
- Menschen, die soziale Macht besitzen, also belohnen und bestrafen können,
- Menschen mit hohem Ansehen,
- Menschen, die sympathisch und attraktiv sind. Die Attraktivität kann z. B. im Geschlecht, im Alter oder in der Herkunft begründet liegen,
- Menschen, die die Bedürfnisse des Lernenden zufrieden stellen können.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass Eltern und Erzieher im besonderen Maße sich ihrer Modellfunktion bewusst werden sollen. Eltern und Erzieher sind automatisch Modelle, auch wenn sie dies vielleicht für sich selbst noch nie reflektiert haben. Eltern und Erzieher sind in hohem Maße in der Lage, die materiellen und emotionalen Bedürfnisse der Kinder zufrieden stellen zu können. Daher werden ihre Verhaltensweisen oft unbewusst von Kindern übernommen.
2.2.2 Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
Kinder, die selbst wenig Selbstvertrauen und Selbstachtung haben, die sehr stark suchen und große Unsicherheit in ihrem Bewertungen und Handlungsweisen haben, sind sehr offen, sich Modelle in ihren Cliquen zu suchen und deren Verhaltensweisen zu übernehmen. Das Lernen von Kindern und Jugendlichen beinhaltet das Streben von der Unsicherheit, also dem großen Fragezeichen hin, zu Stabilität der Verhältnisse, hin zur Sicherheit, also hin zum klaren Ausrufezeichen. Je fragender und unsicherer ein Kind ist, desto eher ist es bereit, Modelle zu übernehmen. Dies gilt besonders, wenn jemand neu in einer Gruppe ist. So versucht dieser Mensch von der großen Unsicherheit des Neulings hin zur Sicherheit des gruppenintegrierten Mitgliedes zu gelangen. Dies geschieht, indem die Verhaltensweisen der Modelle, hier der Gruppenleiter, beobachtet und übernommen werden. Modellverhalten wird auch dann stark übernommen, wenn eine Beziehung zwischen Modell und Beobachter besteht. Je intensiver die Beziehung zwischen Modell und Beobachter, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Verhaltensweisen imitiert werden. Auch die emotionale und materielle Abhängigkeit des Beobachters vom Modell erhöht die Nachahmungsbereitschaft.
Anhand von Untersuchungen wurde festgestellt, dass Kinder aus intakten Familien, die jahrelang eine gute Ehe beobachten konnten, selber wiederum in der Lage waren, eine erfolgreiche Ehe zu führen. Die oft unbewussten, erlernten Verhaltensmodelle der Eltern machte es den nun erwachsenen Kindern möglich, selbst eine harmonische Ehe zu führen.
2.2.3 Gedächtnisprozesse
Ein Beobachter speichert das Gesehene mit Hilfe seines Gedächtnisses so lange, bis er sich einen Nutzen vom Zeigen der erlernten Verhaltensweise verspricht. Das Beobachtete wird in Form von bildlichen oder sprachlichen Symbolen im Gehirn gespeichert und ist somit als Vorstellung dort vorhanden (= repräsentiert).
Beispiel: Ein 15jähriger beobachtet in einem Film, wie sein Held von einem Wasserstrudel in einem See herunter zum Boden des Sees gezogen wird. Als gekonnter Schwimmer lässt dieser Held sich herunter ziehen und erst unten am Boden, wo die Kraft des Strudels nachlässt, durchbricht er diesen Strudel und schwimmt aus ihm heraus. Er versucht nicht an der Oberfläche dem kräftigen Strudel zu entkommen. Dieses Verhalten beeindruckt den 15jährigen sehr stark und wird als bildliches Symbol im Gehirn gespeichert. Jahre später kommt der Junge, inzwischen 25 Jahre alt, in eine ähnliche Situation und genau in diesem Moment erinnert er sich an das bildliche Symbol des Helden. Er versucht dieses Verhalten nachzuahmen und kann mit Erfolg diesem Wasserstrudel entrinnen.
Ähnliche Gedächtnisprozesse werden sehr stark von der Werbeindustrie ausgenutzt. Durch wiederholtes Vorführen von attraktiven Modellen, die eine ganz bestimmte Marke benutzen, wird dafür gesorgt, dass Kindern aber auch Erwachsenen das Logo einer Marke als bildliches Symbol im Gehirn abgespeichert wird. So kann Monate später, wenn der Mensch in der Unsicherheit vor einem Ladenregal steht, sich für den Kauf eines Produktes zu entscheiden, nun die bildliche Abspeicherung des Symbols dafür sorgen, dass nicht das preiswertere No-Name-Produkt genommen wird, sondern das teure Markenprodukt.
2.2.4 Die Ausführungsphase des Modell-Lernens
Motorische Reproduktionsprozesse
Damit ein beobachtetes Verhalten gezeigt werden kann, bedarf es eines Umsetzens des Gespeicherten in angemessene Handlungen und Verhaltensweisen. Hierbei werden aus einer Vielzahl im Gedächtnis gespeicherten Codierungen solche ausgewählt und organisiert, die für das beabsichtige Verhalten relevant sind. Jedoch lassen sich diese kognitiven Vorstellungen nur selten gleich beim ersten mal richtig umsetzen. Häufig muss der Betrachter seine motorischen Fähigkeiten erst üben, korrigieren und wiederholen, bis sich ein Erfolg einstellt. Beim Üben und Korrigieren vergleicht der Lernende immer wieder die Ergebnisse seiner Handlungen und Verhaltensweisen mit den gespeicherten Codierungen.
Bespiel: Erlernt ein Kind das Fahrrad fahren, so genügt es nicht Andere beim Radfahren zu beobachten. Es muss eine Vielzahl von wichtigen Informationen aus seinem Gedächtnis abrufen, so z.B. wie die Pedale zu betätigen sind, wie man die Lenkstange hält, wie das Auf- und Absteigen erfolgt, usw. Trotz dieses Wissens wird das Kind die einzelnen Bewegungsabläufe erst eine Weile üben müssen, bis es das Fahrrad fahren beherrscht. Zwischendurch immer wieder der sicherheitsbringende Blick auf ein Fahrrad fahrendes Modell hilft hier, den Lernprozess voran zu treiben. Die motorische Reproduktionsphase wird besonders in handwerklichen Berufen genutzt, wenn es darum geht, ganz bestimmte Fertigkeiten, wie das Feilen eines U-Stahls durchzuführen. Mehrfach wird der Lernende den Meister beobachten wie er feilt und sich dessen Erklärungen anhören, um dann anschließend genau dieses Feilen zu imitieren. Ähnliches sollte auch bei Erziehern und Heilerziehungspflegern im Praktikum geschehen. Der pädagogische Umgang mit Kindern mit einem verhaltensauffälligen Jungen sollte von den Mentoren und den Erziehern vorgemacht werden, so dass die Praktikanten dieses Verhalten situationsgerecht imitieren können.
2.2.4.1 Motivations- und Verstärkungsprozesse
Ob ein Mensch ein bestimmtes Verhalten überhaupt beachtet, um es zu lernen, hängt von seiner vorhandenen Motivation ab. Die Motivation einer Person beeinflusst beim Modell-Lernen sowohl die Aneignungs- als auch die Ausführungsphase. Nur wer sich vom Beachten und Durchführen einer Verhaltensweise einen Erfolg bzw. einen Vorteil verspricht oder einen Misserfolg bzw. Nachteil abzuwenden glaubt, wird entsprechende Aktivitäten entfalten. Motivation ist daher eng mit der Aussicht auf Bekräftigung verbunden. So wird Daniela die im oben genannten Beispiel schon dargestellt wurde, das sportliche Verhalten einer Freundin nur dann übernehmen wollen, wenn sie für sportliche Aktivität grundsätzlich in einer entsprechenden Situation, wo sie das Modell beobachten kann, motiviert ist. Einfach ausgedrückt, Kinder und Jugendliche übernehmen ein Modellverhalten nur dann, wenn sie für diesen grundsätzlichen Bereich des Modellverhaltens Interesse entwickeln können.
Aufgabe der Erzieher ist es, Verhaltensweisen bei den zu Erziehenden zu beobachten und zu analysieren, welches Modell-Lernen abhängig von welchem Modell in ihrem Verhalten zu erkennen ist. Besonders wenn es darum geht, als Erzieher oder Erzieherin eine Gruppe zu leiten, sind derartige Phänomene unbedingt zu analysieren. Es gilt positive Verhaltensweisen zu verstärken, positive Modelle zu unterstützen und negative Modell-Lernen, also das Modell-Lernen von negativen Verhaltensweisen zu unterbrechen. Darüber hinaus müssen Erzieher ihr eigenes Verhalten analysieren und sich folgende Fragen stellen:

Arbeitsaufgabe: Reflektieren Sie schriftlich gemäß den unten genannten Fragen Ihr eigenes Verhalten und formulieren Sie entsprechende Konsequenzen.
2.3 SELBSTREFLEXIONSFRAGEN
1. 1. Welches Verhalten von mir, das ich unbewusst an den Tag lege, wird von den Kindern und Jugendlichen übernommen?

2. Wo lebe ich den Kindern und Jugendlichen versehentlich Verhaltensweisen vor, die ich eigentlich gar nicht weitergeben möchte?

3. Wo sollte ich mir selbst bewusst Modellverhalten angewöhnen, damit ich auf diese Art und Weise Kinder und Jugendliche positiv beeinflusse?

4. Wo habe ich in meiner Erziehung von meinen Erziehern, Eltern usw. Verhaltensweisen unbewusst übernommen, die ich eigentlich gerne abgestellt haben möchte?

5. Welche Verhaltensweisen meiner Erzieher waren positiv und möchte ich auch bewusst weiterhin übernehmen?























2.4 Beispiele für Modellernen im praktischen Leben
Ein Bäckermeister arbeitet fleißig in der Backstube. Seine Auszubildenden eifern ihm nach, da er gute Arbeit bei ihnen anerkennt. Er wirkt als Modell, weil er beliebt ist, als Bäckermeister eine gewisse Macht hat und das Übernehmen des Verhaltens "fleißig arbeiten" verstärkt.
Wenn der Bäckermeister jedoch von der Geschäftsleitung ständig kritisiert würde, würden sich die Jugendlichen ihn nicht ohne weiteres zum Modell nehmen, da er selbst dann für sein Verhalten nicht verstärkt werden würde.Die Geschäftsleitung würde somit die Autorität des Bäckermeisters „untergraben“
Die Hausfrau füllt die Gläser mit Orangensaft aus einer Karaffe. Ihr kleiner Sohn schaut ihr dabei zu und versucht am nächsten Tag selbst die Gläser zu füllen...
S. erlebt es fast täglich mit, wie sein älterer Bruder J. Mitschüler durch Brutalität andere Schüler einschüchtert . Offensichtlich respektieren die Mitschüler J. dafür (sei es nur aus Angst). Da auch S. respektiert werden möchte und in der Schulcafeteria nicht lange anstehen möchte, versucht er das Verhalten seines Bruders nachzuahmen.

Der Vater zeigt seiner Tochter, wir sie ein Raumschiff malen kann. Sie versucht das Beobachtete sofort zu Papier zu bringen.

Dem Kind I. wird erklärt und gezeigt, wie es mit Messer und Gabel umgehen kann: "... und dann nimmst Du die Gabel so in die Hand und führst sie zum Mund. Sieh mal, wie ich das mache!"
2.5 Psychotherapeutische Anwendung des Modell-Lernens
2.5.1 Methoden des Modell-Lernens
• Modell-Lernen kann man nun im Zusammenhang mit Verhaltensmodifikation aus drei verschiedenen Gesichtspunkten betrachten:
• a.) dient sie als Hilfe beim Aufbau neuen Verhaltens
• b.) kann sie zu hemmenden, abschwächenden oder enthemmenden, erleichternden Effekten sprechen
• c.) besitzt das Modell-Lernen die Funktion diskriminativer Hinweisreize
• Jeder dieser drei Gesichtspunkte wurde für die Therapie nutzbar gemacht.

2.5.2.Modell-Lernen in der Therapeut-Klient Beziehung grundsätzlich
a) Die einfachste Form des Modell-Lernens als therapeutisches Verfahren besteht darin, dass das Modell, irgendein Verhalten zeigt das wiederum von einer anderen Person beobachtet wird. Dabei ist es wichtig, dass der Beobachter das Modellverhalten sehr genau beobachtet, damit er es sich aneignen kann. In einem zweiten Schritt geht es dann darum, dass der Beobachter das Angeeignete auch ausführen kann. Besonders in der praktischen Anwendung ist wichtig, wie in der Theorie zwischen Aneignung und Ausführung zu differenzieren. Zur Ausführung gehören natürlich die genügenden physischen und psychischen Voraussetzungen des Beobachters, und weiters dass er sich in einer günstigen Umgebung befindet und auch motiviert ist.

-Stellvertretende Konditionierung emotionaler Reaktionen:
• Eine Reihe von Untersuchungen zeigt, dass emotionale Reaktionen stellvertretend über die Darbietung emotionaler Reaktionen von Modellpersonen gelernt werden können. Nicht die eigenen emotionalen Reaktionen auf Menschen, Tiere und Objekte, sondern die von Modellpersonen sind die Grundlage für bestimmte eigene emotionale Reaktionen. Wie wir beim Bsp. Des bissigen Hundes gesehen haben, wird dieser Umstand wird zur Erklärung von bestimmten Abneigungen, Ängste, Vorlieben gegenüber Situationen gebraucht, mit denen man bisher noch keinerlei Kontakt hatte (z.B. Flugangst, Schlangenangst usw.).
Stellvertretende Löschung:
• Verhaltensmuster emotionaler Reaktionen können auch auf stellvertretender Basis gelöscht werden. Die stellvertretende Löschung von emotionalen Reaktionen kann dadurch erreicht werden, dass man Personen beobachtet, die als Modelle Annäherungsverhalten an furchtauslösende Objekte demonstrieren.
• Beispiel: Eine Untersuchung von Bandura, Blanchard & Ritter (1969) stellt eine erfolgreiche Anwendung von Techniken des Modell-Lernens bei der Behandlung von Schlangenphobien dar. Beobachtet jemand mit einer Schlangenphobie, wie eine Modellperson sicher mit einer Schlange umgeht, wird die Angst des Beobachters gelöscht, weil die Reaktionen des Modells keine aversiven Konsequenzen haben. Entscheidend ist dass das Vermeidungsverhalten des Phobikers, das ihn davon abhält, neue Konsequenzen zu erleben, soweit gelöscht wird, dass er nun selbst versucht, das beobachtete Verhalten auszuführen. Wichtig für den therapeutischen Prozess ist dabei die geeignete Auswahl, Beobachtung und Darbietung des Modells, dazu das Schaffen von Anreizen, die vom Modell erlernten Verhaltensweisen auch auszuführen und der Einsatz von stellvertretender und direkter Verstärkung.

Andere therapeutische Anwendungen
• Verschiedene andere etablierte Behandlungsmethoden verwenden Prinzipien des Modell-Lernens. Dazu gehört zum Beispiel die ,,fixed-role therapy" von G.A. Kelly (1955). Hier wird einem Klienten das erwünschte Verhalten in einem Rollenskript vorgegeben; er hat die Möglichkeit, es in der therapeutischen Situation zu üben, und versucht anschließend, es in den Alltag zu übertragen.
• -b) Gewisse Formen des Modell-Lernens verzichten auf die Aneignungsphase, weil das in Frage stehende Verhalten dem Beobachter bereits zur Verfügung steht. Dann ist die Ausführungsphase alleine wichtig. Die Ausführung wird von bestimmten einschränkenden Faktoren wie Angst bestimmt. In diesem Fall wird dem Beobachter am Modell gezeigt, dass das fragliche Verhalten ohne negative Konsequenzen durchführbar ist.
• Dabei spielt die Beobachtung der Konsequenzen, die das Modell als Folge seines Verhaltens erfährt, eine bedeutende Rolle. Positiv verstärkte Verhaltensweisen des Modells bewirken ein häufigeres Auftreten dieser Verhaltensmuster beim Beobachter. Umgekehrt zeigt sich, dass eine Einschränkung von unerwünschten Verhaltensweisen durch die Darbietung bestrafter Modelle möglich ist.
• Bandura und seine Mitarbeiter konnten diese Annahme für aggressives Verhalten von Kindern belegen: Kinder, die in einem Film oder in der Realität ein belohntes aggressives Modell gesehen hatten, zeigten mehr physisches und verbal-aggressives Verhalten als Kinder, deren Modell für aggressives Verhalten bestraft worden war.
• In einer zweiten Untersuchung (Bandura u.a., 1967) zeigte Bandura, dass die Darbietung eines angstfreien Modells gegenüber einem Hund zu einer deutlichen Enthemmung (des bisher seltenen) Annäherungsverhaltens führte, als dies in verschiedenen Kontrollgruppen der Fall war. Kinder, die ein angstfreies Modell im Umgang mit dem Hund gesehen hatten, waren nunmehr selbst in der Lage, sich dem Tier zu nähern (Streicheln, Füttern)
• Einige Untersuchungen zur Verwendung von Hemmungseffekten des Modell-Lernens liegen auch für Klienten mit problematischen sozialen Verhaltensweisen vor (z.B. Alkoholiker, Delinquente). Die Hemmung, solche Verhaltensweisen auszuführen, kann unter anderem dadurch erreicht werden, dass die Klienten ein Modell beobachten, das bei der Ausführung der entsprechenden Reaktionen negative Konsequenzen erlebt. Es ist zusätzlich hilfreich, Informationen und Modelle für zielführende Alternativen zu vermitteln.

• -c)Wenn eine Person ein Verhalten prinzipiell beherrscht, jedoch nur selten zeigt, d.h. zur Ausführung bringt, dann kann das Modell den Anstoss geben, das Verhalten in Zukunft häufiger zu zeigen. Hierbei handelt es sich um einen Aspekt des Modell-Lernens der in Alltagssituationen am häufigsten spontan auftritt, wenn wir mit geeigneten Modelpersonen zusammen sind.
• Der Effekt beruht darauf, dass eine Information gegeben wird, unter welchen (situativen) Bedingungen ein Verhalten beim Beobachter gezeigt werden sollte. Das Modellverhalten kann dabei als diskriminativer Reiz zur Auslösung des entsprechenden Verhaltens beim Beobachter verstanden werden.
• Die Erfolge von Gruppentherapien mit extrem gehemmten und leicht aggressiven Kindern (vgl. Petermann & Petermann», 1978; U. Petermann, 1983) lassen sieh zumindest teilweise durch reaktionserleichternde Effekte erklären. In einer gemischten Gruppe wird das leicht aggressive Verhalten des einen Kindes zum diskriminativen Hinweisreiz für das Verhalten eines gehemmteren Kindes. Es lernt so, sich in bestimmten Situationen auch anders als durch sozialen Rückzug und Hemmung interaktiver Verhaltensweisen zu bewegen.
2.5.3 Training in Selbstsicherheit oder Assertivnes Trainings-Programm (=ATP)
• Dieses komplexe Trainingsprogramm enthält das Lernen am Modell als eine wichtige Komponente nebst anderen Therapieformen.
• Das ATP wurde zu Beginn der 70er Jahre von Ullrich & Ullrich de Muynck entwickelt. Ziel dieses komplexen Trainings ist die Verhaltens- und Einstellungsänderung zur Neuerfahrung bisher vermiedener sozialer Situationen ohne negative Konsequenzen. Dabei wird verantwortungsbewusstes, selbstsicheres Verhalten angestrebt, das eingesetzt werden kann, um für eigene Bedürfnisse und Rechte einzustehen, ohne die Rechte anderer Personen zu verletzen, unter Berücksichtigung der jeweiligen situativen Gegebenheiten.
• Alberti & Emmons (1978) haben darauf hingewiesen, dass selbstsicheres Verhalten keinesfalls mit rücksichtsloser Durchsetzung oder aggressivem Verhalten gleichzusetzen ist. Nonassertiv bedeutet passives, unsicheres Verhaltem, assertives selbstsicheres, der Situation angemessenes Verhalten.
2.5.3.1 Indikationen
• ATP lässt sich dann einsetzen, wenn es Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen, soziale Ängste und Defizite im Sozialverhaltem gibt.
• Dazu gehören auch die sozialen Ängste und das Vermeideverhalten wie bei sozialen Phobien und
• Persönlichkeitsstörungen oder Zwängen und sexuellen Störungen. Dabei wird Sozialangst gleichgesetzt mit Fehlschlagangst.
• Weitere Unterformen dieser sozialen Ängste sind die oft intensiven Ängste vor Bewältigungs- und Kontrollverlust, wie sie
• Bei Leuten mit Ängsten vor Erröten, vor Essen in der Öffentlichkeit, Angst vor Stimmversagen, Zittern, Schwitzen, Erbrechen oder öffentlicher Blamage bestehen.
• Aber auch Defizite im Rahmen depressiver Probleme oder psychotische Erkrankungen oder Kompensationen durch Süchte, Esstörungen und psychosomatische Erkrankungen können im Rahmen der ATP therapiert werden.


2.5.2.3.2. Struktur des ATP
Wie ist dieses Trainingsprogramm strukturiert?
Zu Beginn der Therapie werden mit jedem einzelnen Klienten durch gezielte Selbstbeobachtung des eigenen Verhaltens die Probleme beschrieben und in ihrem funktionalen Zusammenhang analysiert. Aufgrund dieser funktionalen Analyse läßt sich eine Zielbestimmung (,,Erlern-/Verlernliste") festlegen.
Diese Liste ist im Laufe der Therapie veränderbar, eventuell zu erweitern; durch die explizite Liste können auch individuelle Lernfortschritte festgehalten und Veränderungen konkret beurteilt werden.
Das wiederholte Einüben von Verhaltensweisen gehört zu den wichtigsten Elementen des Trainings sozialer Kompetenz. Bei den Modellvorgaben durch den Therapeuten geht es um eine möglichst effektive Vermittlung von Verhaltensweisen. Während der Verhaltensprobe des Klientenkönnen die Therapeuten durch unmittelbare Verhaltensanweisungen oder Gesten und Gebärden, das im Rollenspiel gezeigte Verhalten verstärken und beeinflussen. Zur Festigung und Ueberprüfung neuer Verhaltensweisen sind Übungen in der Realität, in Form von Hausaufgaben typisch.
Einen Kernbereich des ATP bilden 127 soziale Situationen, die wie beschrieben im Rollenspiel eingeübt und anschließend in den In-vivo-Übungen trainiert und umgesetzt werden sollen. Die Übungen umfassen vier Hauptkategorien sozialer Kompetenz:
• 1. Stellen von Forderungen;
• 2. Nein sagen und kritisieren;
• 3. Herstellen von Kontakten;
• 4. sich öffentlicher Beachtung aussetzen und sich Fehler erlauben

Diese Hauptkategorien sozialer Kompetenz sollen im Verlaufe des Erlernens von Selbstsicherheit in verschiedenen Situationen geübt bzw. trainiert werden: Straße, Verkehrsmittel, Geschäfte, Lokale, öffentliche Veranstaltungen und Behörden. Einbezogen werden dabei Nachbarn, Freunde und Bekannte, der Arbeitsbereich sowie die eigene Familie.
Die verbalen und nonverbalen Fertigkeiten, die in einer vorgegebenen Situation trainiert werden sollen, werden in der Anleitung genau benannt, und die im Theorieteil allgemein formulierten Therapieziele werden für jede Übung bzw jeden Übungsteil entsprechend konkretisiert. Komplexe soziale Situationen, wie sie beim Aufbau sozialen Verhaltens vorkommen, werden in einen größeren Bezugsrahmen gestellt (z.B. Arbeitsbereich, Bereich Familie), damit der Teilnehmer des Programms seine persönlichen Probleme auch in den Zusammenhang zu gesellschaftlichen Bedingungen stellen kann.
2.5.3.3. ATP als Gruppentherapie
Ullrich de Muynck & Ullrich (1977) sehen psychische Störungen als soziale Probleme; die Therapieziele des ATP legen eine Konzipierung des ATP als Gruppentherapie nahe, weil eine Gruppensituation am ehesten die Bedingungen herstellt, denen sich ein Klient in seinem täglichen Leben gegenübersieht .
Das gruppentherapeutische Vorgehen bildet eine Reihe von Vorteilen beim Erlernen sozial kompetenten Verhaltens
Wenn ein Teilnehmer anderen Personen in der Gruppe Zuwendung vermittelt (in Form von Beachtung, Diskussionsbemerkungen, Feedback . , ), so stellt dies bereits eine Stufe beim Aufbau gewünschten Verhaltens dar (aktive Beteiligung in einer sozialen Situation).
In einer Gruppensituation orientieren sich die Teilnehmer nicht nur am Therapeuten, sondern auch an den anderen Mitgliedern der Gruppe. Dies bildet eine prinzipielle Unabhängigkeit von den Ziel- und Wertvorstellungen des Therapeuten; dies sollte allerdings nur dann als besonderer Vorteil angesehen werden, wenn nicht die Gruppe ihrerseits Standards oder Normen vermittelt, die der Erreichung eines Therapieziels bei einer einzelnen Person im Wege stehen.
Die in einer Gruppe erlernten Interaktionsfähigkeiten lassen sich leichter auf reale Interaktionen übertragen als solche, die in einer Einzeltherapie gelernt wurden (Gruppe als Modell sozialer Interaktionen). Auch wenn die Gruppe eine Art künstlicher (geschützter) Situation darstellt, lassen sich hier doch eher reale Interaktionsmuster modellieren und üben.

3. Zusammenfassung
Zum Lernen am Modell gehört:
„a. Aufmerksamkeitszuwendung
b. Behaltensphase
c. Reproduktionsphase
d. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst realisieren möchte.
b) Emotionale Beziehung zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der Nachahmung größer.
d) Stellvertretende Verstärkung: Sieht der Beobachter die Konsequenzen am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer Status des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden eher nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder niedrigerem Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte Macht oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder bestrafen kann. Hierin äußert sich die Machtposition.“
4. Quellenverzeichnis:
Hobmair, Herman „Pädagogik“,: Köln 1996, S. 159-162
Zimbardo, Philip G. „Psychologie“ , 5.Auflage, Berlin, 1992,S. 422
Schülerduden: „Die Pädagogik“ aa.O, S. 388
Mietzel, Gerd „Wege in die Psychologie“ 7.,: Auflage, Stuttgart 1994, S. 198
________________________________________
5.Literatur zum Lernen
*Gage, N. L. & Berliner, D. C. (1996). Pädagogische Psychologie (5. Auflage). Weinheim: Psychologie Verlags Union - Beltz. (Kapitel 6)
Mietzel, G. (1993). Psychologie in Unterricht und Erziehung. Einführung in die Pädagogische Psychologie für Pädagogen und Psychologen (4. Auflage). Göttingen: Hogrefe. (Kapitel 4)
Redlich, A., & Schley, W. (1981). Kooperative Verhaltensmodifikation im Unterricht. München: Urban & Schwarzenberg.


Arbeitsaufgaben
1. Definieren Sie den Begriff Modell-Lernen!
2. Nennen Sie weitere Bezeichnungen für das Modell-Lernen.
3. Aus welchen Phasen und Prozessen besteht das Modell-Lernen laut Albert Bandura?
4. Nennen Sie Bedingungen, die das Modell-Lernen laut Albert Bandura wahrscheinlicher macht.
5. Welche Bedingungen muss ein Modell erfüllen, damit es vom Lernenden beachtet wird?
6. Von welchen Faktoren hängt es ab, ob wir ein bestimmtes Modell auswählen und welche Verhaltensweisen wir übernehmen?
7. Interpretieren Sie folgendes Fallbeispiel anhand der Theorie des Modell-Lernens nach Albert Bandura:
Zwei Kinder im Alter von 9 und 10 Jahren sehen zu Hause bei ihren Eltern einen Horror-Videofilm, in dem es darum geht, Menschen zu erstechen und anschließend zu zerstückeln. Diese Kinder beobachten ihre Eltern, wie sie diesen Film begeistert anschauen und anschließend freudig über diesen Film reden. Diese Beobachtung der Kinder wiederholt sich im Laufe von Monaten, es ist Standard, dass sie gemeinsam mit ihren Eltern heftige Horrorfilme anschauen. Darüber hinaus kommt eine weitere gewaltsame Atmosphäre in diese Familie. Eines Tages kommen diese beiden Kinder auf die Idee, das Gesehene nachzumachen. Sie schnappen sich einen 3jährigen Jungen, verschleppen ihn auf einen Müllplatz und imitieren genau die Verhaltensweisen, die sie im Horrorfilm gesehen haben. Sie töten ihn, zerschneiden ihn und versuchen weitestgehend das Erlebte des Horrorfilms nachzumachen.
a)Welche erzieherischen Konsequenzen formulieren Sie bezüglich dieses Fallbeispiels?
b)Beschreiben Sie die Bedeutung der Modell-Lerntheorie von Bandura für die Erziehung.

7. Fallbeschreibung Christian:
Christian, 18 Jahre alt, wurde von der Polizei gefasst, als er zusammen mit anderen Jugendlichen einen Diskothekenbesucher ohne erkennbaren Grund brutal verprügelte. Ein Sozialpädagoge beschäftigte sich – im Auftrag des Gerichts – mit Christians Vergangenheit. Er stellt fest, dass Christian schon sehr früh mit Gewalt in Berührung kam. Sein Vater beherrschte die ganze Familie durch seine unkontrollierten Wutausbrüche. Häufig verprügelte er – besonders wenn er vorher Ärger auf der Arbeit oder getrunken hatte – Frau und Kinder, so dass die ganze Familie in ständiger Angst vor dem Vater lebte. Christian selbst berichtet, dass er als Kind völlig verschüchtert gewesen sei und sich nie getraut habe, sich gegen den Vater zur Wehr zu setzen. ... da dies den Vater noch mehr provoziert hätte. Auch sei er ein sehr schwächliches Kind gewesen, das in der Schule immer Außenseiter gewesen sei.
Von seinen Klassenkameraden sei er oft verprügelt worden. Bis zu seinem 16. Lebensjahr habe er nie einen richtigen Freund gehabt. Damals sei ein neuer Schüler in seine Klasse gekommen, mit dem er sich auf Anhieb gut verstanden habe. Dieser habe nach kürzester Zeit den Ruf eines brutalen Schlägers gehabt, der sich nichts gefallen lasse. Seit er (Christian) in dessen Schutz stehe, gelte er auch etwas in der Klasse. Sein neuer Klassenkamerad sei Mitglied einer radikalen Gruppe, die es sich zum Ziel gesetzt habe, gegen Ausländer und Homosexuelle vorzugehen.
Durch seinen Freund sei er ebenfalls in die Clique gekommen. Anfangs habe er vor den gewalttätigen Auseinandersetzungen Angst gehabt, er habe jedoch seinen Freund nicht enttäuschen wollen und deshalb mitgemacht. Mit der Zeit sei er sicherer geworden und könne jetzt das Gefühl der Macht und die Angst, die andere vor ihm hätten, richtig genießen. Auch seien diese Auseinandersetzungen nicht gefährlich, da immer auf eine zahlenmäßige Überlegenheit der Clique geachtet werde.
Aufgabe:
Versuchen Sie, das Verhalten von Christian aus der Sicht der Modell-Lerntheorie von Albert Bandura zu erklären:
a) Beschreiben Sie mit eigenen kurzen Worten das problematische Verhalten von Christian
b) Stellen Sie die Ursachen dar, die zu diesem Verhalten geführt haben könnten
c) Erklären Sie das Verhalten des Jungen mit Hilfe der Theorie von Albert Bandura. Stellen Sie dabei die relevanten Aussagen dieser Theorie zusammen.
d) Zeigen Sie auf der Grundlage dieser Theorie Möglichkeiten auf, um das problematische Verhalten von Christian ändern zu können.
8. Aufgabenstellung:
Ein Kind in einer Wohngruppe fällt wiederholt durch überdurchschnittlich aggressives Verhalten auf.
a) Erarbeiten Sie Möglichkeiten einer Verhaltensänderung auf der Grundlage der Modelltheorie.
b) Beschreiben Sie mögliche Probleme, die bei Ihrem Vorhaben auftauchen können.
c) Erarbeiten Sie Strategien um diesen möglichen Problemen präventiv zu begegnen.

9). Das Modell-Lernen und die Zigarettenraucherinnen
Sie arbeiten als Erzieher in einem Hort und draußen vor der Tür, rechts neben einem Holunderbusch treffen sich zwei ältere Mädchen, die eigentlich in dem Hort sein sollten und ihre Hausaufgaben machen sollten. Sie sind 15 Jahre alt und rauchen. Ein Kind im Alter von 11 Jahren kommt hinzu, beobachtet diese beiden und sagt: „Boar, das ist ja cool.“ Und besorgt sich von anderen Kindern ebenfalls Zigaretten und stellt sich zu diesen zwei älteren Mädchen.
Aufgabenstellung:
a) Analysieren Sie diese pädagogische Situation anhand der Theorie von Albert Bandura. Beschreiben Sie das problematische Verhalten.
b) Welches alternative Modellverhalten würden Sie dem kleineren Kind als Erzieherin vorleben?
c) Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Beispiel für sich persönlich?
d) Formulieren Sie ein alternatives Handlungskonzept und Erziehungsmaßnahmen für die beiden älteren Kinder auf Basis der Theorie von Albert Bandura.
Bearbeiten Sie folgenden Lückentext, indem Sie die fehlenden Worte richtig einsetzen:
Vom Erlebten bis zur Ausführung eines Verhaltens durchläuft der Beobachter die im Folgenden beschriebenen vier Verarbeitungsphasen, die Bandura und seine Forschungsgruppe herausgearbeitet haben:
1. Aufmerksamkeitszuwendung
2. Behaltensphase
3. Re____________sphase
4. Motivationale Phase
Es müssen jedoch bestimmte Bedingungen herrschen, damit ein Modell-Lernen stattfindet:
a) Ähnlichkeit zwischen Modell und Beobachter: Der Beobachter nimmt am Modell ein Verhalten wahr, dass er selbst ___________möchte.
b) Emotionale ____________zwischen Beobachter und Modell: Je intensiver die Beziehung, desto höher ist die __________________der Verhaltensnachahmung
c) Konsequenzen des Verhaltens: Vermutet der Beobachter hinter dem gesehenen Verhalten einen Erfolg, dann ist die Wahrscheinlichkeit der _____________größer.
d) Stell__________Verstärkung: Sieht der Beobachter die _____________am Modell nach einem Verhalten, so wirkt sich dieses auf sein Handeln aus.
e) Sozialer __________des Modells: Personen, die einen höheren sozialen Status als der Beobachter haben, werden ______nachgeahmt, als Personen mit gleichem oder _____________Status.
f) Soziale Macht des Modells: Das Modell sollte ________oder andere kontrollierende Merkmale auf den Beobachter ausüben können. Dem Beobachter ist bewusst, dass das Modell belohnen oder __________kann. Hierin äußert sich die Macht________.

Fügen Sie die folgenden Worte an der richtigen Stelle ein:
Macht, Nachahmung, bestrafen, produktion, realisieren, niedrigerem, Konsequenzen, position, eher, Beziehung, vertretende, Macht, Status